Lana Del Rey nervt für H&M

Es führt kein Weg an ihr vorbei und das ist wörtlich zu verstehen. Wer mehr als zwei Schritte aus dem Haus macht, prallt in ihren verstörenden Blick wie in eine Betonwand: Big Hair, künstliche Wimpern, Schlauchbootlippen über einem puderfarbenen Pullöverchen – das ist Lana Del Rey für H&M. Das ist der Stoff aus dem feministische Alpträume sind.
Ja, es ist nicht schwierig sich über Lana Del Rey zu ereifern, denn abgesehen von einer handvoll unverbesserlicher Musikjournalisten, die das tapsige Mädchen nach ihrem ersten ach so Independent-Video-Clip zur Hipster-Ikone hochhypten, kenne ich niemand, der die Ubiquität ihres silikongepolsterten Entenschnabels schmerzfrei ertragen kann. Die herausfordernde Frage ist also, warum die Frau oder besser das Phänomen Lana Del Rey so nervt.
Was mich betrifft, habe ich eine Vermutung. Falls sie mit der Geschichte nicht vertraut sind: Vor ungefähr einem Jahr erregte ihre Single Video-Games die Aufmerksamkeit zunächst der Blogs, dann der Musikpresse, schliesslich der Mainstreammedien, Lana Del Rey war der heisse Tipp der Stunde. Ihre Person gab jedoch von Anfang an genau so viel zu reden, wie ihre Musik. Vom ersten Vorschuss der Plattenfirma liess sie sich die Lippen aufspritzen, sie hatte einen Auftritt in der Saturday-Night-Live-Show, bei dem sie spektakulär versagte, weil sie sich so unsicher bewegte wie ein Castingshow-Opfer, Anfang September wurde sie von der britischen GQ zur «Woman of the Year» gekürt, was vor allem deshalb zu reden gab, weil die neben ihr gekürten «Men of the year» alle im schicken Anzug posierten, sie sich hingegen nackt ablichten liess und auf einem der Fotos fasste ihr ein Mann an die Brust. Gerade hat sie neun neue Songs vorgestellt, wovon einer heisst: «My pussy tastes like Pepsi Cola.» Wie süss.
Dass der Mainstream-Pop immer wieder talentlose Hühner an die Oberfläche spült ist bekannt. Im Fall Lana Del Rey liegt die Tragik aber darin, dass sie gar nicht untalentiert ist, aber gar nicht mehr dazu zu kommen scheint, etwas aus ihrem Talent zu machen, weil sie so sehr damit beschäftigt ist, die unschuldige und unfähige Kindfrau zu geben und damit die Phantasien zu befriedigen, welche sich die Öffentlichkeit offensichtlich von ihr macht. Das ist natürlich ihre Sache, aber die Botschaft an junge Mädchen ist dieselbe wie eh und je: Aussehen ist alles.
Dass eine Firma wie H&M mich aber auch noch mit solcher Aggressivität dazu zwingt dabei zuzuschauen, wie dieses Talent in Schönheit untergeht, das weckt in mir den Wunsch dem schwedischen Kleidermogul einen Brief zu schreiben. Gestern habe ich nämlich gelesen, dass ein anderes schwedisches Unternehmen namens IKEA aus seinem Katalog für Saudi-Arabien alle Frauen wegretouchierte. Warum macht man es nicht umgekehrt? Ich fordere, dass Del Rey aus der H&M-Kampagne wegretouchiert und dafür in den Saudi-Arabischen Katalog hineinmontiert wird. Zur Strafe für das misogyne Regime. Das wäre dann Gerechtigkeit.
79 Kommentare zu «Lana Del Rey nervt für H&M»
Oh Gott wie kann Mann sich nur so in eine Werbung hineinsteigern. Die Klamotten sehen an dem Mädel gut aus und nur darum geht es. Das hat auch nichts mit ihrer Musik zu tun sie passt mit ihrem Stil einfach auch zum Stil zu h&m. Und die machen doch immer übertriebene Werbung mit mega dünnen, mega braunen oder halt mega überhübschten Mädels.
Die 10 Stunden Version vom PC Lied: http://www.youtube.com/watch?v=Ndc96UKRw0A 😉
Also ich finde Lana del Reys Musik gut. Sie ist dreckig und intellektuell und sie hällt das Programm durch. Dass sie nicht alleine für ihren Erfolg verantwortlich ist, sollte niemanden wundern. Bei „Born To Die“ ist das visuelle „over the top“. Aber die Aussage stimmt; Sexualität und Tod haben mehr miteinander zu tun, als das sonst zugegeben wird. Das entspricht durchaus nicht dem Mainstream. Ihre Sache, wenn sie sich bei H&M etwas dazu verdienen will. Sie hat sich von ihrem reichen Elternhaus emanzipiert. Wenn wir alle Kunst von reichen Kindern verbrennen wollen, dann bitte an die Arbeit!
Entenschnabel! Ich bin also nicht die einzige, die an die putzigen gelben Badezimmergummitiere denken muss, wenn ich an den Plakaten vorbeilaufe…
Ich würde dennoch gerne die Frage aufwerfen wollen, ob Lana del Rey tatsächlich (ausschliesslich die Phantasien anderer befriedigt – oder nicht doch ein Stückweit die eigenen auslebt. Oder, wie Marina Diamandis es in einem ähnlichen Zusammenhang ausdrückte:
Ich zitiere mal kurz aus „Bubblegum Bitch“: „Got a figure like a pin-up, got a figure like a doll, don’t care if you think I’m dumb, I don’t care at all, candy vest, sweetie pie, wanna be adored, I’m the girl you die for.” Ist das nur wieder eine Parodie bekannter Pop-Barbies – oder bist du jetzt selbst die “Bubblegum Bitch”?
Der Song handelt natürlich von mir! Es gibt einen Teil von mir, der genau so ist, wie ich es singe. Wenn das nicht so wäre, könnte ich zwar einen solchen Song schreiben, ihn aber bestimmt nicht so meinen. Ich bin nicht rund um die Uhr eine totale Bitch, aber ich kann schon mal eine sein. Die meisten Mädchen können das, nur geben es nicht viele zu. Und genau das wollte ich jetzt machen: die Dinge zugeben.
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/546994
zu diesem thema eine alltagsbegebenheit: der kauf einer hose. mal abgesehen davon, dass kleider kaufen für mich mehr in den pflicht- als in den kürteil fällt, in der regel lass ich mich nicht beraten, warum, zeigt, als ich es kürzlich trotzdem zuliess. nebst der klärung praktischer eigenschaften, gab die beraterin auch noch ihre ästhetischen beurteilungs’reichtum‘ bekannt: die hose sei (es war eine enge 0815- strechjeans) ’sehr weiblich‘. kann man es noch kürzer sagen? das ist dann jeweils der moment, wo ich es nicht nur in der jeans, sondern auch in der kabine ziemlich eng finde