Detoxen ist Glaubenssache
Das Prinzip ist einfach: Einige Tage bis wenige Wochen ernährt man sich von Gemüsesäften und/oder wenigen, ausgesuchten Nahrungsmitteln. Dabei verzichtet man auf Genussmittel wie Süssigkeiten, Brot, Kaffee und Alkohol. Das kann man zu Hause tun oder in einem (teuren) Kurhaus oder Hotel. Vor allem weibliche Stars wie Sienna Miller oder Jennifer Lopez propagieren das Detoxen als neue Heilslehre. Sie nähren damit unsere Fantasie, man könne den Körper wie eine Maschine durchspülen, und nachher seien innere Organe wie Leber, Galle und Darm wieder wie neu. Was natürlich Unsinn ist. Die Detox-Anhänger sind der Ansicht, dass nicht allein zu viel Essen, Alkohol oder Nikotin den Menschen dick und krank machen, sondern auch die Spuren verschiedener Chemikalien, die sich als Schlacke im Körper ablagern sollen.
Der Begriff «Detox», den das «Oxford English Dictionary» übrigens mit «Entfernung giftiger Substanzen» definiert, wird zunehmend von der Schönheitsindustrie verwendet, um Säfte, Tees, Nahrungsergänzungsmittel und vieles mehr zu verkaufen. Und eine ganze Fitnessindustrie unterstützt diesen Trend. Es gibt eine Flut von Büchern und DVDs zum Thema, und auf Youtube finden sich unzählige Filmchen, vom Detox-Tagebuch bis hin zum Detox-Yoga.
Video: Detox-Yoga. Quelle: Youtube
Dass dem Detoxen ein solcher Erfolg beschieden ist, hat unter anderem auch mit dem Optimierungsdenken der Gesellschaft zu tun – und mit dem Mantra «schöner, gesünder, schlanker». Neu ist es auf alle Fälle nicht. Früher nannte man diesen Prozess Kuren oder Fasten. Bereits im 12. Jahrhundert sprach Hildegard von Bingen von «üblem, gesundheitsschädigendem Schleim» – heute Schlacken –, der aus dem Körper entfernt werden müsse.
Vor allem viele Ärzte stehen dem Ganzen kritisch gegenüber. «Es gibt zwei verschiedene Arten zu detoxen. Eine ist wirksam, die andere ist es nicht», sagt Edzard Ernst, Professor an der Universität Exeter. «Eine ist die medizinische Behandlung, der Entzug von Drogensüchtigen, die andere wird von geldgierigen Unternehmern, Quacksalbern und Scharlatanen propagiert.»
So kritisch viele Ärzte gegenüber dem Entgiften sind, so begeistert sind Menschen, die es regelmässig tun. Sie erzählen von einer besseren Haut, einer besseren Verdauung und einem allgemeinen Wohlgefühl. Das Problem ist allerdings, dass das neue Wohlgefühl nur so lange anhält, wie man sich diszipliniert. Fazit: Detoxen ist und bleibt eine Glaubenssache. Um ein besseres Körpergefühl zu bekommen, braucht es allerdings weder teure Kuren noch Produkte. Auch einfache Hausmittel zeigen Wirkung.
Diese 10 Tipps wirken Wunder:
1. Trinken: Das A und O jeder Kur. Mindestens zwei Liter basischer Tee, Bouillon oder Gemüsesäfte sorgen für Abwechslung. Heisses Ingwerwasser hilft gegen das Frieren.
2. Bewegung: Eine neue, englische Studie mit Teilnehmern aus zehn europäischen Ländern hat ergeben, dass schon ein täglicher Spaziergang von 20 Minuten die Sterblichkeitsrate um 20 bis 30 Prozent senkt.
3. Essen: Kein Fleisch und nichts, was Farbstoffe oder Konservierungsmittel enthält. Auch Alkohol, Weissmehl und Zucker meiden. Neben Salat, Suppen und Gemüsesäften werden beispielsweise Nüsse, Hülsenfrüchte und Naturreis empfohlen.
4. Sauna: Hier öffnen sich wegen der Hitze die Poren. Über den Schweiss werden Flüssigkeit und Salze aus dem Körper transportiert.
5. Bäder: Ein Basen- oder Meersalzbad entspannt den Körper. Eine Massage mit einem Sisal-Handschuh verstärkt den Effekt.
6. Körperpeelings: Durch sanftes Rubbeln wird die oberste Hautschicht abgetragen, die Haut erscheint rosig frisch.
7. Lymphdrainage: Sanfte Massagegriffe regen den Abtransport von Lymphflüssigkeit an. Das Gewebe wird entstaut.
8. Ayurveda: Der Körper wird mit warmem Öl eingerieben. Danach geht es ins Dampfbad oder in die Sauna zum Ausschwitzen.
9. Yoga: Gewisse Übungen sollen die inneren Organe, besonders die Leber, besser durchbluten.
10. Schlafen: Nichts regeneriert besser als guter Schlaf.
37 Kommentare zu «Detoxen ist Glaubenssache»
SUPER! Das Gesicht Botoxen und den Körper dann Detoxen. Das erleichtert das Portemonnaie ebenso wie das Gewissen.
Entgiften ist eine gute Sache und läutert Körper und Geist. Die Hektik des Alltags in unseren westlichen Welten zwingen uns zu mehr Einsicht diesbezüglich, sonst ist kaum Mithalten möglich. Ich mache dieses Entgiften regelmässig im Frühling und empfehle eine Woche bei abnehmendem Mond. Also kein Salz, kein Zucker, kein Fett/Butter, keine Kohlehydrate, sondern nur eine Gemüsesuppe mit fünf Zutaten. Dann 1. Tag Früchte, 2. Tag Gemüse, 3. Tag beides, 4. Tag Bananen mit Milch, 5. Tag Tomaten mit Mozarella 6. Tag Rindfleisch mit Gemüse 7. Tag Vollreis mit Gemüse, dazwischen vieeel Wasser/Tee. 😀
Detoxen? Aus Sicht der Wissenschaft ist das Unsinn, wenn auch ein anscheinend hochrentabler. Glauben allerdings darf jede, was sie will, solange die Folgen am Schluss nicht an der Öffentlichkeit (Krankenkasse etc.) hängen bleiben.
Wozu Gift konsumieren zugunsten unnötigem Detox? Sehr viel einfacher und nur gesund ist das *Gesund=Leben*!
Hab einmal in meinem Leben eine Woche gefastet und mich noch nie so schlecht gefühlt. Mache ich nie wieder. Radikaler Verzicht ist genau so ungesund wie über die Stränge schlagen.
Einen Punkt habe ich noch vergessen. Gelassenheit, auch öfter mal Fünfe gerade sein zu lassen ist ein Baustein des Glücks.
Zu Nummer 3: Ohne Wein und Fleisch ist alles andere sinnlos. Man kann vielleicht mit grünem Tee, Ayurveda und veganer Ernährung sehr alt werden, aber wozu?
Hm, Schmidli: Was sagen Sie denn zu Sportlern, die trotz allen Trainings an einem Herzinfarkt sterben?
wahrhaftig vielseitige möglichkeiten… mir passt am besten das tägliche laufen, golfen und schwimmen… sauna im sommer draussen mit danach kalten dusche ubd viel trinken !!! und das leben geniessen! schlafen ist übrigens echt total wichtig und zwar nicht lang aber tief! edith
Würde mich interessieren, wie man das bewerkstelligt – tief zu schlafen…
Im Keller, Thomas, im Keller.
Es wäre mir ohnehin lieber, wenn man von Frühlingsfasten reden würde, so wie in jenen Zeiten, als noch keine alternden Schauspielerinnen mit altem Wein in neuen Schläuchen Geld verdienten und das „Detox“ nannten. Ob da wirklich Toxine ausgeschieden werden, darüber kann man sich streiten. Fakt ist jedoch, dass man dank einer moderaten Frühlingsfastenkur fit in den Sommer geht.
Ich sagte schon immer, das schönste am Detoxen ist das nachträgliche Retoxen.. man muss ja schliesslich im Gleichgewicht bleiben..!
Hat schon mal jemand „“Körperschlacken“ gesehen….??? Alles Mumpitz, ist ja klar, wenn man sich eine Zeit lang natürlich ernährt und genügend schläft fühlt man sich besser.
Körperschlacken sind natürlich Unsinn. Aber die Abfallstoffe des Körpers sind sichtar, schau doch mal ins WC. Natürlicht funktioniert dies ebenso gut ohne die Tipps des Blogs.
Bestes Detox ist wohl, gar nicht soviel Tox reinzulassen.
Eine gesunde Vollwertkost, die sättigt prima – Übergewicht kaum möglich. Bewegung (gern an der frischen Luft). Genug Schlaf. Wenig Stress. Soziale Kontakte. Und last but not least eine spirituelle Ausrichtung (Sinnfrage): wissen wozu ich da bin und aus welcher Motivation ich handle. Kurz: ein bewusstes, harmonisches Leben führen. Wer glücklich ist, kompensiert nicht mit toxischen Substanzen oder Tätigkeiten. Jaja, das können nicht alle… aber probieren geht doch!
sie sagen es!!! genau so ist es!! und sie haben alle wichtigen komponenten mit einbezogen auch den sozialen und spirituellen aspekt 🙂
Alter Hut! Die Entschlackungskur im Frühling mit Löwenzahn, Brennesseln, Winterlaluchgemüse, Sauerkraut u. -saft, Haferflockengerichte usw. haben schon meine Grossmütter u.Mutter gemacht. Das gehört bei mir zum Jahresablauf wie Sandalen versorgen und Stiefel hervornehmen…
Das ganze Konzept des „Detoxen“ ist wissenschaftlich komplett wiederlegt. Der Körper „detoxt“ mit Hilfe der Leber automatisch – tut er das nicht mehr, ist man innert Stunden tot. Kein „Detox“-Produkt und keine spzielle Massnahme hilft bei der natürlichen Ausscheidung von Giftstoffen aus dem Körper. Natürlich sollte man viel schlafen und gesund essen, aber das hat ziemlich wenig mit der Entgiftung zu tun.
Es gibt nachweisbar wirksame Massnamen um den Körper zu entgiften. Beispielsweise mittels einer Dialyse oder mit einer Chelat-Therapie. Mit den hier im Blog genannten unwirksamen Wellness Methoden gibt es aber keine Gemeinsamkeit.
Sicher kann man den Körper auf die eine oder andere Weise ent-giften, wenn er zuvor ver-giftet worden ist. Chelat wird eingesetzt bei Schwermetallvergiftungen – Blei, Cadmium, Quecksilber etc. Die Behandlung ist nicht harmlos und kann tödlich enden (s. einschlägige Info im Internet).
Entschlacken gibt’s wirklich schon länger ohne jedoch ein Millionen Geschäft zu sein. Erst die letzten Jahre entwickelt sich dieses : man zahlt viel für nichts Prinzip, d.h. Man kauft die Idee doch die Produkte sind üppig-leer…..fürs entschlacken ist nicht nur wichtig was man zu sich nimmt doch auch ein ruhiges, entspanntes Umfeld, entschlacken ist auch eine mentale Phase. Körper-Geist als Einheit, Ruhe und Natur, simpel runterfahren, das weniger ist mehr Prinzip.
Mit „Entschlacken“ hat das trotzdem wenig zu tun, das ist einfach Entspannen. Wenn sich in unserem Körper mit der Zeit tatsächlich Gifte und „Schlacken“ (was immer das sein soll) ansammeln würden, hätten ja wohl alle ein Problem, die das nicht machen. Haben wir aber nicht. Der Körper sorgt nämlich schon ganz von selber dafür, dass Gifte ausgeschieden werden, das nennt sich einfach Pinkeln. Und die Schlacken kommen dann wohl hinten raus.
Jeder spürt selber ob er,sie das entschlacken oder detoxing braucht. Detox= entgiften. Als Kind oder jünger Mensch ist das wahrscheinlich kein Thema doch wenn man älter wird, spürt man die ZUSATZGEWICHTE des Körpers. Darm-Leber und Niere müssen über Jahre hinweg vollstarbeit leisten und so scheint es mir klar das entschlacken eine sehr gute Sache ist, wie zum Beispiel einen ESTRICH oder eine GARAGE entrümpeln….der Bewegungsapparats, die Haut, und das mentale Gefühl verbessern sich immens nach einer BEWUSSTEN Entschlackung, aber wie gesagt, es ist nicht die Bibel sondern eine Möglichkeit.
Es ist mir schleierhaft, wie mit diesen überteuerten, zuckergeschwängerten, faserlosen Fruchtsäften entgiftet werden kann.
Man könnte sich die Früchte wenigstens selbst pürieren.
ich „detoxe“ (dieses hochtrabende Wort gibts ja erst seit einigen Jahren) seit Jahren – immer im Frühjahr – wahlweise mit Vollreis, den ich mit etwas gesottener Butter anbrate oder einer dicken Gemüsesuppe mit Algen in 3 Liter Bouillon/Miso. Die Gemüsesuppe möglichst pürieren, weil das Sättigungsgefühl pürierter Nahrungsmitteln länger anhält. Nie unter 900-1000 kcal gehen, sonst wird man hässig und schläft schlecht. Bio-Produkte bevorzugen, Miso erst am Schluss in die Suppe geben. Wer schlecht schläft, kann abends 1 Glas Bio-Rotwein trinken. Lieber länger detoxen als Crash-Saftkuren machen!
Mit Alkohol wird der Schlaf nicht besser, sondern schlechter.
das glaubt man üblicherweise. Eine kleine (!) Menge Alkohol kann jedoch durchaus zu besserem Einschlafen führen und wärmt den Körper, da man beim Fasten oft friert. Alkohol ist nicht nur Genuss- sondern auch Heilmittel. „dosis sola venenum facit“, wie Sie sicher wissen…
Edzard Ernst ist beizupflichten. Nur haben die zwei Detox-Varianten nichts gemein ausser dem Anspruch. Detox im 2. Sinne ist die Basis vieler Ayurvedakuren und dient als deren Geschäftsmodell. Die Methoden gehen da weit über ein bisschen Oel und Dampfbäder hinaus. Diese Formen von Detox sind letztendlich paradoxerweise v.a. was für Gesunde, denn nur ein gesunder Körper hält das regelmässig auch aus.
So, und nun setzen wir mal einen Kontrapunkt zu diesen wahnhaften Schönheitsidealen: Tess Holliday (Kleidergrösse 54) ist eine Visagistin, Aktivistin und ein Model und hat gerade einen Vertrag mit der bekannten Modelagentur MiLK Management abgeschlossen:
http://www.milkmanagement.co.uk/details.aspx?nav=2&modelid=802616&subid=12271&mainsubid=802616&a=79
http://www.tessmunster.com/
Aha!
Das Beispiel ist schön und gut. Jedoch wie viele solche Ausnahmen gibt es?
Das kommt drauf an: Es gibt bereits eine viel beachtete Mode Show mit Plus-Size-Models, nämlich hier:
http://www.curvy-is-sexy.com/
Sie hat ein hübsches Gesicht. Aber der Rest? Und es soll mir hier keiner sagen, dass das gesund ist.
liebe anastasia
der begriff gesund kann gar nicht adäquat definiert werden – selbst die who kann das nicht. …und sterben tun wir alle, einige gesund, die anderen krank. einfach leben…
tess ist eine schöne frau und mit den roten haaren auch noch sehr apart.
@Anastasia: meine Figur entsprich so ziemlich der von Tess – und das seit Jahren. Ich bin gesund, Blutwerte, Blutdruck usw sind top… Und ich treibe Sport, somit schmerzen auch meine Gelenke nicht.
@Meyer: Und mein Opa hat Kette geraucht, jeden Abend seine Biere getrunken und ist 99 Jahre alt geworden. War das gesund? Ihre Argumentation hinkt.
Lieber Leo,
meine Grossmutter wurde gestern 92, sie hat im Leben noch nie etwas von Detox oder grünen Smoothies gehört. Sie isst jeden morgen Weissbrot mit Butter und selbstgemachter Confi und trinkt eine Ovi (ui Gluten, Zucker UND Milch!!) und erfreut sich bester Gesundheit. Ich teile Ihre Meinung voll und ganz. Ein Leben mit frischer Luft, viel selbst gekochten, Freude und ab und zu ein Glas Wein (ja das trinkt sie ebenfalls ab und zu) reicht vollkommen 🙂