Da ist drin, was draufsteht

Wann immer man auf den bekannten Restaurantbewertungsportalen eine Lokalität findet, in deren Kommentarspalte sich eine Lobeshymne an die nächste reiht, gehen alle Alarmlämpli an – man ahnt Böses (wie vom Lokal berappte «Kritiker» etc.), und man ahnt dies selten zu Unrecht.
Doch auch das ist wie immer: Es gibt die Ausnahme zur Regel. In unserem Fall heisst sie Köchlistube. Das alteingesessene Kreis-4-Beizli wird auf Tripadvisor in 52 von 54 Einträgen mit 4 oder 5 (von 5) Punkten und charmanten bis euphorischen Voten bedacht. Und wer das Team und seine gmögige Klientel kennt, weiss: Diese Zuneigung, die ist nicht gekauft, die ist intensiv gelebt, Abend für Abend.
Das war schon so, als ich vor mehr als einer Dekade erstmals in der Köchlistube einkehrte. In jenen Tagen hatte es noch Aschenbecher auf den Tischen, und da der Speisesaal aus einem Raum besteht und die Gäste in einigermassen intimer Nähe beisammensitzen, konnte das dazu führen, dass man Fonduekäsegeruch (vom Päärli zwei Tische weiter), Zigirauch (von den drei Pandur-Jassern im Rücken) und Biermief (vom Rentner nebenan) in der Nase hatte, derweil man seine Zähne herzhaft ins aufgespiesste Schnitzelstück schlug.
Eine olfaktorische Grenzerfahrung, klar. Aber irgendwie auch elend gemütlich; die Stimmung erinnerte an Grossvaters Erzählungen aus seiner Kindheit im Emmental, als er mit dem Dutzend Geschwistern in der Stube rumlungerte, die einen assen, die anderen spielten, und neben dem Kachelofen brannte der Stumpen von Grossvaters Vater (den die Wärme hatte eindösen lassen) nieder. Aber zurück zum Hier und Heute, das sich, abgesehen von den jetzt vor der Tür platzierten Aschenbechern, gar nicht gross anders präsentiert – da ist noch immer drin, was draufsteht (nämlich Stube), mit all den dazugehörigen Assoziationen wie Behaglichkeit, herzlicher Service, währschafte Küche.
Versammelt sind deren Menüs natürlich im «Köchli-Buch». Meine Begleiterin, diesmal ohne den sonstigen Löwenhunger angereist, entscheidet sich für den Haussalat (8.50 Franken; er ist angemacht mit dem besten Salatdressing der Welt; als ich es leer getunkt hab, bin ich sehr nahe dran, ein Supplement zu bestellen) und den Hausklassiker, also das mit leckeren Pommes frites und Gemüsen adrett garnierte Schweins-Cordon-bleu (29.50 Franken). Ihr Urteil, wen überraschts: «Wow, saugut!»
Ich indes freue mich, dass die Standardkarte der Köchlistube häufig durch saisonale Spezialitäten ergänzt wird – und ordere den Herbstsalat mit Speck und Eierschwämmli (13 Franken) und das Hirschfilet mit Risotto und Rahmwirsing (38 Franken): Mein Urteil: «Wow, wild style at its best!»
Dazu suchen wir von der zwar nicht längsten, aber höchsten Weinkarte der Stadt – sie klebt auf einer leeren Sechsliterbuddel – einen Cal Pla Tinto aus dem Priorat (46 Franken) aus; «ein fruchtiger, kräftiger Tropfen», würde der Connaisseur sagen. Das wärs von diesem tollen Abend – den Schoggikuchen gönnen wir uns nächstes Mal.
Köchlistube, Köchlistrasse 6, 8004 Zürich
Telefon 044 242 80 68 (Reservation sehr empfohlen)
Montag bis Freitag 9 bis 0.30 Uhr, Samstag 17 bis 0.30 Uhr
2 Kommentare zu «Da ist drin, was draufsteht»
Drin was draufsteht? Ist dort ein kleiner Koch in der Stube? Ich mag die Köchlistube sehr gern, habe lange gleich nebenan gewohnt.
«Wow, wild style at its best!». Bei diesem hoch dotierten Preis fürs Wild aus Austria (?) in diesem doch sonst eher bescheiden auftretenden Lokal kann man das überschwängliche Lob wohl nur in „anglizistischer “ Form ausdrücken. Quasi als Stammgast mit internationalem Weltstadt-Anspruch.