Das doppelte Trilemma des Euroraums

Es braucht massiv ausgebaute demokratische Mitbestimmung auf der Ebene der Euro-Institutionen: Protest vor der spanischen Nationalbank in Madrid, 28. Juli 2011.
Die Probleme der Eurozone lassen sich mit zwei Trilemmas beschreiben – je drei Zielen, von denen sich aber nur zwei gleichzeitig erreichen lassen, während das dritte ausgeschlossen bleibt. Die Details dazu liefert ein lesenswerter Aufsatz des irischen Wirtschaftshistorikers Kevin O’Rourke mit dem Titel «A Tale of Two Trilemmas». Eine verkürzte Fassung mit eingängigen Grafiken findet sich bei Eurointelligence.
Das erste und im engeren Sinn ökonomische Trilemma umfasst die folgenden drei Ziele: (für Freunde der ökonomischen Theorie – es leitet sich aus dem so genannten Mundell-Fleming-Modell ab)
- Eine unabhängige und am Inland orientierte Geldpolitik – das heisst einer, die sich daran orientiert, die Inflation in Schach zu halten, bzw. konjunkturelle Arbeitslosigkeit zu verhindern.
- Freier Kapitalverkehr
- Fixierte Währungen
1 verträgt sich nicht mit 2 gemeinsam mit 3: Fixiert ein Land seine Währung an eine andere und bleibt der Kapitalverkehr frei, ist eine unabhängige Geldpolitik nicht möglich. Denn würde unser Land seine Zinsen erhöhen, um zum Beispiel die Inflation zu bekämpfen, würde hereinströmendes Kapital zu einer Aufwertung der Währung führen. Um die Währungsfixierung aufrechtzuerhalten, muss unser Land daher exakt die Geldpolitik nachvollziehen, die jenes andere Land verfolgt, an das unsere Währung gebunden ist.
2 verträgt sich nicht mit 1 gemeinsam mit 3: Die einzige Möglichkeit um gleichzeitig eine unabhängige Geldpolitik zu verfolgen und die Wechselkurse zu fixieren, wäre daher, den freien Kapitalverkehr zu unterbinden.
3 verträgt sich nicht mit 1 gemeinsam mit 2: Die dritte mögliche Kombination ist jetzt die logische Folge des Bisherigen: Freier Kapitalverkehr geht nur zusammen mit einer unabhängigen Geldpolitik, wenn die Wechselkurse den Marktkräften entsprechend frei schwanken dürfen, also nicht fixiert werden.
Hier der Zusammenhang mit der Währungsunion: Die Abschaffung der nationalen Währungen und ihr Ersatz durch den Euro ist die radikalste Form einer Fixierung. Gleichzeitig ist im gemeinsamen Wirtschaftsraum auch der Kapitalverkehr ohne Schranken. Die Folge: Eine Geldpolitik, die sich an den nationalen Bedürfnissen orientiert, ist unmöglich. Um mit auseinanderdriftenden ökonomischen Entwicklungen umgehen zu können, wäre ein fiskalischer Gegenpart zur Geldpolitik nötig: ein finanzieller Ausgleichsmechanismus, der ebenso länderübergreifend ist wie die Geldpolitik – also eine Entwicklung Richtung «Transferunion». Das wiederum erfordert aber eine stärkere politische und wirtschaftliche Integration der Länder der ganzen Eurozone. Und das führt direkt zum zweiten Trilemma.
Das zweite Trilemma ist politischer Natur und geht auf den Ökonomen Dani Rodrick zurück (mehr dazu in Kapitel 9 dieses Buches). Es umfasst die folgenden drei miteinander unvereinbaren Ziele:
- Eine tiefgreifende und mehrere Länder erfassende ökonomische Integration – oder mit Rodricks Begriff: eine «Hyperglobalisierung»
- Demokratie
- Eine an den Interessen des Nationalstaates orientierte Politik
1 verträgt sich nicht mit 2 gemeinsam mit 3: Die «Hyperglobalisierung» bedeutet, dass die Regeln, Regulierungen und Gesetze eines Landes dem Wettbewerb um mobile Produktionsfaktoren wie Kapital und Beschäftigte nicht im Wege stehen dürfen und generell der Öffnung der Märkte verpflichtet sein müssen. Das schränkt notwendigerweise die Definitionsmacht demokratischer Prozesse innerhalb eines Nationalstaats ein, da Unternehmen, Beschäftigte und sogar Vermögen je nach demokratischem Entscheid sich den gesetzten Regeln einfach entziehen und das Land damit in Schwierigkeiten bringen können.
2 verträgt sich nicht mit 1 gemeinsam mit 3: Nationalstaatliche Interessen mit demokratischer Selbstbestimmung gehen daher immer schlechter mit einer fortschreitenden ökonomischen Globalisierung zusammen.
3 verträgt sich nicht mit 1 gemeinsam mit 2: Auch hier ergibt sich die Schlussfolgerung zwingend aus dem Bisherigen. Die stärkere wirtschaftliche Integration der Länder – die «Hyperglobalisierung» – geht nur mit Demokratie zusammen, wenn auch sie «globalisiert» wird: Das heisst, wenn auch auf internationaler Ebene – weltweit oder über mehrere Länder hinweg – demokratische Prozesse die Regeln bestimmen.
In der Währungsunion wurde das politische Trilemma bisher so gelöst, dass die Demokratie im wichtigsten Politikbereich ausgeschaltet ist: der Geldpolitik. Sie wird bestimmt durch die Europäische Zentralbank, geleitet von Technokraten, denen keine gewählte Regierung dreinreden kann. (Hier mehr zum ökonomischen Grund für diese Lösung). Doch eine Entwicklung in Richtung «Transferunion» mit einer damit verbundenen tieferen politischen und ökonomischen Integration der Euroländer ist ohne demokratische Legitimation nicht zu haben.
Was sagen uns die beiden Trilemma über eine mögliche Lösung:
Damit eine Entwicklung Richtung Transferunion und eine stärkere wirtschaftliche und politische Integration akzeptiert wird, wäre erstens eine massiv ausgebaute demokratische Mitbestimmung auf der Ebene der Euro-Institutionen nötig und zweitens, dass die Bürger der Euroländer dieser übergeordneten Ebene auch mehr Gewicht beimessen als ihrem Nationalstaat.
Die jüngsten Entscheide der Europolitiker sind klar Schritte in Richtung einer Transferunion und damit zu einer Lösung des ersten Trilemmas. Aber das zweite Trilemma bleibt ungelöst: Der Euroraum insgesamt bedeutet den Bürgern der Währungsunion weit weniger als ihr Nationalstaat. Das kennen wir von der alltäglichen politischen Auseinandersetzung in allen Euroländern her und Kevin O’Rourke hat das in seinem ausführlichen Aufsatz anhand von Erhebungen ebenfalls nachgewiesen. Mit der demokratischen Mitbestimmung auf der Ebene des gesamten Euroraums ist es ebenfalls nicht weit her.
Bleiben wir gespannt, wie hier eine Lösung zustande kommen kann – und ob das überhaupt in der gegenwärtigen Ausgestaltung der Währungsunion möglich ist.
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@ Thomas Ernst
Als nördlicher Nachbar wage ich die Aussage, dass aus Ihrer alpinen Sicht sich Ihre eigene innere Sicht so wunderbar logisch und „rein“ gestaltet darstellt.
Herr Ernst, ich wage sehr ernsthaft die Frage, ob die von Ihnen in der Historie richtigerweise beschriebenen Gräuel auch heutzutage oder in der nahen Zukunft wirklich zur Angstbeschwörung gegen „Europa“ brauchbar sind. Gegen Ihre Befürchtungen könnte ich eine andere „Befürchtung“ entgegensetzen. Denn alle Länder um die Schweiz (ohne FL) haben ihre nationalistisch-faschistische Zeit bereits hinter sich. Ob I, A, F und D. Daraus könnte ich jetzt eine natürlicherweise unlogische Angstthese aufbauen, dass der Schweiz nun der Extremnationalismus oder sogar der Faschismus bevorstehen würde. Nun, Sie und ich werden natürlich dieses nicht für möglich halten, aber es scheint sich bei Ihnen jedoch ein Angstvirus eingenistet zu haben, dass immer die Anderen die Schlimmen sind. Auch die eidgenössische Geschichte ist nicht frei von blutigen und schwarzen Flecken. Da waren die Eidgenossen die Täter und die Deutschen die Opfer.
Über die sog. höhere obrigkeitshörige Kultur im Norden kann ich nur den Kopf schütteln. Aufgrund meiner Geschäftsbeziehungen und sonstiger anderer Aktivitäten kann ich behaupten, dass im Vergleich mit solchen Festlegungen die Schweiz immer im vorderen Rang zu finden ist. Was ich mit den Schweizer Partner bei, mit und durch Behörden wie Polizei, Grenzwächtern, Militär und Militärpolizei erleben konnte hat mich schon in einen unsicheren Zustand gebracht. Das würde man als dt. Bürger in D so nicht hinnehmen. Natürlich sind andere Bereiche wie in der Stadt- und Gemeindeverwaltung oder in den Beitreibungsämtern um etliche Werte wohl besser. Aber die eigenen Voraburteile sind das passenden und oft fehlenden Gegengewicht für die eigene Selbstgerechtigkeits-Waagschale.
Bitte dies nicht falsch verstehen, aber von einer anderen Warte aus gesehen erscheint die selbstherbeigeträumte alpine Haltung auch nur aus teilweise nichterfolgten Niederlagen sich zusammenzusetzen. Da denkt man sofort an den kleinen Korsen. Ein Griff zur Karte und die moderne Helvetik ist geboren. Mit späten Geburtswehen wie z. B. dem Sonderbundskrieg. Und dass einige Jahrzehnte nach der durch einen Ausländer durchgeführten „Schweizwerdung“. Sie sehen, man hat auch der Schweiz ihre Zeit zue Entwicklung gegeben. Mit damals ca. 1,5 Mio Einwohnern. Warum geben Sie den Europa mit ca. 500 Mio denn keinen Zeitkredit.
Wenn man einige andere Leser- und Bloger-Beiträge als Auswärtiger liest und nicht wissen kann, dass da extrem viel heiße alpine Druckluft abgelassen wird, würde man denken können, in Ihrem Land würde sich gegenwärtig ein moderner Faschismus entwickeln würde. Dem ist natürlich nicht so, aber glauben sie mir, nur mit alpinen Widerstand und Trotz kann man heutzutage keine gute und brauchbare Politik betreiben. Solcherart von Mythen machen in Europa keinen Eindruck mehr. Das sagt Ihnen ein in der Wolle farbfest durch und durch gefärbter Europäer.
@Dombek
Nun, ich schätze, Sie bellen 3/4 der Zeit unter dem falschen Baum. Es ist kein besonderes/alleiniges Verdienst der Schweiz(er), dass dieses Land heute subsidiär, direktdemokratisch und relativ frei von externer Gewaltausübung (naja, das war auch schon besser) ist. Ich habe auch nichts gegen Europa und neide Ihnen Ihre Weltsicht nicht.
Meine Kritik richtet sich gegen das aktuelle Europaprojekt, das in meiner Wahrnehmung das wirklich nötige Europa nur verhindert und die Entwicklung zeitlich zurückwirft. EUROropa ist die Fortsetzung der bereits überholten Doktrin unter neuen Titeln. Natürlich überzeichne ich die Risiken, um sie deutlich zu machen. Meine eigenen Ängste damit/davor sind vernachlässigbar. Das Universum weiss, was es tut, und ich bin nicht auf der Welt, um als Couchpotato zu vergammeln. Ein bisschen Action ist daher unerlässlich.
Blinder Optimismus schadet aber sehr.
@Thomas Ernst
Ist doch nicht schlecht. Da hat mein Hund ¼ der Zeit , d.h. 25 % mit Erfolg richtig gebellt. Glück für Sie, dass Sie oben im Baum waren, sonst hätte er Ihnen ans Bein gepinkelt!
Dank meinem gesunden Optimismus haben wir, Sie und ich, jetzt einen halben guten Kompromiss. Sie sehen, ein gesunder Optimismus bringt zwei sichtlich unterschiedliche Typen doch auf einen halben Weg aufeinander zu. Wenn wir Zeit und Raum hätten, würden wir uns gegenseitig bestimmt zu guten Verstehern der jeweiligen anderen Seite machen.
Der Zug in Richtung Europa ist doch schön längst abgefahren und Sie sehen wahrscheinlich nur noch rote Schlusslichter. Was Sie mit einer überholten Doktrin meinen ist mir nicht klar. Wenn Sie möglicherweise so eine Art von Nazikeule meinen, dann sollten sie diese vergraben. Deutschland hat seinen Weg zum Ziel der Genesung nach dem deutschen Wesen aufgegeben. Vergleiche solcher Art prallen bei fast allen normalen Bürgern ab. Aber Europa will sich auch das Schweizer Wesen nicht aufdrücken lassen. Irgend wie scheint dieses aufdrücken des eigenen Wesens und glücklich machen wollen eine unausrottbare Schwäche der Südgermanen zu sein.
Das Problem für Sie könnte sein, wenn Sie tatsächlich Schweizer sein sollten, dass Europa inzwischen kaum noch Notiz von ihr nimmt. Leider muss man da sagen! Aber diese Entscheidung wurde der Schweiz nicht aufgezwungen sondern sie hat sich „basisdemokratisch“ dafür entschieden. Alles hat halt seinen Preis. Den Spruch mit dem Weggen und dem Liber braucht man sicherlich hier nicht zu schreiben.
Es gibt einen Haufen „Action“, Sie sollten mal die Augen aufmachen und über die Grenzen schauen. Da gibt’s viel zu schauen. Als tröstlichen Abschluss möchte man auf die Problematik mit Timing hinweisen. Alle Prozesse brauchen ihre Zeit. Oder haben Sie erlebt, wenn Weine gepflückt wurden, das diese am nächsten Tag oder nach einem Monat die „richtige“ Reife haben. Die Schweiz hat mindestens 300 Jahre gebraucht, um durch eigene und durch sehr sehr viel fremde Leistungen zu dem zu werden, womit Sie wohl zufrieden sind. Bei Europa mit einem Vergrößerungsfaktor von mindestens 60 geben viele Ihrer Landsleute nicht mal 8 Jahre.
Grübel, grübel geht durch den Kopf. Hier das Nachdenken gemeint, nicht der Geldbonze.
@ Thomas Ernst
Zeit: Herr Ernst, natürlich haben Sie mit Ihrer Meinung bezüglich „Timing“ recht. Es ist heurig alles schneller, dichter und kürzer mit der Zeit als Funktion in Wirtschaft, Technik uam. Aber trotzdem wage ich einen kleinen Widerspruch. Der Mensch als solcher ist in der Zeitentwicklung niemals zurückgeblieben. Der Mensch setzt bewusst oder unbewusst die Vorgaben und Entwicklungen zu dem, was Sie richtigerweise das „Timing“ nennen. Da das menschliche Leben eine Funktion in der Zeit ist, wird das Empfingen für die Zeit in allen vergangenen, jetzigen und sicherlich auch den zukünftigen Generationen immer im gleichen Verhältnis stehen. Die Aussage lautet, dass diese Empfindung der jeweiligen Zeit immer 1:1 ist.
Wenn die Römer vor 2.000 Jahren vom Bodensee an die dänische Ostseeküste 1.000 km gewackelt sind, haben sie sicherlich eine Zeit von ca. 40 Tagen beötigt, wenn nich ca. 10 Tage mehr. Damals: Phantastisch. Der mittelalterliche Händler mit schwerem Tand brauchte auch ca. 40 Tage, eventuell ca. 3 bis 5 Tage weniger: Phantastisch. Die Eisenbahn um 1875 brauchte ca. 2 Tage: Unvorstellbar. Ich fuhr diese Strecke mal in 6 Stunden: Na ja. Mit dem Flugzeug brauchts ca. 1 Stunde. wau. Der Satellit bracht einige Minuten: Super Das Internet ca. Null Komma nix: Eigentlich sollte man jetzt sprachlos sein. Und hier beginnt das Problem. Noch, sicherlich aber bald nicht mehr. Und nun die Frage an Sie: War da was mit Timing? Vermutlich nicht mehr.
EU: Nun, da ich ein unverbesserlicher Optimist bin und das auch bei Ihrem Thema bleibe, möchte ich nur ruhig sagen, dass Ihre Meinung offensichtlich bei Ihnen im Innersten sich festgefressen hat. Warum, dass wissen nur Sie selbst oder vielleicht auch nicht. Eine Verdammnis, wie Sie hier über „EU“- Europa schreiben stimmt natürlich teilweise und ansatzweise. Sind halt noch Kinderkrankheiten. Aber auch stimmt es, dass diese Entwicklung eine lange friedliche und prosperierende Zeit gebracht hat. Besonders auch für Deutschland. Unterschätzen Sie bitte den uralten, aber immer geheimen Wunsch etlicher anderer Europäer, das große Land, dass sich Deutschland nennt, wenns geht immer und ewig zu überwachen, zu kontrollieren und an der unsichtbaren Kandare zu halten. Das ist bisher geglückt. Jeder musste etwas von seinen wichtigen Dingen dem Anderen geben. Und das ist gut so. Der gesamte Erfolg gibt den Europäern recht. Die von Ihnen beschriebenen Auswüchse werden nicht bestritten. Aber viele der pauschalen Vorwürfe werden auch Sie niemals beweisen können. Auswüchse gibt’s in jedem europ. Land, überall, sogar im Vatikan-Staat und bei der Schweizer-Garde.
Also ich finde den Euro gut, habe damit keine Probleme. Ich finde die dt. Mark war auch nur Geld, denn man brauche kein Geld, um sich kulturell und national zu definieren. Drum gehen Sie mal bitte über diese Schwelle und denken Sie über das nach, was Sie für unmöglich halten: Die europäische Möglichkeit.
Denn unsere Zeiten in unserem europ. Homeland werden langsam, eventuell für Sie aber nicht erkennbar, sehr schwierig und recht ungemütlich. Da ist dann ein Zusammenrücken angebracht. Na, wie in der guten alten Zeit in der guten Stube am warmen Herd. Teilen der einzigen Wärmequelle. Ein sehr interessanter Event, zur Zeit bei uns noch nicht sehr beliebt. Aber bald sicherlich bitter nötig.
Danke, Andreas Dombek!
Man möge mal mit Google-Earth aus der Schweiz rauszoomen, dann aus Europa, nach Amerika schwenken und dann weiter nach Asien. China, Indien und Russland zusammen. Wieder etwas weiter nach Europa. Kommt es ihnen nun auch so vor, dass wir uns da in Europa innerhalb der Familie streiten?
@Josef
Ja, ich denke diese Frage haben auch Sie sich schon längst selber beantwortet. Zur Zeit sollte man glauben, der Turm zu Babel stehe mitten in Europa.
In der gemeinten Geschichte um den Turm wurde danach die Familie aufgetrennt. Wir in Europa sind jedoch schon getrennt und können uns auf einen Neubeginn konzentrieren. Das echte Scheinproblem ist, dass man weiter miteinander verwandt bleibt und man deshalb sich seine Verwandtschaft nicht aussuchen kann. Aber einen riesigen Vorteil hat man dadurch: Den ähnlichen Stallgeruch.
Die Augen der Leute möchte man nicht sehen, die bei der Überflutung durch z. B. chinesisch-mongolische oder indischen unendlichen Pferdemengen dann diese aufreißen und geschockt stammeln: So wars nit besproche, so hamers uns nit vorgstellt!
@Josef
…zoomen Sie doch geistig mal raus ins Sonnensystem und es würde Ihnen auffallen, dass nicht Europa die Familie ist, sondern die ganze Welt. Europa ist nur EINE Ebene im Gesamtsystem.
Um sich geistig-emotional in der Welt zuhause zu fühlen, bedarf der Mensch (evolutionär immer noch primär auf ein Leben in Stammesgesellschaften von max. 150 Mitglieder programmiert) einer sorgfältig subsidiär strukturierten Umgebung: Dorf/Quartier – Stadt/Gegend – Region/Kanton – Land – Kontinent – Welt. Jede Ebene braucht ihre Eigenheiten. Damit wird die notwendige Vielfalt und Anpassungsfähigkeit sichergestellt. Wer zuviel Macht zentralisiert und zuviel Vereinheitlichung (Europa-Bananen…) tob-down durchdrückt, schädigt die mittleren Ebenen. Damit bricht aber die Verbindung vom individuellen zum weltweiten ab.
Ihr Zoom-out löst das Problem nicht, sondern generiert nur emotionsfreie Distanz. Das ist nicht schlecht, aber es ändert auch nichts hienieden, im real existierenden Leben.
Wir streiten uns seit Jahrtausenden in der Menschen-Familie und die Gräueltaten die Menschen Menschen antun wird nur gerade noch übertroffen von den Gräueltaten, die wir anderen Lebewesen dieses Planeten antun. Wenn wir das endlich ändern wollen, müssen wir eine Umgebung entwickeln, welche das Gute in jedem fördert und dem (jederzeit möglichen) Schlechten die Energie entzieht. Dazu gehört auch, sich von dem patriarchalischen Hobby zu lösen, das wir unter dem Stichwort „Krieg“ kennen. Eine erst von den Assyrern (ca. 6’000 bC) erstmals ersonnene Freizeitbeschäftigung, die primär dazu dient, den Herrschenden Unsterblichkeit zu vermitteln. Andere, weniger grausame Wege dazu sind der Bau von Pyramiden, Domen, Kathedralen, Mausoleen (Taj Mahal) und anderen Tempeln der gerade aktuell führenden Religion (LHC Genf, Hubble etc.).
Wenn Sie also vom Zoom-Out wieder zurück auf den Boden kommen, wäre es mir lieb, wenn Sie sich um eine menschengerechte Umgebung für die Menschen kümmern würden.
@Dombek:
Zeit: Es ist m.E. gerade das Problem, dass wir heute Distanzen in Sekundenschnelle technisch überwinden, die kulturelle Abstände von Jahrzehnten (wenn nicht Jahrhunderten) darstellen. Das vermittelt den zentralistischen Technokraten die Illusion, eigentlich sei es überall wie bei ihnen zuhause. Das mag für die Einheitsarchitektur der Flughäfen, die überall gleichen Hotelzimmer und die Büro- und Sitzungsräume gelten, in denen sich diese Population herumtreibt.
Kulturell, d.h. in den tiefliegenden Einstellungen, Wertvorstellungen und Zielbildern unterscheidet sich aber Athen gewaltig von Bonn, da liegt Sizilien auf einem anderen Kontinent als Dänemark. Die geistige Annäherung bewegt sich auch heute noch zu Fuss, auch wenn die Überflieger den Jet nehmen können.
Was ich den Eurokraten vorwerfe, ist, dass sie aus Egoismus und Ungeduld mittels banaler, pseudo-demokratischer Macht auf einer elitär-abgehobenen Ebene eine Vereinheitlichung über eine höchst heterogene Kulturansammlung gestülpt haben, ohne auch nur den Ansatz eines Vesuches zu unternehmen, die Menschen mitzunehmen und eine gemeinsame, elementare Basiskultur unter der Vielfalt wachsen zu lassen und zu fördern.
Damit haben diese Figuren zwar scheinbar ihre Wichtigkeit für die Geschichtsbücher gesichert, damit aber gleichzeitg die Idee „Gemeinsames Europa“ in vielen Völkern in Verruf gebracht. Für viele Griechen ist EU doch heute ein Synonym für eine ferne Obrigkeit, die als Handlanger deutscher Suprematievorstellungen den Griechen das ohnehin mühsame Leben erschwert und daher nach Möglichkeit abgezockt werden muss. Kurz: Das Projekt Europa wird durch die real-agierenden Figuren von EUROropa aus Ungeduld in den Abgrund gefahren. Europa ist einfach viel zu wichtig, als dass man es den Brüsseler Eurokraten überlassen dürfte.
Gerade WEIL wir (weltweit) am Ende der konventionellen Wirtschaft angekommen sind wäre es enorm wichtig – hier sind wir uns in der Zielvorstellung offenbar durchaus ähnlich – echte Community zu leben (Zusammenrücken, gegenseitige Hilfe statt gegenseitige Ausbeutung etc.). Ich glaube aufgrund längerer Beschäftigung mit dem Thema (ich empfehle jedem „Halbzeit der Evolution“ von Ken Wilber zu lesen), dass eigentlich nur Europa hier den Lead übernehmen kann. Leider sind die Kindergartenspielchen, die der europäische Polit-, Grossfinanz- und Industriefilz jetzt abziehen, dazu keine gute Entwicklung.
Als in der Wolle gefärbter Alpenrepublikaner habe ich tatsächlich ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber JEDER Obrigkeit und jeder Machtballung. Diese hierzulande verbreitete Haltung hat per Saldo die Schweiz seit langen Jahrhunderten davor bewahrt, ähnliche Gräuel zu veranstalten, wie sie die deutlich obrigkeitshörigere Kultur in unserem nördlichen Nachbarland ermöglicht und letztlich gefördert hat. Ich sehe daher deutlich mehr Risiken in den aktuellen EURO-Politbasteleien, als Sie das offensichtlich tun.
@Hampi
Danke. Sie haben so recht. Wenn man vom Kantenrand in die Depression (geologisch gemeint) hinuntersieht, erkennt tief unten am Grund die derzeitig wahnwitzig hin- und her rennenden Ökonomisten, Monetaristen, Kapitalisten, Nationalisten, Populisten, auch Journalisten und sehr viel Volk an Spezialisten agierend mit deren wirklichen Depression (psychologisch und pathologisch gemeint).
Da erinnert man sich mit Wollust an 1975. Da war’s umgekehrt. Die Schweiz der nachbarschaftliche Billigheimer. Habe höherwertige Fotoausrüstung zu 50 % als in Deutschland erworben. Beiderseits der Grenze war auch das Geschrei groß: Die Schweiz geht unter. Man wird ein 3.-Welt-Land. Die Schweiz geht in die Knie. Alles Wunsch- und Angst-Denken. Wie heutzutage auch, aber heurig ist vieles an realerem Wissen und Scheinwissen genauer, da inzwischen computerberechnet und mit den superschnellen elektronischen Medien blitzgeschwind in die Welt geblasen. Im realen Leben nennt man solche Pseudoaktionen auch „technische Scheinschärfe“. Das schnelle Auftauchen solchen Wissens ist inzwischen der wirkliche Beweis der Richtigkeit, denn man glaubt am liebsten sich selbst. Den selbstseienden Experten seines eigenen Vertrauens.
Na, die Zeiten haben sich geändert. Vermutlich ist der Gipfelpunkt der jetzigen „positiven“ Entwicklung für die Schweiz bald überschritten. Nun, da gibt es sicherlich noch den Schwungradeffekt, der alles etwas weitertreibt. Und nicht vergessen sollte man die Mitverantwortung der internationalen Geldspekulationsblasenmacher.
Die übersteile Anstiegstangente dieser unwirklichen Entwicklung setzt sich auf vielen Funktionsableitungen zusammen, und viele davon können die armen Schweizer überhaupt nicht beeinflussen. Im Jahre 2025 sieht einiges an Tatsachen wieder ganz, ganz anders aus. So werden sich wieder die Zeiten ändern. Die Schweiz ist in ihrer asynchronen Entwicklung bezüglich z. B. gegenüber Deutschland gefangen. So richtig spannen wird alles erst dann, wenn die Finanzmeute die Schweiz aus dem Biss entlässt.
Ach Gott, schon wieder dieser Klabautermann einer EU-Transferunion. Wenn man ohne nationalen, ideologischen und nachbarschaftlichen Vorurteilen sich solch ein Konstrukt einmal näher anschaut, wird manch einer der Beobachter sicherlich altvertraute Sachen vorfinden.
Das Schreckgespenst dieser Transferunion soll wohl dem Zwecke dienen, so hat man inzwischen etwas den Eindruck, ein monströses monetäres Schwein durchs europäische Dorf zu treiben.
Schaut man vorurteilsfrei in die gesamtdeutsche Geschichte des heutigen Länder Deutschland, Schweiz, Österreich, Liechtenstein sowie noch etlichen anderen Ecken und Kanten des ehem. Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation) wird dann dieses Gehacke irgendwie wohlvertraut. Alles schon mal da gewesen! Legt man sehr, sehr idealisiert den entsprechenden Grundstein zur römisch-deutschen Transferunion in den Zeitraum von Karl dem Großen liegt man vielleicht richtig. Das Durchstarten würde man sicherlich nach der Zeit des Hochmittelalters vorfinden können, in der die gemeinte Transferunion begann ihre gute und sicherlich auch schwierige Wirkung zu entfalten.
Das Geld der örtlichen Herrscher floss in die Reichskasse nach Frankfurt, wurde dort gehortet und dann über einen Proporz wieder in die jeweiligen Landen zum Reichsunterhalt, dem dt. König bzw. Kaiser und sonstige andere Reichssachen verteilt. Zur Anschauung dient hier der Geldfluss des ostmärkisch-österreichischen Erzherzogs, der am Vormittag des frankfurter Reichsausschusses so wenig als möglich nach Frankfurt abführen wollte. Der selbe Mensch als dt. König bzw. Kaiser wollte am Nachmittag soviel wie möglich aus der Reichskasse herauspressen. Man ist schon erstaunt, dass diese Spielchen mehrere Jahrhunderte mehr oder weniger gut funktioniert haben. Betrachtet man das dt. Kaiserreich nach 1871 wird man feststellen, dass nicht nur der gewonnene Krieg die Basis zum Erfolg gelegt hatte, sondern auch die schlagartige Vereinheitlichung der bisherigen 28 einzelnen Währungen im Dt. Reich und auch solcherart von Ausgleichszahlungen.
Auch der Erfolg in der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 ist zu einem Teil solch einer Transferunion zu verdanken. Das heurige Gejammere in Baden-Württemberg und Bayern sollte man tunlichst überhören. Diese beiden Länder hatten von Anfang des Finanzausgleichs in der Bundesrepublik bis zu 30 Jahre dauernd Ausgleichszahlungen (in Form von Geld, aber auch in Form von Deputatskohle!) vom damals erstarkten westdeutschen Land Nordrhein-Westfalen mit seinem Ruhrgebiet erhalten. Jetzt müssen nun auch diese beiden Armen ihrer Pflicht für Transferleistungen nachkommen. Die Regularien des schweizerischen zwischenkantonalen Finanzausgleiches muss man sicherlich in diesem Forum nicht extra ausbreiten. Jedoch diese deutsche und schweizerische „Eigenart“ als eine Art vom besonderen „schweizertypischen“ Lösungsansatz löst wirklich nur noch ein müdes Lächeln aus.
Hier ein seltsames Fazit: Es ist fast ein historisches Paradoxon, dass der, der anderen „Darbenden“ etwas gibt (oder auch geben muss!) am Ende der Erfolgreichere ist. Diese Erkenntnis wird die Angela Merkel sicherlich nicht realisieren, denn das übersteigt ihren konservativen Horizont. Die Hoffnung ruht auf ihrem Nachfolger in 2 Jahren, egal welchen Colour. Somit sieht man als dt. Befürworter der europäischen Sache angstfrei in die Zukunft.
Um irrationale und vorurteilsbehaftete Ängste zu überwinden ist das Beschäftigen und Verstehen versuchen mit dem europäischen Gegenüber angebracht.
@Andreas Dombek
Guter Kommentar.
Wird man um die sieben Ecken der kruden Aktualität geschubst, tut es immer gut, einen Kommentar zu lesen, der sich von der täglichen Hektik abhebt.
@Dombek
Ihr historischer Vergleich beleuchtet die richtigen Aspekte. Was Sie leider völlig ignorieren, ist das Timing. Auch wenn die Wirtschaft sich in den letzten 100 Jahren rasant beschleunigt hat, sind die Menschen, ihre Kultur, ihr Selbstverständnis nicht schneller geworden.
Das Problem, das Europa mit der EU hat, ist die Ungeduld der Brüsseler Technokraten (mal abgesehen vom unsäglichen Schmarotzertum der Politabzocker; diese hat es auch im Mittelalter gegeben, sonst wären nicht soviele katholische Pfaffen derart fett geworden und wir hätten nicht in jedem Dorf eine Kathedrale).
Statt die Bürger Europas langsam an den Gedanken zu gewöhnen, dass die Nation nicht das relevanteste aller Gebilde ist, und dem Kontinent Zeit zu geben, sich kulturell und wirtschaftlich anzugleichen, wurde mit dem Holzhammer, Lügen und Tricks „Vereinigungsprojekte“ wie der EURO in die Landschaft betoniert, obwohl das bei den gegenwärtigen Strukturunterschieden zwischen den verschiedenen Teilen EUROropas schon aus rein sachlogischen Gründen (siehe den Beitrag von Markus Diem Meier und lesen Sie auch das Originalpaper über die Trilemmen) HEUTE nicht funktionieren KANN.
Man kann den Ast eines Baumes mit Geduld und Zuwendung durchaus dorthin wachsen lassen, wo man will. Wenn man es mit Gewalt versucht durchzustieren, wird der Ast abbrechen.
Man sollte NIEMALS das Timing vergessen.
@Dombek
…selbstverständlich kann man natürlich die Meinung vertreten, dass ohnehin der Krieg der Vater aller Dinge ist, dass sich die Strukturprobleme Europas am besten bereinigen lassen, wenn man alles platt macht und neu beginnt und dass deshalb eine möglichst grosse und desaströse kriegerische Auseinandersetzung das beste sei, was Europa passieren könne, weil es dann frisch aufgestellt und unbelastet von historisch gewachsenen Strukturen in die Zukunft durchstarten könne.
Man kann eine solche Meinung vertreten – oder auch klandestin auf eine solche Umwälzung hinarbeiten…
Hier wird darüber palavert wie man das EUORO-Problem lösen könnte. Will die Wallstreet es aber überhaupt lösen? Es geht nicht um eine logische Handlungen, es geht ganz alleine um brutale Macht. Und diese brutale elitäre Wallstreet-Macht hat mit der Ernennung von Harvard-Goldmansachs Adept Mario Draghi in die EZB und Christiane Lagarde im IWF (Lagarde war jahrelang im erzkonservativ geführten politischen US-Think tank CSIS tätig) nun alle wichtigen Schaltheberl der Weltfinanz besetzt. Denn die Weltbank wird sowieso immer von einem US-Wallstreet-Amerikaner präsidiert und in der Bank of international settlement ist der FED (eine rein private Wallstreet-Institution, welche die alleinige Legitimation hat gegen Zinsen US-Dollars zu drucken) die tonangebende „Nationalbank“.
Ihr kommt mir hier im Forum so vor, als wie jene Politologen die unter Stalin über faire humane soziale politische Entwicklung für das Land gesprochen haben.
Fakt ist, dass wir der Willkür der US-Hawks ausgesetzt sind. Das bedeutet, weltweite Destabilisierung der Märkte. Geldwertzerfall, bis die Menschen bereit sind für einen neue runde Weltkrieg. Nach dem nächsten grossen Flächenbrand gibt es neue Schuldige und abermals einen Retter der Welt, bei dem alle Kriegsparteien hochverschuldet sind. Das bestialische Wirtschaftsspiel kann so von vorne beginnen. Das US-Wirtschaftswunder (das UK-Weltimperium zuvor ebenfalls) war auf mörderischem Fundament gewachsen, ganz mnörderischem. Wer es bewundert hat, ist entweder abgebrühter, kaltschnäuziger Falke oder einer, der die Augen vor der hässlichen Realität verschliesst.
Wirtschaft ist der Motor der Kriegsgeschichte. Oekonomen die sich dem bewusst sind, würden ganz anders handeln. Aber eben, wie in einem schönen Experiment an der Stanford Uni gezeigt, dass unbescholtene Studenten bereit sind ihre Kollegen in einem Rollenspiel TOEDLICHE Stromschläge zu geben.
In der Wirtschaft ist die Hemmschwelle andere zu töten noch viel tiefer. Man gibt Geld aus, damit die Drecksarbeit (töten) um sieben Ecken von andern gemacht wird.
Es wäre hier interessant, wenn sich einer darum bemühen würde, zu recherschieren, wer zum Beispiel die NSDAP hauptsächlich finanziert hat. Wer in der Krisenzeit in Deutschland Baron Thyssen dazu bewegte in Massen Waffen herzustellen, wer die Fabrik IG-Farben errichten liess, wer das Kaiser-Wilhelm-Institut für Rassenhygiene bezahlte. Welche Länder vor dem 2 WK Lehrstühle für Rassenhygiene hatten (Julian Huxley (Bruder von Aldous Huxley) war Präsident des universitären britischen Rassenhygieneinstituts), wer währende dem ganzen Krieg die Vermögensverwalter der Nazis waren (die Firmengeschichte von Goldman Sachs, JP-Morgan, Bank of England wären sehr, sehr aufschlussrreich).
Zusammenfassend. Wir sind in einer weltweiten Krise (durchaus von ähnlichem Format wie in den 20ern) das schon einige Jahre. Was die Wirtschaft vor dem zweiten WK tat, wird sie auch heute wieder tun. Denn zuerst muss man töten, dann kann man billig investieren und Kredite bis zum Abwinken vergeben. Das ist Wirtschaft, alles andere ist nicht rentabel.
Wenn ihr hier wirklich diskutieren wollt, nicht abstrakt über ökonomische-Theorien schwachsinnig referieren, sondern die Biographien (bis ins Detail) von etlichen Politikern und die Firmengeschichte einiger Betriebe röntgen. Und die Daten zu einem Bild zusammenfügen. Wer sich getraut dem Teufel auf den Zahn zu fühlen, fürchtet ihn nicht mehr, er ekelt sich höchstens vor seinem stinkendem Atem.
@Rolf Schumacher
Schön, wieder mal von ihnen zu lesen!
Alle wissen, dass die FED von Wall-Street beeinflusst wird. Wie sollte es auch anders sein. Die ganze Welt weiss um die Macht von Wall Street. Wie um Himmels Willen sollte Wall Street keinen Einfluss auf die FED ausüben. Das wäre höchstens möglich, wenn sie die FED auf dem Mond ansiedeln würden (dann würde sie aber immerhin noch von der NASA beeinflusst).
Sie schreiben deutlich, dass die FED eine rein private Wall-Street-Institution ist. Heisst das, dass alle anderen privaten Wall-Street-Institutionen (Citigroup, Goldman Sachs, etc.) unrein sind, nur weil deren Chef nicht auch vom US-Präsidenten (plus Bestätigung vom US-Senat) ernannt wird? Also gibt es in der Tat nur eine einzige rein private Wall-Street-Institution?
Ihre simplen „Schwarz-Weiss-Rundum-Schuldzuweisungs-Tiraden“ symbolisieren für mich den kürzlich gelesenen Satz von Henning Mankell: „Eine Rebellion gegen die Kompliziertheit der globalisierten Gesellschaft“.
Sie reiten da, gleich wie die „Tea-Party“, momentan eine populäre Welle!
Tue ich nicht. Der FED ist keine Nationalbank. Er gehröt Privatmännern und das ist skandalös. Noch skandalöser ist, dass der FED sich beim Drucken von neuen Dollars (etwas anderes macht er nicht) an anfallenden Zinsen dumm und dämlich verdient.
„Das heisst, wenn auch auf internationaler Ebene – weltweit oder über mehrere Länder hinweg – demokratische Prozesse die Regeln bestimmen.“
Sorry Herr Markus Diem Meier, die EU hat vor Kurzem die sogenannte „Wirtschaftsregierung“ (sprich Sozialabbauregierung) geschaffen, und die hat mit Demokratie weniger zu tun denn als die Wettbewerbsfähigkeit Europäischer Konzerne mit allen Mitteln zu erhalten. Was die Kluft zwischen Arm und Reich automatisch vertieft, ist aus meiner Sicht Antidemokratisch. Ihr Wunsch für mehr Demokratie in der Wirtschaft wird leider nicht mehr aufgehen, dafür ist es nun zu spät… die westlichen Politiker haben den point of no return des Neoliberalismus verpasst. Nun regiert der Markt, und der ist das Gegenteil von Demokratie. Den Chinesen gefällts, denn die wissen wie es ohne auch geht.
Ich bin weder Oekonom noch Finanzspezialist.
(Habe aber schon fuer sie gearbeitet).
Ich weiss nur, dass Struktur-/Systemwidersprueche auch in der IT (Struc. boundery clash, u.v.a.),
und das ist ja nur ein rel. kleines Abbild der rel. Welt,
immer zu grossen Problemen gefuehrt haben – z.T. zu Abbruechen riesiger Projekte.
Prag. Loesungs-Moeglichkeit: „Kontrolliertes Backtracking“ …
…was in der IT relativ normal ist und geübt wird (Backtracking) ist in der grossen Politik natürlich nicht vorgesehen. IT Leute wissen, dass Fehler passieren können und dass man darauf vorbereitet sein muss. Politker machen natürlich keine Fehler, darum überlegen sie auch nie, wie man darauf reagieren müsste.
Doch, auch in der Finanzwirtschaft wäre sowas möglich, es trägt den Namen Preisniveausteuerung. Eine Preisniveausteuerung basiert auf dem Versuch einen in der Vergangenheit liegenden Idealzustand mit einer bestimmten (künstlich herbeigeführten) Inflationsrate wieder herzustellen. Sowas könnte z.B. die SNB nun tun. Auch die Politik könnte dies, indem Geld auf dem Markt aufgenommen wird um in der Schweiz längst fällige Strukturdefizite zu beheben.
Hervorragender Artikel, der für einmal nicht diese billige, populistische und sehr beliebte „anti EU“ -These widerspricht und klar zeigt, dass nicht der „EU-Weltuntergang“ daher kommt, sondern, dass die Krise genützt wird um fundamentale und strukturelle Verbesserungen beizuführen.
Wer Erfahrung mit „change management“ hat, weiss, dass jede Krise erst die Möglichkeit bietet, um (wichtige) Aenderungen zu vollbringen, die ansonsten gar nicht möglich sind.
@Gerz:
„um fundamentale und strukturelle Verbesserungen beizuführen“ – Das heisst also, dass Sie den damit unumgänglichen weiteren Abbau von Demokratie und direkter Mitbestimmung der Bürger begrüssen, d.h. Sie finden es gut, dass die Eurokraten und Politabzocker in Brüssel noch mehr Macht bekommen und die gewöhnlichen Bürger noch mehr auspressen können.
Das heutige EU-Konstrukt genügt weder demokratischen noch rechtsstaatlichen Anforderungen. Der Ministerrat (das Parlament) erlässt Geheimgesetze ohne jede öffentliche Kontrolle, das sog. EU-Parlament ist primär eine Schwatzbude zur Versorgung verdienter Nationalpolitiker mit einer einträglichen Pfründe, und bezahlt wird das ganze von den Deutschen.
Auch wenn man Otto Normaleuropäer noch eine gewisse Zeit lang mit Drohungen, Angstmachen und einer gleichgeschalteten Presse glauben machen kann, dass Mutti Merkel und ihr Bon Ami Trichet die Sache schon richten werden – irgendwann muss irgendwer die Rechnung bezahlen. Dann ist Europa mal wieder reif für einen handfesten Krieg. Wahrlich ein grossartiges Projekt!
Nur Dummköpfe – und natürlich die Profiteure dieser Entwicklung – können sowas gutheissen.
Herr Ernst, Sie haben vollkommen Recht. War die ursprüngliche EU der 6 Länder noch eine Wirtschaftunion, die das Ziel hatte, den westeuropäischen Wirtschaftsraum nach den politischen und kriegerischen Katastrophen wieder aufzubauen, so ist der nachfolgende Versuch der politischen Integration Europas von Anfang an ein technokratisches Konstrukt mit neo-imperialen Zügen, die jeder demokratischen Gesellschaftsgestaltung von Grund auf entgegenwirken. Und eben darin liegt das eigentliche Problem. Europa mit Ingenieur-Geist und Kaiserreichs-Mentalität zu installieren, in Nachfolge eines Römischen Reiches mit Hauptstadt Brüssel. Durch und durch anti-demokratisch, seine wirtschaftliche Stärke ziehend aus Regionen, deren Bevölkerung längst auf das Niveau von Arbeitssklaven verarmt ist. Das ist kein Horrorszenario der Zukunft, sondern wir befinden uns mittendrin. Da gibt es in der Konsequenz nur einen Ausweg: Abschaffung der Demokratie und Abschaffung von Wahlen. Denn kaum ein Wähler in EU-Land möchte sich aus Brüssel regieren lassen.
Allerdings hilft alles Klagen nicht. Die Schweiz ist zu klein, um diese Entwicklung zu verhindern. Und doch könnte sie dem entgegenwirken, indem sie endlich aus der falsch verstandenen passiven Neutralität herausträte. So wie Hans Küng das schon vor Jahrzehnten einmal beschrieben hat, die Schweiz als föderales und demokratisches Vorbild für ein neues ebenso föderales und demokratisches Europa. Das würde allerdings auch bedingen, den Blick endlich von den grossen ALTEN Nationen einmal abzuwenden und auf die anderen „Kleinen“ in der EU zu richten: die Holländer, Dänen, Norweger, Schweden, Finnen, Tschechen, Slowenen und auch die Österreicher. Alles erfolgreiche Länder, die im Chor imperialen EU leider untergehen. Ein neues, Europa der kleinen Länder, ein Europa der ethnschen und politischen Regionen. Das würde endlich auch das Ende der alten Nationalstaaten bedeuten, denn diese zerfielen selbst in ihre regionalen Bauelemente.
@Hans Herbst; Bravo, genauso wie Europa ein Konstrukt von Technokraten ist, sind es auch die meisten Nationalstaaten. Welche Nationalstaaten auf der Welt entsprechen der eigentlichen Vorstellung von einer Sprache, einer Kultur wozu auch Religion und Konfession gehoeren? Wo gibt es keine kulturellen Minderheiten? Wo ist eine Kultur vollstaendig in einem einzigen Nationalstaat zusammengefasst? Wieviele Kulturen haben keinen Nationalstaat?
Langfristiges Ziel ist eine Weltgemeinschaft, basierend auf foederalen, demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und saekularen Strukturen. Nur so koennen wir unsere globalen Probleme unter Respektierung lokaler Fakten angehen. Europa ist ein Schritt auf diesem Weg. Keep on walking, don’t look back!
@Thomas Ernst: Ich will nicht das Demokratiedefizit der EU abstreiten, jedoch relativieren:
1. Der Ministerrat der EU ist immerhin in dem Sinne demokratisch legitimiert, dass die Minister von demokratisch gewaehlten Regierungen ernannt werden. Die Parlamente sind in den meisten Demokratieen weitgehend Schwatzbuden, nachdem alle ihren verbalen Muell abladen konnten, stimmt das Regierungslager ja und die Opposition nein. Oder teilen Sie gar die SVP Ansicht, dass es auf der Welt nur eine einzige Demokratie gibt?
2. EU Rechtssetzung wird im Amtsblatt der europaeischen Union veroeffentlicht; Wo sehen Sie „Geheimgesetze“? Wie koennen geheime Gesetze ohne polizeiliche Gewalt durchgesetzt werden?
3. Wo sehen sie ein Problem mit der Rechsstaatlichkeit der EU?
4. Trichet und Merkel vertreten diametral entgegengesetze Meinungen in den aktuellen Diskussionen (Trichet kauft GR-Anleihen, das ist der Anfang von Eurobonds, andrerseits lehnt(e) Trichet eine Beteiligung privater Glauebiger ab). Wie kommen Sie auf „bon ami“?
Der Kommentar von Francis Gerz ist richtig gut: Es ist nicht dumm, sondern nur zu Kreativitaet fuehrender Optimismus, in Krisen die Moeglichkeit fuer Veraenderungen zu sehen.
Abschliessend: Glauben Sie, Herr Ernst im Ernst, dass ein Auseinanderbrechen der EU dem Frieden in Europa foerderlich ist? Scheidungen verlaufen nur ganz selten friedlich.
@Anh Toan:
Ich vertrete seit längerem die Ansicht, dass die verbreiteten Parteidiktaturen (aka repräsentative Demokratie) wie z.B. in DE, USA, FR etc. üblich, keine echten Demokratien sind. Die (Halb)direkte Demokratie nach Schweizer Muster kommt der Vorstellung, dass Otto Normalverbraucher tatsächlich Einfluss auf das hat, was sein Leben bestimmt, deutlich näher. Als wichtigstes Element ist allerdings die Subsidiarität und die hierarchische Verteilung der Macht über Gemeinden, Kantone/Regionen, Gliedstaaten und Bund ebenso wichtig. Jede zentralistische Machtballung führt IMMER zu Missbrauch durch die gerade am Ruder sitzenden. CIA und McCarthy lassen grüssen.
Ob irgendeine politische Partei diese Auffassung teilt ist für mich unerheblich und geht mir völlig am A… vorbei.
Der obrigkeitlich-zentralistische Ansatz der heutigen EU führt zu einer europäischen Diktatur selbsternannter „Eliten“, die die Zukunft der Bürger auf dem Altar ihrer eigenen Unfehlbarkeit opfern (siehe das EURO-Debakel, das wir gerade erleben). Ohne jede Kontrolle – und Kontrolle kann nur demokratisch funktionieren, wenn sie nachhaltig funktionieren soll – tun die verbohrten Politschmarotzer ungehindert das, was ihnen – und ihren Protegees (Bilderberg lässt grüssen) – persönlich und subjektiv am meisten nützt. Das Volk ist eine reine Manipulier- und Ausbeutungsmasse.
Wie neuere Untersuchungen zeigen ist eine solche Diktatur aber nicht langfristig stabil, und wenn sie dann zerbricht (die arabischen Revolutionen geben ein Beispiel) ist das Desaster noch grösser und die Chance für eine echte Demokratie auch nicht grösser.
Bei allen scheinbaren und öffentlich zelebrierten Unterschieden sind sich Merkel, Trichet & Co über eines völlig einig: (1) Sie wollen am Ruder bleiben, (b) Sie wollen nicht, dass das Volk dreinredet, (c) sie wissen es auf jeden Fall besser, als das tumbe Volk – egal was.
In Ihrer Argumentation schimmert die gefährliche Haltung durch, dass ein diktatorisches EUROropa immer noch besser ist, als das Chaos einer echten Demokratie. Überrascht mich angesichts Ihrer bisherigen Beiträge allerdings nur wenig.
@Thomas Ernst
Jedes politische System hat Vor- und Nachteile. in der Schweiz wird die schweizerische Form der Demokratie mystifiziert: Die negativen Aspekte der schweizerischen halbdirekten Demokratie wie
– Einfluss von Interessenverbaenden auf Gesetzgebung ueber Referendumsdrohung
– keine politische Verantwortlichkeit wegen grosser Koalition.
werden nicht gesehen.
90% der Volksinitiativen werden von Volk und Staenden abgelehnt, verursachen also nur grossen Aufwand. Von den 18 angenommenen Volksinitiativen haben 4 eine gewisse Relevanz (Proporzwahl des NR 1918, Unterstellung von Staatsvertraegen unter das Referendem 1921, und Rueckkehr zur direkten Demokratie 1949, Uno-Beitritt 2002), zwei haben allenfalls temporaere Relevanz (Atommoratorium 1990 und Gentechmoratorium 2005), Der Rest sind Lappalien, von Schaecht- und Absinthverbot, Hochmoorschutz bis Minarettverbot und Unverjaehrbarkeit pornographischer Straftaten. Oder nicht ohne Verletzung internationalen Rechtes wie Menschenrechte umsetzbare Bestimmungen wie Ausschaffung krimineller Auslaender, allenfalls zahnlose Papiertiger wie Preisueberwacher, Alpeninitiative, oder bereits wieder abgeschafft oder ausgehoelt wie nochmals Absinthverbot und Spielbankenverbot. Die halbdirekte Demokratie fuehrte z.B. auch dazu, dass Frauen, nicht nur aber vor allem in AI viel laenger vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen blieben als in der zivilisierten Welt, oder zu willkuerlicher Einbuergerungspraxis.
Will man einen ueberragenden Nutzen der halbdirekten Demokratie feststellen, muss man untersuchen, welche schlechten Gesetze damit verhindert wurden, geschaffen wurde kaum was relevantes damit.
Die schweizerische Demokratieform ist einzigartig auf der Welt. Sie wird von niemandem kopiert. Daraus den Schluss zu ziehen, dass nur wir Schweizer schlau und alle anderen doof sind, erscheint mir ziemlich dumm. Wenn ich denke, alle anderen sind Idioten, liegt doch dehr Schluss nahe, dass ich selber der Idiot bin?
Zumindest die Frage, ob Initiative und Referendum tatsaechlich nuetzlich sind, draengt sich auf Grund der Fakten auf. Was Sie betreffend Foederalismus schreiben unterstuetze ich, Macht muss verteilt werden und zwar moeglichst dezentral.
Die Probleme und Ungleichgewichte entstanden durch der Hyperglobalisierung der globale Wirtschaft. Die Politiker und Notenbank versuchen die Probleme auf nationale Ebne zu lösen, ein gutes Beispiel ist die US Geldpolitik. Dies verschafft das Problem und Ungleichgewicht zusätzlich. Die Politiker und Notbanken der Industrieländer bis heute die Ursache nicht ganz verstanden haben, warum die Geldpolitik versagen, die Verschuldung weltweit zu nehmen. Die liegt daran, dass die Politiker und Notenbanken der Industrieländer nicht richtig zusammenarbeiten. Die nationalen Interessen sind wichtiger als eine gute laufende Wirtschaft in Industrieländern.
Deshalb ist es gerecht, dass der Franken massiv aufgewertet wird, dadurch wird die Bilanzüberschüsse in der Schweiz abgebaut, obwohl der Franken überbewertet und im Ungleichgewicht ist. Die Arbeitslose in Schweiz sollte auf dem Niveau der EU angleichen., dann können wir den EUR in Schweiz einführen.
Ok, alles klar: Wir machen also etwas Gutes und Funktionierendes kaputt, damit wir das weniger Gute und nicht Funktionierende auch in der Schweiz einführen können.
Vielleicht sollten wir einfach einsehen, dass das mit der EU und dem Euro so nicht funktioniert und uns entscheiden, ob wir den Euro entweder abschaffen oder aber ob wir die Nationalstaaten abschaffen und aus Europa die USE, die Unitied States of Europe machen.