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Pro und Kontra zu SuppenTröstendes Superfood oder «nur Wasser mit Aroma»?

Macht eine Suppe satt und glücklich? Darüber herrscht Uneinigkeit.

Kontra

Nina Kobelt

Haben Sie es auch gehört? Mein Bauch hat geknurrt. Ich hatte eine Suppe zum Zmittag. Und eine ungesunde Menge Brot (aka: alles, was im Brotkörbli zu finden war), ja, aber Hunger habe ich trotzdem noch.

Ich mag Suppen nicht. Wenn man ehrlich wäre, ist es einfach Wasser mit Aroma, und oft ist es Glückssache, ob das schmeckt: Im Restaurant kauft man in der Regel ja die Katze im Sack. Kocht man sie selbst, weiss man wenigstens, was drin ist – eben Flüssigkeit und irgendwas, das man nicht in seiner Urform essen möchte.

Suppenfans behaupten gern, Suppen seien gesund. Klar, man nimmt viel Flüssigkeit auf (und Salz!), aber dass in einer mit vorher geschältem Gemüse versetzen Brühe, die im schlimmsten Fall gemixt, abgekocht, eingefroren und wieder aufgetaut worden ist, noch Vitamine schwimmen … ich wage es zu bezweifeln. Vielleicht stellt eine Minestrone die Ausnahme dar, man kann dort auf proteinhaltigen Bohnen herumkauen, doch auch sie hinterlässt ein Gefühl der Leere. Und der Sehnsucht nach dem Süden, aber das ist dann wieder eine andere Geschichte. 

«Irgendwas, das man nicht in seiner Urform essen möchte.»

Eine Suppe sei Comfort Food!, rufen Fans auch. Eine Suppe tröste in dunklen Herbsttagen, sagen sie, und legen ihre Hände schützend um das Suppenschälchen, nachdem sie ihr Wolljäckli ebenso fest an sich gezogen haben. Tatsächlich steigt die Anzahl an warmen Gerichten bei mir umgekehrt proportional zu den sinkenden Temperaturen: je fortgeschrittener der Herbst, desto dampfender der Teller. Nur: Ich esse gern, ohne dass sich meine Brille beschlägt, bevor ich überhaupt angefangen habe. 

Kann sein, dass dieser Umstand einer klitzekleinen Koordinationsstörung geschuldet ist. Dieser ist es wohl auch zu verdanken, dass ich unter grösster Konzentration Suppe löffeln muss und trotzdem immer scheitere: Ich kleckere jedes Mal. Ausnahmen konnte ich bis anhin nur selten feiern, zum Beispiel bei der Art broth, wie es sie etwa in Schottland gibt: einer Brühe (das ist die wörtliche Übersetzung), die eher einer Paste gleicht und in der der Löffel senkrecht stecken bleibt wie das Messer, das man in einen Kürbis haut.

«Ich esse gern, ohne dass sich meine Brille beschlägt.»

Apropos: Sie hat ja gerade Hochsaison, diese orange Flüssigkeit, die aussieht wie Babybrei, Kürbissuppe, wie ich sie hasse. Einerseits natürlich, weil ich schon beim Gedanken daran gähnen muss, andererseits, weil hier exemplarisch aufgezeigt wird, wie absurd Suppen doch sind: Gemüse malträtieren, bis zur Unkenntlichkeit – worin besteht da der Sinn? Mal ganz abgesehen davon, dass das Geschmackserlebnis (und ein Sättigungsgefühl, dies nur nebenbei) sich nun mal nur hundertprozentig entfaltet, wenn man zerkleinern, kauen, wiederkäuen muss.

Letzthin jubelte mir eine Freundin mit den Worten «etwas Besseres wirst du dieses Jahr nicht mehr essen» das Rezept einer Zwetschgen-Kastanien-Suppe unter. Ich dankte höflich und bastelte aus dem Zettel eine Tüte, in die ich die Marroni gab, die ich kurze Zeit später auf dem Feuer röstete. Sie waren noch ein bisschen hart, und ich hatte zu beissen. Aber sie machten satt. 

Pro

Martin Fischer

Vielleicht noch Nudeln. Aber sonst dürfte kein Gericht auf der ganzen Welt, auf sämtlichen Kontinenten, so erfolgreich sein wie die Suppe. 

Sie ist dabei bescheiden geblieben: Suppen sind selten die Stars in einem Mehrgangmenü, sondern der freundlich wärmende Auftakt. Wer will, kann sie dekorieren, aber auch mit kräuterummantelten Croûtons oder fein gezeichneten Rahmschlenzern bleiben sie letztlich eine plumpe Flüssigkeit in einem Teller oder Schälchen. Sie werden ganz pragmatisch zubereitet und genauso pragmatisch verzehrt. 

Auf Suppen ist Verlass, das weiss die Menschheit seit Urzeiten und ich seit Kindertagen. Es gibt Fotos von mir als kleines Kind, den Kopf ganz dicht an der Suppenschüssel. Ich sehe konzentriert und glücklich aus. Haben Sie das auch schon bemerkt? Gerichte, die wirklich Spass machen, kann man mit einem Löffel essen, dazu gehören auch Hörnligratin sowie viele Desserts. 

«Wer Suppe isst, ist mit der Welt versöhnt.»

Und natürlich werden Suppen nie langweilig, die Zutatenkombinationen lassen sich ins Endlose exponieren. Für mich als Vegi gibt es dabei für einmal wirklich viel Auswahl, in den Restaurants dürften Suppen mit Tier drin in der Minderheit sein. Die Mensa des Tamedia-Verlags, dem diese Redaktion angehört, tut sich mehrmals pro Woche mit überraschenden Suppenkreationen hervor. Nach der Tagessuppe halte ich auf dem Menüplan jeweils als Erstes Ausschau. Vergangene Woche gab es zum Beispiel Artischocken-Bohnen-Suppe. Und glauben Sie mir, auch Gorgonzolasuppe schmeckt.

«Bouillon hat sogar einen Anti-Aging-Effekt, weiss die BBC.»

Als rezeptscheuer Koch bin ich immer wieder freudig erstaunt, dass Suppen stets gelingen. Wasser oder Bouillon mit den gewünschten Zutaten aufkochen, mixen, würzen, fertig, es kann nichts schiefgehen. Wer zu stark würzt, gibt mehr Flüssigkeit hinzu. Wenn es Reste gibt, lassen sich diese gut noch ein paar Tage im Kühlschrank aufbewahren oder gleich einfrieren, für den gesunden Notfallplan im Tiefkühlfach. Denn Suppen sind in der Regel ausgewogen: Man nimmt dabei viel Flüssigkeit zu sich, meistens ist ordentlich Gemüse drin, eine gut ausgekochte, nährstoffreiche Brühe stärkt Kränkelnde. Bouillon hat sogar einen Anti-Aging-Effekt, weiss die BBC.

Japanische Ramen, Basler Mehlsuppe, amerikanischer Chowder: Alle Suppen der Welt verbindet das Herzhafte, und das ist wörtlich gemeint. Esse ich eine Suppe, geht mir das Herz auf. Wer Suppe isst, ist mit der Welt versöhnt. Oder können Sie sich vorstellen, Suppe zu essen und gleichzeitig wütend oder frustriert zu sein? 

Das Einzige, was man Suppen vielleicht vorhalten könnte: Beim Löffeln muss man sich schon ein bisschen konzentrieren.