Endlich so etwas wie Schule

«Frau Häberli sagt, du sollst …»: Wenn Eltern den Nutzen von Schulaufgaben erklären, klingt das nicht immer überzeugend. Illustration: Benjamin Hermann
Dienstag, 21. April
Die Ferien sind vorbei, gestern musste der Brecht wieder zur Schule – um Aufgaben für die aktuelle Woche abzuholen. Ich begleitete ihn mit Beebers im Tragetuch, und wir erlebten schöne Momente der Normalität. Der alten Normalität, nicht der neuen. Unterwegs sahen wir diverse Klassengspänli und winkten ihnen freudig, aber distanziert zu. Dann besuchten wir den menschenleeren Dorfladen und gönnten uns Süssigkeiten. Auf dem Rückweg trafen wir genau auf Höhe des Spielplatzes einen von Brechts DLS – also einen «designierten Lockdown-Spielkameraden». Ein Kind aus der kurzen Liste derer, mit denen der Brecht sich auch aktuell treffen darf. Und so konnte er eine Viertelstunde sozialisieren, toben und balgen. Ein schöner Tag für ein knapp sechsjähriges Kind, das nicht einfach sein Smartphone zücken und sich jederzeit auf Social-Media-Kanälen mit ein paar Hundert Gleichaltrigen austauschen kann.
Ich finde Home- und Unschooling ganz interessante Konzepte, möchte sie aber nicht dauerhaft durchziehen.
Zu Hause packten wir die Schulsachen aus, und ich dachte erst, wir hätten versehentlich das Mäppchen für ein älteres Schulkind erwischt. Zuoberst lag der Stundenplan, darunter je ein Dossier für die verschiedenen Fächer: Deutsch, Mathe, NMG, Sport, Musik. Was für ein Unterschied zum freiwilligen Corona-Tagebuch vor den Ferien. In den Dossiers dann die Erleichterung: Einfache, gut erklärte und altersgerechte Aufgaben. Oder wie ein älteres Basisstufenkind einmal leicht genervt sagte: «Argh, die Kleinen; immer nur basteln und kleben.»
Das Mäppchen enthielt ausserdem eine Tabelle von der Erziehungsdirektion des Kantons. Sie zeigt, wie viele Minuten pro Tag ein Kind in welchem Alter konzentriert arbeiten kann und wie viele Pausen es dazwischen benötigt. Kommen wir zur Bewertung: Ich gebe dem Mäppchen fünf von fünf Leimstiften. Wir sind mit der Fernbetreuung durch Brechts Lehrerinnen sehr zufrieden. Sie überfordern uns nicht mit einem umfangreichen Schulprogramm. Wir haben Freiheiten und Zeit für ausserschulisches Lernen. Trotzdem erhalten wir eine schulische Wochenstruktur, um die ich froh bin.
Wie hier auch schon gesagt: Ich finde Home- und Unschooling ganz interessante Konzepte, möchte sie aber nicht dauerhaft durchziehen. Auch weil familienexterne Lehrpersonen bei manchen Kindern mehr bewirken. Grad heute am Dossier Mathe hat sich das wieder gezeigt: «Frau Häberli sagt, du sollst …» hat in Brechts Ohren einfach einen ganz anderen Klang als «Ich finde, du sollst …».
Corona-TagebuchDurch Homeschooling und Homeoffice sind sich Eltern und Kinder zurzeit so nahe wie nie. Im Mamablog berichten wir von Montag bis Freitag um 17 Uhr vom ganz normalen Wahnsinn aus dem Lockdown: von Kindern, Schule, Arbeit, Patchwork, Beziehungen, Social Distancing und kleinen Errungenschaften im neuen Alltag. Den nächsten Eintrag von Markus Tschannen lesen Sie am kommenden Freitag.
2 Kommentare zu «Endlich so etwas wie Schule»
Wenn man die Anzahl Kommentare als Nennwert nimmt, dann läuft sich das Thema „Tschannen zu Hause, mit Home- und Unschooling“ langsam aus ;-).
Die anderen Tagebuchautoren versuchen sich immerhin in einer gewissen Diversität der Inhalte.
Aber wahrscheinlich passiert eben wirklich nicht viel im Moment bei den meisten von uns (wie ehrlicherweise auch vor Corona), daher sind Ihre etwas repetitiven Beiträge eigentlich sehr repräsentativ für uns alle.
Ich interpretiere keine Kommentare immer als: „Alle sind meiner Meinung.“
Aber ernsthaft: Ich bin halt in der fröhlichen Tagebuchrunde der mit dem Schulkind. Dabei habe ich in sechs Beiträgen einmal über nicht Schule (Unschooling) und einmal über die wieder beginnende Schule geschrieben. In den anderen Beiträgen ging es um Wald, Erkältung, lesen und wohnen.
Ansonsten haben Sie natürlich recht, es passiert bei uns nicht viel.