Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

HSG-Untersuchung zu LohnunterschiedenNeue Studie der Arbeitgeber: Frauen sind beim Lohn kaum diskriminiert

Im Gesundheitswesen sind die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern gross – aber werden Frauen tatsächlich diskriminiert? Angestellte im Berner Inselspital. 

Gehen die Teilnehmerinnen des Frauenstreiks am Mittwoch wegen eines Problems auf die Strasse, das gar keines ist? «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit», werden sie auch dieses Mal wieder fordern. Nur sagt jetzt der Arbeitgeberverband: Diese Forderung ist fast erfüllt. «Es gibt kaum Diskriminierung beim Lohn», sagt Daniella Lützelschwab, Ressortleiterin Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht des Verbands.

99,3 Prozent der ausgewerteten Unternehmen halten sich an das Gleichstellungsgesetz. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie hervor, welche der Arbeitgeberverband bei der Universität St. Gallen (HSG) in Auftrag gegeben hat. Laut dem Gesetz dürfen die nicht erklärten Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern für die gleiche geleistete Arbeit nicht höher als der Toleranzwert von 5 Prozent liegen. In der Studie lag dieser Wert im Schnitt bei 3,3 Prozent.

«Ich halte es für bemerkenswert, dass der Arbeitgeberverband 3,3 Prozent Lohnunterschied als gutes Ergebnis interpretiert.»

Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbunds

«Das ist ein Befreiungsschlag, damit in der politischen Debatte nicht mehr mit falschen Argumenten Stimmung gegen die Arbeitgeber gemacht wird», sagt Lützelschwab. «Diese Zahlen sind enorm wichtig für uns, weil sie endlich die betriebliche Realität abbilden.» Allerdings muss aus objektiver Sicht angemerkt werden, dass unklar ist, wo in dieser Frage die Realität genau liegt.

Die Resultate hängen vom Studiendesign ab

Und selbst bei diesen aus seiner Sicht erfreulichen Zahlen sieht sich der Arbeitgeberverband mit Kritik konfrontiert. «Ich halte es für bemerkenswert, dass der Arbeitgeberverband 3,3 Prozent Lohnunterschied als gutes Ergebnis interpretiert», sagt Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbunds. «Bei einem mittleren Schweizer Lohn sind das mehr als 2500 Franken im Jahr.»

Sie möchten mehr solche Artikel lesen? Abonnieren Sie hier den passenden Newsletter.

Lützelschwabs Replik darauf ist, dass der nicht erklärte Lohnunterschied aus ihrer Sicht sogar deutlich tiefer liegt: «Die Gewerkschaften sorgen mit solch populistischen Zahlenspielen bewusst für Empörung. Dabei ist es technisch gar nicht umsetzbar, alle Faktoren, die einen Lohnunterschied erklären, in eine Analyse miteinzubeziehen.»

Die Arbeitgeber-Vertreterin spricht damit die Frage des richtigen Studiendesigns an: Die Resultate solcher Untersuchungen hängen in grossem Masse davon ab, wie man diese aufgleist.

Faktoren, die zum erklärten Unterschied beitragen, sind zum Beispiel die Hierarchiestufe, das Alter oder der Bildungsabschluss eines Angestellten.

Hier verlangt insbesondere der bereits erwähnte Begriff des «nicht erklärten Lohnunterschieds» eine genauere Betrachtung: Die totale Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern setzt sich nämlich zwischen diesem unerklärten und einem erklärten Teil zusammen. Faktoren, die zum erklärten Unterschied beitragen, sind zum Beispiel die Hierarchiestufe, das Alter oder der Bildungsabschluss eines Angestellten.

Können dieser Faktoren den Lohnunterschied nicht vollständig erklären, gilt der Rest als unerklärt. Bei diesem besteht die Möglichkeit, dass es sich um geschlechterspezifische Diskriminierung handelt. Doch ist auch möglich, dass ein anderer, nicht diskriminierender Grund verantwortlich ist, der nicht zur Erklärung herbeigezogen wurde. Aus diesem Grund erlaubt die Politik eine Toleranzschwelle von 5 Prozent für nicht erklärte Unterschiede.

Männern ist der Lohn wichtiger

Zuletzt waren die Arbeitgeber nach Lohnungleichheitsstudien wiederholt in Erklärungsnot geraten: Laut der Lohnstrukturerhebung des Bundes (LSE) betrug der unerklärte Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern 2020 über die gesamte Wirtschaft 8,6 Prozent.

Allerdings hatte jene Studie einen wichtigen erklärenden Faktor nicht miteinbezogen: Gewisse Arbeitgeber bezahlen nämlich besser als andere. Da Männern der Lohn wichtiger ist als Frauen, wie verschiedene Umfragen zeigen, bewerben sie sich eher bei diesen Arbeitgebern, selbst wenn andere Anstellungsfaktoren wie zum Beispiel der Arbeitsort unattraktiver sind. 

Die Autorinnen der aktuellen HSG-Studie haben darum mit einem anderen Design gearbeitet: Sie werteten Daten von 461 Firmen mit über 100 Angestellten aus, die diese im Rahmen einer Umfrage zur Verfügung gestellt hatten. Die Firmen hatten die Daten sowieso schon erhoben: Alle Schweizer Unternehmen ab dieser Grösse sind nach dem 2020 revidierten Gleichstellungsgesetz zu internen Lohnanalysen verpflichtet.

Da die Löhne bei der HSG-Studie auf Ebene Unternehmen verglichen wurden, fiel der Faktor weg, dass gewisse Arbeitgeber besser bezahlen als andere. Entsprechend tiefer fiel der unerklärte Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern aus.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Lützelschwab ist überzeugt, dass der unerklärte Lohnunterschied noch tiefer als das jetzt präsentierte Ergebnis ausfallen würde, wenn man mehr Faktoren miteinbezöge. Doch erlaubt der Bund eine Erfassung der effektiven Erfahrung auf dem Beruf bei der Datenerhebung nicht. Dabei sei dieser Faktor relevant: Schliesslich könne dieser Faktor darstellen, dass eine 40-jährige Frau mit drei Kindern meist mehr Karriereunterbrüche gehabt hat als ihr gleichaltriger Kollege.

«Es ist also nicht so, dass wir mit einem Lohnunterschied von 3,3 Prozent zwischen den Geschlechtern zufrieden wären», sagt Lützelschwab. «Wenn dieser Wert noch sinken soll, dann müssen wir dafür sorgen, dass Frauen auf die gleiche Weise wie die Männer am Erwerbsleben teilnehmen können und insbesondere auch in bisher von Männern dominierten Berufen vordringen.»

Nur 10 Prozent der Firmen haben teilgenommen

Gewerkschaftsökonom Lampart kritisiert jedoch noch einen zweiten Punkt an der neuen Studie: Diese sei nämlich kaum repräsentativ. Tatsächlich haben nur 10 Prozent der Firmen, die eine Lohngleichheitsanalyse durchführen mussten, an der Umfrage des Arbeitgeberverbandes teilgenommen. So antworteten möglicherweise bloss jene Firmen, die sich intensiv mit der Frage der Lohndiskriminierung auseinandergesetzt haben und darum gute Resultate vorweisen.

«Es ist klar, dass es weitere Studien mit mehr teilnehmenden Unternehmen braucht», sagt Lützelschwab dazu. Ein genaueres Bild bietet sich der Schweiz Ende Juni: Bis dann müssen alle Firmen mit mehr als 100 Angestellten, die gesetzlich zu einer Lohnanalyse verpflichtet waren, diese gegenüber Angestellten und Aktionären offenlegen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Newsletter

Top 5

Erhalten Sie die meistgelesenen News-Geschichten des Tages auf einen Blick.