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Alle «Bund»-Ausgaben von 1850 bis 1994Eine Fundgrube für die Geschichte der Stadt Bern

Seite für Seite wird digitalisiert – 830’000 Seiten sind es insgesamt

Es ist so weit: Rechtzeitig zum 170-Jahr-Jubiläum des «Bund» sind die «Bund»-Ausgaben von 1850 bis 1994 digitalisiert worden. Damit wird es viel bequemer, nach Artikeln aus früheren Jahren zu suchen. Bisher mussten alte «Bund»-Artikel jeweils im Keller gesucht werden: Im zweiten Untergeschoss am Dammweg in Bern sind die alten «Bund»-Ausgaben eingelagert, monatsweise zu dicken Einbänden gebunden. Je genauer die Datumsangabe war, desto rascher führte die Suche zum Ziel. Viele Anfragen konnten jedoch wegen mangelhafter Angaben gar nicht bearbeitet werden. Damit ist nun Schluss: Ab heute ist es allen Interessierten möglich, auf eigene Faust auf einer Plattform im Internet in früheren «Bund»-Ausgaben zu stöbern. Eine Volltextsuche erleichtert das Auffinden der gewünschten Artikel.

Wie funktioniert die Suche nach «Bund»-Artikeln?

Die historischen «Bund»-Seiten können auf der Plattform e-newspaperarchives.ch eingesehen werden. Die einfachste Suche erfolgt durch die Eingabe eines Stichwortes. Wenn die Treffermenge zu gross ist, lässt sich diese mit einem zusätzlichen Wort oder mit der Angabe eines Zeitraums eingrenzen. Gefundene Zeitungsseiten und einzelne Artikel lassen sich ausdrucken oder speichern – sie können aber auch als Bild vermailt werden. Je nach Interesse kann so ein persönliches Zeitungsausschnittarchiv angelegt werden. Die Plattform umfasst die Ausgaben von 1850 bis 1994. Die neueren Ausgaben sind im Zeitungsarchiv auf der «Bund»-Website zu finden.

Wie viele Zeitungsseiten sind digitalisiert worden?

Die «Bund»-Ausgaben von 1850 bis 1994 umfassen total 830’000 Seiten. Der «Bund» erschien zwischen 1850 und 1965 an sieben Tagen pro Woche, seither an sechs Tagen. Von 1890 bis 1967 gab es jeweils ein Morgen- und ein Abendblatt. Von 1920 bis 2009 lag der Zeitung am Wochenende «Der kleine Bund» als Kulturteil bei. Danach wurde dieser ins Hauptblatt integriert.

Bei gutem Zustand können 1000 Seiten pro Stunde eingescannt werden.

Welche Schritte sind nötig, bis eine Printseite digitalisiert ist?

Zuerst werden die Originalseiten eingescannt und Bilddateien erzeugt. Die Bilder im Tiff-Format werden entzerrt, gerade gerückt und geschärft. Schmutz wird digital entfernt. Danach werden die digitalisierten Seiten mit einer Spezialsoftware in Spalten und einzelne Artikel strukturiert. Die Software erkennt Überschriften, Untertitel, Fliesstext, Inserate, Bilder und weitere Elemente. Anschliessend werden die erkannten Elemente mit einer Texterkennungs-Software in Volltexte umgewandelt, nach denen schliesslich recherchiert werden kann. Zwischen diesen Schritten erfolgen mehrere automatisierte Kontrollen, die zeigen, ob alle Ausgaben und alle Seiten einer Zeitung eingescannt wurden. Bei Lücken sind teilweise Nachscans notwendig, die aus einer anderen Sammlung stammen können, wenn zum Beispiel in den Originalbänden Ausgaben oder Seiten fehlen.

Wo sind die alten Zeitungsausgaben digitalisiert worden?

Die «Bund»-Seiten sind von der Firma 4DigitalBooks im waadtländischen Ecublens eingescannt worden. Firmenchef Ivo Iossiger war 2001 auf die Idee gekommen, eine Maschine zu entwickeln, mit der Zeitungsseiten so effizient wie möglich digitalisiert werden können. Wenn die Zeitungseinbände in gutem Zustand sind, liest der Scanner, der mit zwei Kameras bestückt ist, bis zu 1000 Seiten pro Stunde ein. «Die Geschwindigkeit ist bei solchen Projekten sehr wichtig», sagt Iossiger, «sonst wären diese nicht finanzierbar.» Bei beeinträchtigten Vorlagen wird der Prozess von Handarbeit begleitet. In einem zweiten Schritt werden die Scans entzerrt und exakt ausgerichtet. Die Firma 4DigitalBooks, zu deren Kunden auch die Stanford University in Kalifornien, die Universitätsbibliothek Bern oder die Zentralbibliothek Zürich gehören, beschäftigt 20 Mitarbeitende.

Wer war am Projekt beteiligt?

Die Digitalisierung der rund 830’000 «Bund»-Zeitungsseiten aus den Jahren 1850 bis 1994 ist von der Universitätsbibliothek Bern in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Nationalbibliothek, dem Verein Zeitungsdigitalisierung im Kanton Bern sowie der Tamedia Espace AG umgesetzt worden. An der Finanzierung des Projekts haben sich zudem weitere Geldgeber beteiligt. Die Projektkosten inklusive Eigenleistungen betrugen rund 600’000 Franken.

Nach dem Scannen werden die Seiten am Bildschirm entzerrt und exakt ausgerichtet.

Welche Zeitungstitel im Kanton Bern sind bereits digitalisiert worden?

Neben dem «Bund» sind die «Gazette de Berne» (16891798), das «Intelligenzblatt für die Stadt Bern» (18341922) und die Thuner Zeitungen (18381999) digitalisiert worden. Der Verein Zeitungsdigitalisierung im Kanton Bern ist daran, mit zahlreichen Geldgebern weitere 1,5 Millionen Zeitungsseiten aus dem Kanton Bern zu digitalisieren. Dazu gehören die «Berner Tagwacht» (18931997), die Bieler Zeitungen (18501995), das «Journal du Jura» (18711995) sowie die Burgdorfer Zeitungen (18312004). Bis 2022 sollen auch diese Titel auf der nationalen Plattform e-newspaperarchives.ch frei zugänglich sein.

Was war die grösste Herausforderung?

Allein die Grösse des Projekts: Bei einem derartigen Unterfangen wird von einer «Massendigitalisierung» gesprochen. Über 40 Laufmeter Zeitungsbände mit einem Gewicht von mehreren Tonnen mussten transportiert und auf Scanner gelegt werden. 830’000 Dateien wurden bearbeitet und zu einem Text mit mehreren Milliarden Zeichen verarbeitet. Daran waren zahlreiche Mitarbeitende von Bibliotheken und Spezialistinnen bei externen Firmen beteiligt. Alle Arbeiten mussten ineinandergreifen, um die Kosten im Rahmen zu halten und am Schluss ein qualitativ gutes Produkt in der Zeitungsdatenbank vorzufinden.

Welche Bedeutung hat der digitalisierte «Bund»?

Die Zeitungen sind eine Fundgrube für die Geschichte der Stadt Bern im 19. und 20. Jahrhundert und eine wichtige Quelle für die Geschichte der Schweiz. Sie sind damit ein wichtiges Werkzeug für die historische Forschung. Die «Bund»-Ausgaben enthalten neben der Berichterstattung über die aktuellen Ereignisse aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur auch Inserate und Leserbriefe, die einen Einblick in den Berner Alltag geben.

Historiker Christian Lüthi ist Vizedirektor der Universitätsbibliothek Bern und Leiter des Projekts Zeitungsdigitalisierungen im Kanton Bern.