Wie Christian Grey am Frauenlauf hilft

Die Autorin als Tempomacherin (links) und ihre Freundin Esther am Berner Frauenlauf 2018. Foto: Ertappt.ch

Es ist eine der grössten Bereicherungen, eine Leidenschaft mit meinen Liebsten zu teilen, und das gilt auch fürs Laufen. Allerdings ist gemeinsamer Sport eine grosse Herausforderung – egal, ob für Partner oder für Freundinnen. Denn nur selten treffen dabei Menschen mit demselben Leistungsniveau und denselben Ambitionen aufeinander. Schon während des alltäglichen Laufens stellen etwa Tempounterschiede ein im Leben bestens eingespieltes Team auf eine harte Probe: Laufe ich etwa mit «Raketenfreunden», zerstört das permanente Bewusstsein, der Bremsklotz zu sein, meine Motivation. Bin ich hingegen in der Gruppe die Rakete, kann ein Training als solches unbefriedigend sein. Gemeinsam einen Wettkampf zu bestreiten, akzentuiert die Situation. Sie mutiert schnell zu einem Make-it or Break-it, einem Alles oder nichts – wenn auch nicht für die Beziehung, immerhin für die Laune des Tages. Die Ernte heisst also: Entweder doppelter Spass, der den Wettkampf zu einer einmaligen Erfahrung macht, oder aber Gehässigkeiten und Enttäuschungen, die sich genauso ins Gedächtnis einbrennen.

Zwischen meiner Freundin Esther und mir liegen einige Jahre Lauf- und Wettkampferfahrung, trotzdem haben wir den Schweizer Frauenlauf in Bern auf unsere gemeinsame Agenda gesetzt. Die 5-Kilometer-Distanz passte für uns perfekt: Für sie war es das ideale Training im Hinblick auf einen grösseren Wettkampf im Sommer. Für mich, von einer Verletzung auf diese Distanz reduziert, derzeit das höchste der Gefühle. Und nun das Wichtigste vorweg: Der zweitägige Aufenthalt in Bern war ein richtiges Freundinnenfest, ein einmaliges Erlebnis – für uns beide. Dabei hat eine kleine Checkliste die grossen Wettkampffallen für uns aus dem Weg geräumt:

1. Erwartungen definieren

  • Wollen wir den Wettkampf alleine und lediglich das Rahmenprogramm gemeinsam geniessen?
  • Planen wir, die Distanz gemeinsam zurückzulegen?
  • Entscheiden wir das spontan unterwegs – jede mit dem Freipass, auf eigene Faust einen Gang höher oder tiefer zu schalten?

Wir haben uns fürs gemeinsame Laufen entschieden. Deshalb hiess es:

2. Gemeinsames Ziel klären

  • Die Strecke durch die Hauptstadt ist ein läuferisches Highlight, mal ein Bad in der Menge, mal mit atemberaubender Aussicht. Wollen wir einen 5-Kilometer-Spass daraus machen und mit möglichst vielen Zuschauern abklatschen und bei sämtlichen Sehenswürdigkeiten einen Selfiestopp einlegen?
  • Oder steht eine Ambition wie eine Zielzeit oder das Finishen im Vordergrund?

Hier liess ich Esther entscheiden, da es für mich ohnehin ein «Laufleckerli» in einer Verletzungspause werden sollte. Sie wählte eine bestimmte Zielzeit, weshalb galt:

3. Rollen bestimmen

Tatsache ist, dass ich als schnellere Läuferin die Manövriermasse bin. Will heissen, ich bin diejenige, die sich anpasst. Anders ist unser gemeinsames Laufprojekt zum Scheitern verurteilt. Denn Esther kann zwar über sich hinauswachsen, aber sie kann es (noch) nicht mit meinem Wettkampftempo aufnehmen. Sie muss ihrerseits ohne schlechtes Gewissen akzeptieren können, dass ich meine Möglichkeiten ihr zu liebe nicht ausschöpfe – und sich deshalb nicht unter Druck setzen. Ist das geklärt – heisst: kurz diskutiert –, stellt sich die Frage:

  • Soll ich als ihr Tempomacher fungieren?
  • Oder ihr einfach ein treuer Begleiter sein?

Esthers Wunsch war es, sich an meine Fersen zu heften, um so ihre Grenzen zu verschieben. Eine unglaublich tolle Aufgabe, die indes nicht ohne ist. Denn: Nicht jeder Läufer will auf dieselbe Weise motiviert werden. Während einigen der Typ fordernder Sklaventreiber liegt, laufen andere mit lobenden Motivatoren zur Höchstform auf. Und manchmal ist das auch noch tagesformabhängig. Das verlangt dem Tempomacher Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl ab. Ich habe in dieser Hinsicht auch schon versagt und meinen Schützling zu stark gefordert statt gelobt. Die Lehre, die ich daraus gezogen habe, ist:

4. Safeword festlegen

Spätestens nach den Sadomaso-Sexpraktiken von Christian Grey, dem Protagonisten der «Fifty Shades of Grey»-Trilogy, verstehen wohl alle, wofür das Safeword steht. Es schützt unsere Freundschaft vor unnötigen Spannungen. Denn auch beim Tempomachen befinden sich Esther und ich auf einer Gratwanderung. Mit dem Codewort «Ruhe» zieht sie die Reissleine, mit der sie sich von mir befreien kann. Es bezeichnet den Moment, in dem sie von mir genug hat und es lieber alleine durchzieht. So wusste ich beispielsweise, dass wir nervlich noch nicht im roten Bereich liefen, als sie mich auf den fünf Kilometern gleich zweimal an fremde Läufer «verschenken» wollte.

Sind diese wichtigen Punkte besprochen, bleiben noch:

5. Die Details

So kann ich als Tempomacher, der nicht an seinen Grenzen läuft, Esther den Lauf auf verschiedene Arten vereinfachen: Ich kann beispielsweise für sie die Trinkbecher holen, ihr im Läuferpulk den Weg bahnen, sie nach einem eigenen Fauxpas vor einem Fehltritten bewahren, in dem ich ihr Unebenheiten oder Randsteine anzeige oder ihr meine Streckenkenntnisse weitergeben, in dem ich sie vor Steigungen warne, die nach einer Kurve warten.

Und zu guter Letzt ein ganz wichtiger Punkt: Nach der Ziellinie ist vor der Belohnung! Bei einem wohlverdienten Glace lassen sich die gemachten Erfahrungen wunderbar Revue passieren lassen. Das schweisst zusammen und stärkt unser Team für die kommenden Laufabenteuer.

 

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6 Kommentare zu «Wie Christian Grey am Frauenlauf hilft»

  • maettu sagt:

    Der Aufsatz hat höchstens Niveau 2. Sek. Ich tue Ihnen den Gefallen eines Kommentars (das ist die Währung bei Blogs, bei Ihnen ziemlich tief).

  • Michael sagt:

    Wie geil ist den das !!!! Da hätte ich ja voll drauf wetten können, das die liebe Autorin hier aber auch nichts durchgehen lässt, was auch nur im mindesten ein Kritikpunkt an ihrer Sportart zu sein scheint. Da bestätigt sie voll die psychologische Analyse, das Jogger vor ihren Problemen davon laufen. Würde sie natürlich nie im Leben zugeben – und gleich mal wieder die Schuhe geschnürt und den Ärger weggelaufen.
    Wie berechenbar Frauen doch immer noch sind….

    • Aquila Chrysaetos sagt:

      Weiss nicht so recht. Ich jogge aus purer Lebensfreude – da ist nicht viel Psychologie dahinter.

    • Dimmugljufur sagt:

      Was bitte soll denn dieser Kommentar genau? Wo übt wer Kritik und wo steht das „nicht durchgehen lassen“? Übrigens machen Sie mit ihrem undifferenzierten Stereotypen-Denken (Läufer/Nichtläufer und Mann/Frau) klar, dass Sie absolut Null über irgendetwas nachgedacht haben, bevor Sie diesen abschätzigen Kommentar in die Tastatur gehämmert haben. Wie wärs abwechsungsweise mal mit ein wenig positiver Energie, wie sie die Autorin versucht zu vermitteln? Möchtegernpsychologen gibt es auf dieser Welt schon mehr als genug.

  • Ralf Kannenberg sagt:

    Als ich noch jung und sportlich war und eine Laufmannschaft hatte, habe ich folgenden Kompromiss gemacht: an 4 Tagen der Woche laufe ich alleine und in meinem Tempo, an den übrigen 3 Tagen der Woche stehe ich meinen Freunden zum Mitlaufen zur Verfügung und sie können das Tempo haben, welches sie wünschen. Allerdings klappt das nur, wenn man in der Gruppe der Schnellste ist, so dass das Training mit den Freunden für mich entspannend war und ich es geniessen konnte. – Tatsächlich habe ich die persönlichen Bestzeiten meines Lebens während der Phasen erreicht, in denen ich jeden Tag lief, 4x in meinem Tempo und 3x im Tempo meiner Freunde.

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