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Bernerin in MyanmarSie produziert Kaffee im Kriegsgebiet

Unterstützt die myanmarischen Kaffeebauern vor Ort: Nathalie F. Manac’h (41). Geboren ist sie in der Bretagne, daher die Schreibweise des Namens.

Der Lärm von Militärkonvois unterbricht kurz das Interview. Die schlechte Internetleitung lässt kein Videobild zu. Solche Zustände sind für die Bernerin Nathalie F. Manac’h normal: Seit 2015 lebt sie in Myanmar und handelt von dort aus mit Kaffeebohnen. Unter erschwerten Umständen, denn das südostasiatische Land ist seit 2021 unter Kontrolle des Militärs. 80 Prozent des Landes befinden sich nach der Einschätzung von Manac’h im Kriegszustand.

Von den ursprünglich 300 Produzenten, mit denen sie geschäftete, seien nur noch 10 bis 20 Personen im Land geblieben. «Alle anderen sind nach dem Militärputsch geflüchtet», erzählt sie. Und nicht nur sie: Ein Teil der Bevölkerung sei ebenfalls weg. Erst letztes Jahr kam es erneut zu einer grossen Fluchtwelle, Minderheiten seien ins nahe gelegene Indien geflohen, die Mittelklasse sei ausgewandert. So wenig hört man in unseren Breitengraden über Myanmar. Das sieht auch die Kaffeehändlerin so.

Von der Botschaft ins Entwicklungsland

Bevor Nathalie F. Manac’h nach Myanmar auswanderte, führte sie ein ganz anderes Leben: Die gebürtige Französin wuchs in Bern und Solothurn auf, studierte in Genf, trat mit 32 Jahren in den diplomatischen Dienst ein und reiste in ferne Länder. Bald wurde ihr bewusst: «Ich konnte all die Pflichten nicht erfüllen, und mein Freiheitsdrang war zu gross.» Diese Erkenntnis hatte sie in Togo, wo Kaffee in Klostern angebaut wird und wo es aus den Fenstern nach gerösteten Bohnen roch. So erinnert sie sich an die Kehrtwende ihres Lebens.

Zuerst arbeitete die heute 41-Jährige als Kaffeehändlerin in Winterthur. «Dort habe ich Millionen von Franken hin- und hergeschoben», sagt sie. Als die Meldung kam, dass Burma – wie das Land damals noch hiess – nach 60 Jahren Abschottung die Grenzen öffnen werde, wurde sie hellhörig. Und fragte sich sofort, ob dort Kaffee angebaut wird.

Für andere ist Kaffee aufputschend, auf die Bernerin wirkt er beruhigend.

Zehn Tage nach der Wahl der Regierungschefin Aung San Suu Kyi reiste sie ein, um sich ein Bild vor Ort zu machen. Tatsächlich verfügte die ältere Generation über ein Wissen. «Darauf haben wir aufgebaut und im Westen des Landes mit Jugendlichen Saatgut gesetzt.» Nach dem Motto: «From Zero to Hero», aus dem Nichts zum Helden.

Im wilden Osten

Einige Jahre lief das Unternehmen Nat Coffee gut, die Bohnen wurden von französischen Topröstereien weiterverarbeitet und in Europa abgesetzt. 2021 kam es zum erneuten Putsch, die Regierungspräsidentin Aung San Suu Kyi ist seither in Haft, das Land ist bis heute im Chaos.

Das erzählt Nathalie F. Manac’h per Videoanruf ohne Video aus der Kaffeestadt Maymyo. Hier gedeihen Kaffee und Blumen, aber hier befindet sich auch die Verteidigungsakademie, die man gut spüre. «Wir nennen es den wilden Osten. Grosse Karossen der chinesischen Mafia sind auf den Strassen unterwegs, aber auch Menschen mit Ross und Wagen.»

Nathalie F. Manac’h hat in Myanmar – wie das Land heute heisst – ihre Berufung gefunden.

Unter den Kämpfen und Luftangriffen leide nicht nur die Bevölkerung, sondern es würden auch die Plantagen in Mitleidenschaft gezogen. Die Bauernfamilien, die sie pflegen, müssten sich manchmal tagelang im Dschungel vor Angreifern verstecken. «Da Kaffeepflanzen nicht per se einen Wert haben, werden sie nicht systematisch zerstört.»

Die verbliebenen Familien versucht Nathalie F. Manac’h regelmässig zu besuchen. Kein leichtes Unterfangen wegen der vielen Kontrollposten auf den Strassen. «Mein Burmesisch ist hilfreich.» Und auch der Schweizer Pass, mit dem sie mit Visa nachweisen kann, dass sie 30-mal ins Land gereist ist.

Doch unberechenbare Soldaten, die nicht selten unter Einfluss von Alkohol stehen, hätten auch schon willkürlich ihr Fahrzeug durchsucht und sie bedroht. Mitfahrgelegenheiten gibt es wenige, weil die Leute Angst vor einer Bestrafung hätten. So reist Manac’h allein mit dem Motorrad, um niemanden ausser sich zu gefährden.

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Erpresst von «Warlords»

Sind die Kaffeekirschen reif, muss sie schnell vor Ort sein, um die Qualität zu prüfen und den Preis zu verhandeln. Dann engagiert sie erst einen Lastwagen, um die Ernte in die Hafenstadt Yangon zu bringen. Bis die Bohnen in der Hauptstadt angelangt sind, muss sie zittern.

Mehr als einmal seien die Lieferungen vom Militär beschlagnahmt worden, und Manac’h hätte sie zu horrenden Preisen wieder zurückkaufen müssen. Es herrschen mafiöse Zustände, die sogenannten Warlords haben viele Grenzen unter ihrer Kontrolle. «Ich schlafe erst ruhig, wenn die Bohnen im Hafen von Yangon im Container sind. Nur dann kann nichts mehr passieren.»

Wie viel Umsatz sie mit ihrem Kaffee macht, darüber gibt die Geschäftsfrau keine Auskunft.

Den verbliebenen Familien überweist sie aber auch dann Geld, wenn sie die Lieferung wegen einer Erpressung verliert. «Ich kann ethisch-moralisch nicht Nein sagen und zahle trotzdem. Die Bauern können ja nichts dafür, dass sie die Arbeit unterbrechen müssen.» Pro Jahr exportiert die Schweizerin fünf Container, das sind ungefähr hundert Tonnen. «Geschmacklich ist unser Kaffee sehr gut und eine Rarität», sagt Nathalie F. Manac’h.

Dass nun das Berner Unternehmen Blasercafé ihre Bohnen röste, komme nicht von ungefähr: Kleinere Röster könnten das Risiko, aus einem Kriegsgebiet Kaffee zu exportieren, nicht tragen. Nun wurden erstmals Bohnen aus Maymyo von Blasercafé in der Direkthandels-Linie «Loeb-Egge» lanciert.

Probiert hat Nathalie F. Manac’h ihren eigenen Kaffee noch nicht, da sie nur selten in die Schweiz reisen kann. «Während viele Menschen einen Kaffee trinken, um sich zu pushen, wirkt er auf mich wie eine Beruhigung.» Beruhigen dürfte sie vor allem, dass sie trotz allen Widrigkeiten die Bohnen ausser Landes gebracht hat.

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