Medienschelte: Die «Drogenchaoten»
Niemand wird mir zu grosse Sympathien für die Fankultur im Schweizer Fussball vorwerfen können, ehrlich nicht. Für einmal schliesse ich mich aber der Einschätzung der Fangemeinde an: Der Blick-Artikel «Sie sind vollgepumpt mit Drogen!» ist so ziemlich das schlechteste mediale Machwerk zum Thema in den letzten Jahren. Es ist schlimmste, billigste und vor allem hanebüchen belegte «Clickbait».
Aufgrund eines anonymen Zeugen, ohne weitere Quellen oder verifizierte Fakten einer Gruppe in dieser schreierischen Art massiven Drogenmissbrauch vorzuwerfen, entbehrt jeglicher journalistischer Sorgfalt.
Wenn ich (mit vollem Namen) in einem Blog meine Meinung äussere, schimpfe oder satirisch spöttle, nerve ich vielleicht einige Fans, gebe aber damit auch Denkanstösse für die Auseinandersetzung zum Thema. Und ich gaukle nicht vor, etwas anderes als meine Meinung zu vertreten.
Wer aber eine Gruppe als Drogenzombies oder Drogenchaoten verhetzt, und das als Tatsache und nicht als Meinung verkauft, dem fehlt der fundamentale Respekt vor der Thematik Gewalt UND vor der Thematik Drogen. Gesellschaftliche Missstände werden so zu Fäkalien, die Klicks wie Fliegen anziehen sollen. Die Vermutungen des anonymen «Zeugen» Matthias H. («Sowas ist ohne Drogen gar nicht möglich!») als Berichterstattung zu verkaufen, ist schwach. Dazu wird am Ende des Artikels die Antwort auf die Frage zum Umgang mit gewalttätigen Fans mit dem Begriff «Drogenchaoten» in einen unzulässigen neuen Kontext gesetzt. Der Befragte hat sich nie zu Drogen oder Drogenkonsumenten geäussert, nur zur Gewaltproblematik innerhalb der Fanszene. Das ist miserabler Boulevard. Bezeichnend ist auch, dass der Artikel nicht namentlich gezeichnet ist.
Boulevard in der Schweiz ist das Handwerk, Geschichten emotional, persönlich, unterhaltend und leidenschaftlich zu erzählen. Man polarisiert, polemisiert und hält so die Diskussionen und die Auseinandersetzungen, die die Gesellschaft bewegen, am Laufen. Der Blick schafft das oft und auch gut. In diesem Fall scheinen aber die internen Qualitätskontrollen versagt zu haben.
Dieser Artikel erfüllt nicht ein einziges Kriterium von gutem Boulevard. Für dieses Machwerk schäme ich mich. Nicht weil ich Boulevard verachte (ich hab selbst für diese Titelgruppe gearbeitet), sondern so, wie sich ein engagierter Schreiner für ein miserabel aus Abfallholz zusammengenageltes Möbelstück schämen würde.
So ist es kein Wunder, dass der Dialog mit den Verantwortlichen innerhalb der Szene scheitert. Viel mehr kann man Chaos und Gewalt nicht anheizen.
23 Kommentare zu «Medienschelte: Die «Drogenchaoten»»
Irgendwie gehts bachab mit dem Blog.
Wöchentliche Empörungsbewirtschaftung.
Erst die Empörung über die FCZ-Chaoten.
Dann darauf folgend die Empörung über die Medien, welche sich über die Chaoten empören.
Etc.
Versucht doch mal, etwas bessere Themen zu finden.
Weniger Schwarz-Weiss, originellere Gedankengänge.
Mal aus dem eigenen Mittelklasse-Mainstream-früher-wars-viel-taffer-Gärtchen raus.
Kindliche Neugier anstatt dozierender Zeigefinger.
Ey, keiner zwingt dich zum Lesen. Wunschkonzert gibts bei DRS1.
Sehr Kundenorientiert!
Ich frage mich manchmal bei Redas Blogs was genau damit bezweckt werden soll. Über Themen nichtssagende Artikel schreiben. Die Blogs sind weder lustig noch kritisch, geschweige denn interessant.
Wieso kommt zum Beispiel kein Artikel, dass letzten Samstag in der Südkurve keine einzige Fakel oder Knaller gezündet wurde? Oh vielleicht müsste man dann zugeben, dass Fussballfans doch nicht nur dumm sind und selbstregulierung eben doch funktioniert.
Vielleicht sollte ich über die FCZ-Fans schreiben, die in Altstetten über die Gleise auf den Zug der St Galler zumarschiert sind. Oder über den Verletzten durch Pyros, der ins Spital musste? Am Samstag.
Die Fans wurden übrigens durch massive Polizeipräsenz mit Tränengas und Gummischrot getrennt gehalten. Selbstregulierung? Naja. Vielleicht, wenn man berücksichtigt, dass sie über Steuern die Polizei bezahlen …
Stellt euch mal die Summe der Menschen vor, die vom Blick seit seiner Gründung schon mal diffamiert oder fertig gemacht wurden. Hunderttausende! Als Chefredaktor eines solchen Käseblatts könnte ich schon lange nicht mehr in den Spiegel schauen. Kann den Blick überhaupt noch jemand ernst nehmen?
Berufe verändern sich. Meist aus „ertragstechnischen“ Gründen. Medien und Journalisten haben dramatische Veränderungen durchgemacht; entsprechend würde ich das Berufsethos der Zunft heute nicht mehr so hoch halten (kann man ja gar nicht mehr). Es gibt nur noch wenige Formate aus denen starke journalistische Elemente rauszulesen sind.
Auf meiner Seite (Konsument) habe ich, betreffend journalistischer Qualität, grundsätzlich folgende Erwartungshaltungen: Gratis zugänglich – Keine; dort wo ich direkt bezahle – Hoch.
Den Blickartikel (Meinen, Glauben und vom Hören sagen) habe ich allerdings eher als Nichtssagend in Erinnerung. Dass der Blick keinen Respekt zeigt vor Gewalt und Drogen oder auch einzelnen Personen ist ja auch eher Konzept als Ausrutscher.
Bezüglich dem heutigen Blogeintrag: Ich finde ihn schon ein bisschen hastig geschrieben. Ein bisschen als ob der Sitzplatz in den Süden schon gebucht ist, also hopp nochmals was über die Hooligans und um 15.00 die Kommentarfunktion schliessen 😉 (Hochspekulativ und auch ein bisschen gemein, ich weiss)
Natürlich ist er schnell geschrieben, es ist ein Blogbeitrag 🙂 Und mir gings eher darum, mich darüber aufzuregen, dass ich mit solchen Machwerken in einen Topf geschmissen werde. Wie die Fans sich darüber aufregen, dass sie mit den Hools in einen Topf geschmissen werden. Nur, dass ich michöffentlich dazu äussere. Auch wenns mir beruflich vielleicht schadet. (Kollegenschelte ist nicht gerne gesehen).
herr el arbi. auch wenn unsere meinungen hin und wieder diametral auseinander gehen. sie scheuen sich nicht, ihre meinung kund zu tun, auch wenn sie sich dabei feinde schaffen. das haben wir beide gemeinsam. mein motto war und ist nach wie vor. persönliche meinungsäusserung geht vor durckmäuserei -, auch wenn, wie sie richtig feststellen, dies selten mit fortschritten auf der karriereleiter verbunden ist. langfristig gesehen, ist mir der persönlich der blick in den spiegel, ohne dass ich kotzen muss, einige opfer wert. und die bringe ich…
Fussball interessiert auch nur die, die zu viel Zeit haben oder ihre Freizeit nicht sinnvoll zu nutzen wissen. Beides finde ich nicht intelligent.
stimme voll und ganz zu. NUR: das ist lange nicht nur beim boulevard so. auch im tagi häufen sich die reisserischen titel; die inhalte sind dann oft nur sehr dürftig oder ein (reisserisches) kernelement im titel entpuppt sich als marginal. es wird m. e. generell immer mehr immer oberflächlicher berichtet. eine tendenz, welche ich höchst bedenklich finde. oft merkt man gleich, dass die journis von irgendeinem anderen portal einfach copy/pasten, ohne die inhalte überhaupt mal genau unter die lupe zu nehmen.
man sieht es auch an den kommentaren. gewisse themen sind von aggression geprägt. und solange u.a. fussballspiele dazu missbraucht werden, diese ungehemmt loszulassen, wird das problem nie in den griff zu kriegen sein. der konsum von gewissen drogen manifestiert sich überall im alltag negativ – weil die hemmschwelle zur gewalt sinkt. die meisten südkürkvler wie auch die übrigen fussballfans wollen sich bloss friedlich ein spiel anschauen. um dies auch gefahrlos zu ermöglichen müssten meines bescheidenen erachtens folgende massnahmen getroffen werden:
– die fan-organisationen müssen gegenüber ihren militanten mitgliedern kritischer werden -> proaktives aussortieren aus dem kollektiv hilft.
– die kontrollen müssen verstärkt werden. hier müssten clubs und fan-organisationen besser und enger zusammenarbeiten.
– die weitergabe des schwarzen peters hilft niemandem.
-> nicht vergessen – der familienvater wünscht sich keine ausschreitungen, wenn er mit seiner familie das spiel schauen geht.
ps: aggressionen sind menschlich. ich lasse sie an meinem boxsack aus.
Jetzt hab ich dooferweise auch nochcfraufgeklickt…
hör auf dich anzubiedern, lies den beitrag von marius huber, sieh ein, dass du keinen blassen schimmer hast und halt in zukunft die fresse
Mir ist scheissegal, was die verbohrten Fans von mir denken. Hier gehts ums Journihandwerk. Lies wieder Donald Duck, wenn dir mein Blog nicht passt. Bene?
Auch der Beitrag von Marius Huber zeigt das Jounihandwerk von heute. Er trägt die Information, die in den letzten Tagen im FCZForum rumgereicht wurden zusammen, reichert sie mit ein paar allen Interessierten bekannten Fakten an und behauptet dann noch frech mit einem Mitglied der Kurve gesprochen zu haben. Das ist leider auch billigstes Journihandwerk.
Nun ja, das liegt nicht nur am Journi, sondern auch daran, dass niemand in der Kurve genug Eier hat, um mit Gesicht und Namen hinzustehen und eine Aussage zu machen. Und das ist an und für sich schon ein Zeichen. Die haben nämlich keine Angst vor polizeilichen Repressalen. Die haben Angst vor den Typen aus ihrer geliebten Kurve.
Aha, das liegt dann nicht am Journi, wenn er einfach mal behauptet, er habe eine Quelle, in Tat und Wahrheit aber einfach mal aus dem Forum abschreibt. Das ist für mich eine dreiste Lüge!
Den Rest kannst du dir schenken, da du ja offensichtlich kein Interesse und keine Ahnung hast.
Nun, ich sehe hier eigentlich nur einen, der einfach behauptet. Oder funktioniert die Omerta in der Kurve so gut, dass du einfach weisst, dass niemand mit der Presse spricht? Ey, die reden sogar mit mir, solange ich keine Namen nenne. Nicht alle halten Fussball für eine geheime Ersatzreligion.
Ich gebe zu, dass meine Aussage eine Behauptung ist, aber wenn du nicht siehst, dass alle deine Provokationen auch Behauptungen sind, dann tust du mir leid (nur so von wegen ich sei der einzige).
Es ging hier doch um eine Medienschelte. Das hab ich aufgenommen, weil ich das Gefühl habe, dass auch der Artikel von Marius Huber journalistisch schlechtes Handwerk ist. Das kann ich natürlich nicht Beweisen – gell, schon noch schön können sich Journalisten hinter anonymen Quellen verstecken.
Grundsätzlich ist Quellenschutz ein Bestandteil der Pressefreiheit und wird von den Quellen verlangt, nicht vom Journalisten. Der weiss nämlich, dass eine Geschichte tot ist, wenn sie einzig auf einer anonymen Quelle beruht. Wie gerade bei der Blick-Geschichte. Er muss eine anonyme Quelle durch andere Informationen stützen und belegen.
Kein Journi liebt anonyme Quellen. Im Tagi-Artikel lassen sich die Aussagen zum Beispiel ùber Forumsbeiträge verifizieren. Das Forum selbst kann aus Quelkenschutzgründen ebenfalls geschützt werden, da dort Aktive den selben Risiken ausgetzt sind wie die direkte Quelle. Zudem sind die Aussagen von namentlich erwähnten Personen gestützt.
Wenn du Pressekritik machst, solltest du was von Presseprozessen und Standarts verstehen. Ich mach ja auch keine Sportberichterstattung, sondern schreibe meine Meinung über Gewalt in der Gesellschaft.
Aber ich habe den Verdacht, dass alle Berichterstattung zum Thema, die nicht dein Szeneverständnis widerspiegelt, schlecht ist. Weil ja eigentlich nur Insider wirklich wissen, was geht.
Wow, danke für deine Belehrung. Das mit dem Quellenschutz ist mir schon klar und ist auch notwendig (war nur ne kleine Stichelei, habe gedacht du stehts auf solche Sachen). Auch, dass der Standard (hat imfall nichts mit Kunst zu tun) von zwei Quellen ausgeht, ist wohl den meisten journalistischen Laien ein Begriff.
Was macht den den Tagi-Artikel besser als den Blick-Artikel? Ich seh auch im Tagi-Artikel nur anonyme Quellen, die nicht mit anderen Informationen gestützt oder belegt sind (oder ist jetzt eine Aussage von Cortesi schon ein Qualitätsstandard?).
Übrigens finde ich den Inhalt des Tagi-Artikels nicht wirklich schlecht, aber das Handwerk scheint mir ähnlich gestrikt wie beim Blick-Artikel.