Deutschland soll ins Staunen kommen

Flugscham hin oder her: Die deutsche Bevölkerung will nichts von einer CO2-Steuer wissen. Foto: iStock
Kann diese Steuer das Klima retten? Deutschlands Politiker debattieren derzeit über die Einführung einer CO2-Steuer, welche die fossilen Energien verteuern soll. Im Idealfall, so die Idee, bildet der Preis die wahren Kosten ab, die ihre Produktion verursacht, Umweltschäden inklusive.
Doch die deutsche Bevölkerung will davon nichts wissen, wie eine ARD-Umfrage jüngst ergeben hat. Zwar sind 81 Prozent der Befragten der Ansicht, beim Klimaschutz sei der Handlungsbedarf sehr gross oder gross. Doch eine CO2-Steuer findet nur bei 34 Prozent Zustimmung. Und einzig bei den Anhängern der Grünen sprechen sich 60 Prozent und damit eine Mehrheit dafür aus, bei allen anderen Parteien sind es weniger, bei der SPD etwa 40, bei der Union 32 Prozent, bei der FDP 31. Der Schluss liegt nahe: Solange es abstrakt bleibt, sind die Menschen für Klimaschutz. Wird es konkret, macht sich Skepsis breit, ja Ablehnung – erst recht, wenn es um eine neue Steuer geht.
Je höher die Abgabe, desto grösser der Anreiz
Nur: Stimmt das auch? Womöglich wurzelt der Grund für den Widerstand auch anderswo: im Unwissen, wie dieses Instrument greifen könnte – nicht als Steuer, die in die Staatskasse fliesst, sondern als Lenkungsabgabe, die an die Bevölkerung zurückerstattet wird. Der Clou dabei: Jeder Bürger erhält einmal im Jahr gleich viel Geld zurück. Weil aber nicht jeder gleich viel fossile Energie verbraucht, etwa beim Autofahren oder Heizen, fahren Sparsame besser: Sie kriegen mehr zurück, als sie über die Abgabe draufzahlen müssen. Bei den Verschwendern ist es umgekehrt.
Dieser Mechanismus soll das Verhalten der Gesellschaft in klimafreundlichere Bahnen lenken. Seine Wirkung ergibt sich aus Millionen kleiner Alltagsentscheidungen. Je höher die Abgabe, desto grösser wird der Anreiz, das Verhalten zu ändern. Um beim Beispiel Auto zu bleiben: Wer ein neues Auto kauft, überlegt sich gut, ob er nicht doch gescheiter auf ein CO2-armes oder -freies Modell setzen soll. Oder er fährt weniger Auto, verzichtet womöglich ganz darauf.
Eine solche Lenkungsabgabe erzeugt selbstredend auch Verlierer, etwa Menschen, die in Randregionen ohne gut ausgebautes ÖV-Netz wohnen und auf das Auto angewiesen sind. Das Instrument deswegen für politisch tot zu erklären, wäre aber voreilig. Man könnte die Rückerstattung zum Beispiel regional differenziert ausgestalten, um die gröbsten Ungerechtigkeiten abzufedern. Zudem könnte man sie anfangs moderat gestalten und erst dann anheben, wenn es nicht gelingen sollte, klar definierte Zwischenziele zur Absenkung der CO2-Emissionen zu erreichen. So bliebe den Menschen Zeit, sich so gut wie möglich anzupassen.
Die FDP bricht aus
Wird sich die Idee in Deutschland durchsetzen? Deutsche Politiker haben in den letzten Wochen wiederholt auf die Schweiz verwiesen. In unserem Land gibt es eine solche Lenkungsabgabe bereits seit 2008, allerdings nur auf fossile Brennstoffe wie Öl und Gas. Deren Emissionen sind seit 1990 um mehr als ein Viertel gesunken. Zwar ist unklar, wie gross der Anteil der Abgabe an diesem Erfolg ist, da gleichzeitig der technische Fortschritt spielt und die Wirtschaft ein Eigeninteresse daran hat, effizienter zu werden und so Kosten zu sparen. Bei den Treibstoffen dagegen, wo diese Abgabe fehlt, sind die Emissionen seit 1990 leicht gestiegen. Das lässt sich zumindest als Indiz dafür lesen, dass die Abgabe steuernd wirken kann.
Eine zusätzliche Verteuerung von Benzin und Diesel ist bislang am Widerstand der bürgerlichen Parteien gescheitert. Die FDP Schweiz – auf der Suche nach ihrem klimapolitischen Profil – scheint nun aus der bisher betonharten Allianz auszubrechen. Es wäre nur konsequent, denn eine Lenkungsabgabe ist ein liberales Instrument und aus freisinniger Sicht sicher wünschenswerter als etwa Verbote. Das Klima retten wird sie alleine nicht, gewiss. Aber zur Rettung beitragen kann sie sehr wohl. Zeit also für einen Versuch. Deutschland soll ins Staunen kommen.
20 Kommentare zu «Deutschland soll ins Staunen kommen»
Nicht überraschend, dass die Parteien mit der gebildetsten und wohlhabendsten Klientel ein Umlagerung der traditionellen Steuern (progressiv, höher für Reiche als für Arme) hin zu Steuerarten sucht, die nicht mehr progressiv sind. Und damit Geringerverdiener überdurchschnittlich, Grossverdiener unterdurchschnittlich belasten. Die grüne Partei vertritt eine neoliberale Doktrin unter dem grünen Deckmänteli, Klassenkampf von oben.
Haben sie den Artikel gelesen? Es handelt sich um Lenkungsabgaben, nicht um Steuern. Es wird also genau so viel an die Bevölkerung rückerstattet, wie eingenommen wird. Die progressiven Steuern zur Finanzierung öffentlicher Leistungen bleiben unverändert. Lenkungsabgaben auch noch einkommensabhängig zu gestalten ist absurd. Dann müssten sie bei der Bezahlung von Flug- und Bahn-Tickets jedesmal ihre Steuerrechnung beilegen.
Sie gehören zu den wenigen die den Puck geschnallt haben. Um leistungslose Besitzeinkünfte (Zins, Miete/Pacht, Dividende) gegenüber Arbeitseinkommen zu privilegieren wird unter dem Verschleierungsmäntelchen der Lenkungsabgabe laufend die Lohnsteuer erhöht und der Konsum und Verbrauch immer höher und mit immer neuen zusätzlichen Gebühren und Abgaben belastet. Da kommt die Klimahysterie wie gerufen.
Um dies effizient zu gestalten müsste jedoch va. das Fliegen massiv besteuert werden und nicht der PW, der bewirkt nämlich klimamässig im Vergleich zur Fliegerei fast nichts. Aber keine Angst die Flugindustrie ist zu stark und lässt sich nicht grounden, und die Klimakids haben sicher keine Lust ihre Vielfliegerei einzuschränken.
@Marti/Sabine: Wer lenkt denn primär die Steuerlast in diese Richtung? Doch wohl die Bürgerlichen. Diese kämpfen an allen Fronten gegen 1. progressive Steuern und 2. angemessene Steuern auf eben jene leistungslose Besitzeinkünfte. Wer hat denn in den letzten Jahren immer wieder Kapitalgewinn-/Vermögens-/Erbschaftssteuern vorgeschlagen? Die Linken natürlich. Und wer geht dann jedesmal in die Luft? Die Bürgerlichen.
Im übrigen ist es auch nicht wirklich korrekt, dass eine CO2-Steuer untere Schichten stärker belastet. Der CO2-Ausstoss steigt gemeinhin mit dem Einkommen da: dickere Karren, mehr Wohnraum, mehr Flugreisen, etc. Solch eine Steuer wirkt also eher proportional und damit gleichmässig. Wobei sich das Thema eh erledigt, wenn man die Einnahmen wieder angemessen verteilt.
@Bögli, linke Lenkungsabgaben sind das Gegenteil von progressiven Steuern. Sie treffen Geringverdiener massiv härter als Gutverdiener.
Aber ist schon klar dass sies mit solcher Desinformation versuchen, die Geringverdiener haben in der Politik ja auch keine Lobby (Gilets Jaunes als Beispiel).
Das Problem beim Autokauf ist, dass die Herstellerangaben heute oft reine Labordaten sind. Der Verbrauch in der Realität ist um einiges grösser. Aber vielleicht würde die Abgabe den Druck auf die Hersteller zu realistischen Daten erhöhen? Hoffen kann man ja immer.
Je mehr Abgaben und Steuern, desto sauberer die Luft???
Träumt schön weiter, Hauptsache die Staatskasse wird gefüllt.
@Weber: Die Daten und wissenschaftlichen Studien in dem Bereich zeigen durchaus, dass Steuern die bei weitem effektiveste und wirkungsvollsten Kontrollmechanismen sind in diesem Bereich. Das mag irgendwelchen laienhaften Nörglern nicht gefallen, aber ist nun einmal die Tatsache. Jeder halbwegs kompetente Ökonome wird bestätigen, dass Steuern die wesentlich effienter und eleganter sind als irgendwelche Verbote und komplexe Regelwerke. Externalitäten wie CO2 oder Luftverschmutzung internalisiert man mit Steuern und fertig.
Höhere Abgaben und Steuern für Einheimische passen natürlich bestens zur staatlichen Förderung des Tourismus aus Asien. Es sind Dutzende Mio. CHF, die der Bund jährlich in Schweiz Tourismus pumpt, damit Chinesen, Inder und Koreaner in die Schweiz bzw. aus der Schweiz reisen – selbstverständlich mit Segelboot und Fahrrad.
Immer dieser whataboutism. 1. Sind diese Touristen Peanuts im Verhältnis zum Gesamtausstoss, 2. würde der Tourismus/Flugverkehr bei einer CO2-Steuer genau so belastet und damit teurer, mit entsprechend reduzierter Nachfrage und 3. dürfen Sie gerne dafür lobbyieren, dass Schweiz Tourismus kein öffentliches Geld mehr erhält, das schliesst sich ja nicht gegenseitig aus. Aber wenn man immer nur auf ein anderes Problem zeigt, dann löst man letztlich keines und will das vermutlich auch gar nicht..
Wie genau will man denn den CO2-Ausstoss erfassen? Wenn ich einen Artikel kaufe, der hier produziert wurde, dann wird im Preis die CO2-Steuer drin stecken, die der Hersteller abgeben musste. Kaufe ich denselben Artikel aus Fernost, ist dann diese CO2-Steuer auch drin? Oder ist er einfach billiger, weil der Hersteller nebst geringeren Lohnkosten auch keine CO2-Abgabe zahlen muss?
Wenn die CO2-Steuer dazu führt, dass noch mehr Produktionskapazität von hier nach Fernost ausgelagert wird, dann ist sie unterm Strich nur eines: schlecht. Ich nehme an, man hat dieses Problem bedacht. Aber wie will man es lösen?
Schon wieder mal moderner Ablasshandel, glaubt jemand daran das dadurch das Klima besser wird? Geflogen wird genau gleichviel wenn nicht jeder persönlich sich sagt ich verzichte nur so haben wir weniger Flieger in der Luft und nicht eine neue Gebühr für die Politiker damit sie ein gutes Gewissen haben.
Eine Lenkungsabgabe ist ein nettes Wort für ein Diktat derjenigen, die die Macht haben gegenüber denjenigen, die dafür ihr Geld hergeben müssen!
Und es ist natürlich eine ganz tolle Sache für diejenigen, die sich mit dem Geld der Lenkungsabgaben eine goldene Nase verdienen! Ihre Projekte sind sicher gut, aber eben ein Geschäftsmodell. Wir bezahlen ja nicht das Klima….
Deutschland kann das Klima nicht retten, auch die EU nicht ! Das Klima wird in China, Indien, …. gemacht. Wir können mit dieser Klimagschichte nur massiv Wohlstand und Freiheit verlieren.
solange nicht die Bevölkerungsexplosion in Afrika und Asien gestoppt wird machen alle Klimaschutzbemühungen in Europa ohnehin keinen Sinn.
Ich beobachte mich selber auch, dass ich Klimaschutz toll finde, aber nicht wirklich danach handele (Zwei Autos, Motorrad, auch mal kurze Strecken).
Von daher würde mir eine CO2 Abgabe sehr bei der Motivation helfen endlich wirklich auch etwas zu tun. Es entwickelt sich wahrscheinlich eine Art Sport um möglichst viel Geld aus dieser Abgabe wieder zurückzubekommen.
Es ist immer das Gleiche: Sogar Umweltsünden sollen das alleinige Privileg der Reichen werden. Ab einem gewissen Einkommen tun Abgaben nicht weh. Wenn schon müsste man dieses System einkommens- und vor allem vermögensabhängig machen. Dieses System wird einen weiteren gigantischen Verwaltungsapparat benötigen welcher die angekündigten Rückvergütungen weitgehend vernichtet. Als Beispiel nehme man die Rückvergütung welche man bei der Krankenkassenprämie kriegt. Der Betrag ist lächerlich klein. Ausserdem würden diese Pläne Dienstleistungen von Handwerkern massiv verteuern. Oder wie sollen die das Werkzeug schleppen? Es muss technisch gelöst werden, nicht finanziell.
Also bitte, einseitiger und offensichtlich Links-kommunistischen angehauchte artikel braucht kein Mensch. In unserem Deutschland ist die AFD auch im Bundestag vertreten. Nee die wird in diesem Artikel nicht Mal erwähnt.also bitte neutral bleiben und a birre bitzelie differenziere,oder? En Güte mitenand.
Da die AfD-wähler wieder mal nicht in der ARD-Umfrage
berücksichtigt wurden, ist das Resultat mal wieder ein Meisterstück der Lügenpresse. Die Gegner der Co-2 Abgabe bekommrn somit mindestens doppelt so viele Stimmen dazu.
CO2 ist erwiesenermaßen nicht schuld.
Denkt an den heißen Sommer 1540.
Denkt an andere Planeten die auch wärmer werden.
Denkt an Klimawandel den es schon immer gab