Ein Loblied auf das Reihenhaus

Von wegen Wohnform für Füdlibürger oder Kaninchenställe. Reihenhäuser haben entscheidende Vorteile.

Eine Reihnhaus-Siedlung in Niederglatt. Bild: TA

Das «Säuliamt ist die neue Goldküste», titelte diese Zeitung vor kurzem. Für Agglos, die hinter dem Albis zu Hause sind, war die Lektüre natürlich erhebend, vergleichbar mit dem Gefühl, im Uetlibergtunnel auf der Vespa einen Tesla-Fahrer aus Zug zu überholen.

Im Artikel ging es um die Preise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen, die im Säuliamt besonders stark steigen. Das Säuliamt boomt auch ohne Zürichsee. Alle wollen ins Säuliamt ziehen. Allerdings zeichnet sich diese Randregion im Kanton nicht gerade durch revolutionäre Wohnprojekte aus wie etwa Kalkbreite, Green City, Karthago oder Wogeno.

Im Säuliamt dominiert das Normale. Die 4-Zimmer-Wohnung mit Balkon, auf den die Bewohner einen Gasgrill stellen. Für die Zahlungskräftigeren gibts Einfamilienhäuser mit Umschwung, auf dem dann der Rasenmäherroboter Runden dreht. Und für junge Familien mit kleinerem Portemonnaie und grossem Drang nach Eigenständigkeit gibt es Reihenhäuser.

In der Stadt werden sie als Wohnform für Füdlibürger oder als Kaninchenställe belächelt. Doch dies entspricht der Weltsicht des Tesla-Fahrers, der durch seine getönten Scheiben einen Vespa-Fahrer an sich vorbeiziehen sieht. Reihenhäuser strahlen zwar nicht die revolutionäre Aura des Koch-Areals aus, doch im Alltag haben sie nicht zu unterschätzende Vorteile.

Zu loben wäre vor allem die Anordnung der Zimmer. Man kann sich in einem Reihenhaus viel besser auf seine Besucher konzentrieren als in der Altstadtwohnung oder im Loft. Denn Störfaktoren können im Reihenhaus auf ein anderes Stockwerk transferiert werden und nicht nur ins Nebenzimmer oder hinter die Zimmerpflanze. Das zahlt sich besonders dann aus, wenn der Besuch stimmgewaltigen Nachwuchs mitgebracht hat, der sich am liebsten mit den neusten Shooter-Games beschäftigt.

Verschiedene Stockwerke wirken sich auch positiv auf die Fitness der Bewohnerinnen und Bewohner aus. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn der Vater im Kinderzimmer im Dachgeschoss ein neues Büchergestell montieren will und merkt, dass er dazu den Schraubenzieher aus dem drei Stockwerke tiefer gelegenen Keller benötigt. Gut möglich, dass er Ab- und Aufstieg sogar mehrere Male vollziehen darf, da er beim ersten Mal den Kreuz- und nicht den Sternchenschraubenzieher mitgebracht hat. Es kann auch vorkommen, dass er im Keller unten steht und nicht mehr weiss, was genau er oben im Dachstock eigentlich brauchen würde und so ohne Schraubenschlüssel wieder in den zweiten Stock steigt.

Zu guter Letzt können verschiedene Stockwerke das Zusammenleben erleichtern, etwa wenn der eigene Nachwuchs nach Eigenständigkeit drängt, sich diese aber noch nicht leisten kann. Die Kommunikation zwischen Alt und Halbstark ist naturgemäss schwierig, vor allem wenn man sich im Wohnzimmer auch noch den Feierabend teilen sollte. Deshalb ist ein geheiztes Zimmer mit Bad im Keller Gold wert, denn erfahrungsgemäss fühlt sich Halbstark auch ohne Tageslicht wohl. In der Regel reicht für das Wohlbefinden das bisschen Licht, welches die Netflix-Serie «Narcos» ins Zimmer absondert.

10 Kommentare zu «Ein Loblied auf das Reihenhaus»

  • david mercier sagt:

    wieso füdlibürger, ich finde jeder der dieses wort in den mund nimmt muss wohl selber einer sein, sonst würde er/sie sich nicht abgrenzen auf diese art und weise. aber thema ist ein anderes, und da finde ich, reihenhäuser sind sowas von aus der zeit gefallen. diese benötigen in der form wie wir sie kennen zu viele ressourcen pro qm und kubikmeter

  • Hans Minder sagt:

    Die Architektur-Abteilung der University of Oregon widmet hier seit 2012 einen ganzen Lehrgang dem Reihenhaus …als Antreiber zur Verdichtung der Städte des Amerikanischen Westens, damit lokale Klein-Geschäfte mehr Fussverkehr erhalten. Das Reihenhaus bietet zudem den Vorteil der „Urban Grange,“ wo die Bewohner dank Vorgarten und hofseitigem Garten zum Selbstversorger werden können. Diese Idee entand 1919 in Wien, als diese Grosstadt knapp an einer Hungersnot vorbei ging. Das Reihenhaus ist als Wohnform nach wie vor zeitgenössisch und nachhaltig….also kein Füdlibürgertum!

  • Markus Rotkopf sagt:

    „Allerdings zeichnet sich diese Randregion im Kanton nicht gerade durch revolutionäre Wohnprojekte aus“. Die Mülimatt in Hausen war beim Bau durchaus revolutionär und hat viel Aufsehen erregt.
    Niederglatt ist übrigens nicht im Säuliamt.
    Bitte in Zukunft etwas besser recherchieren.

  • Thomas Maier sagt:

    Reihenhäuser brauchen einfach zuviel Platz pro Bewohner. Also bitte keine Loblieder singen.

  • Rolf Hefti sagt:

    LINGGÄ 1 mal freundlich schreibend. Immerhin das hat die Nö Billag erwirkt !

  • Rudolph sagt:

    Auf dem Foto sind Einfamilienhäuser abgebildet. Reiheneinfamlilienhäuser teilen sich links uns rechts, also seitlich, eine (mit Vorteil doppel) Wand, haben also einen Vorplatz (Parkplatz) vor dem Eingang und einen Garten hinter dem Haus. Meistens teilt sich die ganze Siedlung auch eine gemeinsame Zentralheizung. Ein Reiheneinfamilienhaus ist mehr als eine Maisonettewohnung und weniger als ein Einfamilienhaus, also ein perfekter Kompromiss

  • Jo Mooth sagt:

    Reihenhäuser sind defintionsgemäss zusammengebaut, die auf dem Bild aber offensichtlich nicht. Ansonsten trifft es zu, dass die Wohnform bewährt ist. Die gemeinsame Mauer kann gut isoliert oder gar durch einen sehr schmalen Zwischenraum doppelt angelegt werden, was aber mehr kostet. Im Erdgeschoss Küche, Du/WC und Wohnzimmer, oben Bad/WC und Schlafzimmer. Wasser und Abwasserleitungen konzentriert am selben Ort. Im Vorgarten neben dem Eingang der Carport, hinten der intimlauschige Sitzplatz. Braucht locker drei- oder viermal weniger Land als ein frei stehendes EFH.

  • Hans-Jürg sagt:

    Dann bin ich halt ein Füdlibürger.
    Wenigstens habe ich das Füdli, mich gegen Ungerechtigkeit und Fremdnhass einzusetzen gegen die Spiessbürger.

  • marsel sagt:

    Warum sollten Reihenhäuschen in der Stadt belächelt werden? Gerade dort sind sie doch das höchste der Gefühle und dementsprechend gesucht, da freihstehende Einfamilienhäuser selten und unerschwinglich (und unpassend) sind.

  • Mathias Gläser sagt:

    So what?

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