Warum uns Verzicht guttun kann

Hollywood-Star Gwyneth Paltrow hat das Detoxen populär gemacht. Über dessen Sinn streiten sich die Experten allerdings. (Foto: allwomanstalk.com)
Die Ernährungsberaterin Maria Imfeld über den Fastenkoller, klareres Denken und warum das Kasteien auch schöne Seiten hat.
Mein Kopf drohte zu zerplatzen, mir war schlecht, und ich hatte Schweissausbrüche. Es war der zweite Tag meiner Fastenkur, die ich einem spontanen Einfall zufolge letztes Jahr ein paar Wochen vor Ostern gestartet hatte. Ich hatte auch ein klares Ziel: Ich wollte an meinen Winterspeck. Start war an einem Montag, am Sonntagabend hatte ich noch einmal so richtig geschlemmt nach dem Motto: Noch einmal den Bauch füllen, bevor es ans Eingemachte geht! Die Rechnung kam prompt: Am dritten Tag beendete ich das Fastenabenteuer, weil ich mich richtig elend fühlte.
Maria Imfeld, warum hat mein Körper so schlecht aufs Fasten reagiert?
Weil Sie schlecht vorbereitet waren. Wer vor dem Fasten noch einmal so richtig «völlert», wird es sehr schwer haben, denn Kopfschmerzen und Hungergefühl werden sich extrem verstärken. Wer zum ersten Mal fastet, sollte sich mit dem Thema auseinandersetzen, das hilft auch als Motivation, wenn man mal einen «Taucher» hat.
Wie sollte ich mich denn körperlich aufs Fasten vorbreiten?
Es lohnt sich, den Köper schon einige Tage vorher auf Sparflamme einzustellen, sprich auf leichte Speisen und Säfte zu setzen. Ebenfalls zur Vorbereitung gehört, sich mit den wichtigen Dingen für die Kur einzudecken: verschiedene Teesorten, ungesüsste Obst- und Gemüsesäfte, vielleicht auch Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralien. Einen Einlauf vor dem Start zu machen, finde ich ratsam.
Viele Hollywood-Prominente wie Gwyneth Paltrow propagieren das Fasten oder, wie es zeitgemässer heisst, das Detoxen. Mehr als nur ein Hype?
Die Fastenzeit, die nach der Fasnacht beginnt und an Ostern endet, hat ja eine lange Tradition. Aber nicht nur Katholiken kasteien sich, viele Menschen schalten jetzt «einen Gang runter» oder haben das Bedürfnis, sich bei Genussmitteln einzuschränken, sei es beim Essen, beim Rauchen oder beim Alkohol. Die Ärzte sind sich uneinig, was dieser Verzicht bringen soll. Für einige ist es reiner Hokuspokus. Es gibt aber Studien, die belegen, dass das Fasten einen positiven Einfluss auf Bluthochdruck, rheumatische Erkrankungen und Entzündungen hat.
Sind eigentlich Detoxen und Fasten das Gleiche?
Detoxen ist einfach der moderne Begriff. Man ernährt sich bei beidem flüssig in Form von Tees und Gemüsesäften. Aber wir vergiften uns ja nicht wirklich und brauchen das Detoxen zum Entgiften von Abfallstoffen. Das würde ja bedeuten, dass alle Menschen, die nicht fasten, langsam vergiften. Das ist Unsinn. Es geht da wohl mehr um das Mentale, dass wir uns von allem Unnötigen entlasten.
Was genau läuft im Körper ab beim Fasten?
Zuerst leert der Körper den Zuckerspeicher in der Leber. Dieser hält in der Regel drei Tage. Wenn der Speicher leer ist, beginnt die kritische Phase: Man hat oft Kopfweh oder fühlt sich nicht wohl. Es heisst auch, der dritte Tag sei der schwierigste. Danach bezieht der Körper seine Energie aus den Fettstoffreserven, den Muskeln und dem Eiweiss. Fällt eine gewisse Menge von Ketonen an, das sind Restmoleküle aus dem Fettstoffwechsel, werden diese nicht mehr restlos über die Lunge oder Niere ausgeschieden, sondern gelangen als zusätzliche Energie ins Gehirn. Diese Versorgung hat zur Folge, dass wir uns wacher und klarer fühlen.
Viele schwärmen genau von diesem Zustand, der sich im Verlauf des Fastens einstellt.
Ja, geübte Fastende verzichten dann sogar zwei oder drei Wochen auf feste Kost. Ich finde eine Fastenzeit von sieben bis zehn Tagen ideal. Wer länger fastet, sollte das in Begleitung eines Arztes tun. Auch wer regelmässig Medikamente nimmt, sollte das Fasten unbedingt mit einem Arzt absprechen.
Kann ich während des Fastens eigentlich arbeiten?
Das ist nicht unmöglich, aber schwierig. Viele Menschen fasten am liebsten an freien Tagen zu Hause oder gehen in ein Kurhaus. Wer daheim fastet, der könnte auch jeweils am Abend in eine Fastengruppe gehen, um seine Erfahrungen zu teilen. Der Vorteil vom auswärtigen Fasten ist, dass man besser entspannen und abschalten kann.
Sollte man während des Fastens Sport treiben?
Ja, der Körper ist auch ohne Kalorienaufnahme belastbar. Übertreiben sollte man die Bewegung allerdings nicht.
Wie geht man am Ende der Fastenzeit am besten in den Alltag über?
Indem man leichte Kost zu sich nimmt. Eine Suppe am ersten Tag, am zweiten vielleicht eine Kartoffel mit Quark oder etwas Reis, gedämpftes Gemüse usw. Auch wenn die Lust nach gewissen Lebensmitteln gross ist, sollte man ihr nicht nachgeben. Weil sonst der positive Effekt des Fastens sehr schnell verpufft. Für geübte Fastende ist dieser Übergang meistens nicht schwierig, weil sie von ihrer Einstellung her eine andere Sichtweise haben und für sie das Fasten kein wirklicher Verzicht bedeutet.
Fasten Sie selber?
Nein, nicht im strengen Sinne. Aber ich finde den Gedanken schön, sich in jeder Hinsicht etwas einzuschränken, zum Beispiel weniger Süsses zu essen oder weniger Kaffee oder Alkohol zu trinken. Isst oder trinkt man weniger, lernt man den Wert eines Produktes mehr zu schätzen. Dieses bewusste Essen und Trinken kann uns viel bringen.

Maria Imfeld, Ernährungsberaterin SVDE
9 Kommentare zu «Warum uns Verzicht guttun kann»
Eine „Expertin“ redet über das Fasten, die noch nie gefastet hat. Ziemlich typisch für viele „Experten“. Im übrigen verstehe ich unter wirklichem fasten ungesüssten Tee oder Wasser zu trinken und sonst nichts zu sich zu nehmen.
Man sollte wissen, dass bei der Ketose (also Nutzung von Ketonkörpern statt Glucose) starker Mund- und Körpergeruch entsteht, weshalb es sich auch aus diesem Fall empfiehlt, eher nicht arbeiten zu gehen – den Arbeitskollegen zu Liebe
ich kann dem gedanken des fastens nicht s abgewinnen.. dem gedanken auf etwas hin und wieder zu verzichten schon.. sogar als grossmutter auf das rauchen total zu verzichten ist mir grundsätzlich nicht schwergefallen, da ja genügend motivation seitens der enkel vorhanden und sinnvoll.. keine stinkende grandma keine gefährlichen nebenwirkungen und evt längeres leben. auf süsses na ja da verzichte ich nur ungern oder bei einer magen darmgrippe freiwillig.. keinen alkohol das ist ein muss! 2 mal die woche nur wasser ( anstatt wein) und wir in südadrika sagen ja sonst ( da das trinkwasser nicht die qualität des züri hahnenwassers hat) solange wir wein haben kein wasser! ..kaffeeverzicht absolut ein no go !…habe aber für alle die fasten und ihnen das etwas bringt: grössten respekt! edith
Man kann es einfacher haben: Kalorien aus Kohlehydraten mit Kalorien aus Proteinen und Fetten ersetzen. Anders gesagt: Keine Pasta, dafür etwas Käse zum Broccoli.
Natürlich nur als Tendenz und nicht absolut. Funktioniert, weil sich dann praktisch nie ein Hungergefühl einstellt.
Ich mache das mit Erfolg und esse manchmal nur noch zum Zeitvertreib und weil’s schön ist, aber nicht weil ich Hunger hätte.
Zur Kontrolle eine Kalorienzähl-App verwenden.
Ist wissenschaftlich belegt: Always Hungry? von David S. Ludwig
5 Tage Saftfasten im Sommer als geistige Zäsur zwischen zwei Jobs. Jeden Morgen Yoga, anschliessend raus an die Luft. Es war genau das, was ich in der Situation gebraucht habe und hat unglaublich gut getan. Ist doch immer die Frage, warum und wie – stimmt es für mich?
Fasten und ähnliche Manöver sind letztlich typische, etwas verzweifelt wirkende Kompensationshandlungen, mit denen man – getreu dem katholischen Ursprung – in ein paar Tagen versucht zu retten, was zuvor ein ganzes Jahr schiefgelaufen ist. Quasi ein Ablasshandel mit dem eigenen Körper. Das mag letztlich besser als nichts sein, aber ist definitiv nicht optimal. Besser wäre es allemal, einfach das ganze Jahr über sich gut zu ernähren und ausreichend zu bewegen, dann brauchts auch keine Hauruck-Methoden zur Fastenzeit. Und wenn man unbedingt mal den Hunger richtig spüren will oder den Keton-Stoffwechsel braucht, dann kann man auch im Alltag mal einfach eine Mahlzeit auslassen oder die Kohlenhydrat stark reduzieren, das reicht dafür allemal..
Wer sich konstant mit guten, vollwertigen, selbstgekochten Lebensmitteln genussvoll aber mässig versorgt, muss auf nichts verzichten, braucht weder Detox noch sonstigen Unfug und freut sich geistig und körperlich fit und gesund seines Lebens.
Wenn man selber regelmässig fastet, muss man der Fachfrau leicht widersprechen: Erstens: Bewegung ist für den Fastenerfolg (den körperlichen und den geistigen) absolut essentiell und das Gebot Nr. 1 der Stunde! Zweitens: die ersten beiden Fastenkuren habe ich tatsächlich in einem Kurhaus absolviert. Ganz schrecklich! Nichts von Abschalten; man ist 24 Stunden mit dem Fasten beschäftigt und die Gespräche in der Gruppe drehen sich nur noch ums Essen und Verdauen! Seit ich zuhause faste und daneben ein wenig arbeite, geht die Zeit schneller vorbei und das Fasten ist ein Kinderspiel.
Zu empfehlen die Sendung auf Arte über Fasten und Heilen sehr interessant