Schul-Crashkurs für Eltern

Geduld bringt Rosen, für den Anfang tuns auch Sonnenblumen: Erster Schultag einer ersten Klasse im Zürcher Oberland. Foto: Martin Rütschi (Keystone)

Für jene Eltern, deren Kinder jetzt mit dem Kindergarten oder der Schule beginnen, können die ersten Tage und Wochen anspruchsvoll sein. Mit dem neuen Lebensabschnitt begegnen sie Begriffen und Gepflogenheiten, die erklärungs- und gewöhnungsbedürftig sind. Um ihnen etwas auf die Sprünge zu helfen, hier eine Aufzählung in elf Punkten:

  1. DaZ und AdL sind keine seltenen Krankheiten
    Die Schulen lieben Abkürzungen, gewöhnen Sie sie sich daran. Ins Deutsch als Zweitsprache (DaZ) gehen Kinder, die beim Schriftdeutsch Unterstützung benötigen. AdL bedeutet Altersdurchmischtes Lernen, IF Integrative Förderung. Und IS? Raten Sie mal. (Auflösung siehe unten*)
  2. Motivationsstempel, Sternli und Smileys
    Malt oder rechnet ein Kind besonders schön und gut, erhält es einen Stempel oder Kleber ins Heft / auf den Sammelbogen / auf die Tafel. Es ist eine Form von Wertschätzung. Bei der Bewertung von Leistungen geht nichts mehr ohne lustige Gesichter oder hochgestreckte Daumen. Als Bestrafung gibt es die guten, alten Lehrereinträge oder Strichli.
  3. Nicht ohne Leuchtbändel
    Kindergärtler starten mit Orange, Erstklässler wechseln auf Gelb. Wer auf dem Schulweg ohne den überzogenen Bändel unterwegs ist, kassiert von der Lehrperson einen Rüffel.
  4. Wenn Eltern auf dem Schulweg die Kinder beschatten
    Nach ein paar Tagen oder Wochen bewältigen die Kleinen den Schulweg meist selbst. Um sich zu vergewissern, dass sie alleine korrekt die Strasse überqueren und keine Umwege gehen, folgen ihnen Eltern die ersten ein, zwei Male aus sicherer Entfernung. Seien Sie also beruhigt. Auch andere schleichen ihren Kindern hinterher.
  5. Vogel mit F.
    «Ich heise lara. für den kuchn kaufe ich zucka unt mel.» Viele Lehrmittel zum Lesen- und Schreibenlernen bauen auf der Methode «Schreiben nach Gehör» auf. Es entspricht dem Lehrplanziel der ersten Klasse, darauf aufbauend wird die richtige Schreibweise eingeführt.
  6. PSYCHOmotorik oder SchulPSYCHOlogischer Dienst
    Der Begriff «Psycho-» im Zusammenhang mit dem eigenen Kind? Keine Panik: Erstens können die Angebote dieser Fachpersonen nützlich sein, zweitens wird das betreffende Kind deswegen nicht stigmatisiert.
  7. Es heisst «Elternmitwirkung», nicht Elterneinmischung
    In vielen Schulen sitzen ein, zwei Mütter oder Väter pro Klasse in einem Elternrat, der sich zwei- bis dreimal im Jahr trifft. Der Elternrat gibt Inputs an die Schulleitung, zudem ist er für gewisse Anlässe oder Aufgaben zuständig. Konstruktive und partnerschaftliche Mitarbeit ist erwünscht – nicht aber Tipps zur Stoffvermittlung, Didaktik oder dem Lehrplan.
  8. Getuschel und Gerüchte
    Die junge Lehrerin ist zu unerfahren, zu streng, zu locker – oder etwa schwanger? Der Lehrer scheint ausgebrannt, gibt zu viele oder zu wenige Hausaufgaben … Was Eltern nicht alles zu tratschen haben! Mein Rat: Bleibt wohlwollend, steigert euch nicht in etwas rein und denkt daran, dass jede Lehrperson anders ist. Sprecht sie direkt an, statt hintenrum zu tuscheln, und: Der Lehrer oder die Schule ist nicht der Feind.
  9. Sie wollen der Lehrperson etwas mitteilen?
    Schreiben Sie ein Mail oder SMS und bitten Sie um einen Termin. Unangemeldet im Türrahmen des Schul- oder Lehrerzimmers aufzutauchen, um vor der der Lektion «kurz etwas zu besprechen», ist ein No-go. Es ist unfair, der Lehrperson, den 23 Schülern und Ihrem eigenen Kind gegenüber.
  10. Das Kind weint, hat Heimweh und findet keine Freunde
    Halten Sie durch bis zu den Herbstferien! Schulpsychologe Roland Käser rät Eltern, auf das Kind einzugehen, ihm Mut zu machen und ihm zu sagen, dass man selber bei neuen Situationen auch schon unsicher gewesen sei. «Wir Erwachsene müssen den Kindern Zeit lassen und ihnen auch zutrauen, dass sie den Wechsel gut schaffen. Sie sollen wissen, dass Ängste und Unsicherheiten bei Anfängen oft dazugehören. – Hier geht es zum Interview mit Käser: «Oft benötigen Kinder ganz einfach Zeit».
  11. «Frag den Abwart»
    In der Fundsachen-Box tauchen wie durch ein Wunder die verloren geglaubten Finken, Jacken, Socken, Hallenschuhe, der Fussball oder das Stofftier auf. Immer.

Was fehlt? Bitte ergänzen Sie – und alles Gute für die kommende Zeit!

*IS=Integrierte Sonderschulung

Lesen Sie zum Thema auch: Ich bin bereit für den Kindergarten, Schon wieder ein neuer Stundenplan?, Unfassbar nervig: Bücher einfassen

18 Kommentare zu «Schul-Crashkurs für Eltern»

  • tarib sagt:

    Wenn sie schon alle Wörter erklären können, müssten Sie doch auch den Hauswart richtig verwenden .

  • Stefan Huber sagt:

    Zu Punkt 5.
    Auch unsere Kinder wurden in ddr Unterstufe mit „schreiben nach Gehör“ ausgebildet.
    Als der Ältere dann in der dritten Klasse war musste plötzlich alles richtig Geschrieben sein.
    Zum Glück hatte dann meine Frau bei unserer Tochter die in der ersten Klasse war mehr auf die Rechtschreibung geachtet was ihr viele Probleme und Tränen ersparte.
    Ich bin nicht gegen „schreiben nach Gehör“, aber etwas Kontrolle ist besser.
    Auch ich bin nicht ohne Rechtschreibfehler, wer sie findet darf sie behalten 😉

  • Zwillingspapa sagt:

    Bin mal gespannt, wie es bei uns sein wird. Unsere Mädchen hatten heute ihren ersten Kindergartentag.

  • Robert Mayer sagt:

    Interessant dass dieses Thema unter Mamma Blog fällt? Sollte eigentlich Eltern Blog heissen. Oder geht uns Väter das nichts an…. soviel zu Gleichberechtigung, aber wehe es ist umgekehrt.

    • Martin Meier sagt:

      absolut, gut beobachtet, der Titel drängt Mütter und Väter leider in eine Rolle; bitte benennt doch den Blog einfach um, merci!!

  • Robert Mayer sagt:

    Interessant dass dieses Thema unter Mamma Blog fällt? Sollte eigentlich Eltern Blog heissen. Oder geht uns Väter das nichts an….

  • Thomas Hürlimann sagt:

    Ich weiss nicht was ihr habt, hatte an meiner Schule in Bassersdorf, bei meinen beiden Jungs, in der Oberstufe, den direkten Emailkontakt zum Klassenhauptlehrer geknüpft.

    Nein, sie gehen nicht ins Gymy, Berufslehre, beide, aber ich habe diesen Kontakt mit den Lehrern sehr geschätzt, und hat auch geholfen. Ohne, dass ich gestresst hatte und Vorteile herausholen wollte.

  • 13 sagt:

    E-Mail und SMS an Lehrpersonen? Neid pur. Das gibt es hier nicht. Mail sowieso nicht, SMS selten. Und die, wo es funktioniert, geben dann nach einem Jahr die Info durch, dass es unerwünscht ist. Dafür bekommt man die Festnetznummer und die der Schule. Wieder mit der Anweisung, man möge doch kurz vor und nach Unterricht nicht anrufen. Nun, aber zu anderen Zeiten erwischt man niemanden im Schulhaus. Ruft man zu Hause an, so hört man dann, dass die Lehrpersonen keine Privatsphäre hätten. Ich habe aufgegeben, da Vorschläge zu bringen oder mich zu nerven. Ich habe mich angepasst. Wenn ich etwas brauche, gebe ich meinem Kund einen farbigen Zettel mit in die Schule und dieses gibt es dann der LP. Diese kann mich dann anrufen. Wann immer ihre unterrichtsfreie (aber nicht private!) Zeit ist.

    • Sportpapi sagt:

      Bei uns hat jede Klasse ein Klassenhandy. Dies dient dazu, Berufliches und Privates sauber zu trennen. Krankmeldungen können per SMS oder Telefon erfolgen, Anfragen sind jederzeit möglich mit der Bitte um Rückruf, was meistens am gleichen Tag erfolgt.
      Die wenigen Anrufe, die meine Frau als Primarlehrerin nach Hause erhält (meistens, wenn sie noch in der Schule ist…) sind tatsächlich eher nervig.
      Die Hauptkommunikation erfolgt aber nach wie vor über das Kontaktheft, das die Kinder bei sich haben.

      • 13 sagt:

        Das haben wir eben leider nicht. Ich will ja gar nicht nach Hause anrufen. Finde ich doch auch blöd. Und ich verstehe es schlicht nicht, dass man sich gegen technische Möglichkeiten sträubt. Das würde doch jedem die Arbeit erleichtern. Einmal erbrach mein Sohn die halbe Nacht. Natürlich vor einem Tagesmutter-Tag. Also hatte ich morgens trotz kaum Schlaf schon genug damit zu tun, mich um ihn zu kümmern, noch zwei andere vorzubereiten, geschäftliche Termine für den Vormittag abzusagen, eine Betreuung für den Nachmittag suchen und musste 5! Im Kindergarten anrufen, bis jemand abnahm. Ich hätte ja die Handynummer der Kindergärtnerin, aber es hiess Abmeldung nur via Telefon. Das ist doch Wahnsinn.

    • 13 sagt:

      So als Vergleich: hier in der Privatwirtschaft wird darüber diskutiert, ob es heutzutage nicht einfach dazugehört, Klienten neben offenem Empfang, direkten und allgemeinen E-Mailadressen, Telefon, SMS und Fax dazugehört, die Möglichkeit zu geben, Unterlagen und Infos via Whats App oder Messenger an die Firma zu leiten. Oder über offene Sharefolder/Clouds. Und die Schule hat ein Kontaktheft? iPads im Kindergarten und Laptops im Schulzimmer sind Standard, aber die Eltern müssen handschriftliche Zettel verfassen? Ich gebe mir wirklich Mühe, aber es ist wirklich nicht leicht, da immer Verständnis aufzubringen.

      • Sportpapi sagt:

        @13: In der Privatwirtschaft finde ich als Kunde bei den meisten Firmen kein Kontaktmail, sondern Kontaktformulare. Und vielleicht erhalte ich dann mal eine Antwort. Aus Polen oder so. Oder ich werde am Telefon hingehalten mit Dödelmusik, nur um am Schluss doch am falschen Ort zu landen. Nein, punkto Dienstleistung und Austauschmöglichkeiten muss sich unsere Schule definitiv hinter den meisten Firmen nicht verstecken.
        Das Kontaktheft gibt es in der Primarschule. Nimmt die Kinder in die Mitverantwortung und informiert sie auch gleich.
        Aber klar, es ermöglicht auch, den Eltern irgendwelche Briefe und Zettel heimzugeben. Aber ich glaube nicht, dass dies heute auch mit Mail reibungslos klappen würde.

      • 13 sagt:

        Nun, Grossunternehmen sind da auch nicht mit KMUs zu vergleichen. V.a. wenn man jahrelanger Kunde ist.
        Und nein, ich glaube auch nicht, dass es nur per Email klappen würde. Vermutlich auch mit den Zettel nicht, es lesen nicht alle. Allgemeine Infos könnten ja so bleiben. Aber ich wünschte mir, dass persönlicher Kontakt (mein Kind hat einen Zahnarzttermin um 15.00 oder es hatte gestern einen Velounfall und humpelt, aber wird trotzdem versuchen, mitzuturnen, solche kleine Dinge) eben auch effizienter möglich wäre. Schön funktioniert es anscheinend an einigen Orten. Hier leider nicht.

  • Patrick Hersiczky sagt:

    Ergänzung zu Punkt 9: Wie die schweizerische Flugwaffe sind auch Lehrerinnen und Lehrer nur zu Bürozeiten erreichbar.

    • Muttis Liebling sagt:

      Zu Punkt 9 fällt mir eher ein, wenn man einen Lehrer zu einer Lehrperson disqualifiziert, muss man auch mit den direkten Auswirkungen dieser Disqualifikation umgehen können.

      Falls jemand sprachphilosophisch interessiert ist, empfiehlt sich die Fragestellung, welches der semantische Unterschied zwischen den beiden Begriffen ‚Lehrer‘ und ‚Lehrperson‘ ist? Ich darf vorausschicken, dass dieser Unterschied keinen Bezug zu grammatikalischen und generischen Geschlecht hat. Es ist ein Bedeutungs-, ein semantischer Unterschied.

    • Sportpapi sagt:

      Ich nehme an, Sie arbeiten auch nur zu Arbeitszeiten? Aber bei unseren Lehrern können Sie jederzeit ein SMS aufs Schulhandy schreiben und bekommen tatsächlich meist innert kürzester Zeit eine Antwort – zu Bürozeiten…

  • Petra Kern sagt:

    Nicht zu vergessen : die SuS – Schülerinnen und Schüler.

    • Muttis Liebling sagt:

      Wie qualifiziert sich eine vorgebliche Bildungseinrichtung, welche sich der eigenen Sprache als nicht mächtig erweist?

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