Der NachtStadtrat

Früher im Dadahaus, dann Party Partei und jetzt ein NachtStadtrat: Philipp Meier.

Früher im Dadahaus, dann Party Partei und jetzt ein NachtStadtrat: Philipp Meier.

Viele Jahre lang scheuten die Einzelkämpfer des Zürcher Nachtlebens jede Form der Zusammenrottung wie der Teufel das Weihwasser. Vereinzelte Kooperationen zwischen Clubs und Veranstaltern gab und gibt es zwar immer wieder, aber Versuche gemeinsame Nenner zu finden und diese mit der Gründung von Vereinen und Verbänden zu manifestieren, blieben zumeist in den Kinderschuhen stecken.

Mit der Party Partei und der Bar & Club Kommission Zürich (BCK) hat sich dies geändert und auch der neue NachtStadtrat ist ein Verein, der sich aus dem Zürcher Nachtleben heraus formiert. Er sieht sich als unabhängiges Organ, der sich für die Anliegen des Nachtlebens einsetzen und «jenen eine Stimme verleihen wird, die im öffentlichen Diskurs kaum wahrgenommen werden». Der NachtStadtrat definiert seine eigene Existenz als Notwendigkeit: Die aktuelle Diskussion um die Langstrasse zeige, dass das Nachtleben oft mit einem negativen Image zu kämpfen habe. Dabei sei die Stadt Zürich ohne attraktives Nachtleben schlicht nicht vorstellbar.

Im Vorstand sitzen mit Elena Nierlich, Heiko Hornung, Isabelle von Walterskirchen, Philipp Meier, Pitsch Calame, Steffi Thommen und Thomas O. Maurer lauter altgediente Nachtaktive, die sich teilweise bereits in der Party Partei (Philipp Meier) oder in der BCK (Thomas O. Maurer) engagieren. Philipp Meier möchte jedoch den NachtStadtrat weder mit der Party Partei noch mit der BCK verglichen wissen: «Der NachtStadtrat ist anders organisiert als die Party Partei. Er ist ein Verein mit Statuten der alle zwei Wochen eine Sitzung abhalten wird. Die BCK wiederum wird von Club- und Barbetreibern zur Imagepflege und für Lobbyismus finanziert. Wir hingegen werden uns beispielsweise auch um die Anliegen junger Menschen kümmern, die immer noch zuhause wohnen, die aber abends nicht mehr zuhause sein wollen, für die die Clubs und Bars zu teuer sind und die deshalb draussen rumhängen, dort jedoch oft vertrieben und ständig von SIP und Polizei kontrolliert werden».

Dass im NachtStadtrat weitgehend Leute einsitzen, die bezüglich Alter die Eltern dieser jungen Vergnügungssüchtigen sein könnten, findet Philipp Meier unproblematisch: «Wenn sich jemand für grüne Politik einsetzt, wird ja auch nicht erwartet, dass der- oder diejenige in einem Beruf arbeitet, der konkret mit Ökologie zu tun hat.»

Als eines der ersten Projekte möchte der NachtStadtrat eine Lärmkarte der Stadt Zürich anfertigen, die aufzeigen soll, dass es nächtliche Lärmemissionen gibt, die akzeptierter sind als Ausgehlärm (Kirchen, Strassen, Baustellen, etc.). Die Lärmkarte soll eine Informationsquelle für Immobilienentwickler und Neuzuzüger sein, die in der Stadt tätig werden oder leben möchten.

Für sein Gelingen oder Scheitern wird der NachtStadtrat schlussendlich selbst verantwortlich sein, abhängig von der Konsequenz, mit der selbstgesteckte Ziele verfolgt werden. Es ist zu wünschen, dass ihm dies besser gelingt als beispielsweise der Party Partei, deren Aktivitäten sich mittlerweile mehr oder weniger auf den Unterhalt einer Facebook-Gruppe beschränken.

Alex-Flach2Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.

11 Kommentare zu «Der NachtStadtrat»

  • diva sagt:

    wenn dieser nacht-stadtrat sich trotz dem «hauptgeschäft» in zürich ein nachtleben zu etablieren oder am leben zu erhalten, dafür einsetzen würde, dass in den aussenquartieren ruhe herrscht, könnte er mir direkt sympathisch werden. ich bin auch der ansicht, dass es nachtleben geben muss und dass es dafür bestimmte bezirke gibt, wo man sich als anwohner einfach im klaren sein muss, dass es da nachts nicht ruhig ist. wo ich aber absolut dagegen bin, ist dass sich die partyszene in wohnquartieren – mit vorliebe in besetzten arealen oder zwischengenutzten gebäuden einnistet. die menschen, die auf grund ihrer arbeit (und auch kinder, alte leute oder auch kranke, die zu hause leben) nachts schlafen können müssen, sollten dies einfach diskussionslos dürfen. egal ob tages- oder nacht-stadtrat: diese entwicklung, die leider schon sehr fortgeschritten ist, gehört gestoppt!

  • Daniel Castro sagt:

    Braucht es das wirklich? Ist das Nachtleben, dieses oberflächliche und geldschluckende Ding, wirklich so wichtig, dass einen NachtStadtrat braucht? Ich weiss es ja wirklich auch nicht. Aber ich denke und hoffe, dass es wichtigeres gibt im Leben eines jeden, als die paar Stunden am Freitag- und Samstagabend.

    • Alex Flach sagt:

      Natürlich gibt es Wichtigeres. Aber es gibt (beinahe) immer Wichtigeres. Ob Nachtleben oberflächlich bleibt, liegt hingegen beim Ausgeher/bei der Ausgeherin selbst: Man kann seinen Ausgang durchaus kulturell anspruchsvoll gestalten und ihn als Plattform für Interaktion, Zwischenmenschliches und Kommunikation nutzen. Und dass nichts gratis ist, entspricht halt der Natur der Gesellschaftsform in der wir uns bewegen.

      • Daniel Castro sagt:

        Das ist richtig. Man „kann“ seinen Ausgang durchaus kulturell anspruchsvoll gestalten und ihn als Plattform für Interaktion, Zwischenmenschliches und Kommunikation nutzen (wobei „kulturell anspruchsvoll“…wir reden hier von Clubs und Bars. Aber ganz ehrlich…die meisten schiessen sich doch einfach mit Alkohol oder Drogen ab. Sehe ich jedes Wochenende (trinke kein Alkohol, darum fällt es mir vielleicht mehr auf). Und das die Oberflächlichkeit beim Ausgeher selbst liegt, wird mir zu einfach erklärt. Vor allem gerade in Zürich, wo nur alles Sein und Schein ist, vor allem im Ausgang.

        • Alex Flach sagt:

          Es gibt schon viele Clubs mit einem kulturell wertvollen und musikalisch anspruchsvollen Programm. Elektronische Musik ist ja auf den unterschiedlichsten Etagen erfolgreich und man findet zwischen ultrakommerziellem Charts-Sound und experimenteller Musik mit Innovationscharakter alles. Auch im Zürcher Nachtleben. Das mit dem Alkohol stimmt natürlich…. Aber war das denn nicht schon immer so? Seit der Mensch die Wirkung von Vergorenem entdeckt hat? Ich habe oft das Gefühl, dass die Tendenz existiert, dies als neues Phänomen abzutun. Aber evtl. war es früher einfach versteckter. Auch dass sich die Jugend die Hörner abstösst ist nicht gänzlich neu.

    • Samuel sagt:

      Die Nutzung der wenigen Lebensfreizeit ist das Wichtigste, nicht die Lohnsklavenarbeit oder der Schlaf.

      • Pascal Sutter sagt:

        Schlafen ist das wichtigste. Sonst ist man um 1 Uhr zu schlapp für den Drop!

        • Samuel sagt:

          Mit weniger Lohnsklavenarbeit hat man mehr Zeit für den Schlaf. Die wenige Freizeit, oder eigentliche Lebenszeit, darf jedenfalls nicht darunter leiden.

          • Pascal Sutter sagt:

            …gibt ja auch solche die gerne Arbeiten

          • Samuel sagt:

            Die gibt es sicher, aber aus meiner Erfahrung würden wohl 90% gerne etwas anderes machen oder weniger arbeiten bei vollem Entgelt. Stattdessen würden sie lieber mehr reisen, Hobbys pflegen, Sport treiben, künstlerisch kreativ tätig sein, Zeit für Familie und Freunde haben, feiern uvm., das kann ich auch sehr gut nachvollziehen.

      • Markus sagt:

        muss lachen dass in einem blog eines neoliberalen schreiberlings über lohnsklavenarbeit geschimpft wird.

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