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Kolumne «Fast verliebt»Freundschaft fürs Leben – wie kann das gelingen?

Berichtet aus ihrem Umfeld: Claudia Schumacher.

Gerade war ich auf dem Geburtstag eines Freundes, den ich seit wenigen Jahren kenne. Wir leben weit entfernt, sehen uns selten: Es ist eine Art viktorianische Brieffreundschaft. Wobei es E-Mails statt Briefe sind, mittlerweile eher Sprachnachrichten oder Telefonate. Wir sind uns ähnlich: machen viel für andere und fragen uns ängstlich, ob es genug ist. Da wird man schnell mal ausgenutzt. Wenn der andere aber genauso ist, besteht Sicherheit: Was der eine an Unterstützung gibt, gibt der andere doppelt zurück. Haben wir eine Freundschaft fürs Leben gefunden?

Wäre Seelenverwandtschaft hier der entscheidende Faktor, dann ja. Nur hat die Frage, ob Menschen für immer Freunde bleiben, meiner Erfahrung nach wenig mit Ähnlichkeit zu tun. Ausserdem lässt sich die Dauer einer Freundschaft unmöglich nach wenigen Jahren abschätzen – nicht mal nach zehn.

Fünf meiner Freundschaften führe ich seit mehr als zwei Jahrzehnten, zwei davon sogar seit dem Sandkasten. Von diesen Menschen glaube ich, dass sie mir bleiben werden. Das dachte ich nicht immer. Die fünf sind sehr unterschiedlich und anders als ich. Alle fünf haben aber etwas gemeinsam: Sie haben mit mir einen schwierigen Punkt in der Freundschaft überwunden. Obwohl es zwischenzeitlich vielleicht zu Enttäuschungen kam, brachten wir gemeinsam den Willen, die Treue und die Ausdauer auf, an unserer Freundschaft festzuhalten.

Womöglich taucht in jeder Langzeitfreundschaft irgendwann ein Konflikt auf. Haben Sie einen lieben Freund – der aber so viel von sich redet, dass es manchmal schwer zu ertragen ist? Unterschiedliche Entwicklung, Unzuverlässigkeit, Neid: Es gibt zahllose zwischenmenschliche Herausforderungen, die eine Freundschaft an einen toten Punkt führen können. Vor allem, wenn keiner das Gespräch sucht.

Es gibt diesen weiterverbreiteten Mythos, dass Freundschaften einfach funktionieren müssen. In der Familie und in romantischen Beziehungen darf es Streit geben, ja – aber in der Freundschaft? Da trinkt man Bier und lacht, vermeidet Konflikte und schaukelt einander irgendwie. Ein Pfad, auf dem viele Freundschaften aber irgendwann einfach auslaufen, weil zwei das nötige Gespräch vermeiden. Mittlerweile weiss ich, dass man schwierige Gespräche auch in Freundschaften führen muss, wenn sie anstehen. Sonst zerbricht es – oder der Ton wird passiv-aggressiv und die Nähe unaufrichtig.

Vielleicht kann man Freundschaft fürs Leben gar nicht finden: Man stellt sie her, beisst sich an ihr fest, lässt sie nicht los. In guten wie in schlechten Zeiten. Nur so kommt man irgendwann miteinander an den Punkt, an dem man Bier trinkt und lacht und sich wirklich alles sagen und erzählen kann.

Von diesem Punkt aus betrachtet, war es alle Mühe wert.