«Wer aussteigt, hat verloren»

Bald stehen auch bei ihr Prüfungen an: Ein zehnjähriges Mädchen macht Hausaufgaben. Foto: Gaëtan Bally (Keystone)
Gegenwärtig stecken die Sechstklässlerinnen und Sechstklässler im Kanton Zürich wieder im Endspurt: Im März steht die Gymiprüfung an. Hinter den meisten liegt eine intensive Vorbereitungszeit, für viele auch im Lernstudio. Ohne «Learning to the test» wirds ganz schwierig. Die Prüfungsaufgabe löst man wesentlich schneller, wenn man schon vergleichbare bewältigt hat. Aber eben: Schnell ist nicht schnell genug, ausserordentlich schnell muss es sein. Deshalb liegen vielerorts die Nerven blank, sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern.
«Ich hasse mich dafür», sagt ein Vater, «dass ich dieses Wettrüsten mitmache, diesen pädagogischen Unsinn. Ich will kein solcher Vater sein. Aber was soll ich machen? Wer aussteigt, hat verloren.»
«Selber schuld», meinen andere hämisch und erzählen von ihren fantastischen Kindern und wie diese den Übertritt mühelos meisterten – ganz wie sie selbst, damals. Ausserdem sei die Sek auch super, also wo sei das Problem.
Das Problem liegt darin, dass der Bildungsstand der Bevölkerung steigt, nicht aber die Gymiquote. Die ist seit mehr als zehn Jahren konstant. Gewachsen sind nur die Berufsmaturität und die Fachhochschulen. Die Schweiz ist auf bestem Weg, ein Bildungsabsteiger zu werden. Es ist längst nicht mehr selbstverständlich, dass die Kinder eine gleich gute oder bessere Ausbildung als ihre Eltern erhalten. Natürlich treibt diese Ungerechtigkeit Eltern auf die Barrikaden, zu Recht!
Was ist das für ein Bildungssystem?
Der Bedarf an Hochqualifizierten wächst kontinuierlich. In der Schweiz ist ihr Anteil auf rund 40 Prozent gestiegen, in Städten wie Zürich oder Genf sogar auf die Hälfte. Das sind Leute mit einem Abschluss an einer Uni, einer Fachhochschule oder mit höherer Berufsbildung. Bei den Immigranten beträgt der Anteil Hochqualifizierter mittlerweile 57 Prozent. Nun will die Zürcher Regierung noch weniger Kinder am Langzeitgymnasium – um zu sparen. Die Berufsmaturität in Ehren, doch hier stellt sich die Frage: Was ist das für ein Bildungssystem, das so vielen Menschen einen Bildungsweg aufzwingt, den sie gar nicht wollen?
Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Selektion ist eine sinnvolle und legitime Aufgabe des Gymnasiums. Eltern, die ihre Kinder trotz schlechter Noten ans Gymi zwängen, nerven tatsächlich. Aber gegenwärtig ist das System aus der Balance. Es darf nicht sein, dass der Sprung ans Gymnasium selbst für sehr gute Schülerinnen und Schülern derart schwierig geworden ist. Man stelle sich vor, was ein solcher Misserfolg für ein 12-jähriges Kind bedeutet. Dass man neben der Berufsmaturität nicht auch die gymnasiale Maturitätsquote moderat anhebt, ist eine Unterlassungssünde.
Nicht die Eltern, sondern das starre Bildungssystem ist schuld am Konflikt. Aber ausgetragen wird er auf dem Buckel der Schwächsten: der Kinder.
48 commentaires sur ««Wer aussteigt, hat verloren»»
Guter Artikel und ich stimme mit dem Autor überein. Zynisch könnte man sagen, ist doch kein Problem, wir holen die « Hochqualifizierten » aus dem Ausland und ich habe das Gefühl, das wird auch so gemacht (siehe die Ärzte in den Spiltälern) . Aber es ist ein Paradox unter den Schweizern, alle möchten ihre eigenen Kindern auf dem « Gymi », aber die Berufslehre ist des Beste und nur schon die Frage aufzuwerfen ob man nicht mehr selbstausgebildete schweizer Akademiker braucht gleicht an Landesverrat. Interessant wäre auch zu wissen, wie viele Kinder der Politiker welche sagen, dass die Berufslehre der absolute Königsweg ist, selber die « normale » Matur an einem Gymi machen?
Zynisch finde ich, wie die Bildungspolitiker mit dem einzigen Rohstoff, den die Schweizer haben, nämlich seine Kinder, umgehen. Bei allen möglichen Themen wird darauf hingewiesen, dass die Schweiz keine Insel der Seeligen sei, aber bei der Zukunft der Kinder glaubt man an Rezepte des letzten Jahrunderts. Konnten vor wenigen Jahrzehnten Schweizer Handwerker in der Welt Karriere machen geht heute nichts mehr ohne Studium!
So ein Schwachsinn! Es braucht nicht immer mehr Hoch- und Höchstqualifizierte, sondern mehr Menschen mit « XMV » also gesundem Menschenverstand. Das Problem ist, mit der Globalisierung wurden das angelsächsische Schulmodell als das Mass aller Dinge immer mehr gefördert. Mittlerweile braucht’s für einen normalen Sekretariatsjob schon eine FH Titel. Und so wird uns sugeriert, dass ein « normaler » Mensch nicht mehr dafür reicht, es muss schon ein studierter sein. Quatsch mit Sosse! Es werden immer mehr Berufe verakademisiert obwohl es gar nicht notwendig wäre. Anstatt dass endlich mal die Berufsausbildung aufgewertet wird, zählen immer mehr nur Studienabschlüsse. Dort liegt das Problem begraben und in der Aussage « was du machst nur eine Lehre?
Völlig richtig. Ans Gymi gehört nur die Elite und nicht alle, die dorthin gezwungen werden. Seit meinem Uniabschluss höre ich von befreundeten Dozenten, dass man das Niveau wegen der vielen Studis deutlich nach unten anpassen musste. Dass kann es nicht sein. Viele würden an einer FH das machen können, worin sie wirklich gut sind, es muss nicht immer die Uni sein. Gesunder Menschenverstand, Flexibilität, Freude an der täglichen Arbeit und ein gesundes Engagement bringen einen weiter. Abschlüsse werden im Laufe der Zeit immer unwichtiger.
Das sehe ich ähnlich nur gestalten sich dabei zwei Probleme das eine « xmv » eine hoch komplexe Anforderung aus drei Komponenten die auch noch zur gleichen Zeit vorhanden sein müssen. Das zweite ist dass die heutige « Führungsebenen » fast ausnahmslos aus Hochschulabsolventen besteht und diese meist nur schulisch gleichqualifizierte nach ziehen. Willkommen in der Digitalen Welt « Kriterium erfüllt » OK « Kriterium nicht erfüllt » wegschmeissen. So wird bereits im Rekrutieren dur die HR Programme selektioniert.
Also, eine Sekretärin die mir etwas « sugeriert » würde ich nicht einstellen wollen. R.E. Michel liefert gleich den besten Beweis, dass eine ordentliche Ausbildung (inkl. Rechtschreibung) doch wertvoll ist!
An irgendwelchen Stellen wird IMMER selektiert werden. Sei es beim Eintritt in eine höhere Schule, beim Übergang zur Universität, bei der ersten « richtigen » Arbeitsstelle, bei allfälligen Beförderungen, usw., usw. Auf jeder Stufe fallen Bewerber weg, der Trichter wird enger. Wirtschaft und Gesellschaft brauchen eben mehr « einfache » Hochschulabsolventen als Doktoren oder gar Professoren, mehr Sachbearbeiter als Teamchefs, mehr Abteilungsleiter als Direktoren und am Ende braucht jede Firma nur einen CEO oder sonstigen Ober-Chef. Und je später die Selektion erfolgt, desto mehr wurde schon investiert (Zeit, Geld, Hoffnung) und desto härter trifft die Absage.
Was gibt es den auszusetzen an der Berufsmaturität? Aus meiner Sicht wäre dieser Weg für jede/jeden eine Bereicherung, auch wenn danach bspw. via Passarelle ein Medizin-Studium angestrebt wird.
… oder stellt euch mal vor jeder Lehrer oder Politbloger hätte zuvor eine Berufslehre absolviert – würden diese danach nicht ein ganz anderes Weltbild, aufbauend auf einem reichen Erfahrungsschatz, vermitteln?
Glauben Sie denn, ein Gymnasiast habe keinen reichen Erfahrungsschatz? Diese Ansicht ist sehr überheblich. Ich habe zuerst 5J Gymi besucht, dann eine Lehre gemacht, später 2.-Weg- Matura. Habe nie so viel vom Wissen der Welt erfahren wie in den 5J Gymnasium
Was wir in der Schweiz am allerwenigsten brauchen sind Bildungspolitiker, die den universitären und den dualen Bildungsweg gegeneinander ausspielen. Wir haben in der Schweiz kein „starres Bildungssystem“! Ich freue mich immer über meine Berufsmaturaabsolventen, die via Passerelle den Weg an die Uni gefunden haben, und bedaure jene, die nach dem Rauswurf aus dem Gymnasium, in das sie gepuscht wurden, auch in unserem Berufsmaturalehrgang nur mässige Leistungen zeigen. Wir brauchen für alle Bildungsgänge junge Menschen, die leistungsbereit sind – politisch an den Maturaquoten zu schrauben bringt gar nichts!
Ja wir benötigen besserqualifizierte Mitarbeiter, vor allem Naturwissenschaftler, die bringt aber leider das sprachlastige Gymnasium auch nicht hervor!
Deshalb: Sek und Fachhochschule sind wichtige Säulen, die unsere Wirtschaft stärken. Eine starke Sek A wäre in Zürich wünschenswert, das würde dem Langzeitgymnasium etwas den Wind aus den Segeln nehmen. Leider wird das mit gut gemeinten Programmen (Zusammenlegung Sek A& B) verhindert.
Für den wirtschaftlichen Erfolg spielen aber auch neben anderen Faktoren wie der Innovation, vor allem ethische Faktoren eine Rolle. Wenn eine Gesellschaft Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Fairness fördert und fordert, dann verhindert sie den Abfall in die Korruption.
« Was ist das für ein Bildungssystem, das so vielen Menschen einen Bildungsweg aufzwingt, den sie gar nicht wollen? »
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Ja, Herr Pfister, wie unsagbar ungerecht, dass nicht alle sofort und ohne Umweg ganz genau das machen können, was sie gerade wollen. Auch ich wurde damals gezwungen, einen Beruf zu erlernen, obwohl mir kein bisschen danach war. Warum liest niemand mehr unsere Wunschzettel?
Den Ausführungen von Pfister kann man über weite Strecken zustimmend folgend. Er blendet aber aus, dass in den letzten Jahrzehnten nur rund die Hälfte der Maturanden auch ein Uni-Studium abgeschlossen haben, Tendenz zu allem hin noch sinkend. Hätten das etwa 80 % geschafft, gäbe es den von Pfister zu recht angeführten Mangel an Fachkräften mit universitärer Ausbildung kaum. Die Anhebung der Maturanden-Quote pro Jahrgang bietet also keine Gewähr dafür, dass dann mehr solche Fachkräfte vorhanden sind. Primär ist also über die Qualität der gymnasialen Ausbildung und nicht über die Quantität nachzudenken.
Ich wäre schon zufrieden, wenn die Quote wenigstens schweizweit in etwa gleich hoch wäre… Es ist nicht einzusehen, warum hier in der Ostschweiz die Aufnahmequote so viel tiefer ist als im Schweizerische Durchschnitt. Was hier selbst sehr gute Schülerinnen und Schüler bei Aufnahmeprüfung leisten müssen, würde in Zürich oder gar Basel zu einem Elternaufstand führen 😉
Nachtrag: Auf seiner Seite bildungsoffensive.ch habe ich gesehen, dass er eine Zimmermannslehre abgebrochen hat. Vielleicht spricht ja der Neid aus ihm, weil er es nicht geschafft hat, eine Lehre durchzustehen und er sich dann in den Elfenbeinturm zurückziehen musste.
Ich habe (obwohl selbst Akademiker) jedenfalls mehr Respekt vor den Jugendlichen, die sich schon mit 16 den Herausforderungen des Berufslebens stellen, als vor denen, die bis 25+ im Elfenbeinturm leben.
Einversanden Herr Meier, aber in den Regierungen sitzen vorallem die Studierten. Es geht also auch um Macht und Position und nicht nur um Respekt, der sicher respektabel ist.
Wie schon gesehen, wird die Selektion nach Kriterien durchgeführt, die die Stellungen der « Gutgestellten » aus « Guthaus » stärken.
Der Mensch hat noch einige Emotionen mehr als nur Neid. Es ist nicht alles Neid. Manchmal ist es auch Erfahrung und Erkenntnis, die dazu beitragen, sich eine Meinung zu bilden. Ich habe auch studiert und wenn ich könnte, würde ich das rückgängig machen. Ich bereue es, weil man mit Studium kaum eine Stelle findet (zu viele Studierte suchen einen Job). Neid? Von wegen! Würde mein Studium verkaufen, wenn ich könnte!
Zitat: « Was ist das für ein Bildungssystem, das so vielen Menschen einen Bildungsweg aufzwingt, den sie gar nicht wollen? »
Welches 12-jährige Kind will den schon ans Gymnasium? Müsste der Satz nicht eher lauten: « Was ist das für ein Bildungssystem, das so vielen Menschen einen Bildungsweg aufzwingt, den ihre Eltern für sie gar nicht wollen? »
Zitat: « Nicht die Eltern, sondern das starre Bildungssystem ist schuld am Konflikt ». Das Bildungssystem ist eben gerade nicht starr, sondenr enorm flexibel und durchlässig, eben auch mit der Berufsmaturität und Paserelle. E ssollte eben keine Rolle spielen, wie der Bedarf an Hochqualifizierten gedeckt wird. Aber in diesem Artikel wird die gymnasiale Maturität mal wieder als einzig richtiger und überlegener Weg dargestellt.
ETH Ingenieur, >30, M: Habe jetzt 70 Bewerbungen geschrieben und bin jetzt Kandidat für eine Stelle im Customer Support. Gratuliere all denen die es ans Gymnasium schaffen, die Enttäuschung nach dem Studium, wenn ihr Praktikum für 3500 Fr. machen dürft, wird gigantisch sein.
Was haben Sie denn studiert, Herr Seiler? Wir suchen haenderingend Software-Ingenieure, finden aber keine guten. Und nein, mit « gut » meine ich nicht « billig »!
Hans Meier. Ich, Wirtschaftsinformatiker, habe mit dem Softwareentwicklung aufgehört. Es war mir leid täglich anhören zu müssen, dass man in Indien, Bulgarien, Rumänien, Deutschland auslagern wird und nur einen braucht, der Fehler beim Kunden korrigiert bzw. den Kopf für das Nichtfunktionieren hinhält. Oft ist nur die Fassade und der Preis schweizerisch.
Ich kenne niemand, für den ein Praktikantenlohn von 3500eCHF eine Enttäuschung war.
Herr Seiler, Ihren Zeilen entnehme ich mit grossem Unglauben, dass Sie – notabene ohne ein Fitzelchen relevante Berufserfahrung (!) 3’500.- als unter Ihrer Würde betrachten.
Ich ordne das für Sie als Abteilungsleiter mit grosser Leitungsspanne mal ein: sie sind bereits 30 und haben ach und krach endlich Ihre Ausbildung abgeschlossen. Mehr nicht. Nein. Mehr nicht. Tipp: das mit « ich bin dänn vo de ETH imfal » kommt bei einem Vorstellungsgespräch nicht so gut an, lassen Sies bleiben.
So ein ausgekochter Blödsinn. Wenn eine hohe Maturaquote ein « Beweis » für ein gutes und gesundes Bildungssystem sein soll, dann soll mir mal einer erklären, warum Länder mit extrem hohen Maturaquoten wie Frankreich, Italien und Spanien dermassen hohen Arbeitslosenquoten aufweisen und eine « akademische » Bevölkerung hat, die zwar « gebildet » ist, aber nichts weiss und nichts kann. In Deutschland gibt es Abiturienden, die keine Ahnung von grundlegender Mathematik haben. Was soll das für einen Nutzen bringen?
Zum einen sind die Franzosen und Italiener etwa gleich dann wie die Schweizer. Ein Abitur ist somit in der Schweiz schwieriger. Zudem ist der Bedarf an Akademiker beschränkt, auch wenn als Rechtfertigung für den Fachkräfteimport das Gegenteil behauptet wird. Bei Mangel steigen die Preise.
« … aber nichts weiss » – Schweizer Überheblichkeit in Reinkultur, uns scheinen wohl die Feindbilder auszugehen. Wer ans Gymi will, soll gehen; wer eine Lehre mach will, soll es machen. Jeder macht irgendwie seinen Weg. Ein wenig mehr Toleranz würde guttun.
Es scheint gänzlich an mir vorbei gerauscht zu sein, dass der Grund, dass Zürcher Gymnasien selektieren aus Kostengründen und nicht wegen zu vielen Aspiranten der Fall ist….
Ich bin froh, gibt es eine Prüfung jedoch wünschte ich mir, dass die selben Bedingungen fürs Lang und Kurzgymi gelten. In der 6.Klasse eines meiner Kinder ist das Herumweibeln der Eltern für die Vornoten nicht zum Aushalten!! Biiiiitte schafft die Vornoten ab, dann fallen auch mehr durch, das ist auch richtig so.
Gerade Deutschen müsste zudem unsere Schulsystem erklärt werden…
Der Autor geht von einem Paradigma aus, das so schlicht nicht stimmt: « Wer ein Gymnasium macht, ist besser ausgebildet ». Besser für wen und was? Es gibt mehr arbeitslose Akademiker als gute Handwerker. Gleichzeitig geht er davon aus, dass hochqualifizierte Fachkräfte nur Akademiker sind, dabei fehlen uns in den Unternehmen je länger je mehr die hochqualifizeirten Fachleute, die ihren Beruf noch von der Pike auf gelernt haben. « Handwerk hat goldenen Boden »; dieser Spruch stimmt in der Schweiz je länger je mehr wieder. Das Grundproblem ist, dass viele Eltern die möglichen Ausbildungswege gar nicht kennen. Hier ein Beitrag « Die Eltern ins Berufsbild setzen » zu diesem Thema: https://www.r-suisse.ch/medien/.
Etwas nachdenklich stimmen muss, wenn man den Begriff « gute Schüler » näher betrachtet. Welche Kriterien werden herangezogen, um gute von schlechten Schülern zu trennen? Brauchen wir mehr sozial dysfunktionale Rechengenies? Oder Menschen, die auch unter widrigen Umständen ihr Leben und ihre sozialen Kompetenzen zum Nutzen der Gemeinschaft entwickeln können. Ich glaube nicht, dass der Gymer oder das Studium in dieser Hinsicht irgend eine echte Qualifikation darstellt.
Das Problem wäre einfach zu regeln. Egal ob arm oder reich – jeder sollte für die Kosten seiner Ausbildung selber aufkommen müssen. Wenigstens nachträglich. Das würde manchen und manche dann vielleicht auch mal dazu bringen, etwas sinnvolles und geldbringendes zu studieren. Warum sollen denn Handwerker und einfache Arbeiter mit ihren Steuern für schlechte Studenten aufkommen müssen? Hobbystudien wie Soziologie und Ethnologie würden dann endlich bis nach der Pensionierung aufgeschoben. Auch das Problem der ewigen Studenten würde so ganz rasch verschwinden. Und selbstverständlich sollten ausländische Studenten (die hier keinerlei Steuern bezahlt haben) im voraus voll zur Kasse gebeten werden.
Ja, die Aufnahmeprüfungen sind je länger je mehr ein Ärgernis. Sie gehören auch im Kanton Zürich abgeschafft und durch ein System ersetzt, wie es Zug und Luzern schon länger mit Erfolg betreiben. Prüfungsfreier Übertritt in die Mittelschule aufgrund der Noten. Die unsägliche Prüfungsvorbereitungs-industrie mit der Konsequenz, dass oft das Portemonnaie der Eltern eine Rolle spielt, wäre damit vom Tisch. Eine gut strukturierte Probezeit würde Kinder, die den Anforderungen nicht gewachsen sind rechtzeitig auf eine andere, ebenso wertvolle Bildungsschiene umleiten. Herr Pfister schreibt ja viel über gymnasiale Bildungsprobeleme. Hier könnte er bei seinen Kollegen mal weibeln und am Anfang eines sinnvollen Systemwechsels stehen. Habe 70 Kinder zur Gymireife gebracht.Alle haben die Matur gemacht
@Wunder: Erinnert mich an den Disput zwischen einer Lehrerseminar-Leiterin und einem Mathematiklehrer anlässlich einer Notenkonferenz: Semi-Leiterin: « Es ist nicht gesagt, dass Schülerinnen, die leistungsfähiger in Mathematik sind auch bessere Lehrerinnen werden. » Mathematik-Lehrer: « Es ist aber auch nicht so, dass schlechte Mathematiknoten die Voraussetzung dafür sind, eine gute Lehrerin zu werden. »
Oder anders ausgedrückt: Obwohl ich die zunehmende Akademisierung vieler Berufsfelder nicht gutheisse, finde ich es trotzdem seltsam, wenn eine gute Fachkompetenz mit schlechterer Sozialkompetenz gleichgesetzt wird.
Die Maturitätsquote muss steigen. Die finanzstarchen Eltern senden ihre – oft sehr mittelmässigen – Kinder gleich in die Privatschule, damit alles klappt (auch die Exregierungsrätin Aeppli SP-ZH hat das getan, bei all ihren geerbten Millionen).
Der Schweizer ist stolz auf die Berufsbildung seiner Kinder. Mit demselben Stotz rekrutiert er dann die Chefs und Professoren seiner Kinder aus dem Ausland.
Einer der wenigen intelligenten Beiträge, den ich in der Schweiz zu diesem Thema bisher lesen konnte. Das Gymnasium eröffnet dem jungen Menschen einmalig breite Bildungshorizonte und damit die Chance, sich nicht viel zu früh festlegen zu müssen.
« Der Bedarf an Hochqualifizierten wächst kontinuierlich ». Qualifiziert wofür, das ist die Frage. Ärzte, Chemiker, Ingenieure sicher. Juristen haben wir eher zu viele. Darum wird als Beschäftigungstherapie für die überzähligen « Hochqualifizierten » unsere Gesellschaft immmer mehr mit Gesetzen und Vorschriften zubetoniert und gelähmt. Es braucht nicht einfach mehr Akademiker und darum mehr Gymnasiasten, sondern mehr richtig anstatt nur hochqualifizierte. Zu den richtig qualifizierten zählen auch gut ausgebildete Handwerker, nicht angelernte Pfuscher.
Gleichwertig aber andersartig, das war und ist das Leitmotiv für die verschiedenen Maturitäts- und Hochschultypen. Das finde ich auch gut so, nur leider ist das in den Köpfen vieler Eltern und einiger ArbeitgeberInnen noch nicht wirklich angekommen. Eine Berufsmatur ist ein zur gymnasialen Matur grundsätzlich gleichweriger Abschluss und bestens geeignet für all jene, welche begabt sind, sich aber stärker für die Praxis interessieren als nur für die Theorie. Die breite theoretische Ausbildung der Gymnasien deckt sich nicht immer mit den Interessen begabter Jugendlicher und dann ist das auch nicht der richtige Weg. Schlimm finde ich aber, dass man in Zürich immer noch schon in der sechsten Klasse derart wichtige Entscheide trifft. Damit überfordert man die Kinder doch einfach nur.
Ich bin stolzer träger eines Höheren Berufsprüfungsabschlusses, ich möchte nie was anderes.
ABER es geht nicht an, dass wir am Gymnasium sparen. Es geht überhaupt nicht, wenn nur 20% die gymnasiale Matur machen. Die BM ist kein Äquivalent dazu. Jeder soll die Möglichkeit im Rahmen seiner Fähigkeiten erhalten. Künstliche Verengungen gehen nicht!
Die 20% sind keine künstliche Verängung. Es gibt keine Kontingente und keinen numerus clausus.
Ihre 20% entstehen emergent, da nicht mehr Leute die Anforderungen erreichen können oder wollen.
20% scheinen Sinngemäss: Wenn die Elite aus über 20% bestünde, wäre sie wohl keine Elitemehr.
Ich verstehe einfach nicht, warum hier ständig Berufsmaturität und Langzeitgymi einander gegenüber gestellt werden. Warum nicht einfach nach der Sek ans Gymi wechseln ? Habe ich so gemacht und haben meine Kinder so gemacht. Problemlos. Erscheint mir eigentlich sogar sinnvoller, denn zwischen 12 und 15 entwickelt man sich doch vom Kind zum Teenager.
Überraschung: Das Gymnasium ist nicht für alle gedacht. Nicht mal für viele. Entsprechend läuft alles richtig, wenn nicht viele das Gymnasium besuchen. Die Hörsäle sind trotzdem regelmässig (über)voll. Gewisse Fakultäten sind ganz froh, wenn nicht noch mehr kommen.
Was soll man tun, um dieses « Problem » zu lösen? Die Eintrittsanforderungen noch weiter senken (vgl. Aargau)? Ein tiefes Niveau für schöne Abschlussquoten?
Dann sinkt das Niveau noch weiter nach unten wie in der Sek A. Wo jedes Jahr die Anforderungen nach ute korrigiert werden müssen!
Warum ab der 7. schon dreifach selektionieren? Vor allem das verstärkt die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, da die Entfremdung der Milieus schon dann fast total wird. Durchlässigkeit der Schichten und Chancen für die Begabteren aus einfacher Herkunft gegen Null, deshalb dann die « sich dafür selbst hassenden » eher linken Väter. Die wissen das nämlich.
Der Kt. Bern hat das schon lange abgeschafft. Entweder geht man nach der 8., oder nach der 9. Kl in den Gymer. Es gibt 3 Möglichkeiten wie das erfolgt. Da gibt es noch Stress und « Gschtürm » genug bei den Übertritten. Aber wenigstens haben die 5. und 6. KlässlerInnen noch etwas Ruhe.
Solange man in der Schweiz mit Ausdauer, Fleiss und Hingabe ohne Matur beim letzten Job vor der Pensionierung 50 mal mehr verdienen kann, als bei der ersten vollen Anstellung, ist alles in Ordnung mit der Berufslehre.Was eine Matura bringt, kann man sich problemlos in der zur Verfügung stehenden Zeit in 45 Jahren anlesen, und noch viel mehr, z.B. fliessende Sprachkenntnisse.Es ist eine Frage des Willens und des Zupackens.Nur Mut.
Leider hat der Autor recht. Ich möchte noch ergänzen, dass da auch viel geblufft wird, so im Stil « nein, ich brauchte nicht zu lernen, ich habe das auch so geschafft ». Das heisst übersetzt: « hoffentlich glaubt er das und fällt dann durch die Prüfung durch – ein Konkurrent weniger ». Oder: « ach, diese gute Ausbildung ist doch gar nicht nötig ». Das heisst übersetzt: « es genügt, wenn mein Kind eine gute Ausbildung bekommt. »
Man könnte sagen, die Schweiz legt die Anforderungen fest wie sie es für richtig hält. Solange jedoch Leute aus anderen Ländern eingestellt werden, führt in jedem Bereich eine einseitige Anhebung der Bildungsstandards bei identischem Titel in der Schweiz zu massiver Benachteiligung in der Arbeitswelt. Dieser Verantwortung sollten sich die Bildungspolitiker auch bewusst sein. Z.B. auch bei Unterschieden gegenüber dem Ausland bei der Vergabe von « summa cum laude » oder Studiendauer oder -anforderungen für akademische Titel.
Andererseits sind die Argumente für eine Förderung des dualen Systems auch nicht von der Hand zu weisen. Lehrabgänger verdienen in der Schweiz meist gut, sind sehr kompetent und können komplexe Arbeiten durchführen für die im Ausland häufig Akademiker benötigt werden. Umgekehrt sind in vielen anderen Ländern häufig für anspruchsvolle oder hochwertige handwerkliche Arbeit kaum qualifizierte Leute zu finden, handwerkliche Arbeit extrem schlecht bezahlt und die (insbesondere Jugend-)Arbeitslosigkeit ist hoch.
Zudem kann ja in der Schweiz jeder Lehrabgänger bei ausreichender Qualifikation später studieren und vielen Akademikern fehlt jegliche praktische Erfahrung. Was in der Schweiz noch fehlt, sind Studiengänge wo die Studenten bei Firmen angestellt sind wie z.B. in Deutschland die BA.