Mobbing im Kindergarten
Alles fing ganz harmlos an. Die beiden Mädchen waren innige Freundinnen. Doch wie alle Freundinnen zickten und schmollten sie manchmal, fauchten sich an, sprachen nicht mehr miteinander und vor allem: waren keine besten Freundinnen mehr. Nie mehr. Kurze Zeit später umarmten sie sich innig, und es war kaum mehr möglich, den Knäuel Mädchen wieder zu entwirren.
So ging das über mehrere Jahre, bis die beiden in den Kindergarten einer Basisstufe kamen. Vier Jahrgangsklassen wurden hier zusammen unterrichtet, von Vier- bis Neunjährigen.
Irgendwann änderte sich die Beziehung der beiden Mädchen. Die Versöhnungen klappten nicht mehr so schnell, und irgendwann war das Ende der Freundschaft da. Damit verlor das eine Mädchen jedoch nicht nur seine langjährige Freundin, sondern auch alle Mädchen, denen es sich vor allem in den Pausen gerne anschloss. Diesen wurde es nämlich von nun an von der ehemals besten Freundin verboten, mit ihr zu spielen.
Zickereien oder Mobbing?
Das Ausgrenzen aus dem gemeinsamen Spiel tat weh, auch beim Zuschauen. Sollte man hier eingreifen? Die Kinder verhielten sich ja eigentlich wie ganz normale Sechsjährige: Empathie, Respekt und Rücksichtnahme lernten sie erst noch. Oder gehörte dieses Verhalten doch nicht mehr zum ganz normalen Kinderalltag? War das Ausgrenzen über Wochen bereits Bullying? Wo verläuft denn eigentlich die Grenze zwischen normalem Geplänkel und Machtspielen unter Sechsjährigen, und wo fängt Mobbing an?
Es sind schwierige Fragen, auch für das Lehrpersonal. «In der Regel schreiten wir da ein, wo sich Streitereien systematisch und gezielt gegen Einzelne richten und Kinder in der Gruppe spezifische Rollen einnehmen müssen, um nicht selbst zum Opfer zu werden», erklärte eine der Lehrpersonen. Sie hatte bisher noch keine Erfahrungen mit Bullying auf Kindergartenstufe gemacht, dies betraf in der Regel ältere Kinder. Doch hier war die Ausgrenzungssituation nicht in einer reinen Kindergartenklasse entstanden. Beim genaueren Hinschauen wurde ersichtlich, dass Bullying bei den Zweitklässlern in der gleichen Klasse ein viel grösseres Problem darstellte. Die Kleinen hatten das Verhaltensmuster der Grossen wohl einfach übernommen. Wegen dieser Systematik holten sich die Lehrpersonen externe Unterstützung und führten ein Konflikttrainings-Programm für Kinder durch, das «Chili».
Nicht weniger, sondern anders streiten lernen
Die Grundsteine von «Chili» sind das Vermitteln von Kommunikationsregeln und das Stärken der Sozialkompetenz der Schulkinder. Klingt gut, doch … verstehen das Sechsjährige? Ja, sagen die Programmverantwortlichen, denn auch Kindergartenkinder müssen klare Regeln einhalten können, was den Umgang miteinander betrifft, und sie sollen lernen, wie man «richtig» streitet und Konflikte löst.
Den Nutzen von «Chili» in ihrer Klasse bejahten die beiden Lehrpersonen klar. «Die Aussensicht auf den Konflikt war enorm hilfreich. Wir schreiten nun auch viel eher ein, wenn ein Kind zum Beispiel die Augen rollt im Kreis, während ein anderes spricht. Alleine das Ansprechen hilft bereits, abwertendes Verhalten zu ändern.»
Konfliktlösungsprogramme in Schulen wie das «Chili» sind sicherlich hilfreich. Damit sie auch nachhaltig sind, müssen die Themen und Inhalte des Trainings im Schulunterricht jedoch immer wieder aufgegriffen, vertieft und weiterentwickelt werden. Diskriminierendes, abwertendes, ausgrenzendes und diffamierendes Verhalten gegenüber anderen Kindern darf meines Erachtens nie toleriert werden und hat im Schulalltag nichts verloren, auch nicht bei den Kleinsten.
Lesen Sie auch Mobbing, bis die Polizei kommt, «Du wirst genauso sterben wie Sabrina», So mobbt die Snapchat-Jugend (ABO+)
156 Kommentare zu «Mobbing im Kindergarten»
@Brunhild Steiner: „In Ihrem geschilderten Fall müsste man sich eher fragen warum diesen Störmanövern dermassen lange zugesehen worden ist, die Lehrerschaft nicht konsequent durchgegriffen hat.“
Wenn es doch nur so einfach wäre. Warum nur stossen auch pädagogisch durchaus gut ausgebildete Lehrpersonen und Eltern nur immer wieder an ihre Grenzen, weil die Kinder auf „konsequentes Durchgreifen“ nun mal nicht immer so reagieren wie gewünscht?
Da andere verstehe ich nun nicht. Wenn man eine systemische Perspektive hat, mit Einbezug Familien, Mechanismen, Prozesse, Muster, dann ist es doch noch einmal widersprüchlich, von Opfern und Tätern zu sprechen, und das Mitwirken des Opfers gänzlich auszuklammern.
opfer und täter: mich als nicht beruflich tätige in dem umfeld stört wirklich, dass man da ein vokabular benutzt, das meiner ansicht nach für straftäter benutzt werden sollte und nicht für kleine kinder.
vielleihct liegt es daran, dass man als mobbing-interventionsgruppen-mitglied nur mit drastischen fällen zutun hat und ich als mutter nur die ganz normalen verhaltensweisen von kindern kenne.
@Caro: Deine interessanten Einblicke zeigen auch, dass externe Fachleute letztlich auch nicht unabhängig arbeiten können.
Das System in England kenne ich zu wenig. Aber vieles, was du antönst, finde ich in der Schweiz in ähnlicher Form auch wieder. Ob allerdings die klaren Vorgaben an die Eltern dort wirklich umgesetzt werden weiss ich nicht. In der Schweiz wäre das sicherlich limitiert. Wenn ich nur schon daran denke, was für Diskussionen wir über Vorgaben zu gesundem Znüni haben (Eingriff in die Erziehungshoheit der Eltern!), dann sind viel weitergehende Weisungen sicherlich noch viel problematischer.
Zum anderen: Offenbar hat sich die Schule einem Konzept verschrieben, und du möchtest etwas anderes. Flexibilität oder Arbeit nach Leitfaden? Beides macht Sinn, je nach Perspektive.
@Martin Frey: Naiv oder befangen. Ok. Wie auch immer – der Berufsautrag umfasst jedenfalls anwaltschaftliches Handeln inklusive Schweigepflicht, übrigens auch gegenüber Eltern.
Auf der anderen Seite haben auch externe Fachleute immer einen Auftraggeber und eine bestimmte Perspektive auf das Problem. Häufig werden sie auch nur mit Täter oder Opfer arbeiten (können), und dabei ein klares Behandlungsziel oder gar -auftrag haben.
@Sportpapi
„Auf der anderen Seite haben auch externe Fachleute immer einen Auftraggeber und eine bestimmte Perspektive auf das Problem. Häufig werden sie auch nur mit Täter oder Opfer arbeiten (können), und dabei ein klares Behandlungsziel oder gar -auftrag haben.“
Das ist unbestritten.
Nochmals, ein letztes Mal, bei einem Entwicklungspädiater, oder einem Kinder- und Jugendpsychiater ist die Loyalität klar und ungeteilt, sie gehört ausschliesslich dem Kind. Es gibt keine „anderen Herren“ denen man ggf. dienen muss. Es gibt keinen Schulalltag, keine Innen- oder Aussenwirkung auf die man Rücksicht nehmen muss. Auch die andere Partei interessiert bestenfalls am Rande. Und das ist gut, und richtig so, SP.
Eine Schulsozialarbeit kann so gar funkionieren. Und das ist auch gut so.
Wir haben diesbezüglich interessante Erfahrung gemacht :
Kinder in einem Privatkindergarten, wo Mobbing von den Lehrpersonen im Keim erstickt wurde -> Resultat : anständige, respektvolle Kinder
Kinder in einem öffentlichen Kindergarten, wo Mobbing von den Lehrpersonen nicht im Keim erstickt wurde -> Resultat : asoziale, hinterhältige, verlogene Kinder -> Verhalten wird auch an jüngere nachkommenden Kinder „weitervererbt“ -> Verhalten wird in der Primarschule noch schlimmer
Meiner Ansicht nach lohnt es sich diesbezüglich von Beginn an hart zu sein um ein gesundes Miteinander leben zu können. Nicht zuletzt für die eigenen Kinder selber. Denn: ein Mobber wird über kurz oder lang im ganzen Dorf verhasst sein.
Man kann als Kind nicht schnell genug verstehen, dass alles im Leben ein darwinistisch-selektives Machtspiel ist, indem der Stärkere den Schwächeren dominieren muss – wobei die Kunst im Leben darin besteht, zu erkennen, wann man den König herausfordern oder sich unterordnen soll.
Als Grosseltern haben wir mit einem Enkel, der offenbar ein Mobbingopfer wurde, schlimme Erfahrungen gemacht. Gegen Ende des zweiten Kindergartenjahres begann sich das zuvor normale Verhalten des Buben drastisch zu ändern. Er ging nur noch ungern in den Kindergarten. Er verhielt sich wie eine Schnecke, die sich ins Häuschen zurückzieht. Zeitweise war er nicht mehr ansprechbar, verhielt sich sonderbar, turnte z.B. wie verrückt auf den Möbeln herum und redete viel in einer unverständlichen Sprache. Man brachte ihn nur mit Mühe zum Schlafen. Das Kind erschien uns völlig verstört. Schliesslich schrieb ihn der Hausarzt krank. Der Bub blieb dann zu Hause. Seit August geht er in die erste Klasse und scheint dabei glücklich zu sein. Die Schule verfolgt den Fall intensiv.
Wenn ich ein kind sehe (kiga/1/2. klasse), welches andere bekannte kinder auf dem sportplatz antrifft und diese ihm sagen nein, du darfst nicht mitspielen beim fussball. Ja, dann sag ich denen geht nach hause in euren garten spielen, da seid ihr alleine. Der sportplatz, die goals sind für alle da. Verständnis habe ich für eine Gruppe grösserer Kinder, die mal unter sich sein wollen.
Also bei uns dachte einmal eine Mutter es seie eine gute Idee uns Schülern „direkt“ auf sowas anzusprechen (im Klassenzimmer). Hierbei ging es aber um einen vereinzelten Vorfall den Ihr Sohn schlecht verdaute, nicht generelles Mobbing. Wir waren da ~12 Jahre alt?
Nun… Sie hätte Ihrem Sohn auch direkt die Hosen runterziehen können, von da an war er auf ewig als Opfer gebrandmarkt.
Wir haben ein Gspänli im Kindergarten als „Pole“ gehänselt (weil sein Grossvater einer war). Seine Mutter hat uns eines Morgens auf dem Kindergartenweg abgefangen und uns mitgeteilt sie sei Polnin und stolz darauf. Das hat uns sehr beeindruckt und wir haben damit sofort aufgehört.
Wo und wann man als Erwachsener intervenierten sollte ist ein spannender Punkt. Voreiliges in-die-Bresche-werfen, gerade bei Bagatellen, hilft dem Kind sicher nicht weiter, wird es vielmehr noch mehr desavouieren. Andererseits, zu langes Zuwarten kann fatal sein. Ich denke, wenn man als Erwachsener merkt, dass es einseitig wird, sich das Opfer nicht wehren kann (aus welchen Gründen auch immer) und das vor-sich-hertreiben immer mehr Dynamik aufnimmt, muss man intervenieren. Sinnvollerweise indem man aber alle Seiten anhört, und sich v.a. auch dazu schlau macht, was vorgängig passiert ist. Das würde ich auch von LP erwarten.
Miteinander leben ist immer schwierig. Würde man 20 Herrscher und Königinnen in einen Raum sperren, was meint ihr, wie lange das gut ginge?
Auch im Kindergarten gehören Konflikte zum Zusammenleben dazu.
Ich erlebe immer wieder, dass unselbständige (man könnte auch sagen verwöhnte) Kinder wesentlich mehr Mühe mit Konflikten haben. Sie werden entweder „Täter“ oder „Opfer“.
Am beliebtesten in der Klasse sind jene Kinder, die gute Spielideen haben, aber auch mal zugunsten des Spiels zurückstehen können.
Eltern können ihren Kinder helfen, wenn sie auch zuhause lernen, dass Konflikte normal sind und wie sie zufriedenstellend für alle gelöst werden können. Die Schule übt diese überfachlichen Kompetenzen täglich. Wichtig ist aber immer, beide Seiten zu sehen. Schule und Elternhaus.
Kindergarten, echt jetzt? Ich denke, das wird eher so ab der Primarschule zum Thema. Es kommt auch darauf an, ob das Kind gemobbt oder einfach ausgeschlossen wird. Mobbing ist es, wenn man jemanden drangsaliert. Das ist übel. Aber wenn ein Kind nicht dazu gehört, bspw. zu einer Gruppe, dann ist das nicht unbedingt weiter schlimm. Ich habe auch nie wirklich zu solchen Gruppen gehört in der Schule und habe es auch überlebt. Meistens gibt es noch andere, die nicht zu solchen Gruppen dazu gehören. Es gibt auch noch Freundschaften ausserhalb der Schule, bspw. Sport- oder anderen Vereinen.
Jede Gruppe basiert darauf, dass andere ausgeschlossen werden, denn nur so kann definiert werden, wer zur Gruppe gehört. Ist eine Gruppe zwingen, jeden in der Gruppe willkommen zu heissen, nicht auch Mobbing? Kinder sollen Nein sagen lernen, aber: „Nein, mit dem wollen wir nicht spielen!“ ist verboten.
Was hier beschrieben wird, ist meines Erachtens kein Mobbing, sondern schlicht Selbstbestimmung, man sucht sich selber seine Freunde (und die Feinde auch): Zu korrigieren wird es erst dann, wenn Mittel wie physische Gewalt, „wüste Lieder“, Intrigen, Verleumdungen gegen ein Kind gerichtet werden um dieses zu erniedrigen.
herrlich die beiträge zu lesen. elternschaft hackt auf lehrpersonen herum. dass die ursache zu diesem mobbing vielleicht bei ihnen selber liegt, darauf kommen die damen und herren karriereeltern nicht!
sie zahlen ja für die abschiebung ihrer kinder, also sollen doch die lehrpersonen schauen, wie sie die fehlende familiengeborgenheit und liebe auf 20 oder 30 kinder verteilen und ersetzen.
solche vorfälle gab es schein zu meiner kinderzeit, aber ging vor allem in den familien anders damit um. das zuhause war ein rückzugsort, wo man sich auch als kind erholen konnte und nicht nur ein ort zum schlafen und wo man wenn man glück hat, die wochenenden verbringen darf, bevor wieder im hort, in der krippe und in der schule/kindergarten abgeliefert wird.
Nettes Geschwurbel…. auch in meiner Kindheit gab schon Mobbing, damals waren noch gefühlte 99.9% der Mütter Hausfrauen. Die schlimmsten Mobber kamen in meiner Erinnerung häufig aus sogenannten „gutbürgerlichen“ Familien.
Unsere Kinder sind teilweise in Kinderkrippen fremdbetreut worden, bevor sie in die Schule kamen. Sie sind mindestens so sozialkompetent wie alle anderen auch.
Zudem schön, dass Sie in einem finanziell privilegierten Umfeld leben, wo ein Lohn reicht. Die heutige Realität ist für mich und die meisten Schweizer etwas anders. Googeln sie mal den schweizerischen Medianlohn und dann fangen Sie mal an zu rechnen, ob man mit so einem Lohn allein eine 4-köpfige Familie durchbringen kann wenn Sie dem Staat nicht auf der Tasche liegen wollen.
Bin für eine absolute Nulltoleranz sobald ein Kind ausgegrenzt wird, lieber einmal zuviel / zu früh einschreiten. Würde das bereits ab Kindergartenstufe konsequent von allen Lehrpersonen gemacht, ist es im Idealfall in späteren Jahrgängen gar nicht mehr nötig. Ganz „super“ finde ich auch immer den Spruch, die Kinder sollen das unter sich lösen. Meistens von Eltern der Mobbenden ausgesprochen.
@Synn
„Ganz „super“ finde ich auch immer den Spruch, die Kinder sollen das unter sich lösen. Meistens von Eltern der Mobbenden ausgesprochen.“
Bingo! 😀
Doch Niklas, man kann ja als Coach einschreiten und die Kinder beraten, wie genau sie damit selber (!) umgehen können. Viel besser als nichts zu tun, hat sich in der Praxis optimal bewährt! Das nennt man übrigens seit Urzeiten Erziehung…
Es ist eine schwierige Gratwanderung. Wenn man immer und am besten zu früh und zu oft einschreitet und alles unterbindet was nicht ideal ist, lernen Kinder nicht wie man mit Frust umgeht, sich mit anderen Kindern auseinandersetzt (nicht jedes Ausschliessen ist mobben) und unangenehme Situationen bewältigen und aushalten kann.
Als Erwachsene lernen sie das dann auch nicht mehr.
@N.M.
Klar, ich meine schon auch nicht beim kleinsten „Hafenchäs“ aber wenn es zu häufig zulasten von einem Kind geht, sollte man im Zweifelsfall lieber zu früh als zu spät einschreiten. Ich erwarte von einer Lehrperson auch, dass sie den Unterschied merkt, dass die Grenzen fliessend sind hin oder her.
Ups, falsch platziert – s. meine Antwort hier weiter oben, Niklas!
@Niklas Meier
Früh einschreiten ist fast immer besser, weil wenn die Mobber nicht frühzeitig gestoppt werden merken sie, dass sie Erfolg damit haben und werden auch als grössere Kinder oder auch als Erwachsene weiter mobben.
Deshalb müssen Kinder welche zu Mobbing neigen frühzeitig lernen, dass sich das nicht lohnt und man muss ihnen klare Grenzen setzen und sie Schranken weisen.
Und auf alle Fälle die Eltern ansprechen, weil die manchmal gar nichts vom Gebaren ihrer Kinder wissen. Unsere Tochter, eigentlich ein Kind, dem schon im Kindergarten von allen Seiten eine hohe Sozialkompetenz zugesprochen wurde, hat sich in der 2. Klasse plötzlich auf eine Mitschülerin eingeschossen. Zu Hause hat sie das natürlich nicht erzählt, ich habe es erst erfahren, als der ältere Bruder des andern Mädchen unsere Tochter massiv bedrohte und ich dann die Eltern angesprochen habe. Bin aus allen Wolken gefallen, als ich vom Verhalten meiner Tochter erahren habe. Mit intensiven Gesprächen hat sich dann die Situation wieder beruhigt. Ich wäre froh gewesen, ich wäre entweder von der Lehrerin oder von den Eltern früher angesprochen worden.
Divi D. dann beglückwünsche ich Sie zu Ihrer differenzierten Einstellung und v.a. dass sie den Fehler Ihres Kindes anerkennen und eingestehen konnten. Chapeau wirklich! Leider ist das eben selten, meistens heisst es „mein Kind macht das nicht“, „selber regeln“ etc.
Ich habe Ähnliches erlebt. Meine Tochter war mal – wenn auch am Rand und nicht aktiv, aber ihre beste Freundin war die Drahtzieherin – an einer solchen Mobbingaffäre beteiligt. Offenbar wurde da einer Mitschülerin das Leben zur Hölle gemacht, davon erfuhr ich durch Zufall. Und auch meiner Tochter wurde allseits hohe Sozialkompetenz attestiert.
Da ich selbst die Jahre zwischen Kindheit und Jugend in schönster Erinnerung habe, finde ich es einfach grausam, diese Zeit einem anderen Kind mutwillig zu zerstören. Da sollte die Welt so verheissungsvoll und unbeschwert wie möglich sein – von mir aus auch mit Einhornzauber und Sternenstaub. Dieser „Aufhänger“ kam offenbar an und meine Tochter setzte sich für das betroffene Mädchen ein – besser spät als nie. Trotzdem …
Ich hab da eine ganz klare Meinung dazu, basierend auf viel Erfahrung: wenn man Kinder sich selber überlässt, dann lernen sie einfach das Recht des Stärkeren – andere zu erniedrigen, um sich selber zu erhöhen, lernen sie sehr früh und sehr schnell von den grösseren Kindern. Es ist nie zu früh, den Kindern Respekt vor sich selbst und allen anderen beizubringen und vorzuleben, und dazu gehört auch, dass man erniedrigendes Verhalten nicht toleriert, auch nicht im Kleinen.
Liebe Sina, ich habe auch eine Meinung dazu und auch einige Erfahrung: Kindern eine Lösung zuzutrauen bedeutet oft auch, ihnen dadurch Vertrauen zu zeigen. Bei unseren Kindern geschehen dadurch hin und wieder schöne Dinge: beide entschuldigen sich beieinander. Manchmal auch nicht, dann muss man eingreifen. Würde ich immer von Anfang an eingreifen, wüsste ich gar nicht, wozu sie (im Guten) fähig sind. Das will ich jedoch. – Ich bin total einig mit Ihnen, dass man Kindern Respekt vor den anderen und sich selbst (leicht geänderte Reihenfolge) beibringen muss. ABER dass man dann auch darauf vertrauen darf, dass sie es eben gelernt haben/lernen. – Und ja, Verhalten, das andere erniedrigt, darf nie toleriert werden.
@tiqva
das kann aber nur auf die eigenen Kinder gelten, und selbst da fällt Eltern ein sich anbahnendes Ungleichgewicht nur auf, wenn sie auch hinsehen wollen!
Aber Einsicht in die Kindergarten-Schulzimmer-Pausenplatz-Dynamik, ein längeres beobachten wer da, selbst bei intensivstem „Vertrauen zeigen, Lösung zutrauen!“ genau unter die Räder zu geraten droht, die haben wir als Eltern eher selten.
Zum Glück sind meine aus der Schule raus.
Unser Jüngster wurde leider von der Lehrperson in der Mittelstufe systematisch drangsaliert.
Nachdem er regelmässig Nachts schweissgebadet erwachte haben wir innert kürze einen Klassenwechsel erreicht. Anscheinend war die Lehrperson froh, sich nicht mehr mit unserem Sohn abgeben zu müssen.
Danach war vieles wieder in Ordnung.
Haben wir mit unserer grösseren Tochter 1:1 so erlebt. Nach dem Wechsel hatten wir ein anderes Kind zuhause – im positiven Sinn und es gab nie wieder Probleme. Und nein wir sind keine Eltern die wegen jeder Lappalie die Lehrperson anrufen oder gar in Frage stellen aber manchmal muss man sich wehren.
Kommt dieses „Mobbing“ nicht zu einem grossen Teil von der jeweiligen Familie? Was die lieben Kleinen manchmal so herauslassen und selbst bestimmt nicht begreifen, was sie sagen, müssen sie ja irgendwo her haben. Öfters spielen doch Kinder problemlos miteinander, wenn ihnen nicht eingetrichtert würde, mit dem und diesem Kind nicht zu spielen, weil… Anscheinend lernt man mobbendes Verhalten. Doch was dieses bringen soll, ist mir selbst bei Erwachsenen schleierhaft. Erinnert irgendwie an’s Trötzele, ansonsten könnte man ja miteinander sprechen, doch dazu sind Mobber nicht fähig.
Ist das nicht etwas arg schwarz-weiss?
Klingt ja fast so, als ob jemanden nicht mitspielen zu lassen automatisch den Begriff „Mobbing“ erfüllen muss!
Mein Kind hat sich in den letzten Tagen seines alten Horts geweigert, mit einem bestimmten Jungen zu spielen. Genauso, wie seine Spielkameraden.
Weil sie eben NICHT problemlos mit ihm spielen konnten. Weil er nicht verlieren konnte, daraufhin stets ausflippte, die Anderen schlug, unterstellte, dass die Anderen schummeln (was etwa bei Sitzballspielen ziemlich absurd ist) und extreeem ausfällig wurde… Bis hin zur wohlbekannten Formulierung, dass die Mama eine Hure sei. Im HORT!
Ich habe meinem Kind zum besonnenen Verhalten gratuliert und ihn ermuntert, diesen kleinen Irren weiterhin auszuschliessen.
Mobbing?!
nein das kommt meiner ansicht nach nicht von der familie sondern das hat mit gruppendynamik zutun, mit der man sich zurechtfinden lernen muss.
ich finde extrem wichtig, dass erwachsene eine integrative haltung vorleben. das heisst, man strebt immer an, dass es zu einem „wir“ führt. weder mobber noch gemobbte werden blossgestellt
Unsere Tochter, ein „ganz normales“ Kind, wurde im Kindergarten ab der ersten Woche systematisch von den anderen Mädchen ausgegrenzt. Ich habe ein Jahr lang miterlebt, wie sie ihre Lebensfreude allmählich verlor, nicht mehr ins Bett wollte, weil sie jede Nacht unter wiederholten Albträumen litt, wie sie täglich unter Bauchweh und Kopfweh litt- und die Lehrerinnen auch bei meinem 3. Anlauf nicht darauf reagierten. Es war unerträglich! Als das Kind begann, eigenartige Verhaltensweisen an den Tag zu legen, gab es für uns nur noch die Flucht: sie ist nun an einer Privatschule. Dort hat sie sich langsam erholt…. und ist wieder in Freundschaften eingebunden. Rückblickend hätte ich früher und hartnäckiger handeln sollen. Ausgrenzung verursacht nicht zu unterschätzende psychische Blessuren!
Das tut mir sehr leid! Bin froh, geht es ihrer Tochter besser finde es jedoch bezeichnend, dass sie wechseln musste und nicht die ausgrenzenden Kinder. Wenn es für diese Konsequenzen hätte würde das nämlich Wunder wirken.
„Diskriminierendes, abwertendes, ausgrenzendes und diffamierendes Verhalten“
Snowflakes-Zucht? Ja, wenn Kinder jemanden mobben, dann müssen die Lehrpersonen einschreiten. Aber bei einem Augenrollen? Wenn die mal nicht mit jemandem spielen wollen?
Ich sage überhaupt nicht, dass man nicht reagieren sollte, wenn auf einem Kinder herumgehackt wird. Dieses absolute Fernhalten von Konflikten die nicht den absoluten, durch die Lehrpersonen aufgestellten Regeln entsprechen ist schädlich.
Was passiert? Die Kinder fühlen sich immer sofort persönlich verletz und angegriffen. Das Resultat sind dann die „Safespaces“ an den Unis in den USA.
Und wer nicht dem erlauchten Kreise angehört, der hat diese Rechte nicht.
Das ist dann aber erst Thema in der dritten Klasse.
Genau dort fängt es an! Wieso haben Leute heutzutage (jung und alt) das Gefühl, sie müssen zu allem und jedem ihren Kommentar geben. Ich muss diese Unsitte unlängst wieder einmal unterbinden und die jungen Leute (im Schulzimmer) daran erinnern, dass dies nicht FB sei, wo sie nach belieben ihre likes und dislikes verteilen könnten. Ich bräuchte keinen zusätzlichen Kommentar, wenn ich jemanden zusammenstauche, auch nicht nonverbal!
Einfach mal wieder lernen, mit der eignen Meinung nicht zu hausieren, fände ich nicht schlecht…
Was soll daran falsch sein Spielregeln zu lernen wie man miteinander umgeht? Mein persönlicher Eindruck ist, dass solche Regeln von den Kleinen sehr gut verinnerlicht werden. In diesem Sinne wirkt dies vielleicht sogar als Mobbing-Prävention. Die Konflikte werden übrigens nicht ferngehalten, die gibt es trotzdem noch. Aber es wird gelernt wie man mit Konflikten umgeht. Es ist ja auch nicht so, dass jeder Lehrer selber irgendwelche Regeln aufstellt und jeder Hennenschiss geahndet/besprochen wird. Meistens ist ein Konzept dahinter und das hat für die ganze Schule Gültigkeit.
Das Konzept das auf ein Augenrollen eine Intervention folgen lässt?
Und wenn hier schon nicht Argumente sondern Meinungen und Anekdoten zählen:
Aus meiner Erfahrung kann ich festhalten, dass dieses „Wir arbeiten nach einem Konzept des positiven Beisammenseins und reagieren auch auf ein Augenrollen“, dann bei richtigem Mobbing nichts passiert. Die Lehrkräfte schauen weg, können oder wollen nichts sehen. Und wenn dann noch gewisse Eltern auflaufen wenn gegen das Mobben der Kinder vorgegangen wird, dann verkriechen sich diese Superpädagogen.
Da wird nur Ideologie verbreitet.
Ich erkläre es ihnen gerne. Augenrollen ist nicht gleich Augenrollen. Es geht darum, dass ein Blossstellen in der versammelten Runde nicht toleriert wird. Dies erscheint mir sinnvoll. Ich teile ihre Befürchtung nicht, dass die Kinder deshalb besonders verletzlich werden sollten.
Mein Kind hat eine ausgeprägte Kontaktschwäche. Ich habe ihm viele Playdates und anderes ermöglicht und habe mich mit den anderen Eltern angefreundet. Heute hat mein Kind viele Freunde. Das beste gegen Mobbing ist ein ein stabiles Umfeld.
Abschreckung ist unser Mittel. Mobber gehen auf Schwache los die wenig Kontakt haben zu anderen. Den vor Kindern mit viel Kontakt und grossen Geschwistern haben sie angst weil sie sonst eine auf die Rübe bekomnen könnten. Der Mensch war schon immer feige.
Eine gute (Start-)Adresse für Eltern, die sich Hilfe/Infos dazu wünschen:
http://www.entwicklung.psy.unibe.ch/dienstleistungen/alsaker_gruppe_fuer_praevention/infos_fuer_eltern/index_ger.html
Statt der Natur ihren Lauf zu lassen, greifen Lehrpersonen und Eltern immer früher und immer drastischer ein. „das Augenrollen“ verbieten ist genauso schwachsinnig, wie wenn man Neo-Nazis den Hitlergruss verbietet. Es ist reine Symptom-Bekämpfung.
Ja, die Gesellschaft ist mit den 1-Kind/2-Kind-Ehen härter geworden, weil die Kinder sich in keine Geschwister-Gruppe mehr einfügen lernen müssen. Es sind allesamt kleine Despoten, welche ein Kindergarten/Grundschule zur Empathie erziehen sollen, weil die Eltern dazu unfähig sind (ohne Hilfe weiterer Geschwister). Die Lösung? Weniger Psychologie einsetzen, weniger Hilfe von Dritten, weniger „Professionalität“. Sonst nehmen bald 70% unserer Kinder dauerhaft Ritalin, damit „Frieden“ herrscht.
???
Und alle Kinder mit Mehrgeschwistern im Hintergrund sind dadurch bestens sozialisiert, so ganz von alleine, weil es die Geschwisterschaft- ähnlich wie die Marktwirtschaft- von selbst regelt?
Das einzige was sich da von alleine regelt ist das unter-die-Räder-kommen wenns eben nicht funktioniert… .
Ziemliche Küchenpsychologie Ihrerseits. Genau so gut kann man behaupten, dass gerade Kinder mit mehreren Geschwistern oft handgreifliches Dominanzverhalten und Hierarchie-Gehabe vorgelebt bekommen, das sie dann in ihr Umfeld weitertragen oder dieses nutzen, um erlebte Demütigungen zu kompensieren. Kommt hinzu, dass bei Mobbing und Gewalt unter Kindern gerade ältere Geschwister oft eine Machtkomponente sind, die entsprechende Konflikte verschärfen können.
Kurz gesagt: Ob Geschwister in diesem Kontext förderlich oder schädlich sind, hängt stark von der Situation ab und lässt sich darum nicht so verallgemeinern. Und: ein schlecht erzogenes Einzelkind ist immer noch harmloser als drei schlecht erzogene Geschwister..
@Christoph Bögli
„Und: ein schlecht erzogenes Einzelkind
ist immer noch harmloser
als drei schlecht erzogene Geschwister… “
😀
Oft tragen auch die schwatzende Mütter genug dazu bei. Und ändern auch bei manchen Kinder sogar die ärztliche Diagnose.
Was mich an solche Artikeln stört, ist die Tatsache, dass nicht wissenschaftlich fundierte Thesen vertreten werden, sondern subjektiv Erlebtes als allgemein gültig hingestellt wird. Selbsterfahrung wird zum Wohlergehen der Allgemeinheit breitgetreten.
Aus eigener Erfahrung: Wenn das Kind mit solchen Geschichten heim kommt, eher schneller als langsamer reagieren und das Mobben im Keime ersticken und zugleich das Selbstvertrauen des Kindes stärken. Diejenigen die mobben (Mädchen in der Mehrzahl), werden es auch später immer wieder tun. Man kann nur mithelfen, dass diejenigen, die gemobbt werden, nicht zum Daueropfer werden.
Bullying ist übrigens nicht der richtige Begriff, wird hier mehrmals falsch verwendet. Er heisst zwar auch Mobben aber vor in erster Linie tyrannisieren (v.a. auch mit körperlicher Gewalt). Und so weit ist es sicher noch nicht.
Meine Beobachtung neulich vor einem Kindergarten. Ein einzelnes Kind darf nicht auf die Schaukel, auch wenn alle anderen das Interesse an diesem Spiel verloren haben, wird es sofort von allen anderen Kindern, gleich wieder von dieser Schaukel vertrieben, es darf dafür alle Anderen anschieben ( Nur Gangofunktion ) . Das alles geschieht strikt unterstützt durch die Kindergartenlehrerin. Nach langen 25 Minuten mich sehr peinlich berührenden Gefühlen, frag ich diese Lehrerin, warum eigentlich genau nur dieses einzelne Kind, gar nie schaukeln darf ? Antwort, es könne sich leicht selber durchsetzten = Mobbing ist also auch schon im Kindergarten, auch nur Chefsache.
Nun die Lehrer bewerten auch neu die Sozialkompetenz. Das 13 jährige Mädchen das sich umbrachte, da haben sie vom Mobbing nichts mitbekommen. Nun mit dem Lehrplan 21 wo man die Sozialkompetenz bewertet, wer bekommt jetzt das gut und wer das ungenügend? Das Mädchen welches sich nicht in die Mobbergruppe integrieren konnte? Oder die hinterhältigen Mobber? Zumal die Lehrerin ja vom Mobbing nichts mitbekommen hat. Gemoppte Kinder bekommen bald von der Schule noch eine klatsche.
Diese Erfahrung habe ich leider auch gemacht. Die Lehrpersonen bemühen sich nicht, das Mobbing zu unterbinden. Bereits unterdrückte und angeschlagene Kinder haben nun wirklich nicht die Chance, sich durchzusetzen zu lernen. Integration muss unbedingt im Kindergarten gelernt und gelehrt werden. Ich wäre sogar dafür, dass die Kinder in der Kindergartenzeit mit allen spielen lernen müssen. Nicht, dass das ungeliebte Kind als Bittsteller von Kindergruppe zu Kindergruppe gehen muss.
@Hefti
„Antwort, es könne sich leicht selber durchsetzten = Mobbing ist also auch schon im Kindergarten, auch nur Chefsache.“
Mobbing hat immer eine ‚vertikale‘ Kompontente, Herr Hefti. Immer, auch bei Erwachsenen.
Da fehlen mir echt die Worte ☹️
„Die Kinder verhielten sich ja eigentlich wie ganz normale Sechsjährige:“.
Jein. Die geschilderte Ausgrenzung sind typische Psychospielchen unter Mädchen. Kaum zu entdecken, schlecht zu ahnden, weil es eben zumeist nicht zu Raufereien kommt worauf die LP höchst sensibilisiert sind, und weil es oft ausserhalb des direkten Schulareals passiert. Kinder können sehr grausam sein. Klassische Konfliktlösungsprogramme greifen da oft zu kurz, weil sie eher auf anderes ausgerichtet sind. Sprich wenn das provozierte Kind irgendwann austickt und handgreiflich wird, interveniert man sofort, und selten interessiert sich dann jemand wirklich dafür, was zuvor unter dem Lehrerradar so alles vorausging.
Dass es bei den Kleinsten bereits beginnt ist richtig. Das Vorleben beginnt ja auch bei Geburt.
im text steht da aber etwas anderes.
ich finde gut, wenn schon augenrollen nicht mehr einfach so hingenommen wird, da fängts nämlich an.
natürlich probieren auch die kleinen aus, was welche wirkung hat. welche konsequenzen es hat ist ihnen aber ganz sicher nicht bewusst und darum kann man das weder mobbing noch bullying noch psychospielchen nennen. ich kann mich noch erinnern, als man mir erklärte was da läuft, da war ich etwa 10 und mir war das wirklich nicht bewusst bis zu dem moment. man muss die kinder wohlwollend darauf aufmerksam machen ohne sie blosszustellen
@Martin Frey und Sportpapi: MF ist der Meinung das Verhalten entspringe wesentlich der Erziehung, SP bezweifelt das.
An sich ein interessanter Diskussionspunkt!
Warum so giftig (zB. „Prise Stammtischpsychologie“) und herablassend (z.B. „seufz“) die Herren?
Danke für den Input, Papperlapapi. Sie haben recht.
Es ist ein bisschen wie beim Thema selber. Wenn man wissen will, wie es dazu kam, muss man den gesamten Verlauf anschauen.
Letztendlich ist die Beurteilung eine Frage der Perspektive. Aus Sicht der Verantwortlichen einer Schule geht es primär darum, dass „Ruhe“ herrscht, keine Interventionen notwendig sind oder gar negative Schlagzeilen und damit der Eindruck entstehen könnte, man habe Fehler gemacht resp. etwas sei entglitten. Oder anders gesagt, man schaut an die Manifestationen eines Falls heran, und versucht zu reagieren (meist: vermitteln).
Aus Sicht von betroffenen Eltern sowie der Leute, die ihnen professionell beistehen, ist sehr viel relevanter, wie es dazu kam, und was die pathologischen Mechanismen dabei sind.
@Papperlapapi: Ich hatte nicht zum ersten Mal den Eindruck, dass Martin Frey mich belehren wollte, ohne wirklich über mehr Wissen zu verfügen. Und manchmal reagiere ich dann nicht so souverän, wie man vielleicht sollte. Aber, da sind wir uns einig, es hat eben eine Vorgeschichte.
@Martin Frey: Ich nehme an, mit betroffenen Eltern meinen Sie die Eltern von Mobbing-Opfern? Warum sollte es für die relevant sein, wie es dazu kam, und nicht, dass das Problem gelöst wird und das Mobbing aufhört?
Die Fachleute, die ich kenne, setzen auf den No-Blame-Ansatz. Also das Gegenteil von dem, was Sie empfehlen, wenn ich das richtig sehe.
Aber meine Anmerkung bezog sich ja nicht auf die Intervention, sondern die zu simple Ursachenbeschreibung: Wie die Eltern, so das Kind.
@Sportpapi
„Ich nehme an, mit betroffenen Eltern meinen Sie die Eltern von Mobbing-Opfern?“
Ja, richtig.
„Warum sollte es für die relevant sein, wie es dazu kam, und nicht, dass das Problem gelöst wird und das Mobbing aufhört?“
Wenn das Problem so einfach lösbar wäre, wäre ihr Kind kein Mobbing-Opfer. Und es wäre meist mit etwas Mediation u. ä. getan. Bei richtigen Mobbingopfern jedoch sind die Eltern irgendwann völlig verzweifelt, die Kinder halb suizidal. Und spätestens dann wird es sehr wohl relevant, weshalb was wie passiert, was Opfer, und was Täter, sowie deren Familien welche Rollen spielen und welche Mechanismen wirken.
„Die Fachleute, die ich kenne, setzen auf den No-Blame-Ansatz.“
Wenn Sie von Schulsozialarbeitern und -psychologen reden, glaube ich Ihnen das gerne.
Ich erzähle jetzt mal eine kurze, aber illustrative Anekdote, der letzten Wochen:
Ein etwas linkischer, gut behütet aufgewachsener Unterstufenschüler wird systematisch nach allen Regeln der Kunst gemobbt. Bis hin zu „ich will nicht mehr in die Schule/will wegziehen/so nicht mehr leben“.
Wissen Sie, was die Mutter des Rädelsführers (ein dynamischer, schlauer, an sich gewinnender, jedoch hochmanipulativer Typ mit Engelsgesicht) zur Antwort gibt, als sie von den betroffenen Eltern konfrontiert wurde?
„Tja, mein Sohn ist halt ein Alphatier.“
Und jetzt wollen Sie mir sagen, das hätte alles nichts mit den Eltern zu tun?
Es hat wohl zu >90% mit den Eltern zu tun, wenn etwas in dem Alter gravierend schiefzulaufen beginnt. Da sind sich die Fachleute, die ich kenne, weitgehend einig.
Was ich sagen will: Der no-blame Ansatz ist nicht à priori falsch, aber ein Stück weit auch aus einer Not geboren, da Sie ausser bei Straftaten und angesichts von Eltern, die ihre Kinder noch so gerne decken wenn sie zu den Tätern gehören, sehr wenig in der Hand haben.
Denn Sie (immer aus der Sicht der LP) wollen ja primär die Situation des betroffenen Kindes verbessern und hoffen gleichzeitig auf ein positiveres Klassenklima, indem sie versuchen, destruktive Gruppendynamiken zu durchbrechen.
Das ist alles richtig. Nur soll das nicht dazu führen, dass wir hier im MB, oder in einem Gespräch mit den Betroffenen direkt, nicht ‚das Kind beim Namen‘ nennen.
Analyse ist das eine, für das Kind zielführende Massnahmen das andere. Das meinte ich mit verschiedener Perspektive.
@Sportpapi
@Martin Frey
ich kann verstehen weshalb man sich auf „no blame“-Ansatz fokussiert, es macht es vermeintlich einfacher und man wirkt sehr lösungsorientiert.
Damit das funktioniert braucht es eine Professionalität/Souveränität deren Vorhandensein ich aufgrund eigener und fremder Erfahrungen doch bezweifle.
Und, was ich sehr wichtig finde, es entbindet die Täter von jeglicher Einsichtnehmenmüssen da sie sich nicht wirklich mit den Auswirkungen ihrer Taten konfrontiert sehen.
Da man sich so aufs „Hauptsache gestoppt, und nun schauen wir vorwärts“ konzentriert.
Bei Mobbing braucht es oft Wurzelbehandlung, und ja, manchmal reichen diese bitteren Wurzeln bis ins Elternhaus.
@Sportpapi
für Viele ist es sehr hilfreich Abläufe/Hintergründe/Verlauf von Unrecht/Ungerechtigkeit zu erfahren.
Es hilft beim Verarbeitungsprozess, das Gefühl nur ohnmächtig zu sein, irgendeiner Willkür ausgeliefert wird ein bisschen kleiner.
Für das Mobbingopfer und sein nächstes Umfeld ist das sehr relevant, „no blame“ hin oder her.
@Martin Frey: Wir sprechen als von „richtigen“ Mobbingopfern. Aber auch dann sehe ich nicht, was es ihnen helfen soll, wenn sie wissen, dass die Mobber so sind, weil die Eltern halt auch so sind. Zumal ich mir die entsprechende Kommunikation praktisch sehr schwierig bis unmöglich vorstelle. „Wir haben das Gespräch mit den Eltern des Mobbers gesucht. Leider verweigern sie jede Zusammenarbeit…“
Und, verstehe ich Sie richtig: Schulsozialarbeiter und -psychologen, die von der Schule nicht zuletzt genau für solche Fälle eingestellt wurden, sind Ihrer Meinung nach nicht wirklich Fachleute? Wer dann?
Ich habe dazu auch noch zwei Anekdoten. Zwei Jungs der Unterstufe, die gemeinsam die halbe Schule aufmischen, und die ganz bewusst und zu zweit immer wieder einzelne Kinder aufs Korn nehmen, sie auf dem Schulweg abpassen, usw. Es laufen alle möglichen Abklärungen, mehrere Stellen sind involviert. Wissen Sie, wer am meisten unter der Situation leidet, weil das erzieherische Pulver längst verschossen ist, weil alle möglichen Massnahmen bereits erprobt wurden? Die Eltern. Deren andere Kinder, nebenbei, ganz anders auftreten.
Und der Mittelstüfler, der im Sporttraining immer gemobbt wird, weshalb die Eltern den Trainer bitten, ein Auge darauf zu halten. In der Folgewoche sind die „Mobber“ abwesend. Der Junge tut alles, dass er nun Reaktion von anderen Trainingskollegen auslöst…
Es gibt eben alles, und in eine systematische Analyse gehören noch ganz viele Faktoren mehr dazu als nur das einzelne mobbende Kind (und seine Eltern). Das mit den 90% Verantwortung der Eltern ist insofern sehr plakativ und vermutlich nicht zu belegen (ich lasse mich aber gerne belehren). Auch hier haben wir ja mehrere Beispiele gelesen von Eltern, deren Kinder plötzlich zu mobbenden Tätern wurden, obwohl vermutlich in der Erziehung nichts Wesentliches schief gelaufen ist, und im Vorbild schon gar nichts.
„Der no-blame Ansatz ist nicht à priori falsch, aber ein Stück weit auch aus einer Not geboren, da Sie ausser bei Straftaten und angesichts von Eltern, die ihre Kinder noch so gerne decken wenn sie zu den Tätern gehören, sehr wenig in der Hand haben.“
Man könnte auch sagen, es ist ein pragmatisch, meist wirksamer Ansatz. Offenbar der tauglichste. Zumal auch die Eltern nicht wirklich viel in der Hand haben, selbst wenn sie noch so sehr am gleichen Strick ziehen.
Eine Alternative haben Sie ja noch nicht angeboten. „Das Kind beim Namen nennen“ hilft ja offensichtlich nicht, ein Problem auch tatsächlich zu lösen. Schon gar nicht im Gespräch mit den Betroffenen.
@Brunhild Steiner: „Damit das funktioniert braucht es eine Professionalität/Souveränität deren Vorhandensein ich aufgrund eigener und fremder Erfahrungen doch bezweifle.“ Das ist gerade ziemlich dicke Post. Also sind die von den Schulen angestellten Fachleute mehrheitlich irgendwie unfähig?
Und die verwendete Methode sowieso untauglich, weil einfach irgendwie nicht richtig?
Gerne würde ich von Ihnen hören, wie denn eine solche „Wurzelbehandlung“ aussehen soll. Konkret.
Mir scheint, die Diskussion läuft ähnlich wie bei den Strafen für Delikte, die immer noch härter ausfallen sollen, bis hin zu langjährigen Gefängnisaufenthalten. Man weiss zwar, dass diese vielfach kontraproduktiv sind, dass die Gefahren für die Gesellschaft viel grösser werden, wenn man die Täter nicht gerade für immer einsperrt.
Aber es entspricht halt dem Gerechtigkeitsempfinden, und es tut den Opfern gut, wenn die Täter vor ihren Augen hart bestraft werden.
@Sportpapi
„Auch hier haben wir ja mehrere Beispiele gelesen von Eltern, deren Kinder plötzlich zu mobbenden Tätern wurden, obwohl vermutlich in der Erziehung nichts Wesentliches schief gelaufen ist, und im Vorbild schon gar nichts.“
Ich glaube mittlerweile, Sie wollen mich nicht verstehen. Wenn ich sagte, Mobbingsituation wie auch andere relevante Auffälligkeiten hätten mit den Eltern sehr direkt zu tun, habe ich damit nicht gesagt, dass deren Eltern auch Mobber sind. Und ich habe die Eltern von Mobbingopfern nicht ausgenommen. All das haben Sie reininterpretiert in Ihrem Furor.
Bei Opfern wie Tätern sehen Sie einfach ganz viele Muster und Mechanismen, wenn Sie wollen. Und oft sind sich die Eltern dieser Muster nicht bewusst. Denn kaum jemand züchtet einen Mobber gezielt heran.
@Sportpapi
„die immer noch härter ausfallen sollen, bis hin zu langjährigen Gefängnisaufenthalten.“
Ich wär schon zufrieden wenn der vorhandene Spielraum genutzt werden würde und nicht ums Mindestmass herum gefällt wird… .
Irgendwie sehe ich jetzt auch grad nicht wie „glimpflich davongekommene“ sich dann, weil sie grad nicht das härtere Mass kassiert haben, sich dann so bestens resozialisieren und nicht wieder straffällig werden. Jedenfalls nicht bei Gewaltdelikten.
@Sportpapi
/was ich bei Ihnen immer wieder herauslese, wie pickiert Sie reagieren, wenn es auch nur ansatzweise um die Schule geht. Daher auch Ihre etwas geharnischte Reaktion auf die m. E. völlig richtigen Einwände von BS, der Sie durch die Blume niedere Motive unterstellen.
Niemand hat gesagt, in der Schule hat es keine Fachleute. Aber Schulsozialarbeiter wie -psychologen sind Schulangestellte, ihre Loyalität gehört primär dem Schulbetrieb. Darunter gibt es hervorragende, wie auch Nilpen, wie in allen Berufen.
Meine Erfahrung, aber nicht nur meine, ist die, dass grundsätzlich die Opfer weichen müssen, nie die Täter, welche kaum je Konsequenzen zu tragen haben. Das ist nicht nur in der Schule so, dort aber auch. Persönlich halte ich das für falsch, BS offenbar auch.
/Wenn Sie schon den zweifelhaften Bogen zur Strafjustiz machen wollen, SP, dann müsste man die sehr strittigen ‚Sondersettings‘ wie im Fall Carlos als Bsp. heranziehen, respektive der fehlende Opferschutz. Da gäbe es wenigstens Parallelen, wenn auch gesuchte.
„„Das Kind beim Namen nennen“ hilft ja offensichtlich nicht, ein Problem auch tatsächlich zu lösen“
Wieder so eine unsägliche, rein schulbezogene Aussage. Dies ist im therapeutischen Setting sehr wohl relevant, wo Sie nie dabei sind und selber offentsichtlich keine Ahnung haben, dass Mobbingopfer manchmal ein Leben lang leiden. Denn wie BS es schön formulierte, „Hauptsache gestoppt, und nun schauen wir vorwärts“
Preisfrage: was war die Mutter in meinem Bsp. von Beruf? Und welche Konsequenzen hatte das wohl für das Opfer?
@Martin Frey: Hm. Dann habe ich in meinem Furor also nicht verstanden, dass sie mit „das Vorleben beginnt ja auch bei Geburt“ und „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ Täter und Opfer und ihre Familien gemeint haben. Liegt auch nicht gerade auf der Hand. Zumal Sie ja noch nachgelegt haben: „Wenn Sie wissen wollen, woher Kinder ihr Verhalten haben, und bei den klassischen Bullys die Eltern und das sonstige weitere Umfeld anschauen, wundert (zumindest) den neutralen Beobachter meistens wenig.“
Aber gut, habe ich alles ganz falsch verstanden.
Und nein, ich habe BS in keiner Art und Weise niedrige Motive unterstellt.
Aber natürlich habt ihr beide die Fachleute der Schule in Frage gestellt (BS: Professionalität/Souveränität bezweifelt). Und mit „ihre Loyalität gehört primär dem Schulbetrieb“ ja gerade wieder. Denn das würde heissen, dass sie entweder einen falschen Berufsauftrag hätten, oder unprofessionell arbeiten würden.
„Meine Erfahrung, aber nicht nur meine, ist die, dass grundsätzlich die Opfer weichen müssen, nie die Täter“. Das ist grundsätzlich eine schwierige Aussage. Denn natürlich braucht es im Schulumfeld sehr viel, bis ein Schüler die Klasse oder gar das Schulhaus verlassen muss. Auf der anderen Seite wird selbstverständlich kein Mobbing-Opfer gezwungen, die Klasse zu verlassen.
Meiner Erfahrung nach kommen Forderungen, Täter müssten bestraft werden bzw. so schnell wie möglich aus dem Umfeld des Opfers entfernt werden, jeweils sehr schnell. Die Behörden müssen hier umsichtig entscheiden, was sicherlich nicht einfach ist.
Zuletzt: Natürlich äussere ich mich klar zu Schulthemen. Während Sie eigentlich immer angeben, dazu nicht Bescheid zu wissen.
Ich äussere mich hingegen nicht zu Therapien. Ich gehe allerdings davon aus, dass die meisten Schul-Mobbingfälle in der Schule gelöst werden, und nicht zu Therapiefällen werden.
zur Preisfrage: Keine Ahnung. Ist das relevant?
@Sportpapi
Ja, Sie haben das verstanden, was Sie wollten. Aus Ihrer Perspektive, wie Sie es immer tun.
Ja, generelle Aussagen zu Vorleben und elterlicher Prägung lassen sich auf alle anwenden. Unsere Kinder sind immer auch unsere Produkte. Ja, Opferfamilien sind bei solchen Aussagen letztendlich mitgemeint, wobei ich damit kein victim-blaming mache wie Sie… „Der Junge tut alles, dass er nun Reaktion von anderen Trainingskollegen auslöst…“ sondern schlicht eine Realität beschreibe. Auch bei Opferfamilien gibt es sehr viele Mechanismen die es anzuschauen gilt.
Ja, mit dem letzten Zitat meinte ich Bully-Eltern. Das haben Sie durchaus richtig verstanden.
Nochmals die Frage, weshalb reagieren Sie bei dem Thema so pikiert? So „emotional“, um es mal so zu formulieren?
Doch SP, Sie können sich offenbar nicht vorstellen, dass es BS nicht um die Bedienung irgendwelcher Rachegelüste geht. Dass sie vielleicht einfach weiss, wovon sie spricht wenn sie sich so pointiert äussert, wenngleich sie sich ja meist bedeckt hält. Und das wohl nochmals aus einer anderen Warte als Sie und ich. Mich für meinen Teil interessiert das, was sie dazu zu sagen hätte.
Sie können sich offenbar auch nicht vorstellen, was es für Opfer von Mobbing oder sexuellen Übergriffen bedeutet, jeden Tag in die höhnischen Gesichter der Peiniger blicken zu müssen. Denn nein, selten wird jemand gezwungen, die Schule zu verlassen, da sind wir ja auch stolz drauf… Irgendwann ist einfach das Opfer nicht mehr da. Entweder weggezogen oder zb nach einem Suizidversuch in der Klinik.
@Martin Frey: Mag sein, dass ich auch mal emotional reagiere. Obwohl ich der Meinung bin, dass ich die Diskussion heute eigentlich sehr sachlich geführt habe.
Aber tatsächlich ärgere ich mich, wenn jemand mir laufend erklärt, er habe gar nicht gesagt oder gemeint, was da schwarz auf weiss steht. Und in überheblicher Art und Weise laufend zu verstehen gibt, das er in der Sache Experte sei, ich hingegen leider gar nichts verstehe. Wenn wenigstens von diesem Fachwissen etwas mehr als nur Anektdoten, Behauptungen und undifferenzierte Pauschalaussagen präsentiert würden. Aber bisher kam ja nur schlecht fundierte Kritik an der Schule und den Leuten, die dort arbeiten, aber keinerlei eigene Konzepte, keine best practice, keine evidenzbasierten Vorgehensweisen. Nichts.
„Und in überheblicher Art und Weise laufend zu verstehen gibt, das er in der Sache Experte sei, ich hingegen leider gar nichts verstehe.“
Sie können es einfach nicht lassen, SP, nicht wahr?
Dabei sind Sie es, der ausser persönlichen Diffamierungen nichts liefert, obwohl Sie sich ja beim Thema Mobbing in einer Expertenrolle sehen.
Loyalität ist ein zentrales Thema. Wie beim HR in Grossfirmen, oder beim Fliegerärztlichen Dienst sind die Loyalitäten auch bei Schulangestellten ambivalent. Sie machen bei Mobbing vieles richtig, manches aber auch falsch. Und wenn es falsch läuft, stehen Betroffene oft vor einer Wand der Ablehnung. Um diese Problematik zu verstehen, muss eine Mutter nicht mal Schulleiterin sein, die Frage nach der Relevanz beantwortet sich mit etwas Empathie von selbst.
@Martin Frey: Ich beschreibe, wie Ihre Gesprächsführung bei mir ankommt. Sie wollten doch die Dinge beim Namen nennen. Bei mir ist es also persönliche Diffamierung, bei Ihnen ist es eine absolut objektive Rückmeldung. Eben.
Und nein, beim Thema Mobbing sehe ich mich nicht in einer Expertenrolle, beim Thema Schule schon eher. Deshalb habe ich mich noch einmal schlau gemacht und mit dem „No-Blame“ Ansatz beschrieben, was aktuell von den Fachleuten in diesem Bereich propagiert wird.
Ein Ansatz, den Sie und BS für nicht so tauglich halten und kritisieren. Sie begründen das auch, allerdings ohne irgendwelche Hinweise auf konkrete andere Programme, auf Evidenz, etc.
Zudem sehen Sie Loyalitätskonflikte bei den von den Schulen angestellten Fachleuten.
Wer sollen denn die Experten sein?
Ich frage also noch eimmal, zum wiederholten Male, ganz sachlich nach:
Was ist das Ihrer Meinung nach richtige Programm für den Umgang mit Mobbing in den Schulen. Wo ist das beschrieben, auf welchen Grundlagen beruht es, welchen Erfolg hat es.
Offenbar ist dabei eine umfassende Analyse von Strukturen, Prozessen, Ursachen und Wirkungen nötig (auch wenn das „No blame“ widerspricht). Wie macht man das differenziert, ohne Victim Blaming, aber indem trotzdem die Zusammenhänge beim Namen genannt werden?
Und: Wer ist die richtige Fachperson, um ein solches Programm/eine solche Intervention in der Schule durchzuführen? Warum?
Und noch einmal: Was für Belege gibt es für die Loyalitätskonflikte von Schulfachpersonen?
Vor Jahren hier schon einmal erwähnt: ich habe einige Jahre im Auftrag von Schulen als externe Mediatorin bzw Psychotherapeutin im Rahmen eines Teams in Fällen von Mobbing, Aggressionen und Uebergriffen von seiten Schülern (Mittelstufe) gearbeitet. Vieles von dem, was BS und MF hier sagen, kommt mir ausgesprochen bekannt vor. Ich fasse mich kurz: ich habe unter anderem deshalb völlig desillusioniert das Handtuch geschmissen, weil ich vor allem auf der Schulseite gegen eine Wand der politischen Korrektheit gelaufen bin, die sich immer wieder hinter Begriffen wie Evidenz, Analysebedarf, Wissenschaftlichkeit versteckt haben, konkrete Lösungsvorschläge verpuffen liessen, so dass oft genug die Opfer weiterleiden mussten, ja schlimmer als vorher, denn sie waren jetzt auch noch Petzen!
/2 Vor lauter Strukturanalyse, vor lauter akademischischer Debatten darüber, wer denn nun die Hauptverantwortlichkeit trüge, geht oft komplett unter, dass schnelles und klares Handeln oft die einzige Sprache ist, die ein Mobber, ein auffälliges Kind, versteht – je länger die Erwachsenen diskutieren, verstehen, glattbügeln, desto mehr kann das Ganze systemisch werden bzw als Entschuldigung dafür dienen, einfach so weiterzumachen: für die Opfer eine unsägliche Zumutung.
Ich würde dringend dazu raten, hier mal den Elfenbeinturm zu verlassen und sich die Probleme mal aus den Augen eines Opfers anzuschauen – da kommt man von der geforderten wissenschaftlichen Ebene nämlich sehr schnell auf eine gefühlsmässig sehr betroffen machende………
Vielen Dank, Carolina! 🙂
Ich wollte eigentlich aus dieser Diskussion mit Endlosschlaufe aussteigen, denn ich kann schlicht nicht mehr. Diese Wand die Sie erwähnen zieht sich spürbar durch den ganzen Thread, der, meinte ich, für sich spricht.
Aber den Dank wollte ich noch loswerden.
Schönen Tag allerseits, explizit auch Ihnen, SP.
@Caro: Es geht doch nicht um wissenschaftliche Debatten. Und niemand hier ist gegen schnelles und entschlossenes Eingreifen.
Die Frage ist, was zu tun ist, und was die entsprechenden Empfehlungen sind.
Und wer etwas tun sollte, und mit wem.
Abgesehen davon halte ich nicht so viel davon, wenn die Mediatoren die Sache zu sehr und einseitig mit den Augen des Opfers sehen.
Was würdest du denn an Massnahmen ergreifen? Mit welchen Forderungen bist du im Schulumfeld aufgelaufen? Und: Ist die politische Korrektheit hier nicht auch gleichbedeutend mit dem gesetzlichen Rahmen? Man kann nun mal nicht die Schülerinnen und Schüler einfach vor die Türe stellen, weil man ihnen Mobbing unterstellt. Zumal man auch für sie verantwortlich ist. Also was tun, konkret?
SP: Auch wenn Dir das nicht gefällt, ich lasse mich auf Deine (rhetorischen?) Fragen nicht mehr ein, denn ich musste mich lange genug an genau diesen Einlassungen abarbeiten – und habe immer wieder gesehen und beobachten müssen, wie die Opfer im Stich gelassen wurden und das ganze Familien extrem belastet hat. Allein schon die Forderung nach einem festen Massnahmenplan scheint mir fehlgeleitet, wenn man sich nicht mal darauf einigen kann, ob man ’no blame‘ oder ‚blame‘ anwenden soll. Es wird sofort unterstellt, man wolle das betroffene Kind blossstellen bzw demütigen. So ein Blödsinn! Ueberlege Dir mal ganz kurz, wie unterschiedlich Du die Dinge ansehen würdest, wenn einer Deiner Söhne gemobbt würde – im Gegensatz zu den doch mehrheitlich akademischen Diskussionen, die meistens auch
/2 noch im Sande verlaufen. Eines meiner Kinder hat mal selber gemobbt – es hat lange gedauert, bis wir das überhaupt mitbekommen haben, denn von Lehrerseite ist gar nichts gekommen, obwohl das Verhalten beobachtet wurde. Gerade Lehrer beschweren sich doch gern darüber, dass Eltern sich permanent versuchen einzumischen: könnte es nicht sein, dass ein Mitgrund die Tendenz ist, totzuschweigen, laufenzulassen, zuzudecken? Wenn ich mich ungerechnet behandelt fühle, laufe ich auch Sturm!
Am Anfang muss immer, immer, immer eine klare Devise des KG/der Schule/jeder Institution stehen: Mobbing, Aggression wird in keiner Form geduldet. Und der Opferschutz muss an erster Stelle stehen – alles weitere folgt daraus.
@Caro: Ich stelle keineswegs rhetorische Fragen. Für mich ist klar, dass sich die Fachleute, und alle Leute, mit denen ich im Schulumfeld zu tun habe, auf „No Blame“ geeinigt haben. Und sie haben das gut begründet. Entsprechend schliesse ich mich dieser Haltung an. Und dabei geht es nicht in erster Linie darum, den Täter zu schonen, sondern in einer schwierigen Situation, die in der Regel nicht nur Täter und Opfer umfasst, eine nachhaltige Lösung zu finden. Eine mit gewissen Erfolgschancen. Es gibt nun mal genügend Literatur, die das Versagen der „Blame“-Methode bzw. von Strafen beschreiben. Auch wenn ich das selber kaum nachvollziehen kann.
Und entsprechend gehe ich davon aus, dass es Empfehlungen und Leitfäden für die Fachleute im Schulumfeld gibt. Konkret, nicht akademisch.
„Am Anfang muss immer, immer, immer eine klare Devise des KG/der Schule/jeder Institution stehen: Mobbing, Aggression wird in keiner Form geduldet.“
Niemand würde da widersprechen.
Und wenn Lehrer und Fachpersonen sich nicht kümmern, die Geschichte im Sand verlaufen lassen, dann ist das nicht ok. Das ist aber keineswegs das, was „No Blame“ bedeutet.
„Gerade Lehrer beschweren sich doch gern darüber, dass Eltern sich permanent versuchen einzumischen: könnte es nicht sein, dass ein Mitgrund die Tendenz ist, totzuschweigen, laufenzulassen, zuzudecken?“ Alles kann sein. Allerdings sehe ich diese Tendenz da, wo ich Einblick habe, nicht. Im Gegenteil. Aber natürlich das Bemühen, Probleme da zu lösen, wo sie entstehen. In der Klasse, auf dem Pausenplatz.
Hier noch, wie man Kindern und Eltern (und Lehrern) versucht zu erklären, wie der No Blame-Ansatz funktioniert. Eben nicht mit „unter den Deckel kehren“, sondern mit einer Fachperson, hier Lehrer, die sich kümmert.
https://www.fritzundfraenzi.ch/video/schulfrust/no-blame-approach-mobbing-im-klassenzimmer-auflosen
@Carolina
grosses Danke auch von mir!
@Sportpapi
„Abgesehen davon halte ich nicht so viel davon, wenn die Mediatoren die Sache zu sehr und einseitig mit den Augen des Opfers sehen.“
Interessant, aufgrund welcher Erfahrungswerte schliessen Sie dass Mediatoren die Sache zu sehr und einseitig mit den Augen des Opfers sehen?
Ist halt nicht so bequem wenn die „politische Korrektheit“ verlassen werden muss… .
2/
Hier sehe ich das Übel, sobald man sich mit dem Opfer quasi solidarisiert, sich für dessen Belange einsetzt, ist es ein „zu sehr“ und „einseitig“- und wehe man nennt Täter auch das was sie sind, nämlich Täter…;
und reiht sich nahtlos in x-Geschichten von Opfern aus anderen Gebieten wo Opferschutz versus Täterschutz steht, resp Opfer immer noch um ihre Rechte kämpfen müssen, die Täter hingegen eher nicht.
Interessant eigentlich auch, dass Sie dagegen verwahren die Professionalität der Schulpsychologen etc anzuzweifeln, Mediatoren gegenüber geht dann hingegen problemlos „die schlagen sich zu sehr auf die Opferseite“ durch die Tasten???
@Brunhild Steiner: Caro hat mich aufgefordert, mir die Sache mal aus den Augen eines Opfers anzuschauen. Ich schliesse daraus nicht, dass Mediatoren – und die von mir genannten Fachleute und eigentlich auch die Lehrer sind ja in dieser Funktion – die Sache zu einseitig sehen, sondern ich warne davor. Auch hier gibt es, ich wiederhole micht, meist nicht nur Täter und Opfer, sondern ganz unterschiedliche Rollen in der Klasse.
Ich weiss nicht, was der ständige Hinweis auf politische Korrektheit soll. Richtig ist, dass auch die Schule an Gesetze und Reglemente gebunden ist, und dass sie als integrative Schule für alle Kinder zuständig ist.
Was ist falsch daran, wenn diese Schule die beste Lösung sucht, um ein Problem zu beheben?
Ganz ehrlich, ich verstehe auch nicht, wie denn so ein Verstoss gegen politische Korrektheit aussehen soll. In einer Zeit, da jegliches „Vergehen“ in der Schule umgehend mit einem „Eintrag“ quittiert wird, der von den Eltern unterschrieben werden muss, ist klar, dass offen kommuniziert werden muss.
Andererseits sprechen wir immer noch von Kindergartenkindern, nicht von Schwerverbrechern, die man in einem öffentlichen Verfahren aburteilt.
Aber statt sich mittlerweile zu dritt bestätigen, dass es in den Schulen falsch läuft, warte ich immer noch auf die Vorstellung des „richtigen“ Ansatzes. Wer soll was tun? Wie sollen die Konsequenzen für den Täter sein? Gibt es Orte, wo das erfolgreich so umgesetzt wurde?
@Steiner
In meinen Augen veranschaulicht dieser Thread va eines: die Haltung, womit die Menschen im Rahmen der Volksschule oft konfrontiert sind, und woran sie mitunter verzweifeln.
Ich würde es lassen, es bringt nix.
@Martin Frey
ich weiss, es ist die bekannte Schlaufenspirale bei der ich versuche mich nicht mehr jedesmal hineinzuwerfen, hier gelingt es mir nicht so gut…
@Sportpapi
politisch korrekt ist bspw von „Rollen“ zu sprechen wenn es um Täter-Opfer geht!!!
Wenn es darum geht dass Kinder, die nicht dem üblichen Rahmen/Gewohnheiten entsprechen, ABER deswegen weder andere plagen noch den Unterricht stören oder irgendwie sonst destruktives Benehmen an Tag legen, in ihrer Persönlichkeit in Frage gestellt werden, ihnen vermittelt wird dass sie da eine „Rolle eingenommen haben die provozieren könnte“.
2/
Und dabei würde es einzig und allein darum gehen, dass sich diejenigen, welche sich von abweichenden Interessen die nicht dem Allgemeindurchschnitt entsprechen bedroht/herausgefordert fühlen („der/die ist anders, der/die ist nicht wie wir, was stimmt mit dem/der nicht!“), vor Augen halten: man muss längst nicht jeden mögen, aber jeden mit Respekt behandeln. Man kann und darf sogar jemanden superdoof finden, aber trotzdem anständig&höflich bleiben!
Das geht nämlich problemlos! Kein Grund deswegen das andere Kind zu drangsalieren&schikanieren.
3/
Massnahmen: bspw die Abläufe beschleunigen, Familienbegleitung/Elternberatung, Eltern ganz allgemein viel strenger einbinden können- beginnt für mich schon bei meiner Forderung dass mindestens ein Elternteil zwingend die Landessprache beherrschen können müsste, also schon lange im Vorfeld entsprechende Massnahmen festlegen.
Und tatsächlich, im Kindergarten werden manchmal schon die Weichen gestellt. Von einer langjährigen Lehrperson weiss ich dass spätere Massivmobber im Schulalter schon im Kindergarten diesbezüglich bekannt/auffallend waren- „aber es sind ja nur Kindergärtler, bitte nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen!“ Nein, nicht schiessen, aber gründlich vorgehen und nicht zuwarten! Siehe erwähnte Massnahmen.
@Steiner
„Von einer langjährigen Lehrperson weiss ich dass spätere Massivmobber im Schulalter schon im Kindergarten diesbezüglich bekannt/auffallend waren…“
Das ist fast immer der Fall und bezieht sich nicht nur auf Mobber, sondern auch auf Straftäter, dissoziale Personen usw. Fehlentwicklungen beginnen fast immer sehr früh, nur wird es meist lange banalisiert, verkannt und verwedelt, wie sie richtig anmerken. Schliesslich „sind es doch nur Kinder“ und wer will denen schon eine düstere Prognose anhängen… 😉 Was auch mit dem etwas eingeschränkten Gesichtsfeld zu tun haben mag. Trotzdem, oder gerade deswegen, scheint es eine Art Anspruch auf Deutungshoheit der Schulverantwortlichen zu geben, gegen die gemäss meiner Erfahrung oft schwer anzukommen ist.
MF / BS / Carolina:
hier ist ja von kindergärtnern die rede! hier darf man doch nicht von tätern sprechen. hier kann man noch einfluss nehmen auf entwicklungen und dieser einfluss muss dringend und zwingend integrativ sein. man kann kleinen kindern (aber natürlich auch grösseren und bei erwachsenen ist es immer noch so) sagen, dass sie sich falsch verhalten. aber wollt ihr ernsthaft 6jährige in eine lebenslange täterrolle stecken? mir graut bei der haltung ehrlich
@Brunhild Steiner: Zu Beitrag 1+2 habe ich wenig anzumerken und schon gar keinen Widerspruch. Ausser vielleicht, dass ich jetzt den Zusammenhang von politisch korrekt und „Rollen“ nicht so sehe.
Zu den Massnahmen: Ich glaube, da stossen Sie bei den Schulen offene Türen ein. Allerdings sind solche Zwangsmassnahmen nur schwer umsetzbar. Nur schon obligatorische Elternabende sind umstritten – wie auch alle anderen Vorgeben der Schulen, die Eingriffe in die Erziehungshoheit der Eltern bedeuten.
Dass teilweise bereits im Kindergarten die Weichen gestellt werden, ist eigentlich unbestritten. Die Frage ist ja auch nicht ob, sondern wie.
Und wenn Eltern nicht mitarbeiten, sind die von Ihnen angeführten Massnahmen eigentlich alle hinfällig. Also muss die Schule selber handeln.
@Martin Frey: Niemand zwingt Sie, mit mir zu diskutieren.
Aber wenn, dann wäre es zielführend, die eigene Perspektive einzubringen. Nicht mit Schlagworten und Anektdoten, sondern mit praktikablen Konzepten. Nach wie vor haben Sie ja nicht klar formuliert, was denn nun die Schulverantwortlichen aus Ihrer Sicht mit einem Mobber im Kindergarten anstellen sollen.
„scheint es eine Art Anspruch auf Deutungshoheit der Schulverantwortlichen zu geben, gegen die gemäss meiner Erfahrung oft schwer anzukommen ist.“
Wenn Sie dort einsteigen wie hier, indem Sie den Verantwortlichen der Schule ihre Kompetenz absprechen und nur kritisieren was angeblich alles falsch gemacht wird, dann wundert es nicht, dass es nicht zu einem konstruktiven „an einem Strick ziehen“ kommt.
@tina: Danke dafür. Manchmal wundere ich mich wirklich.
Und ich bedanke mich bei den Schulverantwortlichen, die einen unglaublichen Job machen, jeden Tag wieder. Die sich anstrengen, nach bestem Wissen und Gewissen, die sich bemühen, allen Kindern gerecht zu werden. Und die doch immer von aussen kritisiert werden von Leuten, die den Schulbetrieb nur am Rand erleben, weil sie entweder zu kleinlich und zu hart eingreifen, oder gerne „alles unter den Deckel kehren“. Weil sie die Kinder nicht Kinder sein lassen oder weil sie die Kinder zu wenig hart anpacken. Weil sie erziehen, was doch nicht ihre Aufgabe ist, oder nicht erziehen, was doch dringend ihre Aufgabe sei.
Weil die Schule separiert, wo doch alles „normal“ ist, weil die Schule integriert, zum Nachteil der „Guten“. usw.
tina, Ihr Einwand ist berechtigt – es ist tatsächlich so, dass sich meine Erfahrungen vor allem auf die Sek-Stufe beschränken. Allerdings haben wir damals im Team auch immer mal wieder Mediationsaufträge von den unteren Klassen bekommen.
Danke, Brunhild und Martin! Unterstreiche alles, was Sie sagen. Diese ewige Klarstellerei, diese ständige Diskutiererei über angeblich notwendige Differenzierungen (dieses Thema hatten wir ja schon öfter, SP, und ist wohl das, was BS unter ‚Schlaufe‘ versteht), ist exakt das, was uns so frustrierte: mit der Zeit wird alles beliebig, man darf einen Spaten nicht mehr einen Spaten nennen, weil sich irgendjemand auf die Füsse getreten fühlt, weil man sich angeblich sofort eines -ismus schuldig macht – während die Opfer hilflos auf Gerechtigkeit warten.
@tina
Es war nie die Rede davon, Kindergärtner in Täterschubladen zu stecken und dort festzuhalten. Aber nochmals, Fehlentwicklungen zeichnen sich oft früh ab. Retrospektiv sieht man bei den Fällen, wo die Schule mit ihren Konzepten eben scheitert, dass man zu dem Zeitpunkt falsch gehandelt hat, wo man die Weichen noch hätte stellen können.
@SP
Eigentlich waren Sie immer derjenige, der mich ansprach, aber item. Interessant auch, wie Sie jetzt Kreide fressen.
Die Leute nehmen bei Problemen die Schule leider manchmal so war: etwas selbstgerecht und herablassend, in einer wirsindhierdieprofiswaswagstdu-Attitüde, bei Bedarf mit ein bisschen pseudowissenschaftlichem Namedropping, um dann die Kritiker, die unbeeindruckt sind, runterzumachen anstatt sich selbstkritisch und offen zu geben.
@tina
ich denke die Diskussion hat das Blickfeld schon längst ausgeweitet; es geht mir nicht um Kriminialisierung, aber um verhindern dass „es sind ja nur Kinder (Kindergärtler)“ zu lange geleiert wird.
Denn irgendwann sind die lieben Kleinen eben nicht mehr besonders klein… .
@alle
wenn ich mir die ETH-Anti-Mobbing-Plakatkampagne (auf deren Campus) vor Augen führe, dann zeigt das doch deutlich dass irgendwie was bös in Schieflage ist.
Zwischenmenschliche Selbstverständlichkeiten unter dem Titel „Höflichkeit, Freundlichkeit, Anstand“ müssen Akademikern und werden-Wollenden per Plakat in Erinnerung gerufen sein?
Und diejenigen welche das eigentlich aufrütteln sollte, waren in ihrer Schulzeit alle unauffälliger Durchschnitt?
@Caro: Entweder willst du diskutieren, oder du willst nur in deinem Kreis gegenseitig Schultern klopfen und eigene Vorurteile bestätigen.
Aber gut, du wolltest ja gar nicht diskutieren, da meine Fragen ja sowieso nur „rhetorisch“ sind und meine Diskussionbeiträge „Schlaufen“.
Aber gut, dass du wenigstens tinas Einwand für berechtigt hältst, die im Wesentlichen das gleiche sagt wie ich.
Aber wenn du ernsthaft etwas beitragen wolltest, dann red doch mal Klartext, aus deinen einschlägigen Erfahrungen. Genau das ist es doch, was ich schon lange einfordere.
Also, wie geht man mit einem Mobber um. Ganz konkret. Was ist die Massnahme, die du jeweils vorgeschlagen hast. Und warum wurde sie nicht umgesetzt? Von wem (Funktion)?
@Martin Frey: Ich fresse keineswegs Kreide. Aber im Bestreben, hier nicht der Esel zu sein, versuche ich den Disput wieder auf die sachliche Ebene zurückzuführen. Und frage deshalb schon zum wiederholten Male nach, was denn konkret Ihr Vorschlag wäre, wie mit Mobbern im Kindergarten und der Schule umzugehen wäre. Mal so, dass wir es unzweifelhaft richtig verstehen, dass nicht wieder alles ganz anders gemeint war, oder „nie die Rede davon“ war.
@SP
Wir alle wohl wären schon damit zufrieden, dass Ihre Bekenntnis zur Carolinas Statement nicht über Lippenbekenntnisse hinausgingen:
„Am Anfang muss immer, immer, immer eine klare Devise des KG/der Schule/jeder Institution stehen: Mobbing, Aggression wird in keiner Form geduldet.“
„Niemand würde da widersprechen.“
Tun Sie aber, haben Sie auch in diesem Thread getan. Es hapert nämlich nicht selten schon auf dieser Stufe, denn diese hier geäusserte Zero Tolerance Haltung läuft der No Blame Philosophie ein Stück weit zuwider.
Mobbing, wie auch andere inakzeptable Verhaltensweisen soll man auf jeder Stufe als das benennen was es ist; Täter als Täter bezeichnen, und Opfer als Opfer. Wenn wir über diesen kleinsten gemeinsamen Nenner uns nicht einigen, erübrigt sich jede Diskussion.
Kinder brauchen klare Leitplanken: Aktionen wie systematisches Mobbing, oder auch sexuelle und andere Uebergriffe, brauchen dringend zeitnah spür- und messbare Konsequenzen. Das ist auf jeder Altersstufe die Regel. In Fällen von zb. häuslicher Gewalt werden heute auch die Täter aus dem System genommen und wenn nötig weggesperrt, und nicht im System belassen um vielleicht ein paar Monate später eine Familienaufstellung o.ä durchzuführen.
Dafür müssen Sie mit Tätern und Opfern intensiv schaffen, und ganz entscheidend, frühzeitig erkennen, wenn etwas Ihre Fähigkeiten/Kapazitäten/Horizonte übersteigt. Sobald man die eigenen Grenzen erkennt hat, muss man frühzeitig externe Hilfe holen.
Die Fachleute der Schule sind da quasi die Grundversorger, das wichtige Frühwarnsystem.
/Die Eltern aller Beteiligten sollen, soweit möglich, frühzeitig mit in die Verantwortung mit eingebunden werden, und jeweils unabhängig abgeklärt werden. Was helfen kann, und ggf. durch den Opferschutz erforderlich wird: Nicht die Opfer aus ihrem Umfeld entfernen wie es ja meist geschieht (und mit dem diese sehr hadern), sondern die Täter. Zudem Weiterweisung an eine externe Therapie, ggf. die Familie für eine Intensivabklärung. Die klassischen Bullys sind ja meist umgeben von ein paar Wasserträgern die sie stark erscheinen lassen. Wenn Sie den Kern der destruktiven Dynamiken angehen, haben Sie wenigstens eine Chance, das zu lösen. Zum Wohle letztendlich aller. Denn spätestens an dem Zeitpunkt wird keine Mutter mehr höhnisch etwas von „Alphatierchen“ schwadronieren…
„Mobbing, wie auch andere inakzeptable Verhaltensweisen soll man auf jeder Stufe als das benennen was es ist; Täter als Täter bezeichnen, und Opfer als Opfer. Wenn wir über diesen kleinsten gemeinsamen Nenner uns nicht einigen, erübrigt sich jede Diskussion.“
ja zum glück sehen das nciht alle so. sogar noch bei erwachsenen gibt man den integrativen ansatz ja zum glück nicht auf. und warum? weil wir sowieso mit den menschen zusammenleben. man muss darum versuchen, ein „wir“ hinzubekommen.
wenn du kindergärtner schon als täter bezeichnest kannst du sie ja auch gleich erschiessen lassen
@tina
Wenn man die Fakten und Rollen klar benennt, nimmt man deswegen nicht Abstand von einem integrativen Ansatz, im Gegenteil. Jedoch ist das, was Sie hier beschreiben/wünschen, ein Verwischen jeder Grenzen und Schuldfragen, was iaR auf ein Victim Blaming hinausläuft. Dies ist auch die Gefahr beim No Blame Prinzip, welches eher für leichtere Fälle geeignet ist.
Denn im Gegenteil, auch bei erwachsenen Straftätern läuft man sehr gut mit dem Ansatz, dass sich die Leute mit ihren Taten wie auch dem ihren Opfern schonunglos auseinandersetzen zu müssen. Mehr verlangt primär mal niemand.
Wenn Ihnen das aber schon zuviel des Zumutbaren ist, ja dann wird es schwierig. Kein Wunder, geht man dann irgendwann davon aus, dass man Tätern und ihren Familien ja nicht zuviel zumuten darf… 😉
@Martin Frey: Danke für dieses klare Statement.
„Tun Sie aber, haben Sie auch in diesem Thread getan.“ Ich hoffe nicht.
„Denn diese hier geäusserte Zero Tolerance Haltung läuft der No Blame Philosophie ein Stück weit zuwider“. Sehe ich nicht so.
„Mobbing, wie auch andere inakzeptable Verhaltensweisen soll man auf jeder Stufe als das benennen was es ist; Täter als Täter bezeichnen, und Opfer als Opfer.“ Das ist offensichtlich nicht der kleinste gemeinsame Nenner. Vielleicht in der Analyse, aber weniger im Lösungsprozess.
Aber genau um diesen Punkt sollte ja intensiv diskutiert werden. Andererseits bleibt die Frage, ob man lieber Probleme (öffentlich) benennen, oder sie lösen möchte.
„Kinder brauchen klare Leitplanken: Aktionen wie systematisches Mobbing, oder auch sexuelle und andere Uebergriffe, brauchen dringend zeitnah spür- und messbare Konsequenzen.“ Einverstanden.
Aber: Im Kindergarten „Täter aus dem System nehmen“, was heisst aus dem Kindergarten, später aus der Schule? Und das zeitnah, also ohne saubere Abklärung? Das ist nicht so einfach und nur die allerletzte Option. Ein Hinweis, was gemäss Gesetz geht, und was nicht, findet sich z.B. hier: „Kanton Zürich Bildungsdirektion Volksschulamt: Schulpflicht, Disziplinarmassnahmen und Elternpflichten.“ So oder so ist es immer ein ganz schwieriges Abwägen, die angemessene Reaktion zu finden. Und natürlich habe auch die Eltern der „Täter“ Einsprachemöglichkeiten.
„Sobald man die eigenen Grenzen erkennt hat, muss man frühzeitig externe Hilfe holen.“ Richtig. Nur bei wem?
„Die Fachleute der Schule sind da quasi die Grundversorger, das wichtige Frühwarnsystem.“ In der Schule sind es zunächst in mittlerweile jeder Klasse mehrere Lehrer/innen, die sich um die Kinder kümmern, und die zunächst zuständig sind. Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen sind dann schon die eigentliche Fachinstanz, eben die externe Hilfe. Evtl. gibt es dazu ein weiteres Coaching-/Supervisionssystem.
Welches wären denn die Spezialisten für Mobbing in der Schule, die zusätzlich beigezogen werden (sollten)?
„schon im kindergarten auffällig“ sind aber auch menschen, die später aussergewöhnliches leisten im positiven sinne. „auffällig“ wird hier so negativ dargestellt. das ist das gegenteil von „neutral-beobachtend“.
man kann sagen, rückblickend findet man immer anzeichen. aber dann fallen mir all die fälle ein, bei denen niemand anzeichen bemerkt hätte. ganz im gegenteil sind es oft sehr unauffällige, zurückgezogene, anständige menschen, denen später sicherungen rausknallen. also kurz: das ist der falsche ansatz und führt zu nichts.
ohne eine positive (in dem fall integrativ) grundhaltung wird es mit garantie auch negativ rauskommen.
Ah, noch ein dritter Teil.
„Die Eltern aller Beteiligten sollen, soweit möglich, frühzeitig mit in die Verantwortung mit eingebunden werden.“ Das macht man üblicherweise, obwohl Mobbing-Experten das eher nicht empfehlen.
„und jeweils unabhängig abgeklärt werden.“ Fachjargon? Eltern werden abgeklärt?
Die Anordnung einer Therapie, ich habe es oben schon erklärt, ist sehr schwierig, wenn die Eltern nicht einverstanden sind. Der Schulausschluss (Versetzung in ein anderes Schulhaus, Time out) ebenso, und an klare rechtliche Vorgehensweisen gebunden. Die Mutter, die nicht nur ein Alphatierchen hat, sondern vielleicht selber auch eins ist, wird nämlich sicherlich die entsprechenden Rechtsmittel ergreifen. Und die Angemessenheit hinterfragen.
„Wenn Sie den Kern der destruktiven Dynamiken angehen, haben Sie wenigstens eine Chance, das zu lösen.“
Hm. Der No Blame-Ansatz gilt nach meinem Wissen eigentlich als erfolgsversprechendster Ansatz, das Problem zu lösen.
Aber es gibt sicherlich eine Exkalationsstufe, in der Täter benannt und entfernt werden müssen. Ob sie allerdings dann in externer Therapie wirklich wieder auf die Spur gebracht werden können, ist dann auch offen – dass Gefängnisse bei Verbrechern nicht unbedingt die beste Wirkung haben, ist ja beispielsweise auch bekannt.
So oder so glaube ich kaum, dass wir solche extreme Formen im Kindergarten antreffen werden.
@Sportpapi
„Schulpsychologen sind dann schon die eigentliche Fachinstanz, eben die externe Hilfe.“
Nein, sind sie nicht, mit Verlaub. Dafür sind sie oft auch nicht ausgebildet, und nochmals, sie haben eine geteilte Loyalität als Schulangestellte, darauf muss ich einfach nochmals zurück kommen. Es gibt natürlich unter den Schulpsychologen sehr fähige, wir haben zb. bei uns jemanden von dem ich, auch angesichts seiner Ausbildung, einen guten Eindruck habe. Und dann gibt es eben auch die anderen.
Nein, externe Hilfe heisst Spezialisten auf dem Gebiet, heisst eben zb. auch Intensivabklärungen in den Familien (wie zb. bei Gefährdungsmeldungen wegen Vernachlässigungen/Kindsmisshandlung uä.), kinder- und jugendpsychiatrische Abklärungen etc., sprich von Leuten die nichts anderes machen.
Noch ein Nachtrag zur letzten Wortmeldung von Martin Frey: Der Begriff Mobbing wird ja in letzter Zeit inflationär gebraucht. Das im Ursprungstext beschriebene Mobbing ist ja sicherlich den „leichteren Fällen“ zuzurechnen, also dem, was in der Schule (und vor allem Kindergarten) wohl die Mehrheit ist. Ich glaube nicht, dass wir alle von den schlimmsten, schwersten Fällen gesprochen haben in der Diskussion…
Und das „Victim-Blameing“ wird meine Meinung nach aktuell auch viel zu absolut überall eingeworfen. Als ob die Opfer absolut nie irgendetwas zu einem Prozess beitragen würden. In meinem oben angetönten Fall ging es um einen Jungen, der absichtlich immer wieder die anderen und den Unterricht massiv störte, bis es den Kollegen zu viel wurde. Und sie reagierten.
@Sportpapi
„In meinem oben angetönten Fall ging es um einen Jungen, der absichtlich immer wieder die anderen und den Unterricht massiv störte, bis es den Kollegen zu viel wurde. Und sie reagierten.“
Wen dem so war, dann ist das kein Mobbing in eigentlichem Sinne. Ja, jede ernsthafte Abklärung zieht immer auch das Umfeld mit ein, Familie inklusive. Und eben, dort werden Sie bei den dysfunktionalen Mechanismen meist fündig (ich bringe den mit dem Apfel jetzt nicht nochmals, SP 😉 ).
Mir ist klar, dass ein gesetzlicher Rahmen besteht. Und dass uneinsichtige Eltern keine Hilfe sind. Aber ihnen muss klargemacht werden, dass sie so Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind. Dass auch ihr Kind ein Problem hat, und nicht nur vordergründig das Opfer.
@Sportpapi
In schweren Fällen hat die Schule aber durchaus eine Handhabe, so wie es die Behörden bei Gefährdungsmeldungen auch haben. Eltern, so unkooperativ sie auch sein mögen, haben zumeist ein Mindestinteresse daran, dass ihre Kinder die Schulausbildung beenden können. Was m. E. sicher zu selten gemacht wird: derart notorisch auffällige Schüler in andere Schulhäuser versetzen, weg von ihrer Clique, weg von ihren Opfern. Und das, SP, wäre einfach. Das wird ja schon permanent mit „normalen“ Schülern gemacht, und wenn überhaupt lapidar mit Kapazitäten u.ä begründet.
@tina
„also kurz: das ist der falsche ansatz und führt zu nichts.“
Ja dann, wenn Sie das sagen… 🙂
alsob ich nicht auch noch andere sachen gesagt hätte MF. und begründet.
schau mal dein gehabe unter deinem fachmännischen auge an. man könnte meinen es ist ein lehrstück
@Martin Frey: Die „geteilte Loyalität“ sehe ich hier nicht. Zumal die Schule ja gar nicht Partei ist.
Und ja, in allen Berufsgattungen gibt es solche und andere. Wobei bei der Bewertung ja jetzt nicht mein Eindruck wirklich zählt.
Die Schulsozialarbeiter sind Spezialisten auf dem Gebiet, und ihr Tätigkeitsfeld ist vermutlich nicht breiter als das eines Kinderpsychiaters. Es ist also eigentlich eine intensive Zusammenarbeit anzustreben in einzelnen, insbesondere sehr schweren Fällen. Ich gehe allerdings nach wie vor davon aus, dass die meisten Mobbingfällen in der Schule auch dort gelöst werden, und nicht zu umfassenden psychiatrischen Abklärungen führen. Nur schon, weil damit viele Familien auch nicht einverstanden wären, und eine Verpflichtung nur in schwersten Fällen denkbar ist.
Zum „kein Mobbing im engeren Sinne“. Nun ja, da sind die Übergänge wohl fliessend. Es findet jedenfalls Mobbing statt, wird aber vom Opfer tatsächlich tatkräftig provoziert. So ist die Situation doch relativ oft. Hier aus politischer Korrektheit (jetzt darf ich auch einmal) darauf zu verzichten, die Mitwirkung des Opfers anzusprechen, halte ich für grundfalsch, zumal hier ja auch eine Eingreifoption liegt.
Dysfunktionale Mechanismen findet man vermutlich in allen Familien, wenn man danach sucht. Ich kenne allerdings Fälle, in denen immer wieder nur eines von mehreren Kindern der Familie auffällig ist. Ob da eine Familientherapie zielführend ist, weiss ich nicht.
Zum letzten: Es gibt einen Widerspruch zwischen notorisch auffällig und schnellem Handeln.
Man kann nicht im Kindergarten bereits mit dem vollen Repertoire einfahren, nur weil da wie beschrieben leichtere Mobbingfälle vorfallen. Es gibt eine Eskalation, und die Massnahmen werden entsprechend immer intensiver.
Im Nachhinein zu sagen, man hätte viel früher eingreifen sollen, weil die jugendlichen Straftäter bereits als Kinder auffällig waren, ist eine einfache und verzerrte Sichtweise. Ganz viele auffällige Kinder kommen ja, mit etwas Hilfe oder nicht, durchaus auf den rechten Weg. Eine Massnahme muss also immer angemessen sein.
Eine Versetzung in ein anderes Schulhaus ist dabei bereits ein starkes Zeichen. Und es hat vielfach nicht nur die gewünschte Wirkung.
@Sportpapi
„Es findet jedenfalls Mobbing statt, wird aber vom Opfer tatsächlich tatkräftig provoziert.
So ist die Situation doch relativ oft.“
Damit bin ich nicht einverstanden und genau um diesen Punkt geht es mir ua besonders.
Das zumindest teilweise Abschieben der Verantwortung auf das Opfer.
In Ihrem geschilderten Fall müsste man sich eher fragen warum diesen Störmanövern dermassen lange zugesehen worden ist,
die Lehrerschaft nicht konsequent durchgegriffen hat.
2/
„in denen immer wieder nur eines von mehreren Kindern der Familie auffällig ist. Ob da eine Familientherapie zielführend ist, weiss ich nicht.“
Das hat sogar einen Namen und nennt sich, (oder hat sich zumindest mal so genannt) „Symptomträger“,
und wenn es ein Symptomträger ist dann lohnt sich eine Familienbegleitung durchaus,
da die Mechanismen meist nicht so offensichtlich da liegen.
und noch eine ganz andere Frage,
könnte man diese Fortsetzung beim Verlaufbeginn weiterabhandeln?
Das runterscrollen ist allmählich mühsam; wenn auch immer noch dieser Mühe wert.
Schönes Wochenende allen!
Ich wollte gestern weiterschreiben, bin aber unterbrochen worden. Angesichts dessen, wie es hier weiterging, dann nur noch abschliessend folgendes:
Für mich gibt es gar keine Frage, dass die Eltern in jedem Fall in die jeweiligen Prozesse miteinbezogen werden müssen, sowohl beim Opfer als auch beim Täter. Ich weiss von Kindergärten (pre-schools) in meiner Heimat, in denen Eltern vor Eintritt einen Rahmen und einen Regelkatalog erhalten. Dazu gehört, dass sie immer erreichbar sind und sich einer Kommunikation mit KG/Schule nicht entziehen dürfen. Das ermöglicht, vor allem im Kindergartenalter, klare Vorgaben, relativ niederschwellige Interventionen, die oft mit einem Gespräch aus der Welt geräumt werden können. Ueber allem steht von Anfang an, dass niemals das Recht des Stärkeren
/2
gelten darf, dass alle, egal welcher Hautfarbe, Religion, Ethik etc gleichwertig sind. Es gilt von Anfang an eine low-tolerance-Politik, die sozusagen von unten (pre-school-level) nach oben mitwächst (und übrigens ad nauseam immer und immer wieder wiederholt wird). Die Vorgaben werden stärker und fordernder, je älter ein Kind wird. Ob ein Kind Täter oder Opfer genannt wird, scheint mir in diesem Zusammenhang eher von semantischem Interesse – man hat sich aber darauf geeinigt, den Opferschutz an vorderste Stelle zu setzen und, wenn notwendig, den Täter aus dem System herauszunehmen. Dem gehen viele Gespräche, Warnungen, Abklärungen voraus, die aufwendig sind – und bei denen versucht wird, die Würde der Beteiligten zu wahren.
Ich glaube kaum, dass dieses System perfekt ist –
/3 schon deshalb, weil die oberste Prämisse der Gleichwertigkeit aller jedes Problem individuell gelöst wird.
Aber es ist ein Ansatz, der vor allem vor einem multikulturellen Hintergrund valide ist.
Was mein Team und mich am meisten beelendet hat und letztlich zu unserem Rückzug geführt hat, waren zum Dogma erhobene angebliche Wahrheiten, wie z.B. dass man durch reine Benennung (Opfer/Täter) schon Integrität verletzt oder dass die Eltern praktisch keine Rolle spielen (weil nicht alle Kinder einer Familie auffällig sind??). Es ist extrem wichtig, sich eine gewisse Flexibilität zu bewahren, sich vor Pseudo-Wahrheiten zu hüten, denn nichts ist in Stein gehauen. Abläufe können auch mit viel Platz nach oben und unten und rechts und links geplant werden und schaffen dann mehr Vertrauen.
Erneuten Dank, Carolina, kann ich vorbehaltlos unterschreiben.
@Sportpapi
Daher nur noch kurz:
„Die „geteilte Loyalität“ sehe ich hier nicht. Zumal die Schule ja gar nicht Partei ist.“
Das ist entweder naiv oder Ausdruck einer Voreingenommenheit durch fehlende Distanz. HR Mitarbeiter einer Firma geben den MA auch vor, für sie da zu sein, ihre Interessen zu vertreten. Wer glaubt das vorbehaltlos, nur weil die das sagen? 😉
Die Schule ist immer auch Partei, meistens eine dritte, manchmal zweite Partei, so zb in dem von mir extra deswegen erwähnten Fall. Sie haben dabei wohl entscheidendes überlesen, SP.
Schulinteressen sind oft etwas anders gelagert als die der jeweils betroffenen Parteien, idealerweise bringt sie sich aber sehr konstruktiv ein.
Schönes Wochenende allerseits!
natürlich ist es ein riesen unterschied, ob man als fachperson zum thema mobbing arbeitet oder wie ich einfach mutter ist.
im kindergartenalter kann man kaum von mobbing sprechen, da sind wir eher auf der stufe des angesprochenen augenrollens. oder jemanden nicht mitspielen lassen, tuscheln, hänseln. hier geht es um gruppendynamik, zugehörigkeitsgefühl. genau, leitplanken: dafür sorgen, dass kinder die möglichkeit haben, ein teil der gruppe zu sein. man muss als kind fehler machen können ohne dass man disqualifiziert und eben ausgeschlossen wird (also genau das, was dem kind als mobbing vorgeworfen wird), zur gruppe der täter.
ähnlich beim wort dysfunktion: wer einen kranken elternteil hat gehört zu den dysfunktioalen. hauptsache funktion.
es ist ja nun beileibe nicht so, dass jungs generell irgendwie fair 1:1 kumpelhaft eins auf die nase geben würden und gut ist. auch jungs bilden gruppen und schliessen aus, degradieren. nur in der tendenz neigen mädchen nicht auch noch zu handgreiflichkeiten.
und so ist das auch unter erwachsenen. bin gerade aktuell mal wieder damit konfrontiert, wie erwachsene männer im team miteinander umgehen.
„Dass es bei den Kleinsten bereits beginnt ist richtig. Das Vorleben beginnt ja auch bei Geburt.“
Also haben es die Mobber eigentlich bei den Eltern gelernt?
Das glaube ich nicht!
„Also haben es die Mobber eigentlich bei den Eltern gelernt?
Das glaube ich nicht!“
Sie können gerne glauben was Sie wollen, SP. Aber in der Erwachsenenwelt sind dieselben Typen, dieselben Mechanismen zuhauf anzutreffen. Und Sie kennen folgendes Sprichwort sicher auch: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“ 😉
Sie haben das Verhalten nicht unbedingt von den Eltern gelernt, aber die Eltern haben das Verhalten zumindest durchgehen lassen.
Ist es nicht so, dass Mobber sehr oft auch zuhause die Familienmitglieder drangsalieren.?Und anstatt das Problem dann an der Wurzel anzugehen, wird entweder nachgegeben oder es gibt einen Chlapf an Grind…?
@Martin Frey: Jetzt noch eine Prise Stammtischpsychologie? Es geht nicht darum, dass es auch in der Erwachsenenwelt „dieselben Typen“ gibt. Sondern woher Kinder ihr Verhalten haben. Und da ist es nun mal nicht so simpel und Ihre Aussagen sind schlicht eine Frechheit gegenüber Eltern, die sich sehr darum bemühen, ihre Kinder auf dem richtigen Weg zu halten (und es gelingt doch nicht immer).
@tststs: Auch das „zumindest“ stimmt doch nicht. Da macht man es sich zu einfach.
Letztlich sind Kinder auch einmal eigenständige Personen, die früher oder später auch selber Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen müssen. Nicht alles kann zu Hause vorgezeigt und erzogen werden. Bzw. nicht immer wirkt das.
@Sportpapi
Apropos Stammtisch, „Das glaube ich nicht!“ war auch noch nie ein wahnsinnig gutes Argument. 😀
Auch wenn Sie SP, das öfters in die Runde werfen.
„Es geht nicht darum, dass es auch in der Erwachsenenwelt „dieselben Typen“ gibt. Sondern woher Kinder ihr Verhalten haben.“
Sie sagen es (unfreiwillig) ja selber. Wenn Sie wissen wollen, woher Kinder ihr Verhalten haben, und bei den klassischen Bullys die Eltern und das sonstige weitere Umfeld anschauen, wundert (zumindest) den neutralen Beobachter meistens wenig.
@Martin Frey: „Das glaube ich nicht“ ist ja auch kein Argument, sondern eine persönliche Beurteilung. Und damit etwas weniger scharf wie Ihre Behauptungen, die ja auch nur auf persönlicher Einschätzung beruhen, aber als Tatsachen verkauft werden
Sie sehen sich da als „neutralen“ Beobachter? Für mich tönt das eher nach ganz vielen Vorurteilen.
Natürlich gibt es Kinder, deren Fehlverhalten auf dsa Vorbild der Eltern und falsche oder fehlende Erziehung zurückgeführt werden kann.
Es gibt aber auch ganz viele andere, in beide Richtungen.
Die Frage sei erlaubt, SP, weshalb Sie sich so auf den Schlips getreten fühlen? „Stammtischpsychologie“, „Frechheit“, „Vorurteilen“, Sie werden wieder mal ganz schön persönlich. Wohingegen ich bei Ihnen zumindest den Ansatz an Argumenten vermisse.
Wissen Sie, ein „neutraler“, analytischer Beobachter zu sein ist Kernelement meines Berufes, sonst könnte ich meine Arbeit nicht machen. Und was die Rolle des elterlichen Umfeldes bei der Entwicklung solcher Kinder angeht, können Sie gerne jeden Kinder- und Jugendpsychiater Ihrer Wahl fragen. Aber wahrscheinlich glauben Sie denen auch nicht, falls die etwas sagen sollten was grad nicht in Ihr Weltbild passt.
@Martin Frey: „Die Frage sei erlaubt, SP, weshalb Sie sich so auf den Schlips getreten fühlen?“
Ich lasse mich nun mal nicht gerne auf eine solche Art belehren. Zumal ich nur meine Meinung geäussert habe, während Sie offenbar ganz genau wissen, was Sache ist.
Und diese Ihre Meinung alles andere als „neutral, analytisch beobachtend“ ist.
Ich weiss auch nicht, ob Kinder- und Jugendpsychiater hier die Fachinstanz sind (ist das Ihr Job?). Der Schulsozialarbeiter, mit dem ich mich diese Woche ausführlich unterhalten habe, hat jedenfalls nicht pauschal diese Haltung vertreten. Und die Schulpsychologin, mit der ich mich regelmässig austausche, auch nicht.
Es sei die Frage erlaubt, um bei Ihrer Wortwahl zu bleiben, warum Sie in gewissen Gebieten immer pauschalisieren müssen.
@Sportpapi
Seufz…
Wer um Himmels Willen hat Sie denn belehrt? Ich womöglich? Wo denn? Sie wurden ja nicht mal angesprochen. Sie sind trotzdem grad mal so richtig eingefahren und haben ausgeteilt, auf persönlicher Ebene notabene.
Daher nochmals in aller Ruhe, wenn Sie andere Ansichten zu einem Thema haben, bringen Sie sich bitte ein. Idealerweise konstruktiv und mit den sachlichen Argumenten unterlegt, die Sie nach wie vor vermissen lassen. Ohne Nachtreten, wie Sie es offenbar grad nicht lassen können.
@Martin Frey: Ich habe eigentlich nur zu einem heiklen Punkt angemerkt, dass ich anderer Meinung bin (= das glaube ich nicht).
Das könnte man ja auch so stehen lassen.
Was danach folgte, empfinde ich als Belehrung. Zudem eine, die inhaltlich für mich nicht zulässig ist, weil sie eben im Wesentlichen die Schuld für Fehlverhalten der Kinder bei den Eltern sucht.
Aber darauf bestehen Sie ja weiterhin. Auch ohne sachliche Argumente. „Den Kinder oder Jugendpsychiater fragen“ ist nämlich kein Argument, sondern bestenfalls der Versuch, der eigenen Meinung mehr Autorität zu verleihen. Aber wie gewohnt lese ich gerne Fachliteratur, die mir angegeben wird.
Irgendwie viel Theorie und blabla und die Lehrer greifen ein. Darum begehen ja jedes Jahr mehre Kinder selbstmord. Weil das schöne Blabla nur blabla ist. Im weiteren liegt es wohl an den Eltern aufzuzeigen das es auch ausserhalb der Schule noch Kinder und aktivitäten gibt. Folglich kann man so einen Kreis locker sprengen.
So locker geht das eben nicht. Es liegt halt wirklich sehr viel an den Lehrpersonen. Und auch an den Eltern. Aber im Kindergarten ist es die Lehrperson.