Grosse Freude an einem nicht alltäglichen Gericht

Zu Besuch im Restaurant mit dem etwas seltsamen Namen Nachtjäger. Weidmannsheil!

In der heutigen Kolumne geht es weder um Rehrücken, Hirschentrecôte oder Wildschweinbratwurst, noch um Rotkraut, Marroni und Bratäpfel mit Preiselbeeren. Nein, das Weidmannsheil ist nicht einem Jäger gewidmet, der ein Restaurant mit Wild versorgt, sondern den Gastgebern des Restaurants mit dem etwas seltsamen Namen Nachtjäger. Dieses steht an der viel befahrenen Badenerstrasse zwischen Albisriederplatz und dem Lochergut, das sich mit den Bars und Restaurants, die sich in letzter Zeit dort niedergelassen haben, immer mehr zu einem erfreulichen, aber auch sehr trendigen Treffpunkt von Nachtjägern entwickelt.

Das Restaurant ist noch nicht allzu alt: Vor rund fünf Jahren haben Jann Hoffmann und Stefan Iseli, die an der nahen Kochstrasse das grossartige Café Boy führen, ein Zweitrestaurant eröffnet, das sie aber nicht selber betreiben. Seit Beginn kocht dort Kevin Ashbrook. Der Waliser hatte zuvor unter anderem bei Antonio Colaianni im Wetziker Il Casale und im Zürcher Clouds gewirkt. Seine Küche ist, wie sie heute sein muss: marktfrisch, regional, ohne Chichi. Und teilweise so reduziert, wie sie sonst kaum ein Koch zu servieren weiss. Doch davon später mehr.

Zum Aperitif empfiehlt uns Amelie Körting, die für den Service und den Wein zuständig ist, eine Art Hugo mit einem Cava, Holunderblütensirup und Gin (12 Fr.). Als Begleitung des süffigen Mixes lassen wir uns zu einer Focaccia (12 Fr.) überreden – einem selten guten Brotgebäck, das mit Mehl aus der Mühle Tiefenbrunnen gebacken wurde.

Eine ganz grosse Freude ist bei den Vorspeisen ein nicht ganz alltägliches Gericht für eine Beiz, nämlich Suppenhuhn (18 Fr.). Ashbrook verwendet das Fleisch zum einen für eine Art Terrine, zum anderen stellt er damit eine frittierte Croquette her – die knusprige Panade und das weisse Fleisch ergänzen sich geschmacklich und von den Texturen her hervorragend. Die Hühnerbouillon wird der Koch für weitere Saucen und Fonds verwenden. Auf der anderen Seite unseres Tisches gibt es ein Ceviche mit Zander, Gurke, Radiisli-Streifen und einer Cassis-Sauce. Eher puristisch ist dann der eine Hauptgang: Er besteht aus einer Lammkeule auf Apfelsauerkraut (40 Fr.): Die fruchtige Säure des Obstes verträgt sich gut mit der Säure des fermentierten Chabis, wir hätten jedoch auf den mildernden Rahm verzichtet. Das Fleisch indes ist perfekt gegart – es hat sich vom oberen Teil des Knochens zurückgezogen, ist aber nur stellenweise trocken. Der zweite Hauptgang ist ein Zwiebelkuchen mit Gemüse (26 Fr.). Wir essen quer über beide Teller hinweg, die Gerichte passen wunderbar zueinander.

Von der eher kleinen, aber ausgewählten Weinkarte haben wir einen Blauburgunder 2012 von Gian-Battista von Tscharner ausgesucht, der zu fairen 88 Franken angeboten wird. Es ist ein Wein mit mittlerer Wucht, der die Hauptgänge freudig unterstützt.

PS: Diese Woche teilten Jann Hoffmann und Stefan Iseli leider mit, den Nachtjäger per Ende Jahr zu schliessen. Bei unserem anonymen Testbesuch war dies noch nicht bekannt.

Nachtjäger
Badenerstrasse 310
Dienstag bis Samastag 18 bis 24 Uhr
043 931 77 90
Website

2 Kommentare zu «Grosse Freude an einem nicht alltäglichen Gericht»

  • Josipovic Zlatko sagt:

    Sirup 12,Brot 12,Suppe 18, Lamm 40 Zwiebelkuchen 26,Wein 88 total 184
    muss sagen alles fair, fermentierten Chabis habe ich auf dem Balkon, kann in sogar gege Bestellung gratis abgeben, sie wissen dass die Chinesen sozusagen jeden Tag sauern rohen Chabis essen weil er gesund ist….also natur nicht pasterisiert….

  • Pat Plüss sagt:

    Und grad hat mich der Artikel gluschtig gemacht, wieder mal hinzugehen. War schon zwei mal da. Einmal im Sommer auf der lauschigen hofseitigen Terasse. Nebst der ausgezeichneten Küche gefiel auch die sehr freundliche und kompetente Bedienung. Schade schliesst es schon wieder.

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