Schlussmachen mit Thomas Meyer«Eine Trennung ist selten überraschend»
Bestsellerautor Thomas Meyer hat ein Spiel entwickelt, das eine Trennung nicht zur Katastrophe werden lässt. Und vielleicht kriegt man mit «Trennt Euch! Die Praxis-Box» doch nochmals die Kurve.
Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 4. Januar 2023 und wurde für unseren Schwerpunkt zu Trennungen aktualisiert.
Bestsellerautor Thomas Meyer, der mit seinem Roman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» bekannt wurde, hat 2017 mit der These, dass vier von fünf Beziehungen sofort beendet werden müssen, für Aufsehen gesorgt. Sein Essay «Trennt Euch!» wurde zur Bibel derer, die den letzten Anschub fürs Schlussmachen brauchten. Das Buch liegt bereits in der 10. Auflage auf und Meyer bietet seit über zwei Jahren Trennungsberatung an.
«Alles ist Beziehung. Auch eine Affäre ist eine.»
Damit nicht genug. Zusätzlich zum Buch gibt es auch «Trennt Euch! Die Praxis-Box» – ein Spiel, mit dem man sich entweder aufrichtig trennt oder die Beziehung in Schieflage nochmals retten kann. Wann also ist der richtige Zeitpunkt, zum Kartenset von Meyer zu greifen? Wir haben angerufen und nachgefragt. «Wenn ich mich frage, ob ich mich vielleicht besser trennen sollte, ist es höchste Zeit, offen und ehrlich darüber zu reden. Die Praxis-Box muss nicht zwingend zur Trennung führen. Lediglich zu Ehrlichkeit», sagt Meyer. Und wann ist der ideale Zeitpunkt? «Jeder Tag ist gut. Bloss das Verschieben auf den nächsten ist schlecht.»
Angst und Hoffnung seien die grössten Irrtümer, die uns davon abhalten würden, zu gehen. «Wir fürchten die Trennung, natürlich nicht ohne Grund, und reden unsere Probleme klein. ‹Alles halb so schlimm› ist dann das Motto.» Trennungen würden wir immer als Scheitern, Versagen oder Schande verstehen. Das sei ein fatales Missverständnis. «Paare kommunizieren oft extrem schlecht. Es wird kaum je offen über Bedürfnisse und Gefühle gesprochen. Und viele interessieren sich auch nicht wirklich für ihren Partner.»
«Eine Trennung ist selten eine Überraschung, sondern vielmehr eine überfällige Explosion.»
Dann sich vielleicht besser gar nicht erst einlassen? Trauen wir uns manchmal nicht recht, eine Beziehung als Beziehung zu benennen, damit die Trennung dann auch keine richtige Trennung ist und weniger schmerzt? «Alles ist Beziehung. Auch eine Affäre ist eine. Und jede Trennung ist eine Trennung. Wer etwas anderes behauptet, lügt sich selbst in die Tasche», nimmt Meyer sofort den Wind aus den Segeln.
Wenn also beide daran interessiert sind, dass man idealerweise nicht alles hinter sich abbrennt, und bereit sind, ein Stück Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit aufzubringen, kann das Spiel beginnen. Auf dem Spielbrett findet man sechs Fragefelder. Darauf steht: 1. Warum passt es für mich nicht? 2. Welche Geschenke habe ich in dieser Beziehung erhalten? Und 3. Was soll zwischen uns bestehen bleiben? Die letzte Frage richtet sich an getrennte Eltern, die weiterhin zusammen auskommen sollten, für alle anderen geht es darum, wie man sich an die Beziehung erinnern möchte.
Zwei Sets mit je 30 Antwortkarten für jeden mit Begriffen wie Sexualität, Respekt, Reflexion, Reife über Leichtigkeit, Mithilfe, Lebensziele bis zu Hygiene, Verlässlichkeit und Humor. Beide legen verdeckt eine Karte auf je eines der drei Felder.
Dann wird ein Timer auf zwei Minuten gestellt, in dieser Zeit erläutert man seine Karte. Danach wird der Timer nochmals gestellt, und die andere Person sagt, wie er oder sie dazu steht. Das braucht eine gute Portion Mut, auch zum Risiko. Je nachdem, was einem der Partner beim Schlussmachen plötzlich offenbart. Wie also verabschiedet man sich, wenn sich erst bei diesem Spiel herausstellt, dass der oder die andere ganz Wesentliches an einem schwierig fand? «Ich glaube, Paare wissen stets ganz genau, was nicht stimmt. Eine Trennung ist selten eine echte Überraschung, sondern vielmehr eine überfällige Explosion.»
Wenn man das für alle Fragen gemacht hat, bedankt man sich für die Ehrlichkeit, fotografiert das Spielfeld, jeder geht allein 30 Minuten spazieren, und danach wird die Trennung laut und deutlich ausgesprochen. Und wer weiss, vielleicht kriegt man doch noch mal die Kurve.
Thomas Meyer: Trennt Euch! Die Praxis-Box. Elster & Salis Verlag. Zürich, 2022.
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