Die Fehlanalyse in Bildern

Zoellick und Lagarde

Die Verantwortlichen führen fleissig Gespräche: Weltbank-Präsident Robert Zoellick und IWF-Chefin Christine Lagarde an der Herbsttagung des IWF in Washington.

Das Drama wiederholt sich auf einer immer gefährlicheren Stufe: Staatschefs versammeln sich. Sie stellen fest, dass die Lage in der Eurozone höchst brisant ist, diesmal halten sie sogar fest, dass eine Gefahr für die Weltwirtschaft besteht. Dann geloben sie grosse Schritte zu tun. Darauf verschieben sie dann alles um ein paar Wochen. Und was sie zu tun geloben, ist nur mehr von dem, was sie schon immer taten und was bisher noch immer gescheitert ist. Anlass und Ort des Ereignisses diesmal: die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in der US-Hauptstadt Washington.

Ein zentraler Grund für das fortgesetzte Scheitern ist die Fehlanalyse, die den geforderten Massnahmen zugrunde liegt, um die Lage zu beruhigen. Diese Fehlanalyse baut darauf, dass der Staat in einigen Mitgliedsländer überbordet hat und daher genau jetzt harte Sparmassnahmen einsetzen muss, um das Vertrauen zurückzugewinnen.

Auch wenns mittlerweile – wie so vieles – eine Wiederholung ist: Das Hauptproblem ist nicht die Verschuldung der betroffenen Länder, sondern die Tatsache, dass diese Länder Teil der Währungsunion sind. Anders gesagt. Auch wenn man ihnen ihre Schulden vollständig erlassen würde, wäre das Problem nicht gelöst. Hier ein paar Grafiken, die den Punkt für einige Länder verdeutlichen, welche seit Beginn der Krise am meisten im Fokus standen.

Gehen wir in die ersten Jahre der Euro-Existenz zurück und fragen, wer denn damals erfolgreich war:

Die Problemländer von heute waren die Stars von gestern – mit Ausnahme des tragischen Falls Portugal. Irland war der «keltische Tiger». Deutschland dagegen war der «kranke Mann Europas». Wie hat sich die Geldpolitik in dieser Phase positioniert? Nun, die Europäische Zentralbank EZB kann nicht auf einen einzelnen Staat Rücksicht nehmen, sondern sie orientiert sich am Durchschnitt der gesamten Eurozone. Und wer ist dieser Durchschnitt?

Der Durchschnitt ist Deutschland. Ok. nicht ganz. Aber die EZB richtet ihre Geldpolitik sehr viel mehr an Deutschland aus, als an den kleinen Ländern mit starken Wachstumsraten. Hier die Entwicklung der Leitzinsen:

Weil Deutschland eben doch nicht ganz der der Durchschnitt war, waren die tiefen Zinsen für die deutsche Wirtschaft noch immer zu hoch, für die Volkswirtschaften mit den hohen Wachstumsraten dagegen massiv zu tief – dort kommt noch dazu, dass die Langfristzinsen durch die Mitgliedschaft in der Eurozone ebenfalls dramatisch gefallen sind.

Was ist die Wirkung dieser Zinsentwicklung? In Deutschland bleibt das Wachstum gedrückt, die Wirtschaft rutscht in die Rezession und die Arbeitslosigkeit steigt. In den Hochwachstumsländern überbordet der Privatsektor in Spanien und Irland (was sich in Immobilienblasen niederschlägt) und in Griechenland überbordet der Staat. Wie wirkt das alles auf die Staatsfinanzen, auf die man schon damals hauptsächlich fokussiert hat? Hier ein Blick auf die Bruttoverschuldungsquoten in Prozent des Bruttoinlandprodukts:

Der schwarze Strich markiert die maximal zulässige Schuld von 60 Prozent. Das Überborden Griechenlands zeigt sich am grünen Balken. Schlecht weg kommt aber auch Deutschland (blauer Balken). Wahre Wunderländer waren dagegen Irland (gelb) und Spanien (violett). Die Wirtschaftskrise hat natürlich bewirkt, dass Deutschlands Defizit über längere Zeit höher als 3 Prozent ausgefallen ist. Das Land hätte also mitten in der Krise sparen sollen. Dem haben sich die Deutschen verweigert. Das war unfair gegenüber zum Beispiel den Portugiesen, die man auch dazu gedrängt hat. Aber es war ökonomisch und politisch logisch. Keine demokratisch gewählte Regierung wird bei hoher und steigender Arbeitslosigkeit mit Quoten von mehr als 10 Prozent die Lage noch verschlimmern, wenn sie einen Ausweg hat.

Wie hat sich die Krise in Deutschland und das überbordende Wachstum auf die betrachteten Länder ausgewirkt? Die Krise in Deutschland – und die auch krisenbedingte Lohnzurückhaltung – drückte dort auf die Teuerung, während das übermässige Wachstum in den Peripherieländern die Inflation dramatisch ansteigen liess. Nochmals: Die Geldpolitik, die sich am Durchschnitt auszurichten hatte, war dafür mitverantwortlich und konnte dem nichts entgegensetzen:

Der Erfolg der Peripherieländer und das Elend der Deutschen zu Beginn des letzten Jahrzehnts hat im unflexiblen wirtschaftspolitischen Korsett der Währungsunion die Grundlage für die heutigen Probleme gelegt. Hier die aus der Preisentwicklung – zusammen mit der Entwicklung der Produktivität – resultierende Entwicklung der Lohnstückkosten:

Seit der Finanzkrise ist die Party vorbei. Die Immobilienblasen in Ländern wie Irland und Spanien sind geplatzt. Das Finanzsystem wackelt, private Schulden wurden zu öffentlichen, weshalb auch die Staatsverschuldung in den diesbezüglichen Vorzeigeländern explodiert ist. In Griechenland war die Verschuldung – wie oben gezeigt – immer in erster Linie öffentlich. Jetzt sind die Zinsen in all diesen Ländern massiv gestiegen und führen allein schon zu einem Teufelskreis nach unten (hier die Details). Was die Länder brauchen, wäre – wie die Schuldenfallenformel zeigt – Wachstum. Angesichts der darniederliegenden Binnenwirtschaft müsste das über Exporte kommen. Doch das verhindern die zu hohen Lohnstückkosten, die Unmöglichkeit abwerten zu können und die abschwächende Wirtschaft in der ganzen Eurozone.

Ein Schuldenabbau über reale Abwertungen – das heisst Lohnsenkungen bis zu 30 Prozent – verschlimmert die Krise, damit bricht das Wachstum noch mehr ein und erhöht die reale Last der Schulden. Die geforderten harten Massnahmen jetzt verschlechtern daher die Bonität der betroffenen Länder weiter und führen zu einem entsprechenden Anstieg der Risikoprämien auf den Märkten, also der Zinssätze für die Staatschulden. Und damit dreht die Krise in die nächste schlimmere Runde.

Ja, die Verschuldung ist ein Problem und sie muss angegangen werden – glaubwürdig und wirksam. Mitten in der Krise und im engen Korsett der Währungsunion funktionieren die Pläne dazu aber nicht. Wir sehen es täglich.

34 Kommentare zu «Die Fehlanalyse in Bildern»

  • Jens Gloor sagt:

    Diese BILDERBERGer verfolgen andere Ziele, als sie öffentlich zugeben – das hat ‚Tradition‘. Wenn man sich einmal die ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ anschaut und vergleicht, was davon zum heutigen Zeitpunkt bereits umgesetzt wurde – erschrickt man! Die Weltfinanzen werden von Zionisten kontrolliert und ‚wir‘ als ‚Gojim‘ (minderwertig) bezeichnet und GENAU DESHALB liest man in den Medien auch nichts über die wahre Wahrheit. Die massive, globale Verschuldung bedient eine verborgene Realität, die man uns erst erkennen lässt, wenn es bereits zu spät ist. Das grösste Problem in diesem Zusammenhang stellen fachlich den Anforderungen ans Amt nicht genügende PolitikerInnen dar, welche von Bankwesen, Finanzinstrumenten und der globalen Wirtschaftssteuerung KEINE AHNUNG haben, sich beraten lassen müssen und so in die gewünschte Richtung ‚geschoben‘ werden können. Unsere Politik wird nicht von PolitikerInnen gemacht – DAS muss man erst einmal begriffen haben. Danach erscheint einem ganz klar, dass diese Show Zielen dient, die der Öffentlichkeit derzeit verborgen sind. „Ordo ab chao‘ nennt sich die Maxime der Organisationen, welche für die Umsetzung dieser Pläne besorgt sind. Der Faschismus kommt!

    • Bruno Heil sagt:

      Danke, Herr Gloor, für Ihre mutigen Worte, ergänzt durch: Planwirtschaft im Westen wird nicht nur durch die Zentralbanken längst praktiziert.

  • Edgar Salin, ein würdiger Schüler von Max Weber, warnte stets vor den Unzulänglichkeiten der schon damals in Mode gekommenen Ökonometrie und bezeichnete deren Verfechtern nicht ohne innere Überzeugung als „Modellschreiner“. Bezeichnenderweise ist sein Freund, Studienkollege und Gesinnungsgenosse Oscar Morgenstern in Princeton mit seinem Institut „Mathematica“ hervorgetreten – aber nicht etwa weil er diesbezüglich Salins kritischer Grundhaltung gegenüberstand, sondern weil er im dortigen naturwissenschaftlich-dominierten „Manhattan“-Umfeld mit diesem Mantel seine staatswissenschaftlichen Erkenntnisse wirksamer einbringen konnte.

  • Martin Holzherr sagt:

    Dieser Artikel unterstellt den politischen und insitutionellen Akteuren in der Euro-Krise einen generellen Fehlschluss: Dies EU-Politiker wolle das Vertrauen der Finanzmärkte für die Schuldnerländer zurückgewinnen indem sie von den Schuldnerländern strenge Austeritätsprogramme einforderten. Diese Austeritätsprogramme aber verschlechterten die Situation, indem sie das Wachstum abwürgten und erhöhten damit auch die Zinssätze, zu denen sich die Staaten auf dem Markt Geld leihen können.

    Doch man kann die Bemühungen der EU-Politiker auch etwas anders sehen: Mit den Schutzschildern EFSF und EFSM will die EU die Finanzmärkte umgehen und den betroffenen Ländern Gelder im Rahmen von Sanierungsprogrammen (und als Anleihen) praktisch zinsfrei zur Verfügung stellen. Hat man diese Mechanismen einmal installiert sind die Schuldnerländer weit weniger vom Urteil der Rating-Agenturen betroffen, denn nun haftet die EU als Ganzes. Wir erleben also eine Sozialisierung der Schulden. Allerdings verbunden mit einer viel stärkeren Überwachung und Steuerung des fiskalpolitischen Verhaltens der Schuldnerstaaten durch die Organe der EU, was man jetzt in der Hängepartie Griechenland gegen EU-Troika beobachten kann. Unter diesen Umständen macht Sparen und machen Austeritätsprogramme, die den Ländern auferlegt werden durchaus Sinn. Denn für diejenigen, die sich den Rettungsschirm ausgedacht und die ihn nun auf lange Zeit installiert haben, war schon lange klar, dass es keine schnelle Erholung der griechischen Wirtschaft geben kann und dass auch Portugal und womöglich auch Spanien noch lange ein Sorgenkind bleiben werden. Der erste Schritt dieser Länder muss deshalb sein, nicht mehr auszugeben als sie einnehmen. Erst wenn dies erreicht ist kann eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit angestrebt werden und der erste Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist nicht selten die Zerschlagung von wachstumshemmenden Strukturen, die von den verantwortlichen Politikern dieser Länder am Leben gehalten wurden. Deshalb die Aufforderung der Troika, nun wirklich Staatsbeamte in Griechenland zu entlassen. Denn nur eine stärkere Privatwirtschaft in GR erhöht seine Wettbewerbsfähigkeit.

    Man sieht, es geht um Disziplinierung der Schuldnerländer auf der ganzen Linie – nicht nur was das Geldausgeben angeht, sondern auch was die Sozial-/Arbeits- und Finanzpolitik betrifft.

    Sollten sich Griechenland, Portugal, Spanien, Italien wirklich transformieren, ihre Bevölkerung eine protestantische Arbeitsmoral annehmen wie sie die Deutschen schon lange haben und Politiker wie Berlusconi in Zukunft in Italien nicht mehr möglich sein, dann hat der Euro durchaus eine Zukunft.

    Doch das braucht noch viel Geduld. Ob Angela Merkel so viel Geduld aufbringt wage ich zu bezweifeln auch wenn sie sonst in der Kunst des Aussitzens sogar Helmut Kohl erreicht.

    Was ich noch wahrscheinlicher halte: Die Bevölkerung in den Schuldnerländern macht nicht mit und erzwingt so ein Ausscheiden ihres Landes aus der Euro-Zone.

    • Urs sagt:

      Man könnte auch die Tabuthemen wie Wettbwerb in all seinen Varianten mal von einem anderen Blickwinkel ansehen…

      Nicht jeder Mensch und ebenso nicht jedes Land, Region, Stadt, Gemeinde, Mensch hat die gleichen Vorraussetzungen bzw. Startposition um irgendwann mal als erster durch die Ziellinie zu kommen. Könnten unter Umständen noch Kulturelle, Klimatische oder was weiss ich für Differenzen hinzugezählt werden. Eigentlich ist in den meisten Fällen egal warum jemand nicht die gleichen Vorraussetzungen hat… das es unüberwindbare Differenzen gibt kann man aber nicht einfach ignorieren…

      So kam es das etwa beim Steuerwettbewerb, Standortwettbewerb, Dimplomwettbwerb (Pisa e al) auch alle in den gleichen Topf geworfen werden…

      Soll man nun Grundsätzlich „die Schwachen“ dazu zwingen sich gleichauf mit „den Stärksten“ zu messen oder vieleicht doch eher umgekehrt… das sich „die Starken“ zu „den Schwachen“ neigen… Das ganez soll ja nicht um jeden Preis eine Dauersportveranstaltung sein… sonst kommt das eben so raus wie das was wir heute haben…

      • Martin Holzherr sagt:

        Nicht alle sind gleich konkurenzfähig, auch nicht alle Länder. Dann müssen diese Länder halt andere Stärken ausspielen. Griechenland beispielsweise war bis vor kurzem eine gesuchte Feriendestination, aber es hat seine Position inzwischen weitgehend an andere Destinationen abgegeben zum Beispiel an die Türkei.
        Um allzu krasse Unterschiede zu verwischen oder ihre Effekte zu verkleinern gibt es noch die Möglichkeit des Finanztransfers. Auch in der Schweiz fliesst Geld von den finanzstarken in die finanzschwachen Kantone. Doch für die EU dürfte das sehr schwierig werden, vor allem wenn man zu den finanzschwachen Ländern nicht nur Griechenland, Portugal und Spanien, sondern auch noch Italien dazuzählt.
        Als dritte Möglichkeit sehe ich noch die erzwungene Strukurentwicklung. Die stärkeren Länder gestalten direkt die Wirtschaft der schwächeren – zu beiden Vorteil (vielleicht).
        Doch auch eine Kombination dieser Mittel hat oft weniger Erfolg als erwartet, das zeigt auch die Entwicklung des Ostens Deutschlands nach der Wiedervereinigung.

    • Andres Müller sagt:

      „Deshalb die Aufforderung der Troika, nun wirklich Staatsbeamte in Griechenland zu entlassen. Denn nur eine stärkere Privatwirtschaft in GR erhöht seine Wettbewerbsfähigkeit.“

      Herr Holzherr, Griechenland leidet unter einer verspäteten Entwicklung seines Sozialsystems (siehe Christos Papatheodorou, Europäische Wohlfahrtssysteme 2008, II, 285-310, DOI: 10.1007/978-3-531-90852-6_13 ). Das ist der eigentliche Grund für das ganze Desaster. Und wenn wir in Nordeuropa nicht aufpassen, dann folgen wir Griechenland im Schnellzugstempo nach Unten nach.

      Nur wenn Privatwirtschaft und Staatswirtschaft in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen können durch ein beidseitig ausgewogenes Sozialsystem und gleichzeitig die soziale Globalisierung verbessert wird, erhalten die Griechen eine Chance. Gerade das aber wird derzeit weiter unterhöhlt, von den zentralen Gossmächten der EU die unter der Kontrolle rechtskonservativer Regierungen sind. Es ist deshalb wichtig dass in Frankreich und in Deutschland reformierte Linke an die Macht kommen, solche die sich vom „dritten Weg“ der Sozialdemokratie distanziert haben. Ich halte nichts von Privatisierungen, solange nicht das Sozialsystem auch in der Privatwirtschaft umfassend implementiert ist.

      Würden in der Schweiz Staatdsbedienstete entlassen, so könnten sie in der Privatwirtschaft zu ähnlichen sozialen Bedingungen wieder eine Stelle finden (zumindest theoretisch), aber in Griechenland verlässt der Staatsangestellte mit seiner Entlassung auch sämtliche soziale Absicherung auf die er zuvor gesetzt hatte. Das Ergebnis erster Entlassungswellen ist bereits heute sichtbar, Obachlose und marginalisierte Menschen. Ich bin mir sicher, die Griechen werden sich bald dem Arabischen Frühling anschliessen wenn die EU weiterhin das Problem auf der rein monetarischen Ebene und einer Wirtschaftsregierung gegen Griechenland lösen will.

      • Martin Holzherr sagt:

        Herr Müller,
        sie schreiben: Griechenland leidet unter einer verspäteten Entwicklung seines Sozialsystems Das ist der eigentliche Grund für das ganze Desaster. Und wenn wir in Nordeuropa nicht aufpassen, dann folgen wir Griechenland im Schnellzugstempo nach Unten nach.
        Dazu folgendes:
        1) Die EU kann nicht innere griechische Probleme lösen. Sollte Griechenland aber ein Schwellenland oder gar Entwicklungsland sein wie von Kenneth Rogoff eingeschätzt – er hält auch Portugal, die Slowakei und Estland für Entwicklungsländer – so müsste man sich fragen ob die zur Eurozone/zum Euroverbun überhaupt dazugehören können
        2) Warum solten wir in Nordeuropa Griechenland folgen? Ich sehe keinen Zusammenhang. Scheinbar gibt es für sie aber das Problem des unterentwickelten Sozialsystems in der Privatwirtschaft und zwar nicht nur in Griechenland sondern auch in Frnakreich und Deutschland, wo eine reformierte Linke wohl zuerst das Sozialsystem ihres eigenen Landes und dann auch das von Griechenland ausbauen sollt.

        Das Hauptproblem, das ich in ihrem Kommentar sehe liegt aber in der Zuständigkeit: Für die EU ist Griechenland ein Mitgliedsland wie andere. Griechenland ist dafür verantwortlich, dass der Staats- und der Privathaushalt nicht allzu weit auseinanderklaffen. Wenn jedoch tausende von griechischen Staatsangestellten ihre Arbeitszeit mit Nichtstun verbringen und zum Teil sogar zuhause bleiben, dann ist es offensichtlich, dass ein solches Land niemals ein Mitglied einer zukunftsgerichteten EU sein kann. Deshalb hat die Troika diesen Missstand aufs Tapet gebracht.

        Wenn sie ihre Position überdenken, kommen sie vielleicht auch zum Schluss, dass ein Land wie Griechenland zum jetztigen Zeitpunkt gar nicht zum Euroraum gehören kann und auch innerhalb der EU einer speziellen Behandlung bedarf, die es bei seinem Weg von einem Entwicklungsland/Schwellenland zu einer modernen Industrie-/und Dienstleistungsnation unterstützt.

  • Hanspeter Niederer sagt:

    Die EU ist gescheitert. Europa buchstabiert wieder zurück zu den alten Nationalstaaten mit eigenen Währungen. Schengen/Dublin ist zum Glück Geschichte und die einzelnen Staaten können wieder ihre Eigenarten und verschiedenen Kulturen pflegen und weiterentwickeln. Ich freue mich darauf. Was der EU bleibt ist, diesen Prozess möglichst geordnet ablaufen zu lassen.

    • Andres Müller sagt:

      „Was der EU bleibt ist, diesen Prozess möglichst geordnet ablaufen zu lassen.“

      Damit scheinen die Berufs -Psychopathen, ich meine die Börsenzocker, nicht zu rechnen.
      http://www.youtube.com/watch?v=Bp-MQhssCqI

      Ich meine, wir befinden uns in einer sehr schwierigen Situation. Unsere Ideologie in den letzten Jahrzehnten hat eine Händlermentalität und ein Bankernetzwerk gefördert, deren negativ dotierte Ethik selbst von eingelochten Psychopathen im Gefängnis nicht übertroffen wird. Diese Bubi-Köpfe mit Kravatte oder Lacoste Leibchen sind schamlos, egoistisch, infantil und kennen keine Hemmungen.Da nutzen die Annalysen von Statistiken nichts, um die Situation zu lösen müssten Profiler rangelassen werden welche alle Banken und Handelsplätze nach Psychopathen durchsuchen und durch gewissenhafte Menschen ersetzen.

    • Cybot sagt:

      Das stimmt so nicht ganz. Der bisherige Ansatz ist durchaus gescheitert, das kann man wohl sagen. Es gibt aber zwei Richtungen, um aus dem Dilemma herauszukommen, zurück oder weiter vorwärts. Vorwärts wäre eine Entwicklung in Richtung Vereinigte Staaten von Europa, mit einer Regierung und einer Zentralbank. Das würde das Problem aus lösen, dann hätte man eine Situation wie in den USA, wo ja auch nicht alle Teilstaaten wirtschaftlich gleich stark sind.
      Das Problem an der ganzen Sache ist halt, dass politisch keiner der beiden Wege sehr verlockend ist, das ganze ist schon ein sehr grosses Dilemma. Meine Eindruck ist, dass Deutschland durchaus in Richtung mehr Einheit in Europa steuert, der Rettungsschirm ist ja durchaus ein Schritt in diese Richtung – nur laut sagen können sie das eben nicht.

      • Martin Holzherr sagt:

        Das sehe ich auch so: Es wird eine Lösung für die Euro-Krise über eine stärkere Zentralisierung gesucht. Und an der Spitze wird – gesagt oder ungesagt – Deutschland stehen und nicht eine völlig von den Nationalstaaten losgelöste Regierung für die „Vereinigten Staaten von Europa“. Nur schon die Verfassung Deutschlands erlaubt gar keinen Souveränitätsverzicht.
        Die Schuldnerländer aber – Griechenland, Portugal, .. – haben defacto ihre Souveränität bereits verloren.

        Es könnte also – falls kein Staat dezidiert dagegen einschreitet – ein neues „Heiliges Römisches Reich deutscher Nation“ geben, nur mit dem Unterschied, dass dieses neue Gebilde nicht von einem Monarchen, sondern von Deutschland geführt würde, allenfalls aber auch vom Zweiergespann Deutschland/Frankreich.

        • Hanspeter Niederer sagt:

          Und sie glauben also, dass die übrigen Staaten ein neues deutsches Grössenwahn-Reich akzeptieren würden nach der Erfahrung des 2. Weltkrieges? Natürlich und verständlicherweise niemals, darum sage ich: zurück auf Feld 1.

  • Andres Müller sagt:

    Wie ich bereits sagte beruhen Fehlanalysen in der Ökonomie zu Krisenzeiten oftmals in Ursächlichkeiten die sich dem Einfluss der Notenbanken entzieht, die ausserhalb des monetarischen Systems zu suchen sind. Ich gehe hier mit artie (27. September 2011 um 17:11) einig, in seiner Antwort ist gut nachzulesen wo der Hase im Pfeffer sitzt. Dann gibt es auch noch Fehler aus dem Nicheinenzug besonderer Umstände in der Ökonomie, so wie sich die Szene in den letzten Jahrzehnten entwickelt hatte. Einer dieser Umstände liegt in der Manipulation von Warenkörben, die zur Berechnung des Verbraucherverhaltens dienen, der Manipulation von Arbeitslosenstatistiken und Rückständen bei der Forschung ökonomischer Gerechtigkeit. Die Ökonomie behandelt soziale Forschung auf den hintersten Plätzen an der Uni, Wirtschaftsethiker wurden sogar über viele Jahre hinweg politisch angegriffen und mundtot zu machen versucht. Während die wirtschaftliche Globalisierung und vor allem die Politische boomt, nimmt die soziale Globalisierung seit 2005 ab. http://www.kof.ethz.ch/static_media/filer/upload/filer/public/2011/04/11/kof_globalisierungsindex_2011.pdf
    Niemand scheint bemerkt zu haben das die USA-Hypokrise auch diesem Umstand zu verdanken ist, denn wenn die soziale Globalisierung abnimmt, dann entstehen Gefahrenherde bei Wohn-Immobilien, in besonderem Mass in den USA.

    Ein weiterer Index der in der Presse derzeit keinerlei Spuren hinterlässt, ist die zunehmende Marktregulierung der Rohstoffmärkte durch PRIVATES Risk -Management, zum Beispiel das der COMDEX in Chicago durch CME Group. Nichts gegen Regulierung, aber hier ist eine durch die Finanzlobby entstanden. Auf Bankenebene haben sich Goldman Sachs, UBS,Credit Suisse, Deutsche Bank u.a. zusammengeschlossen zu einem gemeinsamen Risk -Management.

    Alles diese privaten Risk-Management-Systeme dienen dem Zweck Gefahren auf den Bankensektor zu erkennen und auf Kosten von Anlegern und natürlich letztlich der Steuerzahler zu entschärfen. So zum Beispiel bewirkten erhöhte Handelsgebühren vor Kurzem den Absturz von Gold, obwohl physisches Gold am Montag nach Angabe der Minen um 50% gestiegen ist! Da es weit mehr gehebelte Goldpapiere gibt als echtes Gold stürzte der Preis gegenüber der Währung US$ ab, denn die Papiere wurden in diese Währung umgewandelt. Das private Risk -Management hat sich zu einer Art privatisierten Schattenregierung entwickelt, hinter der vor allem eine USA sitzt die damit um ihre Existenz als Supermacht kämpft.

    Obwohl hier monetarisches Lösungen vorliegen, so ist doch die Ursache der zunehmenden Finanzmarkt-Maniplation aussserhalb der Blackbox des Finanzsystems zu finden. Die politische Globalisierung arbeitet vermehrt gegen die soziale Globalisierung, weil sich die Machtverhältnisse in der Welt zu ungunsten von Demokratie zu verschieben begonnen haben, gegen die Menschen. Diese Entwicklung wurde vom Zusammenbruch der UDSSR begünstigt, weil der Westen den Erfolg (fälschlich) alleine seinem wirtschaftsliberalen Finanzsystem zugeschrieben hatte und dieses mit dem Erfolg von Freiheit und Demokratie gleich setzte. Frustriert blickt man im Westen nun nach China, wo es Deng Xiao Peng gelang Parteidiktatur und Kapitalismus zum Paket zu schnüren.

    Alle vorhandene Statistiken können diese Entwicklung nicht korrekt abbilden, sie sind vielmehr zweidimensionale Abbilder einer real dreidimensionalen Welt und dehalb kann anhand der Statistiken nicht dreidimensional zurückgerechnet werden, weil wir schlicht die soziale Demension unseres ökonomischen Tuns unterschlagen haben.

  • Josef sagt:

    Über die Schulden ist doch schon genug geschrieben und diskutiert worden. Es wäre mal an der Zeit, die andere Seite der Gleichung zu betrachten: die der Gläubiger. Dies zu unterlassen ist meiner Ansicht nach die grösste „Fehlanalyse“.
    Die Gleichung kann nicht aufgelöst werden, wenn die aktuelle Erwartungshaltung der Gläubiger aufrecht erhalten und bedient werden muss. Natürlich handelt es sich um ein Tabuthema, denn auch die kleinen Sparer, Pensionen und Lebensversicherungen sind betroffen. Da will man keine Wähler verärgern. Aber in diesem Blog gibt es doch keine Politiker. Wenigstens hier könnte man das Thema aufgreifen.

    • Martin Holzherr sagt:

      Die Gläubiger der Schuldnerländer sind grösstenteils Banken. Darüber wurde schon einige geschreiben. Dass Griechenland keinen hair-cut, also keinen Schuldenerlass bekommmt, auch mit der Rücksichtsnahme auf die Gläubiger – also die Banken – zu tun.
      Da jedoch sowieso kein Weg an der „Entschuldung“ von Griechenland und wahrscheinlich auch von Portugal vorbeiführt, bedeutet das, dass der Schuldenschnitt wahrscheinlich „still“ stattfindet. Niemand soll es merken. Nur der Steuerzahler wird es am Schluss sicherlich zu spüren bekommen.

      Da braucht es noch einige Warren Buffet’s, die ihr Geld zur Verfügung stellen um die hunderte von verkonsumierten oder verspekulierten Milliarden der Schuldner Griechenland, Portugal, Irland und Spanien zu kompensieren.

  • Martin Holzherr sagt:

    Nach dem Autor dieses Artikels ist eine Wärhungsunion, in der Länder wie Griechenland, Portugal, Irland und sogar Spanien dabei sind, zwangsweise eine Transferunion, weil diese wirtschaftlich schwächeren Länder in einer Wärhungsunion mit Deutschland nicht bestehen können. Zitat
    Das Hauptproblem ist … die Tatsache, dass diese Länder Teil der Währungsunion sind. Anders gesagt. Auch wenn man ihnen ihre Schulden vollständig erlassen würde, wäre das Problem nicht gelöst.

    Das sehe ich ähnlich. Nur bezweifle ich, dass eine Transferunion mit den Empfängern Griechenland, Portugal, Irland und Spanien überhaupt finanzierbar ist. Solch ein Transfer müsste fast völlig von Deutschland ausgehen.
    Wenn aber weder eine Rekonvalszenz der Schuldenländer noch eine Transferunion möglich ist, dann bedeutet dies tatsächlich über kurz oder lang das Ende der Wärhungsunion.

  • Michael Schwarz sagt:

    Die EU-Ökonomen haben sich geirrt mit der Gewichtung der Länder. Sie haben die Länder wie Deutschland, Frankreich usw. die zuvor wirtschaftlich stark waren, mehr Gewicht in der geldpolitischen Entscheidung berechnet, was von Anfang an falsch ist. Das Konzept der EU ist ein Ausgleich zwischen der Mitglieder, d.h. die Stärkere helfen die Schwächere. In der Umsetzung der Geldpolitik der EZB, muss die Schwächere mehr Gewicht geben, als Stärkere.

    Das Problem liegt definitiv nicht an der Methodik der EZB, sondern an der Gewichtung der geldpolitischen Entscheidung der EZB. Kurz gesagt, die Ökonomen der EZB haben nicht begriffen, warum überhaupt sollte man eine Gemeinschaft bilden. Dies ist auf einseitige Fokussierung der ökonomischen Kennzahl zurück, wo man die EU als Gemeinschaft nicht verstand.

  • Michael Schwarz sagt:

    Die Grafik zeigt deutlich, dass das Wachstum der Griechen und Iren auf die Inflation aufgebaut ist. Durch die gemeinsame Zentralbank können die Inflation einzelner Länder nicht individuell anpassen, dies führt zur ungleichen Verschiebung der Inflation zwischen den EU-Mitgliedsländern – das Traum des europäischen Gemeinschaft ist geplatzt.

    Die Länder wie Griechenland oder Irland haben es nicht geschafft, organisches Wachstum zu generieren. Es bestätigt der engen Verbindung zwischen dem Wachstum und Inflation. Es ist aber nur möglich wenn ein Land eigne geldpolitische Entscheidung treffen kann, somit kann die Zentralbank die Inflation und das Wachstum im Balance halten. Dies zeigt auch wie wichtig ist, eigne Geldpolitik zu haben.

    Die unterschiedliche Produktivität der EU-Länder ist das Problem, die Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal haben einen tieferen Ausbildungsniveau, wo wieder negativ auf die Produktivität auswirkt. Einfach gesagt, sie sind nicht wettbewerbsfähig gegenüber bereits entwickelte Länder.

  • artie sagt:

    Die erste Graphik ist die aussagekräftigste und zeigt schön auf, dass der BIP kein Indikator ist, den man ernst nehmen sollte. Der BIP ist in vielen Bereichen sehr problematisch, da er fundamental _nicht_ die Wertschöpfung einer Nation wiedergibt.

    Ein Problem ist, dass im BIP die Staatsausgaben ebenfalls enthalten sind! (Das ist übrigens auch der Grund, warum der BIP in den USA seit Mitte 2009 wieder positiv ist). Das ist problematisch, da Staaten quasi Geld aus der Luft zaubern können. Theoretisch könnten Sie so ständig für positiven BIP sorgen. Das entspricht aber dann nicht der Realität! Auch ist es so, dass Staaten nichts zur Wertschöpfung beitragen. Wenn es gut kommt, verteilen Sie nur existierenden Wohlstand um, wenn es schlecht kommt, vernichten Sie Wohlstand, indem Sie durch Finanzspritzen und Subventionen falsche Anreize schaffen um Pseudo-Wohlstand, quasi am Markt vorbei, zu schaffen…alles finanziert durch Schulden, die von den nächsten Generationen erarbeitet werden müssen (Pseudo-Wohlstand für heute auf Kosten von realem Wohlstand von morgen).

    Der BIP spielt dabei die zentrale Rolle als komplett unbrauchbarer Indikator.

  • Dan sagt:

    Man kann es auch einfach ausdrücken: Ich bekomme in Griechenland nicht das gleiche wie in Deutschland für 1 Euro… um dies auszukorrigieren gab es verschiedene Währungen und Nationalbanken. Dieses durch die gemeinsame Währung geschaffene Spannungsfeld unterschiedlicher Wirtschaftsregionen (Länder) mit eigenen Rechts- und Steuersystemen kann man nicht lösen, auch mit zusätzlichen Krediten nicht. Wenn die Politik resp. die Euroturbos dies weiter verdrängen, wird die Rückführung in die eigene Währung durch den Markt oder durch Bevölkerungsunruhen erzwungen werden. Wer will schon eine Transferunion, in der die Deutschen die Pensionierung mit 57 in Griechenland bezahlen? Was hat das mit Solidarität zu tun? Basis wäre ein gleichgeschalteter EU-Superstaat, gleiche Steuersysteme, gleiches Grundgesetze.. und das wenn möglich ja noch demokratisch legitimiert. Jeder weiss, dass die Realisierung – wenn überhaupt – Jahrzente dauern würde. Gute Nacht Euro.

  • Andres Müller sagt:

    Es gibt eine ganze Menge von Fehlanalysen. Das Schlimmste ist allerdings der Fehler, sich bei der Analyse des Finanzsystems nur in der monetarischen Blackbox zu bewegen. Ökonomie lässt sich nun mal nicht in den Grenzen finanzmathematischer Modelle lösen, wenn sich immer mehr Parameter die man miteinbeziehen müsste, ausserhalb der Blackbox befinden. Je mehr Parameter sich ausserhalb befinden, desto eher sprechen Ökonomen über sogenannte „Erwartungen“. Erwartungen haben die Eigenschaft, dass sich diese eher in dem Bereich der Sozialwissenschaft näher beleuchten lassen. Am ehesten neigt die Ökonomie noch auf Erwartungen abzustützen die sich im Bereich der technologischen Entwicklung begründen, und oder in verfügbaren Ressourcen. Wachstum kann aus Sicht des Sozialwissenschaftlers bereits zum bedrohlichen Krebsgeschwür werden, wenn die Ökonomen noch das Geld in der Kasse klingeln hören. Genau auf dieser Stufe wären wir angelangt, die Ökonomen verlangen nach Wachstum, während Soziologen von Unruhen warnen, drohenden Ungleichgewichten und den Folgen rücksichtsloser Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Ökonomen wollen nicht verstehen, dass in der Krise die Lösung im sozialen Bereiche liegt und nicht in irgendwelchen statistischen Grobgrafiken. So zum Beispiel finden wir im BIP die Dienstleistungen der Menschen nicht abgebildet, die jeden Tag arbeiten ohne Lohn dafür zu erhalten. Ökonomen sollten zuerst mal lernen über ihren Tellerrand zu schauen, bevor man diese Statistiken (absurd falsch) interpretiert.

    • artie sagt:

      Thumbs up!

    • Martin Holzherr sagt:

      Im obigen Artikel geht es um Fehlanalysen und demensprechende Fehlmassnahmen der politischen und wirtschaftlichen Akteuere (europäische Regierungen, EZB, IWF) in Bezug auf die aktuelle Schulden- oder Eurokrise. Ihr Kommentar scheint aber wenig damit zu tun zu haben.

      • artie sagt:

        Herr Müllers Kommentar hat sehr wohl mit dem Artikel zu tun. Er prangert ja gerade die Analyse einzig mittels Zahlen an, die in dem Artikel auch gemacht werden.

        Es fehlt das ökonomische Verständnis, dass seit dem Einzug der Mathematik in die Ökonomie einfach nur brach liegt. Ökonometrics ist heute Trumpf, nicht mehr Ökonomie. Lesen Sie mal ökonomische Standardwerke vom 19. Jahrhundert und von heute. Heute wird mit Formeln rumgeschmissen, die keiner mehr verstehen kann (erst recht nicht die Leute, die die Entscheidungen fällen können). Frühere Werke der Ökonomie kommen fast gänzlich ohne Formeln und Zahlen aus, sondern sehen im Zentrum ihrer Analyse das ‚Atom‘ der ökonomischen Verständnisses: den Menschen.

        Die Krise, und die Graphiken, zeigen ja sehr deutlisch das ‚fundamendal‘ (wie heute gerne gesagt wird) nichts auf die Krise hingedeutet hat, weil man sich eben nur mit Zahlen beschäftigt hat, anstatt wirklich fundamental sich mit Ökonomie zu beschäftigen.

      • Urs sagt:

        —die Zusammenhänge nicht erkennen— wie gesagt, eine Blackbox hinter deren Grenzen für die meisten Menschen das Leben auch noch stattfindet… weit entfernt von Finanzmarktindices und all dem anderen Zeug das uns täglich als Erfolg vorgekaut wird…

    • Matthias Vogelsanger sagt:

      „Ökonomie lässt sich nun mal nicht in den Grenzen finanzmathematischer Modelle lösen, wenn sich immer mehr Parameter die man miteinbeziehen müsste, ausserhalb der Blackbox befinden.“

      Sehr richtig. Oekonomen im allgemeinen und der Autor hier im speziellen, sind Pseudowissenschaftler, wenn sie vorgaukeln die von ihnen untersuchten Vorgänge mit präzisen Modellen beschreiben zu können. Die Gemeinschaftswährung bringt Vor- und Nachteile. Sich einseitig auf die Folgen der gemeinsamen Zinspolitik zu beschränken ist nicht sehr seriös. Diem Meier schreibt vor allen nach, was er in der angelsächsischen Presse liest, die sich nie mit dem Euro anfreunden könnte. Fakt ist das die Fundamentaldaten der Eurozone absolut solide sind. Ein anderer Fakt ist, dass auch die gebeutelten USA keinen perfekten Währungsraum bilden. Aus diesen beiden Fakten kann man ableiten, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Eurozone primär die Folgen spekulativer Attacken sind, wie wir sie auch in der sogenannten Asienkrise erlebt haben. Die Asiaten hatten keine Hemmungen regulatorisch zurück zu schlagen. Die Europäer müssen das gleiche tun.

  • David Aeberli sagt:

    Das ist ja alles bereits bekannt und schon vielmals beschrieben worden (siehe z.B. Krugman Blog). Wo sind die kreativen Lösungsvorschläge und echten Denkleistungen? Was sind wahrscheinliche Szenarien und deren Auswirkungen? Das wäre doch interessant zu wissen und zu diskutieren.

    • Andres Müller sagt:

      Wir haben das Problem dass „yes we can“ nicht weiss was es können will. „Yes we can“ hat den Überblick verloren, indem die Aussage sowohl die Rettung eines Verhungernden anbetreffen könnte als auch einen Flug zum Mars. Wir werden von „yes we can“ von der Werbesäule angelächelt, die Werber haben es beggiffen, gemeint ist im Ami -Stil „yes we must“ konsumieren. Doch was will „yes we can“ konsumieren? Mehr Haarshampo, neuartige Kosmetikprodukte, schnellerer Verbrauch von IKEA Modemöbeln oder gar die globale Verwertung von Pappkartons um die Sahara zu düngen? „Yes we can“ alles und jedes, aber unsere Finanzsystem sagt uns, auf keinen Fall gerecht verteilen. Aus diesem Grund können wir gar nichts, ausser in Egoismus zu bestimmen „yes we can“ make only many more money.

      • Andres Müller sagt:

        Ach ja, das ist im Übrigen kein Widerspruch zu Papandreou der den Satz „yes we can“ auf umfangreiche Sparübungen bezieht. Denn wir alle (oder nicht?) wissen es genau, sparen heisst nicht im Sparschwein horten, denn Sparen heist in der Ökonomie Anlagekapital auf der Bank verwalten, Sobald wir ja sparen, will dieses Geld genutzt werden von der Bank, so haben wir nur eine (unsichere) Forderung in Händen und nicht ein Sparschwein.

        Nein, wir dürfen nicht horten, wir sollen sparen. Gold kaufen ist nicht sparen, es ist horten, das sollten wir nicht, no please do not save your money. Aus diesem Grund schnell noch rauf mit den Handelsgebühren für Edelmetalle. Ja, das konnte sie, die „geheime“ Finazstabilitäts -Kommission der US-Regierung, da kommt auch kein Widerspruch von der Tea Party her.

        Und wie niemand weiss dass ich Rumpelstilzchen heiss, so sage ich SPAREN ist in Wirklichkeit noch mehr AUSGEBEN, viel mehr. Somit irrt weder Obama noch Papandreou, wenn sie mit „yes we can“ das gleiche in andere Wort kleiden, wir müssen konsumieren, soviel mehr sparen/konsumieren, bis eben zum Anschlag weil die Erde rund ist und die Chinesen trotz ihrer Milliarden noch schneller auf den ökonomischen Kollaps zu rasen als die USA in 100 Jahren schaffte.

  • Martin Holzherr sagt:

    Länder mit einer Verschuldung reltativ zum BIP von über 80% können nur noch durch Wachstum aus dieser Verschuldung herauswachsen. Wachstum wiederum hängt von der konjunkturellen Situation und vom Wachstumspotential ab. Steigen aber die Lohnstückkosten sinkt damit das Wachstumspotential, denn die Exportfähigkeit nimmt ab. Somit war es schon während dem stürmischen Wachstum der Peripherieländer (Griechenland, Spanien) zu Beginn der Währungsunion falsch, dieses Wachstum als Erfolg dieser Länder unter dem Euro zu interpretieren.

    Was ist nun die Schlussfolgerung aus dieser Analyse: Einige Ökonomen wie Kenneth Rogoff sind sich schon sicher, dass nicht nur Griechenland, sondern auch Portugal und womöglich Irland insolvent werden. Er meint demenstprechend: „“Es ist Unsinn, Schuldenschnitte um jeden Preis zu vermeiden. Die europäischen Führer müssen Umschuldungen zulassen, wo es nötig ist, und eine glaubhafte Linie ziehen, von der an sie Länder verteidigen wollen.“ Das wahre Problem der Eurozone sei, dass die Regierung und die Europäische Zentralbank (EZB) versuchten, alles zu garantieren.

    Als weiteres Mittel um aus den Schulden herauszuwachsen empfiehlt Rogoff eine höhere Inflation von 4 bis 6 Prozent.

  • Hampi sagt:

    Die Lage für die Problemländer ist, wie im Beitrag eindrücklich erläutert, tatsächlich problematisch. Aber noch problematischer ist, dass diese realen Probleme zurzeit überhaupt nicht angepackt werden können, denn es dreht sich im Moment alles um die Fähigkeit der Problemländer, wie sie sich zu vernünftigen Zinsen refinanzieren und neuverschulden können. Diese Hysterie seitens des Marktes ist leider völlig verständlich. Das Vertrauen haben die Politiker bei den Bürgern verloren, und der Markt widerspiegelt dies lediglich.

    Es mag arrogant tönen (nicht absichtlich), aber der normale Bürger ist mit dieser Krise völlig überfordert. Einerseits spürt er, dass am Horizont ganz böse, unheilvolle Wolken aufziehen, andererseits und gleichzeitig hat er eine völlig berechtigte Angst, dass die Politiker, denen er immer weniger vertraut, alles Verzocken könnten. Die Banken haben es ja eben gezeigt.

    Damit Europa aus der Krise kommt, muss es der Welt zeigen, dass es SOLIDARISCH ist und dass es bereit ist, für einen grossen Schritt in Richtung Integration/Union. Durch eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen Inflations- und Wachstumsraten, Verschuldungsgrad, Besteuerung, Staatsquoten, etc. …… konvergieren. Und das alles mit harten und glaubwürdigen Sanktionsmöglichkeiten, die auch im Extremfall einen Rausschmiss nicht ausschliessen, sondern vielmehr einen geordneten Prozess für diesen Fall vorsehen.

    Die Löhne müssen zwar theoretisch bis zu 30 % sinken, aber ich nehme an, dass dies nur bei gleichbleibender Produktivität so ist. Also können die Lohnkürzungen durch andere Massnahmen, die die Produktivität erhöhen, abgeschwächt werden (weniger Bürokratie, Korruption, etc.). Der einzige Vorteil eines „unproduktiven“ Landes ist, dass es relativ einfach ist, produktiver zu werden. Zudem könnte eine klar definierte „Transferunion“ dafür sorgen, dass der Prozess zeitlich etwas länger dauern kann und deswegen würden sich auch die negativen Effekte (weniger Konsum, mehr Arbeitslosigkeit) abschwächen.

    Das Hauptthema der EU sollte sein:

    „AUCH OHNE PISTOLENLAUF AN DER SCHLÄFE SIND WIR FÄHIG, GEMEINSAM EINE GLAUBHAFTE UND NACHHALTIGE FINANZPOLITIK ZU MACHEN „

    (Ich hoffe, dass mir der positive Markt von heute nicht den Verstand verdreht hat. Aber haben wir nicht alle mal, dann und wann, Sehnsucht, dass doch alles noch gut kommt? )

    • Urs sagt:

      Hr. Hampi !

      Danke für den Beitrag… ist auch meine Ansicht.

      Ich denke das die EU bzw. Europa sofern ev. die Schweizer da auch partizipieren wollen sich zumindest für ein paar Jahre auf Solidarität anstatt Wettbewerb einigen sollten. Ich denke ebenfalls das dies eben nur möglich ist wenn man sich dazu entschliessen kann den WTO Handelsverträgen adieu zu sagen, den IMF rausschmeisst und sogar Zollbarrieren und Kapitaltransaktionsgebühren einführt…

      Die WTO Handelsverträge legen praktisch alles fest was zur heutigen Situation geführt hat… u.a. auch die Sanierungsmassnahmen welche quasi die Staaten verpflichten alles den Bürgern aufzuerlegen… obwohld ie ja nicht verantwortlich sind. Demokratie hat hier und heute offensichtlich ihre Grenzen gefunden… d.h. die zur Auswahl stehenden Volksvertreter können damit nicht mehr umgehen ohne die Bürger zuerst in den Abgrund zu reissen… und das tun sie beinahe hemmungslos.

      Ein alternatives EU Konstrukt ist natürlich nur möglich sofern ein gewisses Interesse besteht die aktuellen Zivilgesellschafltichen Strukturen nicht weiter dem Abriss i.e. Zwangs-Sparen auszusetzen. Denn am Geld fehlt es bestimmt nicht. Es fehlt auch nicht am Wohlstand noch sind irgendwo Produktivitätsrückschritte festzustellen… sofern man die üblichen indikatoren nicht konstant maximiert sehen möchte.

      Meiner Meinung nach stehen die Nationalstaaten, immerhin das Refugium für die meisten Menschen, an der Wand weil die Investoren sich allen Regeln die zu einer gewissen Partizipation der selben führen könnten durch die Steueroasensystematik entziehen können… die Grundlage dessen ist eine abstruse Staats- Demokratie- und Steuer- und Abgabenfeindlichkeit weil diese die gewüsnchten Renditen und Profite schmälern…

      ca. 30 Jahre hat man an den Fundamenten welche die modernen Zivilgesellschaften erst ermöglicht haben herumgerissen, diese Systematsich zerstört… bis schliesslich keinerlei stabilisierende Faktoren mehr übrig waren. Liberalisierung a la WTO eben…

      • Hampi sagt:

        @ Urs

        Zwar kann ich Ihr Eigeninteresse verstehen, indem sie die WTO abschaffen möchten. Schliesslich (habe ich gerade gelesen) ist der Anteil des Welthandels der westlichen Industrienationen in den letzten 20 Jahren von 65 % auf 50 % gesunken. Länder wie (vor allem) China, Indien, Brasilien etc. haben kräftig aufgeholt. Ob dies nun wegen (meine Ansicht) oder trotz (Ihre Ansicht) der WTO zustande gekommen ist, spielt letztendlich keine Rolle. In der Realität bedeutet es eine Veränderung des Mächte-Gleichgewichts auf unserer Erde. Die Tatsache, dass diese Veränderung zwar noch nicht vollständig in den Köpfen der Bürger und Politiker der westlichen Länder angekommen ist, macht sie nur in der Fiktion weniger real.

        Eine solche „Jahrhundert-Makro-Entwicklung“ verhindern sie auch durch eine Abschaffung der WTO nicht im geringsten. Dies könnte höchstens durch einen Krieg gelingen. Aber was wollen sie in einem Krieg „Schuldner gegen Gläubiger“ gewinnen? Der Gewinner wäre im besten Fall ein „Weniger-Verlierer“ und zudem wäre die Fallhöhe für uns im Westen bedeutend höher.

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