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Was Clooney und Senderos eint

Christian Zürcher am Dienstag den 1. März 2016

December-May-Romance heisst das, was heute besonders gerne Hochglanzzeitschriften ihren Leser präsentieren. Männlein und Weiblein: Der eine steht im Winter, die andere im Frühling des Lebens. George Clooney (54) und Amal Alamuddin (38) etwa. Manchmal auch umgekehrt, wie damals bei Demi Moore und Ashton Kutcher. Aber, Zeitschriftenleser wissen das, das ist die Ausnahme.

Was das mit Fussball zu tun hat? Nun, betrachtet man Sportlerleben als das, was sie sind – nämlich kürzer als normale Leben –, dann bietet auch der Fussball solche Romanzen. Wie vor kurzem im Letzigrund. Es spielte GC gegen Sion. In der Innenverteidigung der Zürcher standen Philippe Senderos (31) und Jan Bamert (17). Vis-à-vis Theofanis Gekas (35, der mit diesen geheimen Ratsecken) und Edimilson Fernandes (19, der Cousin des fleissigen Gelson).

In der Schweiz gibt es noch mehr von ihnen: In Basels Sturm stehen Marc Janko (32) und Breel Embolo (19). Oder eine Liga tiefer, bei Lausanne im Angriff, die Woody-Allen-Soon-Yi-Previn’sche Variante: Walter Pandiani, mit dem für Stürmer fantastischen Künstlernamen el Rifle. Pandiani ist 40 (!). Kollege Andi Zeqiri 16. Als kleine Randnotiz: Woody Allen ist 80 und lebt mit seiner 45-jährigen Frau (und ehemaligen Adoptivtochter! Das gibt es tatsächlich) Soon Yi zusammen.

Die Age-Gap-Forschung (auch die gibt es), sagt, dass die Lebenszufriedenheit von Age-Gap-Paaren diejenige von Paaren ohne grossen Altersunterschied übersteigt. GC-Captain Källström (auch er 33) bewundert, wie abgeklärt Bamert spielt: «Das ist gut für ihn, gut für uns.» Senderos sieht zwar glücklich aus, will nach Spielen aber jeweils nicht sprechen, Bamert meidet noch den Kontakt mit den Mikrofonen.

Stattdessen weiss die Theorie viel zu berichten. Die Colorado State University in Fort Collins untersuchte im Jahr 2011 in einer Studie Age-Gap-Paare und kam zum Schluss, dass diese sich als vertrauenswürdiger, weniger eifersüchtig und weniger eigennützig als andere Paare beschreiben. Das macht Sinn, auch im Fussball. Der Alte muss sich nicht mehr beweisen, und der Junge darf vom Alten profitieren. Der Alte fühlt sich geschätzt (und vielleicht etwas jünger). Er gibt sein Wissen weiter und weiss: Heute, das ist die gute alte Zeit von morgen.

In der Fachsprache wird dann gerne von erhöhter Reflexion gesprochen, was wiederum Stabilität bedeute. Eben: GC hat gegen Sion kein Tor kassiert. Die Innenverteidigung mit Senderos und Bamert war äusserst … stabil halt.

Freiräume sind in solchen Beziehungskisten besonders wichtig. Einander Hobbys gönnen, getrennte Zimmer, Zweitmänner und so weiter. Praktiker wissen, es ist ein Balanceakt. Die Alten Källström und Senderos bekamen etwa vergangene Woche ein Sonderprogramm. Die Mannschaft musste sich draussen in der Kälte abmühen, die beiden Routiniers durften im warmen Fitnessraum bleiben.

GC stark, Basel stark, Lausanne stark – angesichts derart schlagfertiger Argumente muss man unweigerlich zur Konklusion kommen, dass solche Age-Gap-Beziehungen auch im Fussball ganz doll sein können.

Leider kämpfen solche Paare in unserer Gesellschaft oftmals gegen Klischees. Etwa: Altes Männlein will optimieren und nimmt sich ein noch jüngeres Weiblein. Im Fussball stellt sich dieses Problem Gott sei Dank selten. Paare werden vom Trainer arrangiert. Dazu eine letzte Anmerkung: Arrangierte Paare sind in der Beziehungsforschung dann wieder ein anderes, ganz grosses Thema, meist mit der Kernfrage: Kann man sich so lieben? Dazu ein niedliches Fallbeispiel: Herr Xhaka und Herr Steffen. Es scheint, man kann.

Christian Zürcher

Christian Zürcher

Erlebte seinen fussballerischen Höhepunkt, als ein Tessiner Gegner ihn Paul Scholes nannte, scheiterte dann an Kondition und fehlendem defensiven Gewissen, bemerkte zugleich ein Jungtalent und einen prächtigen Schnauzer, sodass er nun gerne nach Berlin schaut.

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