Von Huonder und Darbellay

darbellay

Bischof Vitus Huonder aus Chur hat mal wieder was Menschenverachtendes gegen Homosexuelle zum Besten gegeben. Das ist abstossend, aber auch nicht überraschend, meine Damen und Herren. Huonder ist ein provinzieller alter Mann voller Ressentiments. Selbstverständlich ist das nicht das, was man unter einem guten Christen versteht. Aber dass Homosexualität für Huonder offenbar eine todeswürdige Gräueltat darstellt, weiss inzwischen jeder.

«Better the devil you know», sagt der Engländer, also ungefähr: «Von zwei Übeln wählt man besser das, was man schon kennt.» Viel unangenehmer und auch unverschämter ist es, wenn nach Huonder jemand wie Christophe Darbellay auf den Plan tritt und erklärt, wie furchtbar und menschenverachtend er, Darbellay, die Äusserungen Huonders finde. Derselbe Christophe Darbellay, für den Homosexualität ungefähr den gleichen Stellenwert hat wie Drogenkonsum. Darbellay ist (noch) Chef der CVP, einer Partei, die sich gern familienfreundlich und progressiv gibt, doch hinter dieser Larve lugt dann eben auch ab und zu eine Art Rechtskatholizismus Churer Prägung hervor. In der Diskussion um Homosexualität ist Herr Darbellay zunächst dadurch aufgefallen, dass er, nachdem die Rechtskommission des Ständerates ohne Gegenstimme beschlossen hatte, dass auch homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen sollen, zu Protokoll gab, er sehe nicht ein, warum man das gestatten wolle. Denn: Kokain würde schliesslich auch nicht legalisiert, nur weil es Kokainkonsumenten gebe. Das ist nicht so weit weg von Huonder.

Es ist Darbellays CVP, die mittels ihrer Initiative «Zur Abschaffung der Heiratsstrafe» versucht, so ganz nebenbei eine rückständige Definition der Ehe in unsere schöne Bundesverfassung einzuschmuggeln, nämlich die Festschreibung der Ehe als «Lebensgemeinschaft von Mann und Frau». Das ist genau das Konzept, von dem sich die aufgeklärte westliche Welt gerade verabschiedet. So siehts aus. Die freie Welt bewegt sich nach vorn, Darbellays CVP will einen Schritt zurück.

Vitus Huonder ist laut und polternd; dafür ist Darbellay viel zu ängstlich. Foto: Gaëtan Bally (Keystone)

Bischof Huonder überrascht weniger als Darbellay. Foto: Gaëtan Bally (Keystone)

Christophe Darbellay ist mutmasslich nicht viel weniger homophob und provinziell als Bischof Huonder. Er ist nur opportunistischer. Huonder ist laut und polternd; dafür ist Darbellay viel zu vorsichtig und auch zu ängstlich. Aber Darbellay ist nicht ohne Einfluss. Es ist diese strategisch platzierte, nur gelegentlich aufblitzende Homophobie von der Machart Darbellays, die ein Klima bereitet, ein Klima, das den gesellschaftlichen Fortschritt behindert und vor dessen Hintergrund Extremisten wie Huonder überhaupt den Mund aufmachen. Es geht eine Linie von Huonder zu Darbellay.

Auf Ihre gönnerhaften Solidaritätsadressen können wir getrost verzichten, Herr Darbellay. Die CVP sollte lieber endlich ihre Haltung zu Fragen der Gleichberechtigung und Emanzipation überprüfen. Eine Haltung, die im Moment aus der heuchlerischen Doppelstrategie besteht, hinterwäldlerische Konzepte ebenso zu befördern wie CVP-Banner auf Gay-Pride-Paraden. Das ist peinlich und beschämend. Vielleicht wirds besser nach Darbellay. Schlimmer gehts ja kaum.

Bild oben: Christophe Darbellay telefoniert auf dem Balkon des Bundeshauses.

35 Kommentare zu «Von Huonder und Darbellay»

  • k-)er sagt:

    Tatsächlich die Dinos sind los. Des Bischofs Pfeile sind also angekommen. Das Alles erinnert mich an einen Quentino-Streifen. Überall Blut.
    Tja, ich hatte Vitus ja so verstanden, dass wenn wir schon die blutflüssige Frau, die nicht in den Tempel durfte, überwunden haben, überwinden wir doch auch die gottlosen Gedanken zum Geschlecht der anderen Gläubigen.
    Irgendwie habe ich immer etwas besseres zu tun, als den Schritt Anderer zu studieren.

  • Thomas Egger sagt:

    guten Tag,
    ich finde Homosexualität unnatürlich (das darf ich finden). Man sollte es nicht kriminalisieren, man darf es aber auch nicht förden, denn, es wurde gesagt, es ist unnatürlich.
    TE (natürlich nicht in der Stadt lebend).

    • Xavier Hügli sagt:

      Herr Egger. Natürlich dürfen Sie die verschrobene Meinung vertreten, dass Homosexualität unnatürlich ist. Können Sie dies auch belegen? Wieso gibt es in der Natur nicht nur bei den Menschen Homosexualität? Ist die Natur etwa unnatürlich nur weil mal ein selbsternannter Prophet gesagt hat es sei Homosexualiät sei unnatürlich. Solange Sie mir keine Beweis für irgend einen Gott liefern können (die Bibel und Jesus ist defintiv kein Beweis), solange ist für mich die Homosexualität natürlich. Basta!

    • Annabeth sagt:

      Sie scheinen zu verkennen, dass es nicht um die Sexualität als solche geht, sondern um die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehepaaren. Ich hinterfrage schliesslich auch nicht, ob die Sexualität Verheirateter „normal“ ist. „Normal“ ist ein willkommener, abgestandener Begriff, Homophobie und viele andere Ausgrenzungen auszuleben. Es gibt überhaupt nichts, das „normal“ ist, ausser in den Augen derjenigen, die sich ihre eigene, erdrückend untolerante Welt gezimmert haben, um aus dieser heraus über andere richten zu können

    • Marcel Mertz sagt:

      Herr Egger, leben Sie in einem Haus? Das ist unnatuerlich! Nehmen Sie Medikamente oder haben gar bspw. einen Stent eingelegt bekommen? Das ist unnatuerlich! Usw. – Umgekehrt: Manche Menschen morden und/oder vergewaltigen. Die Moeglichkeit dazu scheint eine (wenngleich unerfreuliche) natuerliche Eigenschaft der Spezies Mensch zu sein, Teil ihrer natuerlichen psychologischen Ausstattung (vgl. evolutionaere Psychologie). Soll man diese Eigenschaft nun foerdern, weil sie natuerlich ist? – Oder einfacher: Inwiefern genau hat Naturlichkeit/Unnatuerlichkeit irgendeine moralische Relevanz?

    • Daniel sagt:

      Von mir aus dürfen Sie Homosexualität „unnatürlich“ finden. Woher Sie die Anmassung nehmen, diese Laune der Natur (es sucht sich ja niemand aus, falls Sie das noch nicht wissen) als wider die Natur zu bezeichnen, ist mir schleierhaft. Offensichtlich verwechseln Sie religiös-moralische Werte mit Natur. Bleibt die Frage, warum Sie die Natur korrigieren wollen, zumal niemand durch Homosexualität an sich zu Schaden kommt. Und was meinen Sie eigentlich mit Homosexualität „fördern“? Lustig, wie soll das gehen? Ich kenne keinen einzigen Homosexuellen, der sich dazu fördern, überreden o.ä. wurde.

    • Christoph Bögli sagt:

      „Unnatürlich“ ist natürlich ein völlig schwachsinniger Begriff. Was ist denn in dem Kontext überhaupt „natürlich“ und woraus leitet sich das ab? Ist die Ehe etwa „natürlich“? Wohl kaum. Soll man diese also als etwas „unnatürliches“ verbieten? Und wenn nicht, wieso kann man dann die „unnatürliche“ Ehe nicht den angeblich „unnatürlich“ Homosexuellen zugänglich machen? Und ist denn nicht der Mensch an sich „natürlich“ und damit alles was Teil dessen Verhaltens ist? Oder gibt es auch „unnatürliche“ Menschen oder Pinguine?

    • Onkel Arnold sagt:

      Ihnen ist aber schon bewusst, dass der PC, auf dem Sie Ihre…nun ja, nennen wir es mal „Meinung“, eingetippt haben, etwas vom Unnatürlichsten überhaupt ist? Wäre es an Ihrer Stelle nicht sinnvoll, alleine im Wald im Einklang mit der Natur zu leben?

  • rüdiger sagt:

    Heuchlerisch ist aber auch die Salamitaktik die die Community gewählt hat, als man die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt hat und dieselbe Community hochheilig versprach, dass dann nicht noch mehr Forderungen kommen werden (wodurch die Vorlage überhaupt angenommen wurde). Und nun diese neue Tinglerische Realität, wo wir schon einige Schritte weiter zu sein scheinen. Auf Community folgt Darbelley und dann Huonder…

    • Philipp Tingler sagt:

      Es ist genau diese Art von Homophobie, die der Artikel meint. Liegt auf der Linie: Homos sollen mal bitte nicht zu laut werden, sonst haben sie selbst Schuld, wenn sie eins aufs Dach kriegen. Ansonsten ertragen wir sie, aber gleiche Rechte sind natürlich ausgeschlossen.

      — Die Sachlage ist schlicht folgende: Homos haben die gleichen Rechte wie andere Menschen. Mehr will niemand. Die eingetragene Partnerschaft ist in der Schweiz jedoch nicht der Ehe gleichgestellt. So einfach ist das. Leider.

    • Daniel sagt:

      Wie soll denn diese Politik sonst funktionieren? Glauben Sie, Parteien wie z.B. die SVP politisieren nach einem anderen Schema? Da wird auch alle paar Jahre die gleiche Thematik neu bewertet? Besonders bedenklich finde ich, dass in homophoben Meinungen oft durchschimmert, dass in den „Forderungen“ der (ominösen, allmächtigen, verschwörerischen) „Community/Lobby“ so etwas wie Priviegien lägen… Lieber Rüdiger, es geht um GLEICHE Rechte, und KEIN Heterosexueller verliert etwas.

    • Christoph Bögli sagt:

      Ich wüsste nicht, wer das „hochheilig versprochen“ hätte, zumal eh niemand das Recht hat, für alle homo- und heterosexuellen Befürworter eines gleichberechtigten Eherechts zu sprechen. Es ist höchstens traurig, dass man überhaupt die wahren Ziele verstecken muss, damit sich gewisse Leute auf einen minimalen Kompromiss einlassen. Dass es zu dieser „Salami-Taktik“ kommt ist einzig der Fehler der reaktionären Kräfte, die die Realität offenbar nur in kleiner, schrittweiser Dosierung verkraften..

  • Annabeth sagt:

    „Die CVP sollte lieber endlich ihre Haltung zu Fragen der Gleichberechtigung und Emanzipation überprüfen.“ Es ist armselig und kaum zu glauben, dass deren Gedankengut noch heute dazu führt, dass Menschen, die ihr Leben emanzipiert und selbstbestimmt geführt haben, als nicht zur Gesellschaft gehörend ausgegrenzt werden. Gleichzeitig als hoch eingestufte Single-Steuerzahler dazu missbraucht werden, die zielgerichtet und grosszügig ausfallenden (man muss ja schliesslich seine Wähler bei Laune halten) Familiensteuergeschenke zu finanzieren.

  • Thomas Egger sagt:

    wer sagt denn zu Hr. Tingler, dass Homos die gleichen Rechte haben? Die Bibel?

    • Daniel sagt:

      Ich würde jetzt mal behaupten, dass die grössten Errungenschaften der letzten 200 Jahre (namentlich Aufklärung und Menschenrechte), welche auch in unserer Verfassung verankert sind, Grund genug sind, die hetzerischen, teils menschenverachtenden Praktiken der christlichen Religionen zu beenden. Ich frage mich ohnehin nach wie vor, warum die Kirche in allen möglichen anderen Fragen (Bestrafungen, Frauenfrage, Sklaverei, Bekleidung, Zinswesen, etc) ihren Interpretationsspielraum zu nutzen und in der Praxis moderat zu werden. Aber da sieht man eben die irdischen Macht- und Geldgelüste der Christen

    • Hlynur sagt:

      Nein, der gesunde Menschenverstand.

    • Anh Toàn sagt:

      Vielleicht die Deklaration der Menschenrechte, oder unsere Bundesverfassung in Artikel 8?

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