Clubs am Züri Fäscht

Wo man nach dem Feuerwerk noch weiterfeiern kann.

Wo man nach dem Feuerwerk noch weiterfeiern kann.

Als die Vandalen unter König Geiserich im Jahr 455 Rom plünderten, öffneten ihnen die Bürger der ewigen Stadt bereitwillig die Tore. Um Kampfhandlungen und Brandschatzungen zu vermeiden, eilte Papst Leo I. gar an die Stadtmauer zu Geiserich um ihm zu versichern, dass es keinen Widerstand geben werde. In der Folge räumten die Horden Rom bis auf das letzte Goldstück, aber ohne überbordende Gewalt und ohne die Stadt niederzubrennen – es muss eine gigantische Party für die Vandalen gewesen sein.

Während des Züri Fäschts am kommenden Wochenende dürften sich bei manchem Stadtzürcher beim Blick aus dem Fenster ähnliche Gefühle einstellen wie damals bei seinen altrömischen Leidensgenossen während der Plünderung. Mit dem Unterschied, dass die prognostizierten 2,5 Millionen marodierenden Fremden Geld in die Stadt tragen und nicht welches abtransportieren kommen. Dennoch ergreifen auch am diesjährigen Züri Fäscht viele Stadtzürcher die Flucht und haben schon vor Wochen ein Zimmer in einem lauschigen Hotel auf dem Land gebucht. Auch die Zürcher Nachtleben-Macher sehen dem grössten Schweizer Volksfest mit gemischten Gefühlen entgegen: Viele Clubs und Veranstalter stellen zwar eine eigene Festwirtschaft, ihr Club bleibt aber geschlossen.

Der Supermarket, die Friedas Büxe, die Zukunft, die Härterei, das Lexy, das Exil, das Kaufleuten, die Amboss Rampe und viele mehr werden ihren Partygästen an ihrer gewohnten Adresse nicht zu Verfügung stehen und stattdessen in den meisten Fällen mit einem Alternativprogramm am Züri Fäscht präsent sein. Einige Locations wie der Supermarket oder die Amboss Rampe zeigen zwar weiterhin die Spiele der dann immer noch laufenden Euro 2016, verzichten aber auf das Ausrichten ihrer gewohnten Partys und Konzerte.

Andere wiederum wie beispielsweise das Hive bieten in ihren Räumlichkeiten nur ein reduziertes Programm und verzichten auf die Buchung teurer ausländischer DJs und Musiker. Dabei reagieren sie flexibel auf das Wetter am kommenden Wochenende: Sollte es regnen werden einfach ein paar der DJs von der Festwirtschaft am Seebecken in den Club beordert und das dortige Line Up-Aufgebot auf diese Weise vergrössert. Das Stairs wiederum verlegt sich auf das Organisieren von Afterhours: Wenn vorne am See irgendwann Schluss ist, kann man hier ab morgens um fünf Uhr weiterfeiern. Nur sehr wenige Tanzlokale wie der Stall 6 (mit einer Dancehall/Reggae-Party am Freitag und Drum’n’Bass am Samstag), das Hard One und der Helsinki Klub machen unbeirrt weiter und bieten ihren Gästen die übliche Kost.

Wer eine echte Alternative zum Züri Fäscht sucht, der hält sich an Christian Gamp und seinen gds.fm-Sender: Ab dem 30. Juni wird wieder täglich aus der kleinen und gemütlichen Elisaburg an der Elisabethenstrasse gesendet. Besucher sind willkommen und derweil vorne am Seebecken die Massen toben, kann man sich hier mit den gds.fm-Leuten gemütlich übers Radiomachen unterhalten und dennoch das eine oder andere Bierchen zwitschern. Und zwar gänzlich ohne Vandalenhorden.

Alex-Flach2-150x150 (1)Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.

13 Kommentare zu «Clubs am Züri Fäscht»

  • Tim Birke sagt:

    Als Stadtzürcher empfinde ich das Zürifest, wie andere Feste (Streetparade etc.) als Bereicherung.

    Zürich ist ja trist genug und das Volk rundherum tut uns gut.

    Weshalb sich die Leute über ein Bisschen Fest aufregen kann ich nicht nachvollziehen.

    @alle die sich aufregen
    Wir sehen uns ja in Zürich als Mittelpunkt der Schweiz, daher ist es logisch, dass Leute aus der Nachbarschaft uns besuchen wollen.
    Wer lieber angenehme Landruhe geniessen will, soll doch lieber nach Hinterpfupfig ziehen und dort „dem Güggel beim Krähen zuhören“.

  • Rob sagt:

    Alle drei Jahre steht Zürich für ein Wochenende Kopf. Hunderttausende Menschen feiern gemeinsam und friedlich um das Seebecken. Das z u Musik von den feinsten Clubs von Zürich, die einmal etwas Neues ausprobieren, etwas wagen und ihre Aktivität allen draussen und gratis (!) Zur Verfügung stellen. Und Sie beklagen sich über mangelnde Alternativen?
    Wer das ZüriFäscht nicht mag – was mir unerklärlich ist – ist wohl auf dem Land wirklich besser aufgehoben!
    Liebe Grüsse, ein Stadtzürcher

    • Alex Flach sagt:

      …und Dir geht wirklich, wirklich nicht in den Kopf, dass es tatsächlich Leute gibt, die solche Massenveranstaltungen nicht mögen? 🙂 Ich verstehe, dass man sie mag. Aber auch, dass es Leute gibt die sie nicht mögen.

  • KMS a PR sagt:

    FRUEHER…jaja ich weiss…. gabs die legendäre olé-olé bar, mit dem unvergleichlichen roberto. „tacka-tacka!!“ – remember? 🙂

    • Hi, die legendäre Olé Olé Bar gibt es heute noch und wir haben unbeirrt vom Zürifäscht täglich bis 04.00 geöffnet.
      Aber wer zum Kuckuck ist Roberto? We can’t remember

      • KMS a PR sagt:

        oh. das freut mich aber! roberto war ein so zwischen 1985…Anfang 90er legendärer barkeeper. er war quasi das aushängeschild der bar und hat mit seiner allzeit guten laune, seinen, zugegeben nicht äh-immer ganz jugendfreien sprüchen und generell seiner unverkennbaren art, dafür gesorgt, dass immer eine bombenstimmung herrschte. leider habe ich ihn ebenfalls aus den augen verloren.

      • geezer sagt:

        na ja. die olé olé bar mag’s ja schon noch geben, aber das ‚legendäre‘ daran ist definitiv vorbei……

        • Alex sagt:

          Als ob etwas das gerade aktuell ist die Chance hätte eine Legende zu sein… Das ist unfair

          • KMS a PR sagt:

            …das ganze leben ist „unfair“, lieber ali! 🙂 aber ja – legenden entstehen auf der zeitachse. und da gebe ich geezer recht-, die heutige „qualität“ schafft höchstens noch „erinnerungsmomente“. und keine legenden mehr. shit happens.

          • thomas sagt:

            KMS…was ist aktuell legendär? wo muss ich hin?

          • Anker sagt:

            Die aktuelle Olé Olé ist heute einfach eine 08/15 Bar wie es sie zuhauf an der Langen gibt, ohne Potenzial dereinst als Legende in Erinnerung zu bleiben.
            Die „legendäre“ Olé Olé um Rita und Walti und Co.hat sich immer angenehm vom Rest abgehoben, deshalb verdient sie auch das Prädikat „legendär“.

          • Alex Flach sagt:

            Die Olé Olé Bar ist eine der ganz wenigen Nachtlebenbetriebe der ausschliesslich von Frauen geführt wird. Alleine das macht sie schon speziell. An der Einrichtung wurde auch fast nichts geändert…. inwiefern hat sich die Bar also vorher von den anderen abgehoben? Die Getränkekarte kann’s nicht sein. Der Standort ist auch derselbe.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.