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Kakaopreis auf Rekordhoch Günstige Ausland-Schoggi erobert die Schweiz

Der Star der österlichen Schleckerei wird in einem Werk in Deutschland hergestellt, das auf Hohlfiguren spezialisiert ist: Der Goldhase von Lindt & Sprüngli.

In der Branche kriselt es. Barry Callebaut, der grösste Schokoladenhersteller der Welt, will 2500 Stellen abbauen. Der Grund seien ineffiziente Strukturen, teilte das Unternehmen mit Sitz in Zürich diese Woche mit. Es will Doppelspurigkeiten abbauen. Daneben machen ihm, wie der gesamten Schokoladenbranche, die steigenden Preise zu schaffen.

Kakao, der wichtigste Rohstoff für Schokolade, schiesst in die Höhe. Am Dienstag hat der Kakaopreis an der New Yorker Börse mit 7393 Dollar für eine Tonne ein neues Allzeithoch erreicht. Damit hat Kakao innerhalb von zwei Jahren um über 200 Prozent zugelegt.

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An der Supermarktkasse zeigt sich diese neue Realität bereits: In der Migros kosten die Truffes der Eigenmarke Frey neu 8.95 statt wie bisher 8.50 Franken, und auch Coop wird «preisliche Anpassungen im Sortiment machen müssen».

Noch spürbarer ist die Situation für die Schoggi-Hersteller. «Die aktuelle Hausse ist dramatisch – fast schon bedrohlich für Maestrani», sagt Geschäftsleiter Christoph Birchler. Die Traditionsfirma aus Flawil SG ist für ihre Minor- und Munz-Prügeli bekannt.

Das Problem: Kakaobohnen werden langsam knapp. Der Markt befand sich bereits in den beiden vorangegangenen Saisons im Defizit. Die Lagerbestände schwinden und sind aktuell sehr niedrig.

Nun wird im wichtigsten Produzentenland, der Elfenbeinküste, erneut eine deutlich geringere Kakaoernte erwartet. Auch in Nigeria und Ghana bleiben die Ernten deutlich unter den Erwartungen. Es droht das dritte Kakao-Defizit in Folge.

Mangel löst Spekulationen an den Börsen aus

Derartige Engpässe sind neu für die Branche. «Die Versorgung ist nicht mehr sicher», heisst es. Auch solche, die über zwanzig Jahre im Geschäft sind, «haben so etwas noch nicht erlebt».

Die Ursachen sind zum einen extreme Wetterereignisse wie Dürreperioden und Starkregen. Zum anderen setzen Pflanzenkrankheiten der Ernte zu, vor allem ein Virus, das zum Absterben der Kakaobäume führt.

Bis neu gepflanzte Bäume Früchte trügen, brauche es drei bis fünf Jahre, schreibt Joern Iffert, Leiter Aktien-Research bei der UBS, in einer Analyse über den Kakaomarkt. In den nächsten zwei bis drei Jahren werde daher das Angebot voraussichtlich niedriger sein als im Schnitt der letzten fünfzehn bis zwanzig Jahre. Dies führe zu anhaltend überdurchschnittlichen Preisen.

Dies befeuert die Spekulation an den weltweiten Börsen. Kakao ist inzwischen der Rohstoff mit der grössten Preissteigerung in den vergangenen zwölf Monaten. Dahinter folgen mit grossem Abstand Orangensaft und Heizöl.

Regulierungen erhöhen Aufwand bei Schoggi-Firmen

Die Hausse werden die Schoggi-Fans deutlich spüren. Bereits in den vergangenen zwei Jahren sei es bei Schokoladenprodukten zu Preiserhöhungen zwischen 12 und 15 Prozent gekommen, schreibt UBS-Analyst Iffert. Er prognostiziert für dieses Jahr zusätzliche Preiserhöhungen von etwa 5 Prozent. Im Vergleich zu Ende 2020, als der Preisschub eingesetzt hat, bedeutet dies eine Steigerung von 20 Prozent.

Sozusagen Glück haben die Osterhasen, die derzeit in den Supermarktregalen und Schaufenstern stehen. Bei ihnen schlagen die Preiserhöhungen nicht voll durch – zumindest vorerst: Osterschokolade wird üblicherweise Ende Sommer respektive im Herbst produziert. Für die nächste Saison werden die Preise im Frühling verhandelt, und da wird es anders aussehen.

Es ist jedoch nicht nur der Kakao, der die Schoggi-Produzenten unter Druck setzt. Ihnen drohen Mehraufwände durch zusätzliche Regulierungen im In- und Ausland. Für besonders grosse Verunsicherung sorgt das Entwaldungsgesetz, eine Art Konzernverantwortungs­initiative der EU. Es soll Ende Jahr in Kraft treten. Noch ist jedoch nicht klar, wie Schweizer Firmen Zugang zur Berichterstattungsplattform erhalten. Die Schokoladenhersteller befürchten, ab 2025 nicht mehr in die EU exportieren zu können.

Kinder-Überraschungseier von Ferrero werden im Ausland hergestellt.

Darüber hinaus sind Energie und Transporte teurer geworden sowie weitere Rohstoffe – etwa Milchpulver und Nüsse. Stark gestiegen ist insbesondere der Zuckerpreis. Im Vergleich zu 2010 zahlen Schweizer Schoggi-Produzenten heute doppelt so viel für Zucker. Vor allem deshalb, weil dessen Beschaffungspreis durch Grenzschutzmassnahmen künstlich hoch gehalten wird.

Was das bedeutet, zeigt sich am Beispiel von Camille Bloch aus Courtelary im Berner Jura. Um die Swissness-Regel einzuhalten, muss die Ragusa-Firma Milchpulver und Zucker aus der Schweiz beziehen. Beide Rohstoffe sind wegen des Grenzschutzes teurer als im Ausland. «Diese Differenz wird durch die aktuellen Rückerstattungen nicht gedeckt, was die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Schokolade schmälert», sagt Jessica Herschkowitz, Sprecherin von Camille Bloch.

Mehr als 40 Prozent wird importiert

Nun laufen einige dieser Massnahmen aus. Die politischen Prozesse in Bern laufen jedoch darauf hin, dass der Selbstversorgungsgrad auf dem heutigen Niveau verbleibt. Das heisst: Die Schweizer Schoggi-Produzenten stehen weiterhin vor dem Problem, dass sie wegen des Grenzschutzes gegenüber Konkurrenz mit Produktionsanlagen im Ausland einen Preisnachteil beim Zucker haben.

Das alles hat Folgen für das Schoggi-Land Schweiz. Mit einem jährlichen Konsum von 11 Kilogramm sind wir Weltmeister beim Schokoladekonsum. Doch schon seit Jahren wird laufend mehr Schokolade aus dem Ausland gegessen. Sie ist meist günstiger als inländische und kommt bei preissensitiver Kundschaft gut an.

Pro Jahr werden mehr als 40’000 Tonnen Schokolade importiert, das ist doppelt so viel wie vor zehn Jahren und entspricht mehr als 40 Prozent der in der Schweiz verzehrten Schokolade. Die Schweiz wird noch stärker zum Produktionsland für teurere Nischenprodukte, während günstigere Schokolade zunehmend aus dem Ausland kommt – etwa Überraschungseier aus Belgien oder die Goldhasen aus Deutschland.

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Geht es so weiter, wird Schweizer Schoggi noch mehr zum Luxusprodukt. Schon jetzt belasten die Mehrkosten die Branche. Camille Bloch gibt an, bisher auf Preiserhöhungen verzichtet zu haben. «Wir haben aber nun langsam alle Möglichkeiten wie Effizienzsteigerungen oder Verschiebung von Projekten ausgeschöpft», sagt Sprecherin Jessica Herschkowitz.

Christoph Birchler von Maestrani verhandelt derzeit mit seinen Abnehmern. «Sie müssen uns entgegenkommen», sagt er. Je nach Produkt und dessen Rezeptur seien 10 bis 20 Prozent höhere Preise nötig.

Läderach will nach Preiserhöhungen im Herbst nun vorerst «die Preise auf absehbare Zeit stabil halten», sagt Sprecher Matthias Goldbeck. Lindt & Sprüngli hingegen wird, falls sich die Situation beim Kakao nicht entspannt, nochmals Preiserhöhungen vornehmen, wie Sprecherin Sabrina Jakob schreibt. Nestlé deutete anlässlich der Jahresmedienkonferenz in der vergangenen Woche ähnliche Schritte an.

Bei Barry Callebaut dürfte der grosse Abbau die Schweiz nicht allzu hart treffen. Der Schokoladenmulti beschäftigt am Hauptsitz in Zürich 350 Angestellte. Gemäss der neuen Strategie soll dieser sogar gestärkt werden – denn es sind neben dem Abbau konzernweit Investitionen im Umfang von rund einer halben Milliarde Franken geplant. «Unser strategisches Investitionsprogramm sieht auch eine Stärkung des Hauptsitzes in der Schweiz vor», sagt Kommunikationschef Kai Hummel. Denn von hier aus würden künftig Supportfunktionen wie Personal oder Finanzen weltweit gesteuert.

Für das Werk in Dübendorf ist laut Hummel keine Schliessung geplant. In Deutschland und Malaysia soll hingegen je ein Werk aufgelöst werden.