Wanderspektakel in Gossau

Diese Woche eine Rundwanderung ab Gossau (SG)

In Gossau fährt man gewöhnlich durch oder steigt um auf das Zuckelzügli ins Appenzellerland. Eigentlich ist das schade, dachte ich kürzlich am Ende einer ganz und gar reizvollen Wanderung. Sie begann und endete am Bahnhof Gossau – und eigentlich war es eine Wanderlesung.

André Wigger von der Gutenberg-Buchhandlung in Gossau hatte mich eingeladen. Zu achtzehnt zogen wir durch die Höger, ab und an las ich kurze Texte aus meinem Ausflugsbuch «Schweizer Wunder».

Hier die Route. Vom Bahnhof nehmen wir die Unterführung südwärts. Sobald wir die Bauernwirtschaft Mult erreicht haben, ist fertig Agglo. Praktisch auf einen Schlag sind wir im Grünen. Wir haben im Folgenden zur Linken Bäche und Hügel, auf der anderen Seite zieht sich das einigermassen flache Fürstenland gegen Wil.

Pächter gesucht

Die Mult ist derzeit zu, die Besitzer suchen einen neuen Pächter. Auf einer langen Geraden setzen wir fort zur Rüti. Dann geht es abwärts, wir queren die Glatt; jawohl, liebe Zürcher, so eine haben wir Ostschweizer auch. Lamas beglotzen uns, als wir uns die verlorene Höhe kurz danach zurückerobern.

Bald sind wir auf der Egg, Gemeinde Flawil. Was für ein aussichtsreicher Punkt. Er ist mit einer Bauernwirtschaft gesegnet. Als wir auf der Wanderlesung im Hirschen einkehrten, gab es gewaltige Fleischplättli. Es war warm genug, draussen auf den Holzbänken zu sitzen. Der Pinot floss.

Von der Wirtschaft halten wir exakt in Südrichtung auf einem Strässchen hinab zur grösseren Strasse; ich sage das so umständlich, weil dieses Ministück nicht signalisiert ist. Unten sind wir wieder auf dem Wanderweg. Steil der Einstieg in die Wissbachschlucht.

Die Treppe am Druckrohr

Der Wissbach darf sich aufführen, wie er will. Er überschwemmt an einer Stelle eine riesige Grasfläche, nagt allenthalben hungrig an der Nagelfluh. Bei einem Druckrohr haben die Wegmacher eine Holztreppe mit Dach in den coupierten Tobelschlitz gelegt. Im Schummer gehen wir hinab, die Stufen sind von derart sanfter Höhe, dass das Hirn irritiert ist, Vorsicht, Stolpergefahr. Und jedenfalls ist diese Passage ein erstklassiges Wanderspektakel.

Einige Zeit später steigen wir auf zum Schwänberg, Gemeinde Herisau. Das Appenzellerland wurde von Süden her besiedelt, vom Flachland aus. Unser Weiler ist der älteste urkundlich erwähnte Punkt des Appenzellerlandes. Ein Prunkbau aus Holz zieht den Blick an, das Alte Rathaus.

Und am Schluss: Ab in den Zoo!

Bei der Zellersmüli haben wir die Auswahl. Etwas länger ist die Variante via Hueb zum Bahnhof Gossau, etwas kürzer die auf dem Glattweg zum Fennhof. Unser Wandergrüppli nimmt den Glattweg, obwohl ein Schild verkündet, dass der Hang rutschen könnte und man den Weg auf eigenes Risiko begehe; auch sei die hier verlegte Gasleitung gefährdet. Wir bitten unseren Pfeifenraucher, sich jetzt bitte keine anzuzünden.

In Gossau am Bahnhofplatz trinken wir ein Bier im Quellenhof. Zu ihm gehört ein kleineres Restaurant, das Billabong mit australischen Spezialitäten. Drinnen hockt über der Bar ein riesiges Krokodil. Ein mit Glasfasern verstärkter Gipsabdruck – wunderbar.

Apropos: Es lohnt, vom Bahnhof den Bus zum Walter Zoo zu nehmen. Dort gibt es noch mehr Krokodile.

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Route: Gossau – Mult – Rüti – Tobelmüli – Egg – Wissbachschlucht – Schwänberg – Mösli – Zellersmüli. Ab da zwei Varianten zum HB Gossau: via Glattweg zum Fennhof (auf eigenes Risiko, der Hang am Weg ist rutschgefährdet). Oder, praktisch gleich lang, via Hueb.

Wanderzeit: Knapp drei Stunden.

Höhendifferenz: Je 320 Meter aufwärts und abwärts.

Wanderkarte: 227 T Appenzell, 1:50’000.

GPX-Datei: Hier downloaden.

Charakter: Agglonah und doch erstaunlich wild mit einigen coupierten Abschnitten. Bei Nässe sind diese ziemlich rutschig.

Höhepunkte: Der Blick von der Mult aufs Fürstenland. Die Einkehr in der Egg. Der gedeckte Holzsteg im steilen Teil der Wissbachschlucht.

Kinder: Passt bestens. In der Schlucht kann man auch brätlen.

Hund: Auch ihm wirds gefallen.

Einkehr: Hirschen, Egg, Gemeinde Flawil, der Ort für deftiges Speisen. Di, Mi Ruhetag. Am Montag nur 9 bis 14 Uhr. Durchgehend warme Küche.

Wanderblog: Täglich ein Eintrag auf Thomas Widmers privatem Journal.

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2 Kommentare zu «Wanderspektakel in Gossau»

  • Hans sagt:

    Sorry, sehe im Internet, das Betreten der Höhle sei verboten. Grund: Die Höhlendecke sei instabil und es drohten Felsstücke auf den Boden zu fallen. Ist dem immer noch so? Weiss ein Insider Bescheid? Wäre sehr schade, wenn die Gemeinde nichts dagegen unternähme.

  • Hans sagt:

    Eine interessante Wanderung. Das Gebiet kenne ich aus meiner Jugendzeit sehr gut. Ein Tipp: Von Töbelmüli aus lohnt sich ein Abstecher in die St.Kolumban oder Salpeterhöhle. Eine riesige Nagelfluhhöhle mit Kochgelegenheit und ein Abenteuerparadies für Kinder.

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