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0 Erkenntnis, 3 Stadträte und 1 stinkfauler Bericht

Mirko Schwab am Samstag den 25. März 2017

Was tun, damit der cäsarische Daumen von Herr und Frau Schweizer nicht schon zu Beginn des Beitrags auf die Fernbedienung niedergeht? Lasst die Mattscheibe brennen! In schmissigen zehn Minuten gebarte das SRF in der «Rundschau» neulich zu erklären, «wie die Reithalle funktioniert.»

«Spurensuche im Nahbereich»? Rätselraten im Graubereich. Fernsehmann Georg Häsler auf investigativer Mission. (Bild: SRF)

Und so beginnt auch dieses Geschichtlein vom Kulturzentrum mit entflammten Autos und verletzten Polizisten. Der elektronische Stubenkamin lodert warm und wohlig gruselfreut sich das Publikum ob der gebotenen Action am offenen Herzen der Sandsteinstadt. Dass auf dem selben Bitz Asphalt an den restlichen 360 Tagen im Jahr entweder geskatet, gesoffen, getanzt und an die Wand gepinkelt oder aber eine hässliche Hetzjagd auf die Kleinen und Schwachen im Drogenhandel gespielt wird von der neuerdings sehr verletzlichen Polizei – es scheint gerade nicht von Interesse. Und Kolleg Georg Häsler, der Namen, Gesicht und Schrieb hinhält für diesen, nun ja, nennen wir es «Content», zum Schutz des Journalismus, hat noch keinen Schritt in die Räumlichkeiten der Reithalle gesetzt.

Müsste er ja auch nicht. Leider aber bringt die bemühte Schlagzeile «Wie die Reithalle funktioniert» das Versprechen eines strukturellen Einblicks mit sich. Und leider eben ist die informierte Erzählung von basisdemokratischer Entscheidungsfindung oder dem eigentlichen Kulturbetrieb oder auch städtebaulicher und gesellschaftlicher Dynamiken nicht ganz so die reisserische Angelegenheit. Es mangelt hier an brennbarem Archivmaterial von TeleBärn und das Staatsfernsehen sähe sich mit der Frage konfrontiert, was denn daran von Interesse sei für die Restschweiz am Kamin. Die Mission von SRF-Mann Georg Häsler also ist eine andere: Schuldige müssen her im zum nationalen Thema deklarierten Dossier «Krawalle rund um die Reitschule».

Und das Rundum wird weit gezeichnet. Über die Google-Stadtkarte wird uns quasi das Bernische Netzwerk linksextremer Gewlat vorgestellt und so getan, als wären Sprachunterricht für Migrant_innen, anarchistische Lesekreise oder die Zubereitung eines günstigen Zmittags für alle nur die Einstiegsdroge zum Attentat. Im Kinoraum der «Familie Osterhase» in Ostermundigen wird das wacklige Konstrukt noch mit nachgesprochenen Gesprächsfetzen angereichert – selbstverständlich ohne zu erwähnen, dass man sich gerade in einem Kulturraum befindet, weil das hat dann wieder eher weniger mit den brennenden Autos in der Eingangsequenz zu tun. Der arme Häsler muss weitersuchen. Etwas kameraverliebter und gesprächiger als die Besetzer zeigt sich dann zum Glück die politische Cervelatprominenz. Aber auch Manuel C. Widmer, Alexander Feuz und ein von der Fernsehredaktion wohl als offensichtlicher no-name-Politiker deklarierter Stadtrat (nicht namentlich vorgestellt) vermögen die Schnitzeljagd durch die Krawallstadt weiterzubringen. Immerhin durften sie sich schnell vor die Linse stellen. Und das ist dann eben noch service public: wie sonst soll die Provinzpolitik auf ihre Sendezeit kommen?

Zum Glück gibts Reto Nause. Mit dramatischer Rhetorik (wann ist die miefige Floskel «an Leib und Leben» eigentlich in die bürgerliche Sprachmode eingekehrt?) belohnt er die Recherchebemühungen des rasenden Reporters und erlöst Herr und Frau Schweizer am Telekamin mit der Bekanntgabe der nämlich Schuldigen. Und der goldene Pflasterstein für den besten Strassenstunt geht an: 031, die Berner Sprayergang! Wie es sich für einen lüpfigen Infotainment-Beitrag Marke Leutschenbach gehört, muss das auch gleich an einem aufschlussreichen Diagramm über die Verbandelung der Reitschule mit den Prämierten aufgezeigt werden. Falls auch Sie es beinahe vergessen haben sollten: von der Reitschule wollte der Beitrag berichten. Und darum wird grafisch aufgedröselt, wie unter der Schirmherrschaft der ominösen IKUR (Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule) verschiedenste Akteure um Einfluss buhlen: Der Dachstock etwa. Das um sein Rössli beraubte, mit altem Logo und dem Prädikat «Szenebeiz» vorgestellte Sous Le Pont. Und der Infoladen, der in seiner Publikumswirksamkeit die Institutionen Frauenraum, Kino, Tojo Theater, Druckerei oder die Cafete ganz offensichtlich übersteigt. Wichtiger aber, das macht das Diagramm mit der hierarchischen Vergrösserung der folgenden Ebene deutlich, sind die Gruppen aus dem Dunstkreis: Revolutionäre Geheimgruppen nebst Fussballultras und eben unser aller Sprayergang der Herzen, die das Haus fest im Griff zu haben scheint.

Aus der Reitschule erreicht uns indes folgende Berichtigung des vom SRF herbeigeratenen Organigramms:

Was bleibt nach diesem zehnminütigen Recherchedebakel ausser Ratllosigkeit, Galgenhumor – und einem perfekten Werbefilm als Überhöhung einer versprengten Sprayergang, wie sie ihn selbst nicht besser hätte drehen können? Es bleibt die Gewissheit, dass es schlecht steht um die Massenmedien, wenn die clickgeile Headline, das emotive Bild oder die schematische Vereinfachung auf der verzweifelten Suche nach benennbaren Schuldfiguren die Möglichkeit einer differenzierten Perspektive untergraben. Und zweitens ein Lehrstück darüber, wie ein erheblicher Teil der Medienlandschaft, wie Stadt- und Weltpolitik funktionieren, wenn komplexe gesellschaftliche Fragen auf einfache, phantomhafte Feindbilder überschrieben werden. Die Abfallprodukte neoliberaler Aufwertungspolitik, die Nebenwirkungen repressiver Drogenpolitik oder die Folgen des hohen Frustrationspotentials eines Bildungssystems, das zunehmend auf die Wirtschaftlichkeit seiner Abgänger_innen ausgelegt ist: Diese Dynamiken kommen zusammen unter der Brücke zwischen Vorplatz und Schützenmatte, auf den verschmierten und bemalten Hauswänden, Linienbussen und Lärmschutzwänden der Stadt.

Es ist einfacher, clickbarer und wahlkampffreundlicher, abwechselnd die Reitschule, eine mysteriöse Sprayergang, die «Überfremdung» oder die «Wohlstandsverwahrlosung» für alle sozialen Versäumnisse einer Gesellschaft verantwortlich zu machen. Aber es ist stinkfaul.

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6 Kommentare zu “0 Erkenntnis, 3 Stadträte und 1 stinkfauler Bericht”

  1. glupp sagt:

    was ist bloss los mit dem autor …

    kekifft, unausgeschlafen, selbstverliebt etc etc.

    es gibt schlicht keinen mehrwert dies zu lesen …

  2. Lorena sagt:

    Ohne sexistisch wirken zu wollen möchte ich ins selbe Horn blasen wie Herr Glupp; ja was für ein kekiffter Autor!

  3. Mirko Schwab sagt:

    unglaublich, wie sich die leute heutzutage kekiffen tun. und dann noch so einen schrieb auf die welt loslassen. total disaster.

  4. r0marrrrr1000 sagt:

    Hat dieses kekifft etwas mit Kek zu tun? Und wo kann ich das kaufen.

  5. frau f sagt:

    Nach diesem total nüchtern aufklärendem, interresanten investigativen Bericht von SRF habe ich sofort ein Pfeiffchen Kek kekifft mit meinem Froschkollege Pepe. Das beruhigt die Nerven und ist gut für die Ômerta. No offense oder sexistisch (in Hörner?) blasen zu wollen, aber dieser Artikel ist sowieso Teil der blog.Lügenpresse.udssr, da kann ja jeder alles schreiben was viele denken.

  6. Kurti sagt:

    Kulturstattbern: Lügenpresse! Lügenpresse! Lügenpresse!