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Fleischersatz auf dem Prüfstand Sind vegane Burger und Würstchen wirklich gesünder als Fleisch?

Vegane Fleischersatzprodukte wurden lebensmitteltechnisch oft intensiv behandelt.

Lendenstücke vom Schwein und Vegi-Fleisch auf Soja- und Erbsenbasis, unterschiedlich verarbeitet und mundgerecht angerichtet: Das gab es während sechs Wochen täglich zu essen. À discretion. Und dazu Gänsewein, ebenfalls so viel wie gewünscht. Kein sehr vielseitiger Speiseplan zwar, den insgesamt 50 Mäusen im Alter von drei Monaten hat es aber dennoch bekommen. Sie wuchsen gut, hatten ein glattes und glänzendes Fell. 

Trotzdem zeigten sich in der kurzen Zeit Unterschiede, abhängig davon, was die Tiere frassen – abhängig vom Verarbeitungsgrad des verfütterten Fleischersatzs oder Fleischs. Das stellte ein kanadisch-chinesisches Forschungsteam um Vijaya Raghavan von der McGill University in Montreal fest, nachdem es Blutwerte, Entzündungsparameter, Gewichtszunahme und Darmmikroben analysiert hatte. 

Ihre Versuchsanlage sollte die Frage klären: Sind fleischähnliche Vegi-Produkte tatsächlich gesünder als ein Stück Fleisch oder Wurst auf dem Teller? Denn noch ist alles andere als klar, ob Veggie-Bolognese, Beyond-Burger, Planted Chicken oder veganer Aufschnitt besser für die Gesundheit sind, wie viele glauben. 

Forscher fordern, die Zusatzstoffe zu reduzieren

Pflanzliche Fleischersatzprodukte sind oft lebensmitteltechnisch intensiv behandelt und enthalten viele Zusatzstoffe. In solchen Fällen zählen sie zu den sogenannten hoch verarbeiteten Lebensmitteln, so wie Fertigpizza, Snacks, Margarine, Würstchen oder Fertigsuppen. In der Regel enthalten sie viel Zucker, Salz, ungünstige Fette und Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Konservierungsmittel.

Vegane Wurst und Nuggets könnten am Ende ähnlich ungesund sein wie die fleischhaltigen Originale. Das erwähnte Tierexperiment gehört zu den wenigen Untersuchungen, die zu vegetarischen Fleischersatzprodukten durchgeführt wurden. Es wurde unlängst im Fachblatt «Food Research International» veröffentlicht. 

In der Studie war das Vegi-Fleisch tatsächlich gesünder als das echte Schweinefleisch. Doch der Verarbeitungsgrad beeinträchtigte diesen Vorteil erheblich, wenn auch nicht vollständig. Die Tiere nahmen mehr an Gewicht zu, zudem traten Entzündungen in Darm und Leber auf – fast so viel wie bei Fleisch. Einzig die Darmflora war beim Vegi-Fleisch nicht durch die Verarbeitung beeinträchtigt und in einem besseren Zustand als beim Fleisch. 

Die Autoren um Vijaya Raghavan kritisieren in ihrer Arbeit denn auch die «Überverarbeitung» und fordern: «Die Art und Weise, wie pflanzlicher Fleischersatz hergestellt wird, sollte verbessert und die Menge der verwendeten Zusatzstoffe reduziert werden.» 

Negative Gesundheitseffekt summieren sich

David Fäh, Ernährungswissenschaftler an der Berner Fachhochschule, betont zwar, dass Tierexperimente grundsätzlich nur mit Vorsicht auf den Menschen übertragbar seien. Doch die Resultate der chinesisch-kanadischen Forschungsgruppe würden das Bild aus anderen Studien gut ergänzen: «Je stärker ein veganes Produkt verarbeitet ist, desto geringer ist der Vorteil.»

Die Gesundheitseffekte seien zwar meist eher klein, würden jedoch aufgrund der Verbreitung der neuartigen Nahrungsmittel durchaus ins Gewicht fallen. «Die Fleischersatzprodukte werden von immer mehr Menschen und diesen zunehmend regelmässig gegessen – das summiert sich», sagt Fäh. Klar sei jedoch auch, dass auch bei den herkömmlichen Fleischprodukten grosse Unterschiede bestehen – ebenfalls abhängig von der Art des Fleisches und der Verarbeitung.

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Hoch verarbeitete pflanzliche Alternativen scheinen auch in Beobachtungsstudien beim Menschen weniger schädlich als hoch verarbeitetes Fleisch und auch als gesüsste Getränke. Das zeigte im Dezember in der Fachzeitschrift «The Lancet Regional Health – Europe» eine grosse Analyse, die bei 270’000 Teilnehmern die Ernährungsgewohnheiten der letzten 12 Monate und das Risiko erfasste, an mehreren chronischen Leiden wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zu erkranken. 

Umgekehrt zeigte sich in einer Übersichtsarbeit von 2022 im Fachblatt «Nutrition Research», dass der Verzehr von mehr pflanzlichen Lebensmitteln auch nach durchschnittlich 11 Jahren keinen positiven Effekt auf Körpergewicht oder Bauchumfang hat. Die Forschenden vermuten, dass dies an den hoch verarbeiteten Produkten liegt. Auch David Fäh sagt dazu: «Weil viele Menschen pflanzliche Nahrung häufig industriell verarbeitet zu sich nehmen, geht der gesundheitliche Vorteil wahrscheinlich verloren.»

Heikle Emulgatoren und Zellulose-Zusätze

Eine weitere Studie, auf die Fäh hinweist, legt das Herz-Kreislauf-Risiko von gewissen Lebensmittelzusatzstoffen offen. Die Untersuchung im «British Medical Journal» vom Herbst wies dies bei 95’000 gesunden Erwachsenen nach. Als problematisch identifiziert wurden Zellulose-Zusätze (E460-E468), Trinatriumphosphat (E339) sowie Emulgatoren aus Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren (E471 und E472). Fäh warnt allerdings davor, die Wirkung dieser einzelnen Zusatzstoffe zu stark zu gewichten. «Je nach Konzentration und Produkt, in welchem die Substanzen verwendet werden, können die Effekte sehr unterschiedlich ausfallen», so der Mediziner. 

Es zeigen also auch die Studien beim Menschen: Vegi-Fleischersatz dürfte gesünder sein als Fleisch, industrielle Verarbeitung und Zusatzstoffe verringern diesen Vorteil jedoch. Doch das Bild bleibt grob, genau quantifizieren lassen sich die gesundheitlichen Effekte der industriellen Verarbeitung auch beim Fleischersatz derzeit kaum. «Wahrscheinlich werden wir das nie so genau wissen», gibt Fäh zu bedenken. Der Effekt ungesunder Ernährung lässt sich unter anderem aus ethischen Gründen nur mit Beobachtungsstudien und mit indirekten Messungen untersuchen. Und Tierversuche, bei denen sich die Auswirkungen exakter erfassen lassen, sind in der Regel nur beschränkt auf den Menschen übertragbar. 

Für Fäh gilt beim Vegi-Fleisch die gleiche Faustregel wie bei allen anderen Lebensmitteln: Je geringer der Verarbeitungsgrad, desto besser. «Lange und unverständliche Zutatenlisten bedeuten in der Regel, dass die Produkte weniger gesund sind», so der Ernährungswissenschaftler. Als Fleischersatz schwört er selbst vor allem auf Traditionelles: «Tofu und Tempeh aus Sojabohnen sind wenig verarbeitet, können also auch zu Hause hergestellt werden und sind zudem vielseitig einsetzbar.»

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