Rund 80 Stellungnahmen zum Entwurf des basel-städtischen Kulturleitbildes gingen beim Ressort Kultur ein. Aktuell sei man noch dabei, diese auszuwerten und zu diskutieren, sagt Philippe Bischof, Leiter der Abteilung Kultur im Präsidialdepartement. Im Juni dann wird das Kulturleitbild der Regierung präsentiert. Einfach hat Bischof es nicht, seit zwei Monaten ist er im neuen Amt, der Kulturleitbildentwurf stammt noch vom Vorgänger. Ein, zwei Dinge würde er anders anpacken, lässt er im Gespräch denn auch durchblicken. «Das Kulturleitbild ist für mich vor allem die Grundlage für einen zukunftsgerichteten Diskurs, der offen und regelmässig geführt werden muss», sagt er. «Und es soll Vertrauen schaffen und Bewegung zeigen.»

Philippe Bischof, Leiter Abteilung Kultur. Foto Roland Schmid
Diskussionsstoff hat das 82 Seiten starke Werk schon geliefert. Sprengstoff bot vor allem die darin formulierte Idee, das Historische Museum mit dem Antikenmuseum zu einem Haus der Geschichte zusammenzuschliessen. Eine Idee, die sich inzwischen weiter entwickelt hat, wie Bischof vorletzte Woche an einem Podium durchblicken liess und nun bestätigt. «Kern der Idee und grosses Anliegen von Guy Morin und mir ist die verstärkte Vermittlung von Geschichte in Basel. Es gibt ja wichtige Themenbereiche, die in der Ausstellung von Geschichte nicht genügend vorkommen. Wir diskutieren daher inzwischen in neue Richtungen», sagt er, «doch grundsätzlich werden mögliche Synergien zwischen Museen durchaus geprüft.»
Jeweils für eine Legislaturperiode soll das Kulturleitbild gelten, so steht es im Kulturfördergesetz. Eine Spanne von vier Jahren also, die das Leitbild sinnvoll füllen soll. Eine kurze Dauer, wenn man bedenkt, dass das letzte Kulturleitbild aus dem Jahr 1996 stammt. Gibt diese kurze Gültigkeitsdauer nicht die Möglichkeit für Experimente? Man könnte meinen, sagt Bischof, Ideen gibt es ja genug, doch für deren Umsetzung ist der finanzielle Handlungsspielraum klein. Zunächst gebe es ein paar längerfristige wichtige Baustellen abzuschliessen. Während der kommenden vier Jahre sehe man, wo man stehe, und könne die Gesamtlage neu beurteilen. An einigen Baustellen mag man bis dann fertig gebaut haben, dafür tun sich sicherlich neue auf. Die Entwicklung auf dem Dreispitzareal etwa werde bis dahin mit wachem Blick beobachtet und interessiert begleitet. Schliesslich engagiert sich der Kanton Basel-Stadt bereits beim Haus für elektronische Künste, weitere Engagements wären durchaus denkbar.
Gelder sind fest gebunden
Nur – woher das Geld dafür nehmen? Schliesslich kämpft die Basler Kulturförderung vor allem mit einem Problem: Fast alle Gelder ihres Fördertopfes sind fest gebunden. Vor allem die grossen Institutionen wie das Theater Basel oder das Kunstmuseum profitieren vom Topf. Gleichzeitig kämpfen diese Institutionen mit den alternativeren und neuen Orten um Besucher. «Doch soll man ihnen allein deswegen Gelder wegnehmen?», fragt Bischof. «Oder andersherum gefragt: Welche aktuellen Kriterien legitimieren die hohen Subventionen an diese Institutionen? Das ist die entscheidende Frage.»

Das Kunstmuseum, einer der «Leuchttürme» der Basler Kultur. Foto Margrit Müller
Die Antwort darauf ist keine einfache. Man darf nicht nur in ökonomischen Kriterien denken, doch gibt es wirklich objektive, ideologiefreie? Das Kulturleitbild hat sich mit dem Verlangen nach «messbaren Auswirkungen» der Kultur nicht gerade viele Freunde gemacht. In manch einer Stellungnahme wurde kritisiert, Kultur werde wie eine Ware behandelt, die Kulturpolitik merkantil ausgerichtet. Doch innerhalb des Standortmarketings nehmen Institutionen wie das Theater Basel und das Kunstmuseum unbestritten mit die wichtigsten Positionen ein.
Solange die öffentlichen Kulturgelder nicht zunehmen, müssten auch diese Institutionen sparen, um Kantonsgelder freizubekommen. Denn auch Bischof ist sich bewusst: «Es gibt viele potenzielle Engagementbereiche, neue Sparten, die in die Förderung drängen. Und für diese gibt es leider zur zeit wenig Spielraum. Zudem gibt es manche Kultur, die ganz ohne staatliche Förderung stattfindet.» Gottseidank, ist man versucht zu sagen. Denn dass in naher Zukunft der städtischen Kulturpolitik plötzlich aus dem Nichts mehr Gelder erwachsen, ist wohl auszuschliessen. PPP könnte da ein Stichwort sein, die vielgerühmten Private Public Partnerships. Beim Erweiterungsbau des Kunstmuseums soll eine solche erstmals erprobt werden – über die Zusagen von Sponsoren, die sich an den höheren Betriebskosten des Museums beteiligen sollen, hat man allerdings noch keine verbindlichen Aussagen.
Mehr Land für die Stadt?
Wie stünde es denn mit einer tiefergehenden Zusammenarbeit mit dem Nachbarkanton? Mancherorts wird seit dem Baselbieter Nein zum Theater danach verlangt. Angesichts der Tatsache, dass der Kanton Baselland diesen Frühling ebenfalls ein Kulturleitbild erarbeiten wird, wäre der Zeitpunkt vielleicht günstig. Oder etwa nicht? «Sicher. Aber man stellte sich das zuletzt vielleicht einfacher vor als es in Wirklichkeit ist», vermutet Philippe Bischof. Das Baselbiet habe teilweise, wie jetzt sichtbar wurde, ganz unterschiedliche Ansprüche an die Kultur. «Kultur funktioniert auf dem Land offensichtlich anders.» Das sehe man auch in jenen Kantonen, in denen Stadt und Land zwingend zusammenarbeiten müssten, in Luzern etwa oder in Bern. Es mache für die beiden Basel absolut Sinn, weiter so zusammenzuarbeiten zu versuchen, wie man es gewohnt ist: Bei vielen Projekten und beispielsweise in den Fachausschüssen funktionieren das ja sehr gut. Für das Theater müsse neben der städtischen Lösung aber auch eine landschaftliche gefunden werden, das sei dringend notwendig. Das sieht auch das Kulturleitbild vor, das Theater Basel fungiert dort als Baustelle Nummer 15. Als es formuliert wurde, war die Baselbieter Abstimmung noch nicht geführt. Mindestens hier also wird die nächste Version des Kulturleitbildes einen neuen Vorschlag liefern müssen.