Weibliches Intrigantenstadl

Am Wochenende wurde mir mal wieder das Privileg zuteil, den Geburtstag meiner vorpubertären Tochter festlich zu begehen. Falls sie keine eigenen Kinder haben, lassen Sie mich diese Erfahrung folgendermassen auf den Punkt bringen: Warum Extremsport, wenn man auch einfach mit Kindern feiern kann? Nun bin ich Grenzerfahrungen aller Art keineswegs abgeneigt. Trotzdem evaluiere ich Jahr für Jahr Strategien, wie man das Ganze organisieren könnte, ohne mit einer nachhaltigen Zerrüttung der Nerven rechnen zu müssen. Ich weiss nicht, welcher Dämon mir eingab, nicht eine handelsübliche Party zu veranstalten und stattdessen ein paar Freundinnen der Tochter und einen befreundeten Jungen in unser Ferienhaus am See einzuladen. Aber besagter Dämon dürfte mittlerweile in seinem modrigen Höllenloch High-Fives mit seinen Kumpels austauschen. Das Wochenende war nämlich ein Desaster.
Es begann einigermassen harmlos mit einer problemlosen Anreise und nach ein paar kurzen Scharmützeln hatte die Schar auch ausgemacht, wer neben wem schlafen würde. Die Kinder gingen zu Bett, standen am Morgen wieder auf, und während ich damit beschäftigt war, Essen anzuschleppen, aufzutischen, abzuräumen und nasse Badesachen vom Boden aufzupicken, spielte die Kinderschar ruhig vor sich hin. Ich stand also friedlich in der Küche und rührte den Kuchenteig, als meine Tochter plötzlich heulend vor mir stand. Die eine Freundin weine, sagte sie, weil die andern beiden Freundinnen sie gehänselt hätten, worauf sie versucht habe zu intervenieren. Aber dann hätten die beiden anderen Freundinnen sich auch gegen sie verbündet und ich sollte doch bitte mal zum Rechten schauen kommen.
Man rechnet mit vielem an so einem Kindergeburtstag. Platzwunden, Zucker-Koma oder temporäre Taubheit, wenn man den Lautstärkeregler in der Disco nicht im Auge behält. Nichts davon ist so elend, wie das sich mir bietende Bild: Vier Mädchen in Tränen, zwei davon giftige Blicke über die Schulter zu den anderen werfend. Keine Frau, die nicht schon Niedertracht vom eigenen Geschlecht, oft auch der besten Freundin erlebt hat. In solchen Momenten hallt das ferne Echo davon meist ziemlich laut durchs eigene System. Manchmal ist es schwer, das weibliche Geschlecht, die Zickencliquen mit ihre Hinterhältigkeiten und Unsicherheiten auszuhalten. Die beiden Jungs standen derweil mit grossen Augen da und studierten die seltsame Spezies, in welche sich die Mädchen in meiner Abwesenheit verwandelt hatten. Zicken im Intrigantenstadl.
Nie würde man mit einer Gruppe vorpubertärer Jungs Ähnliches erleben. Subtile Ein- und Ausschlussverfahren und Loyalitäts-Salto-Mortali über Freundschaftsleichen – das sind weibliche Disziplinen. Wobei der Anlass weniger wichtig ist als das Verfahren. Erklärungsansätze, warum Mädchen so agieren gibt es viele: Weibliche Aggression sei verpönt heisst es, weshalb Mädchen ihre Hackordnungen im Versteckten austrügen. Dies habe mit Unsicherheit zu tun, mit dem geheimnisvollen und selten eingestandenen Spiel von Identifikation und Anziehung.
Die Frage ist, was man daraus macht. Inmitten der Spaghetti-Pizza-Geburtstagskuchen-Extravaganza am schönsten Ort der Welt, befehligte ich die Mädchen also in einen therapeutischen Sitzkreis. Jede durfte ihre Version der Ereignisse schildern und Lösungsvorschläge machen. Wenn es ein Naturphänomen ist, dass sich über der erhitzten Oberfläche der weiblichen Psyche Stürme von höchst destruktiver Dynamik zusammenbrauen können, so sind Mädchen doch lernfähig. Und vielleicht sind die fiesen weiblichen Intrigen auch nur die dunkle Seite der berühmten weiblichen Sozialkompetenzen.
Und bevor die Männer da draussen jetzt jubeln, dass ich endlich mal die zerstörerischen Kräfte psychischer Gewalt beschwöre: Einen Tag später klopfte frühmorgens eine Frau in Panik an meine Tür und bat mich, die Polizei zu rufen. Ihr Mann sei durchgedreht und wolle sie umbringen. Das sind die dunklen Seiten der typisch männlichen Konfliktlösungsstrategie.
Wir leben, um zu lernen und ich bin überzeugt, aus den fiesen Zicken des Wochenendes werden einmal grossartige Frauen. Sofern sie ihre Unsicherheiten beherrschen lernen. Bis es so weit ist, möchte ich empfehlen: Wer mit Mädchen in ein Wochenende fährt, sollte lieber zuerst einen Crashkurs in Konfliktmanagement belegen.
Im Bild oben: Szene aus der Serie «Gossip Girl» mit Emma DeMar, Amanda Setton, Nicole Fiscella, Taylor Momsen und Dreama Walker (v.l.n.r.). (Foto: Rex Features)
10 Kommentare zu «Weibliches Intrigantenstadl»
„Nie würde man mit einer Gruppe vorpubertärer Jungs Ähnliches erleben. Subtile Ein- und Ausschlussverfahren und Loyalitäts-Salto-Mortali über Freundschaftsleichen – das sind weibliche Disziplinen“ – Nun gut: bei uns gab es Mutproben, man übte Gruppendruck auf, wer nicht mit machte war ein Feigling und nicht dabei etc.).
Stadl ist maskulin. Wenn Ihnen das zu wenig feministisch ist, schreiben sie StadelIn, aber nicht das Stadl.
Als Mann hält man sich da am besten fern und geht auf die Jagd… Solange wie möglich. Leider sind die Möglichkeiten in der aktuellen Zivilisation sehr ingeschränkt…
Ob ein Mann/Vater in der Situation überhaupt so etwas wie „Konfliktmanagement“ betrieben hätte? Therapeutischer Sitzkreis? Oder doch lieber: „wenn ihr euch beruhigt habt, gibt es dann Kuchen“?
Nein, das stimmt nicht. Diese Bister bleiben meistens so fies bis sie ins Grab sinken. Schaut Euch doch mal im Strassenbild um, wie viele – ob 20 oder 80 – diesen ganz speziuellen Gesiuchtsausrdruck haben, der von Missgunst, Neid und böser Zunge erzählt.