Durch die Todeszone über den Berg
Der lebensgefährliche Erstflug über den Mount Everest musste wiederholt werden, weil die Kameras versagten.
Eine der beiden Westland Wallace in der Nähe der Grenze zu Nepal. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
John Buchan, Romanautor und als Parlamentsabgeordneter zuständig für die schottischen Universitäten, war bestürzt: Mit ihren erfolgreichen Erstflügen über den Nord- und Südpol hatten die Amerikaner die Briten ziemlich abgetrocknet. Ein Erfolg musste deshalb her – und hoch hinaus sollte es gehen, sehr hoch: Über den Mount Everest, den höchsten Berg der Welt. Doch zu Beginn der Dreissigerjahre glich dieses Vorhaben einem Himmelfahrtskommando. Die Doppeldecker waren …
Startklar: Colonel P. T. Etherton und einer der Piloten kurz vor dem Take-off am 3. April 1933. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Erneuter Versuch: Beim zweiten Flug, am 19. April 1933, funktionierten die Kameras einwandfrei. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
… nicht für solche Höhen gebaut, das Benzin drohte zu gefrieren, die Piloten zu ersticken. Hinzu kamen gefährliche Winde und unberechenbare Wetterkapriolen. Doch die Crew und die beiden angeheuerten Piloten David Fowler McIntyre und Douglas Douglas-Hamilton liessen sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Flugzeuge, Treibstoff und Sauerstoffmasken wurden verbessert, modernste Kameras montiert, und schon wenig später standen die zwei modifizierten Westland Wallace am Fusse des Everest, von wo aus sie am 3. April 1933 zum historischen Überflug starteten.
Der dritthöchste Berg der Erde, der Kangchendzönga. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Auf dem Weg zum Everest passieren die Maschinen den 8516 Meter hohen Lhotse. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Gewaltiges Panorama: Rechts der 8485 Meter hohe Makalu, im Vordergrund Chamlang und Lhotse. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Blick auf Everest und Makalu. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Die Nordost-Flanke des Mount Everest. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Ein Gletscher unmittelbar unterhalb des Everest-Massivs. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Über den Wolken: Beim zweiten Flug machten die Fotografen atemberaubende Aufnahmen des Everest und umliegender Achttausender. (Bonnett; Ullstein Bild via Getty Images)
Und natürlich ging beinahe alles schief. Von der falschen Seite kommend, drückten Winde die Maschinen nach unten. Mit der Sauerstoffzufuhr haperte es, Piloten und Fotografen drohten das Bewusstsein zu verlieren. Mit viel Glück und stotternden Triebwerken gelang der Pionierflug schliesslich trotzdem. Nach der erfolgreichen Landung wurden die Piloten gefeiert, und aus aller Welt trafen Glückwunschtelegramme ein. Doch der grosse Dämpfer folgte sogleich: Das gesamte Bildmaterial war unbrauchbar. Der Everest war zwar bezwungen, aber die wissenschaftliche Aufgabe, anhand hochwertiger Fotos detaillierte Pläne der Region herstellen zu können: gescheitert.
Eine erneute Überquerung war den Expeditionsleitern in London zu gefährlich und wurde verboten. Doch wer in offenen Cockpits nach Luft ringend das Wagnis auf sich nimmt, auf dem Dach der Welt abzustürzen, den kümmern Verbote herzlich wenig. Und so wiederholten die vier am 19. April den hochgefährlichen Flug. Diesmal funktionierten auch die Kameras. 20 Jahre später wählten Edmund Hillary und Tenzing Norgay ihre Route zur erfolgreichen Erstbesteigung anhand dieser Aufnahmen aus.
Ein Kommentar zu «Durch die Todeszone über den Berg»
Welch ein Abenteuer. Der reinste Filmstoff. Merci, dass hier diese Geschichte erzählt wurde.