Zombies gegen die Frauenquote

schawi

Meine Kinder liegen mir im Moment mit einem neuen Spiel in den Ohren, das den hübschen Titel «Pflanzen gegen Zombies» trägt. Ich habe keine Ahnung, worum es darin geht, aber ich denke, es ist selbsterklärend. Mich erinnert der Titel vor allem an die Diskussionen, die im Moment zur Frauenquote geführt werden. Das Thema holt die fast vergessenen Chauvinisten aus den Löchern wie Untote, die nun durch die Medienlandschaft stampfen und ihre Argumente gegen die hübsche Pflanzenwelt schwingen. Was einigermassen unterhaltsam ist, weil es einen Wettstreit darum zu geben scheint, wer die abgehangeneren Klischees auffährt.

Da hätten wir beispielsweise einen kleinen Text des Luzerner Schriftstellers Pablo Haller. Vergangene Woche feuerte der eine Breitseite gegen die Frauenquote ab, die einen Preis verdient hätte für die geradezu artistische Absurdität ihrer Argumentation. Haller erläutert, dass man sich heute mehr um die Männer Sorgen machen müsse als um die Frauen, da die Frauen «auf der Skala der political correctness die neuen Juden» seien. Man dürfe nichts gegen sie sagen und nicht an ihnen zweifeln, sonst komme man dran. Er eröffnet den Text mit einem Zitat von Charles Bukowski, der damals noch schreiben durfte, dass Feminismus nur deshalb existiere, weil sich hässliche Frauen in die Gesellschaft integrieren wollten. Das dürfte er heute nicht mehr, weil man ja eben gegen Frauen nichts sagen darf. Dabei seien sie ja überall im Vorteil. Nur wenn es um verantwortungsvolle Posten ginge, da wollten sie einfach nicht. Man müsste sie sozusagen auf den Knien anbetteln, dass sie eine Karriere für sich in Betracht ziehen. Und welcher Mann will das schon. «Ist den Frauen geholfen, wenn man sie überfordert?» fragt Haller. Da möchte ich zurückfragen: Hat man nicht gerade eher den Eindruck, als wären die Männer überfordert beim Gedanken, dass man den Frauen zur Karriere ermuntert? Zum Beispiel durch eine Quote? Offenbar. Denn eigentlich seien Männer die neuen «nigger of the world», so Haller. Das nennt man wohl Komplexitätsreduktion.

Nicht minder bestechend sind die Argumente von Herrn Ich-finde-keine-Frauen-für-die-Sendung-Schawinski. In seiner Kolumne in der «SonntagsZeitung» führte auch er interessante Ansichten gegen die Frauenquote an. Es gebe ernsthafte Anzeichen, dass Frauen anders sind und Männer auch, weshalb es keinen Sinn mache, diese Unterschiede in der Arbeitswelt einzuebnen. Diese Unterschiede ortet Schawi scharfsinnig in den Interessen des weiblichen Fernsehpublikums, die er am Programm des Frauensenders Sixx abliest. Dort nämlich stehen die Themen Heirat, Kochen und Hunde hoch im Kurs, sowie Filme über Vampire und Werwölfe. Wohingegen Männer sich eher für Autos, Abenteuer und «testosteronreiche Produkte» begeisterten, wie er aus dem Programm des Männersenders DMAX erkennt. Und nun die geniale Schlussfolgerung: «Da also die Interessen der beiden Geschlechter in der Freizeit stark divergieren, weshalb sollte man davon ausgehen, dass sie bei Arbeit und Karriere die gleichen Ziele verfolgen?»

Bestechende Logik, lieber Herr Schawinski – oder sollte ich eher Chauvinski sagen? Aus den genderspezifischen TV-Vorlieben auf den Willen oder gar die Eignung für eine Karriere zu schliessen, warum nicht gleich aus den Eingeweiden eines Fisches die Zukunft deuten? Stimmt, Auguren gibt es heute nicht mehr, Chauvinisten aber schon. Selbst wenn es tatsächlich so wäre, dass Frauen sich naturgemäss ausschliesslich fürs Kochen und Werwölfe interessieren – was genau hat das mit ihrer Eignung für eine Führungsposition zu tun? Und selbst wenn es so wäre, dass Männer grundsätzlich deswegen Karriere machen, weil sie sich vor allem für Autos und «testosteronreiche Produkte» interessieren, wäre nicht gerade das ein Grund, für Frauenquoten zu sein? Weil nämlich genau solche testosterongeladenen Karrieristen mit ihren Hochrisikospekulationen das Finanzsystem gegen die Wand gefahren haben?

Und nur um das mal klarzustellen: Es gibt tatsächlich auch Männer, die sich fürs Kochen interessieren und Frauen, die gerne schnelle Autos fahren, und es sind gar nicht mal so wenige. Vielleicht hat ja der Mangel an weiblichen Interessentinnen für Führungspositionen, der hier wieder mal insinuiert wird, weniger mit Vampiren und Werwölfen zu tun, als damit, dass immer noch die Frauen hauptsächlich mit der Kinderaufzucht beschäftigt sind. Eine Quote und die damit verbundenen beruflichen Chancen für Frauen könnte diese vielleicht dazu animieren, ihre Männer etwas mehr in die Pflicht zu nehmen, wenn es um Familie geht. Und die Männer könnten sich dann auch die eine oder andere Kochsendung ansehen. Oder für ihre Kinder «Pflanzen gegen Zombies» installieren.

Bild oben: Roger Schawinski, hier Radio-1-Studio in Zürich im Februar 2011, Verfolgt offenbar andere Ziele als eine Frau.

67 Kommentare zu «Zombies gegen die Frauenquote»

  • Michael Bloom sagt:

    Die Überzahl der Frauen an Universitäten zeigt, dass es nicht wirklich nötig ist Frauen zu fördern. Sie können jeden Beruf wählen, den sie begehren. Auch in Führungsetagen sind sie unter Männern gerne gesehen. Kien Witz, es ligt in derNatur, dass Männer gerne Frauen um sich haben. Es sind nur wenig Frauen bereit so viel für den Job zu opfern. Drum möchten die Emanzen, dass die wenigen Frauen, die breit sind, solche Jobs zu machen, bevorzugt werden, dass gleich viele Frauen wie Männer in Führungspositionen sind. Also nicht Chancengleichheit, sondern Gleichstellung.

  • Michael Bloom sagt:

    1. Gleichberechtigung bedeutet, dass der STARTpunkt für alle gleich ist. Gleichstellung bedeutet, dass der ENDpunkt gleich ist.
    2. Gleichberechtigung IGNORIERT das Geschlecht.
 Gleichstellung beachtet NICHTS ANDERES ALS das Geschlecht
    3.Gleichberechtigung ist üblicherweise demokratisch und wird von der Mehrheit mitgetragen und mitgelebt (“bottom-up”).
 Gleichstellung wird von oben herab (“top-down”) künstlich installiert und muss immer wieder gegen den Status Quo durchgedrückt werden.
    Siehe hier:
    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/sauberfrauen_und_schlampen/

  • Thomas sagt:

    Beim ersten Überfliegen des Artikels habe ich befürchtet, Schawinski hätte das geschrieben. Gottseidank war es Frau Binswanger.

  • Marc de Bâle sagt:

    Ein Wort über die im Artikel erwähnten Clowns und ihre Ansichten zu verlieren, ist verschwendete Energie. Bei der Vereinbarkeit von Karriere und Familienleben von Frauen schläft die Schweiz einen Dornröschenschlaf und ist im Vergleich mit Frankreich schon Jahrzehnte im Rückstand. Einige Stichworte zur Besserung: Aufhören mit dem „Rabenmutter“Vorurteil, bessere Infrastrukturen schaffen (auch Institutionen, wo die Kinder einmal eine Nacht auswärts schlafen können). Gescheites Gesamtpaket an auswärtiger Betreuung und politischer Wille sind gefragt. Frauenquote ist nur ein Teil der Lösung.

  • Franz Melliger sagt:

    Die Beispiele von Braun und Rickli geben mindestens Anlass zur Vermutung, dass Schawinski vielleicht nicht völlig unrecht hat. Man stelle sich deren männliche Pendants vor. Irgendein Propagandaminister à la Köppel und ein tumber Polterer à la Hans Fehr. Würden es diese beiden versäumen, Schawinski in seiner Sendung zu besuchen?

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