Wo Berlin von Zürich lernen kann
Weil in Berlin in den vergangenen Jahren etliche Clubs von neu zugezogenen Anwohnern weggeklagt wurden, hat die dortige Club Commission, ein Interessensverband von Nachtleben-Machern, ein Clubkataster erstellt, das laufend ergänzt und aktualisiert werden soll. Die Club Commission hat dieses Kataster im Auftrag des vom Berliner Senat eingesetzten Musicboards erstellt und so kam es, dass die Liste Anfang Juni vom Berliner Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) höchstpersönlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Geisel: «Es geht darum, die Ansprüche der wachsenden Stadt miteinander zu verbinden. Die Menschen wollen nicht nur in Berlin feiern sondern hier auch wohnen. Ich werbe für ein gleichberechtigtes Miteinander. Hierfür brauchen wir zuerst einmal Informationen. Das Clubkataster ist ein wichtiges Instrument, um dies zu erreichen».
Schöne Worte, nobles Ansinnen, aber für einige Ortsteile wie den ehemals quirligen Prenzlauer Berg kommt diese Initiative zu spät, gibt es dort doch kaum noch Clubs, die in ein Kataster aufgenommen werden könnten. Noch vor wenigen Jahren besuchte jeder dritte Tourist die deutsche Hauptstadt wegen ihrer Clubs. Da sich die Verwandlung Berlins von «arm, aber sexy» in «immer noch nicht vermögend, aber schleichend langweiliger» längst auch international rumspricht, ist es für eine Problemevaluation eigentlich zu spät: Die Katasterphase müsste längst abgeschlossen und die auf ihr basierenden Massnahmen eingeleitet sein.
Zürich ist Berlin mindestens zwei Schritte voraus: Mehrere Projektgruppen unter der Leitung von Polizeivorsteher Richard Wolff arbeiten derzeit an möglichen Brückenschlägen zwischen Nachtleben und Anwohnerschaft. Die Zürcher Stadtverwaltung hat das Problem erkannt, auch ohne vorher in Form eines Katasters ein ohnehin offensichtliches Problem belegen zu müssen.
Die Zürcher Stadtregierung hat auch klargestellt, dass eine Grossstadt ein lebendiges Nachtleben braucht, dass dieses viel zu ihrer Attraktivität beiträgt. Auch wenn Stadtentwickler Geisel das Clubkataster persönlich vorstellt, so wird man doch den Eindruck nicht los, dass der Berliner Senat hier seinem Nachtleben bloss einen Knochen hingeworfen hat, der von der Club Commission mit freudig wedelndem Schwanz angenommen wurde.
Lutz Leichsenring von der Commission: «Wir freuen uns. Man hat jetzt offensichtlich erkannt, dass Clubs ein wichtiger Beitrag zur Stadtentwicklung sind». Wie schön … Aber kann diese Einsicht auch nur ansatzweise den Ansprüchen eines Vereins genügen, der eine der wichtigsten Clubszenen Europas repräsentiert? In Zürich wird nichts mehr einfach nur hingenommen und die Zeiten, als ein einzelner Anwohner hunderten Clubbern ihre wochenendliche Stube mir nichts, dir nichts wegklagen konnte, sind vorbei. Selbst bei Sammelklagen, wie bei jener der Langstrasse-Anwohner kürzlich, erfolgt eine heftige Gegenreaktion seitens Nachtleben, die wiederum in einer öffentlichen Diskussion mündet, die ihrerseits zu einer Fall-bezogenen und einvernehmlichen Lösung unter der Leitung der Stadtverwaltung führen könnte.
Davon ist man in Berlin noch meilenweit entfernt. Clubkataster hin oder her.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.
31 Kommentare zu «Wo Berlin von Zürich lernen kann»
Sarah, doch gibt es. Das Kitty.
Aber egal. Wer lieber posiert statt ausgelassen zu feiern, sei es in der Büxe oder Zukki, sollte sowieso lieber die Lokalität wechseln und die Tilllate-Fotografen aufsuchen.
Wo jetzt Berlin etwas in Clubhandling von Zürich lernen kann erschliesst sich mir nicht.
Die Clubcommission ist ein Lobbyverein gemacht von cleveren Leuten die herausgefunden haben das es viel bequemer ist Clubpolitik zu machen als Clubs. Dafür erhält sie seit mindestens 5 Jahren eine Million Euro pro Jahr vom Senat.
Sie repräsentiert in keinster Weise die Clubszene und die Protagonisten des Feiertourismus sondern behauptet dies geegenüber der Politik und Öffentlichkeit.
Sisyphos, Berghain, Rummelsbucht, Mensch Meier, Heideglühen, Griessmühle,Kater und jaja…Watergate, Ritterbutzke sind alles keine Mitglieder aus verschiedenen Gründen. 5 von denen werden direkt von der Stadt protegiert.
Die Clubs in Lichtenberg, Treptow, Neukölln und Wedding haben direkte Ansprechpartner beim Bezirksamt und solange die Beschwerden nicht zu grob waren wurde grosszügig weggesehen. Jüngstes Beispiel Stattbad Wedding. Tatasächlich betreiben diese Bezirke Standortmarketing mittels Szenewirtschaft was wiederum zur gewollten Gentrifizierung führt. Selbst Marzahn versucht mitzumischen mit Hagestolz und Börse.
Da es in Berlin äusserst schwierig ist eine Clubkonzession zu erlangen handeln die Betreiber einen Kulturschlüssel aus um nicht als Vergnügungsstätte behandelt zu werden.
Das Clubkataster war ein Schock für die Szeneclubs, nicht einmal ein zehntel der darin aufgeführten Clubs dürfte eine Clubonzession haben und hat sicher kein Interesse dort genannt zu werden. Bereits gegen die private clubmap hatten sich viele Clubs erfolglos beschwert.
Die Verschiebung der Szene geht weiterhin gegen Südost. Die fehlende Recht-und Planungssicherheit hat letztendlich dazu geführt das sich die Szene ständig erneurt und das Feierrad sich weiterdreht.
Hier kann ich bloss den ersten Teil mit dem „Erschliessen“ beantworten. Gehe ich richtig in der Annahme dass Du aus Berlin stammst? Dann müsste ich das aufklären; es geht um die unter der Leitung des Zürcher Polizeivorstehers Richard Wolff gegründeten Projektgruppen „Nachtleben“ und deren Ziele. Sprich das Verhältnis der Politik einer Stadt zu ihrem Nightlife und die Konsequenzen daraus. Hierzulande war das breit in den Medien, dürfte aber kaum bis zu Euch durchgedrungen sein.
Sorry, aber das ist Bullshit. Keine Ahnung, woher Du Deine Informationen hast, ich würde Dir aber empfehlen Dich mal kundig zu machen, bevor Du Dich öffentlich so verausgabst.
Die Clubcommission finanziert sich nachweislich aus Mitgliedsbeiträgen ihrer über 150 Mitglieder (u.a. Ritter Butzke, Stattbad Wedding, Berghain, Chalet, Tresor, Farbfernseher, Aboutblank, Kitkat, Fuchs&Elster, Cassiopeia, Golden Gate, Ipse/Freischwimmer, Magdalena, Keller, Wilde Renate, Sage Club, Suicide Circus,..). Öffentliche Förderungen waren immer nur projektbezogen, zeitlich befristet und max. fünfstellig. Der Vorstand besteht aus Clubbetreibern und Veranstaltern und steht im bei Entscheidungen z.B. zu GEMA-Fragen, MWSt. usw. im engen Austausch mit allen relevanten Clubs der Stadt. Das Clubkataster stellt alle Musikspielstätten dar – unabhängig ob dies baurechtlich Vergnügungsstätten sind oder nicht. Also auch Galerien, Musikbars oder Proberäume. Von einem „Schock“ der Berliner Szeneclubs kann nicht die Rede sein – vielmehr erhalten wir Mails mit relevanten Infos, damit wir das Kataster vervollständigen können.
Mal davon abgesehen ist es schon verwunderlich, wenn jemand in Zeiten von Social-Media sich über eine Darstellung auf einer Karte wehrt. Als ob jemand vom Umwelt- oder Bauamt nicht auch mal googeln könnte oder facebook benutzt… Wehren sich denn die Clubs auch gegen eine Darstellung auf RA? Oder ist diese Seite für Verwaltungsbeamte nicht zugänglich? 😉
Das Nachtleben wir meines Erachtens masslos überschätzt. Habe mir die BCK Studie Wirtschafts und Kulturfaktor zu Gemüte gezogen, ist jetzt ja wirklich nichts worauf man den Wohlstand und die Prosperität einer Stadt bauen sollte (Wirschaftlich). Konkrete Zahlen, was dieses Gewerbe an Talern (Steuerertrag) für die Stadt einbringt, sucht man (noch) vergebens. Ich lese hier einfach viel von „mehreren“ Projektgruppen, die einen Konsens bezüglich Verträglichkeit des Nachtlebens etc etc Ich lese in erster Linie: Aufwand. Und würde nochmals gerne erfahren, was dem Gegenüber steht (Ertrag). Weiter würde mich eigentlich auch interessieren, wie sehr ein Teil der Clubs wirklich in die Stadtentwicklung passen.
Nichts gegen Kultur, nichts gegen Ausgang. Ich bleibe einfach dabei, eine wachsende Stadt; eine Stadt die nachhaltig Kultur hervorbringt ist eine dreckige Stadt, denn sie lebt (Gelebt ist, wo gearbeitet, produziert, erschaffen wird; wo Verkehrsachsen (Strassen, Flüsse etc) zusammenkommen, wo seit Menschengedenken die eigentliche wirtschaftliche und kulturelle Musik, resp deren Austausch spielt / stattfindet.
In Zürich wird einfach viel gedacht, viel gelabbert und das für die paar Clubs, Nachtbars, Puffs, Restaurant die aus klassischer Nostalgik heraus es nicht geschafft haben, sich nach der Aufwertungskampagne von Züri West etc neue Standorte zu suchen. Eine reine Folkloretruppe.
Kurz: Wenn Gewerbler (und viel mehr sind die Clubs nicht) fordern, wäre es interessant mal aussagekräftige Zahlen sprechen zu lassen anstatt Mischrechnungen und Nebelpetarden.
Wenn in einer Stadt quietschende Fahrräder, Gejohle, lautes Reden oder Schreien, sowie der Sound verschiedener, ausgelebter Sexualtriebe ab 11 Uhr bis 0630 die Lärmkulisse hinter der Ruhe bildet (vor allem in Quartiere, wo es keine Clubs gibt). Dann ist die Stadt zu leise für das Nachtleben. Die Lösung ist: Nachtleben raus (z.B Gewerbezonen Agglo) oder die Stadt wieder lärmiger machen (z.B Verkehr).
Kompromisse suchen zwischen bewegungsfaulen Unternehmern (Clubs) und Neuzuzüge (Anwohner), werden nichts bringen (ausser Zeit und Spesen, was allerdings ja auch mittlerweile eine Verdienst ist).
My 2cents.
Ganz einfach, in eine kulturlose und durchkommerzialisierte Stadt will kein intelligenter Mensch ziehen, die ansässigen Unternehmen bekommen aufgrund der Standortunattraktivität keine guten Arbeitnehmer, zudem leidet auch der Immobilienmarkt.
Liebe Alex,
Zürich ist in vielem Berlin voraus und das kann ich nur wertschätzend anerkennen. Allerdings muss ich, nachdem wir mit wedelndem Schwanz hingestellt wurden, etwas klarstellen:
Das Clubkataster ist eine Initiative der Clubcommission, die wir bereits Jahren einfordern und dient nicht, wie von Dir vermutet, erstmal festzustellen, dass es ein Clubsterben gibt. Darauf weist die Clubcommission seit Jahren sehr aufmerksam hin (siehe Proteste Knaak Klub, Klub der Republik, East Side Gallery, Forum StadtSpree uvm.) und dies ist auch bei der Politik angekommen. Dazu gab es Anhörungen vor dem Stadtentwicklungsausschuss, zahlreiche Infoveranstaltungen und Berichterstattungen in den Medien.
Nur fehlten bislang die konkreten Ideen, wie man die negative Entwicklung abwenden kann (dazu lese ich in Deinem Artikel herzlich wenig). Das Clubkataster ist nun ein Baustein von vielen, welche wir in unserem „Aktionspapier Stadtentwicklung“ (http://www.clubcommission.de/artikel/Sicherung_innerstaedtischer_Flaechen_fuer_die) dargelegt haben. Anders als in Zürich, fehlt in der Berlin oft der finanzielle Spielraum. Insbesondere die Bezirke sind chronisch unterfinanziert.
Erstmals in der Geschichte Berlins (meines Wissens weltweit) hat nun ein Senator für Stadtentwicklung ein offizielles Kataster für Musikspielstätten erstellen lassen, mit dem die Bezirksbehörden in einem offiziellen Rundschreiben angewiesen wurden bei Neubauten zu prüfen, ob eine Musikspielstätte in der Nähe liegt. Zudem wird die Baunovelle insofern geändert, dass nach dem Rücksichtnahmegebot (§ 15 baunvo) nun die Bauherren für Lärmschutz verantwortlich sind und nicht der Club.
Wir brechen uns keinen Zacken aus der Krone, dies entsprechend zu begrüßen. Auch, wenn das zugegebenermaßen einige Jahre zu spät kommt und nicht die alleinige Lösung des Problems ist.
Insbesondere würdigen wir, dass der Senator dies auch noch persönlich auf einer Pressekonferenz vorstellt und sich damit auch etwas aus dem Fenster lehnt. Wie Du in den Kommentaren hier lesen kannst, gibt es nach wie vor viele Kleingeister, die keine Ahnung von Clubkultur haben und es auf Partymeilen, Lärm und Müll reduzieren.
Übrigens: Auch das Musicboard (1.5 Mio für die Musikwirtschaft) war eine Forderung von uns, der entsprochen wurde und in Deutschland einzigartig ist. Eine weitere Initiative die gerade Früchte trägt, zielt auf Free Open Airs https://thump.vice.com/de/article/spontane-open-airs-werden-legal-noch-in-diesem-sommer. Wenn Du mehr über unsere Arbeit wissen möchtest (bitte bevor Du den nächsten Artikel schreibst), dann melde Dich!
Viele Grüße
Lutz
Der Kommentar gehört eigentlich hier hin… Ist es nicht etwas traurig, dass sich ein Senator tatsächlich “etwas aus dem Fenster lehnt” wenn er sich unzweideutig zum Nachtleben, zur Clubkultur seiner Stadt bekennt? Ein Kataster ist ja nichts mehr als ein Register, eine Bestandesaufnahme, also ein Werkzeug um sich ein Bild zu machen. Keine konkrete Massnahme diesen Zustand zu verbessern, lediglich eine Abbildung des selbigen. Auch dass die Bauherren künftig für Schallisolation zuständig sind und nicht die Clubs (Recht des länger ansässigen) ist zwar löblich, aber wohl auch nur Symptombekämpfung, nicht? Wie ich im Beitrag geschrieben habe hat die Zürcher Politik mehrere Projektgruppen mit diversen Mitarbeitern ins Leben gerufen, die Brücken zwischen Anwohnern und Nachtleben bauen sollen, nachhaltige Brücken. Dass bereits konkrete Vorschläge da wären, soweit ist man auch hier noch nicht. Aber es wird an konkreten Vorschlägen und Lösungen gearbeitet und zwar auf GEMEINSCHAFTLICHER Basis, sprich in Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen. Wäre für die Stadt Berlin mit ihrem global renommierten Nachtleben sowas nicht ebenfalls wünschenswert? Anstatt dass sich ein Senator immer noch aus dem Fenster lehnen muss, wenn er sich zur Clubkultur bekennt?
Das Clubkataster ist mehr als eine Bestandsaufnahme. Es bringt die Interessen der Szenewirtschaft auf die Karte der Entscheider in den Bezirken. Diese wussten im Zweifelsfall nicht einmal, wo genau sich eine Musikspielstätte befindet. Selbst wenn, gab es nicht den politischen Druck von „oben“ sich im Ermessensspielraum zugunsten des Clubs zu entscheiden.
Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zu der Initiative von Richard Wolff in Zürich. Hier bekämpft jemand die Symptome und wirbt für Toleranz und Eigenverantwortung. Beim Clubkataster und der Initiative des Senators geht es um die Beeinflussung der Stadtentwicklung in den nächsten 5-10 Jahren, bei dem auch anderen Interessengruppen (Kindergärten, Strassenbau, Einkaufszentren etc.) Bedarf anmelden und sehr viel Geld im Spiel ist. Es geht um den Verteilungskampf von Flächen in der Innenstadt und die zunehmende heranrückende Wohnbebauung.
In Berlin ist das Problem der fehlenden lobbyistischen Gegenreaktion in den Kiezen auch, dass sie und ihre Bewohner weggentrifiziert wurden. Wer langfristig an einem Club lebte, etwa einst hinzog als es ihn schon gab, wusste um die Situation und hat sich arrangiert, niemand kam auf die Idee zu klagen. Die heute aufgrund des Hypes Zugezogenen aus den Dorfgemeinden, kommen in die angesagten Kieze, lieben das Urbane aus dem Fernsehen, aber wollen es 1 Jahr später wie zu Hause in der kleinen Gemeinde haben, Dorf in der Stadt. Insbesondere wer in den alten Kiezen neu eine Eigentumswohnung nach den ganzen Durchsanierungen der alten Häuser erwarb, geriert sich nun wie niederer Landadel und denkt der Nacbarschaft seine subjektive Moral aufzwingen müssen. Dabei sind übrigens selbst andere Städte in Deutschland, gemessen an Berlin, kulturelle Dörfer, ähnlich wie im Verhältnis Züri zum Rest in CH. In Berlin ist der länger dort lebende Grossstädter gelassen im Umgang, da es nur so im Miteinander geht, Leben und Leben lassen. Jüngst Zugezogene leben oft ein Berlinbild, dass ihnen nur medial vermittelt wurde, hysterisch, hipp, künstlich kreiert und aufgesetzt. Noch in den 90ern gingen die Leute authentisch aus, wer alternativ war sah gerockt aus, die elektronische Gemeinde oft kreativer gestylet und alle lebten Ihren Lifestyle. Heute wird oft ein nur aufgesetzter Szenebiedermeier praktiziert, nur äusserlich hip aber innerlich bünzliger und unliberaler als die Elterngeneration, die neue Prüderie. Das gipfelt dann im Yogastudiobesuch sowie urban gardening am Baum vor dem Haus und der Klage gegen den Club nebenan.
Ist es nicht etwas traurig, dass sich ein Senator tatsächlich „etwas aus dem Fenster lehnt“ wenn er sich unzweideutig zum Nachtleben, zur Clubkultur seiner Stadt bekennt? Ein Kataster ist ja nichts mehr als ein Register, eine Bestandesaufnahme, also ein Werkzeug um sich ein Bild zu machen. Keine konkrete Massnahme diesen Zustand zu verbessern, lediglich eine Abbildung des selbigen. Auch dass die Bauherren künftig für Schallisolation zuständig sind und nicht die Clubs (Recht des länger ansässigen) ist zwar löblich, aber wohl auch nur Symptombekämpfung, nicht? Wie ich im Beitrag geschrieben habe hat die Zürcher Politik mehrere Projektgruppen mit diversen Mitarbeitern ins Leben gerufen, die Brücken zwischen Anwohnern und Nachtleben bauen sollen, nachhaltige Brücken. Dass bereits konkrete Vorschläge da wären, soweit ist man auch hier noch nicht. Aber es wird an konkreten Vorschlägen und Lösungen gearbeitet und zwar auf GEMEINSCHAFTLICHER Basis, sprich in Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen. Wäre für die Stadt Berlin mit ihrem global renommierten Nachtleben sowas nicht ebenfalls wünschenswert? Anstatt dass sich ein Senator immer noch aus dem Fenster lehnen muss, wenn er sich zur Clubkultur bekennt?
Da hast Du Recht, man sollte dringend von Erfahrungen anderer Städte lernen, zuviel Zeit hat man schon vertan. Schicke doch mal einen link zu Deinem Blogpost an den Kulturstaatssekretär Tim Renner. Wobei ich von dem nicht viel erwarte, dann besser direkt an den regierenden Bürgermeister.
Das obige BH-Foto ist übrigens sicher an einem der normalen Konzertabende aufgenommen worden. Das sieht man an der Beleuchtung, freien Tanzfläche, Bühnenaufbau, den wenigen und gelangweilten Rumstehern. Samstag und Sonntag sieht es da etwas anders aus, ein wenig ausgelassener. 🙂
«…Zeiten, als ein einzelner Anwohner hunderten Clubbern ihre wochenendliche Stube mir nichts, dir nichts wegklagen konnte, sind vorbei.…»
und darauf sind sie gar noch stolz?!
es ist eine verdammte sauerei, dass wohnzonen schleichend zu partymeilen umfunktioniert werden und menschen vor die wahl gestellt werden, den saulärm samt sauerei der parygänger zu erdulden oder wegzuziehen. aber hauptsache vergnügen! nicht wahr?!
Genau solch aggressive Aussagen provozieren eine entsprechende Gegenreaktion. Und sind auch der Grund dafür, dass sicher nicht nur das Nachtleben schuld daran ist, dass sich ein Miteinander so kompliziert gestaltet.
Wer an die Langstrasse zieht und sich dann über den Lärm wundert, der sollte sicher nicht so einfach mal klagen können…
Der Lärm gehört zu den Städten, wer das nicht vertragen kann, soll raus auf das Land.
Und günstiger ist es ja auch, also…
aber Alex! man darf doch kein Foto vom Innern des Berghain posten :O :O 😉
Ist das so? 🙂 Nicht nur von gewissen Bereichen nicht?
Fotos machen ist generell verboten. am eingang kleben sie dir mittlerweile ein stück panzertape über die Kamera vom Smartphone. aber ich nehme mal an, das Foto stammt nicht von dir, oder? 😉
Nein, ist es nicht. Bei meinen Besuchen da hätte ich wohl auch nicht im Traum ans Fotografieren gedacht. 🙂 Kein Plan woher das die Redaktion hat…
Muhua, davon habe ich auch schon gehört? Ist das wirklich so…?!?
Das hat ja fast schon zwinglianische Züge 😉
Ah und die viel wichtigere Frage: Why? (Also ich mein: mit welcher Begründung?)
Die Welt erklärt. Auf etwas düstere Weise aber anhand der Resonanz nicht untreffend: http://www.welt.de/kultur/article142120834/Berlin-ist-hinueber-Endgueltig-Aus.html
Alex, ja das war im BH schon immer so, keine Fotos. Dabei würde es sich gerade da lohnen, Fotos zu machen, weil da oft wirklich optisch spannende Persönlichkeiten unterwegs sind. Der Grund ist, dass man sich ungehemmt seinen Vergnügungen und Freuden hingeben kann, ohne das Foto dann gleich im Internet und Videos auf youtube zu finden. Stelle Dir mal geblitzte Fotos aus den darkrooms online vor. Denn Gäste sind dort gerade nicht 20-jährige Raver, sondern auch locker gebliebene berufstätige Ärzte, Juristen, Medienmenschen, Bankster etc., wobei der Persönlichkeitsschutz natürlich für alle Gäste gilt. Im BH geht es bekanntlich sehr freizügig zu, es ist also gerade das Gegenteil von Zwinglianismus. 🙂
@Sara: Auf den Anstand (man fotografiert keine fremden Leute) und Verstand (wir machen hier Party, kein Fotoshoting) seiner Gäste zu vertrauen ist cool; es ihnen wie zu verbieten und wie bei Kindergärtnern es Chläbi aufs Handy zu kleben, ist schon eher…zwinglianisch?!? 😉
Achach, wieder einmal erklärt uns jemand, dass die guten Zeiten vorbei seien und nix Neues mehr komme…
Sorry, zu oft gehört und gelesen…
Tststs manchmal ist Regulierung leider nötig, um Freiheit am Abend zu ermöglichen, so etwa an der Tür und auch bei der Foto-Film-Politik. Das gilt auch in der Wirtschaft, wird sie nicht reguliert, zwängt sie die bürgerliche Freiheit maximal zulässig ein.
Danke auch an Alex für den link zum Artikel von Laura Ewert, die Frau schreibt ganz gut. Zum Thema Fotos auch passend ist ihr Artikel http://www.welt.de/kultur/medien/article138471077/Instagram-macht-uns-alle-zu-Psychopathen.html , wären im BH Fotos zulässig, wären die Freiheiten im Inneren fern der alltäglichen Bünzligkeit nicht möglich, Datenschutz garantiert eben persönliche Freiheit.
Jup, manchmal ist Regulierung nötig, eben dann, wenn An- und Verstand nicht (mehr) benutzt werden.
Es tut sich hier nur eine gewisse Disonanz auf: „locker gebliebene berufstätige Ärzte, Juristen, Medienmenschen, Bankster etc.“ sind doch eigentlich Besucher, die ich über diesen Minimalstandard an An- und Verstand nicht mehr aufzuklären brauche…?!
Oder sagt diese Order mehr darüber aus, wie die Betreiber ihre eigene Klientel beurteilen?!?
Tststs mit Anstandsfragen hat das nichts zu tun, denn das BH ist eben besonders, es gibt weltweit wohl keinen vergleichbaren sexuellen elektronischen Feiertempel. Die Gäste sind so locker, dass sie sich in kurzer Zeit so intim kennenlernen, so dass der Drang ins unermessliche wächst, die besonderen Momente auch fotografisch festzuhalten. Unterhaltsamer als 99,999% der Instagrambilder wäre das allemal. 🙂
Also Sarah, jetzt versteh ich es bald gar nicht mehr… 😉
Sind es
a) Leute, deren Drang nach photographischer Archivierung so gross ist, dass sie fotografiert werden wollen
b) Leute, die nicht fotografiert werden wollen
c) BESONDERE Leute
?
Tststs das BH, seine Klientel und freiheitlichen Exzesse kann man Menschen, die nie drin waren, anscheinend nicht beschreiben, es ist einfach ganz anders, selbst testen. 🙂