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Kommentar zum Fall Balistoy am Theater NeumarktUnd was, wenn es um Frauen oder Schwule ginge?

Wenn Weltpolitik das Theater einholt: Der israelische Schauspieler noch vor der Krise.

Wer einer Sache auf den Grund gehen will, muss die richtigen Fragen stellen. Im Fall des Theaters Neumarkt, das einen israelischen Schauspieler nicht mit einer Libanesin auf die Bühne lassen wollte, scheinen es die zuständigen Politiker aber lieber nicht so genau wissen zu wollen.

Anders kann man sich den Untersuchungsbericht zu den Vorgängen im Theater Neumarkt nicht erklären, dessen Resultate vergangene Woche publik wurden. Demnach wird dem Theater Neumarkt ein Persilschein ausgestellt. Das Arbeitsklima sei vorbildlich, nicht der Hauch einer Diskriminierung trübe diesen Eindruck. Fall gelöst, könnte man meinen. Doch so einfach ist es nicht.

Niemand will verantwortlich sein

Die Fragen, die wirklich interessieren, sucht man aber vergeblich. Man hat sie gar nicht erst gestellt: Wie kommt es, dass eine öffentlich finanzierte Institution wie das Theater Neumarkt bei der Besetzung ihrer Stücke auf Gesetze fremder und in diesem Fall islamischer Staaten Rücksicht nimmt? Und wie ist das zu beurteilen? Was, wenn künftig afghanische Schauspieler nicht mit Frauen oder Schwulen auf der Bühne stehen wollen, weil dies in ihrem von Taliban beherrschten Land verboten ist? Würde man diesem Wunsch auch stattgeben? Das sind lupenrein politische Fragen.

Der Verwaltungsrat des Theaters Neumarkt gibt sich auf Nachfrage defensiv und verweist auf den Bericht. Der Fall des israelischen Schauspielers sei ein Einzelfall, heisst es, und über «spezifische Behauptungen und Forderungen einzelner Arbeitnehmender» habe allein ein Gericht zu entscheiden. Und sowieso habe sich der Schauspieler dem Gespräch mit der externen Anwaltsfirma verweigert.

Hier wird die Schuld also auf den Geschädigten abgeschoben. Dass er aufgrund dieser Vorgänge gemäss eigenen Angaben in Behandlung und nicht mehr arbeitsfähig ist, wird dabei geflissentlich verschwiegen. Ebenso, dass die «spezifischen Behauptungen» des Schauspielers im Wesentlichen gar nicht strittig sind. Das Theater selber hat ja eingeräumt, die libanesische Schauspielerin schützen zu wollen.

Von bemerkenswerter Hasenfüssigkeit

Was die oben erwähnten grundsätzlichen Fragen angeht, hält sich der Verwaltungsrat bedeckt. Jeder Fall müsse einzeln beurteilt werden, heisst es in der Stellungnahme im Namen des Verwaltungsrates. Klar sei aber, dass «das Theater Neumarkt weder in der Vergangenheit auf blosse Wünsche einzelner Arbeitnehmender Rücksicht genommen hat noch dies in Zukunft tun wird». Was das im Fall des israelischen Schauspielers bedeutet, bleibt unklar. Ging es also gar nicht um den Wunsch der Libanesin? Und wenn nein, worum ging es dann?

Der Verwaltungsrat stellt sich auf den Standpunkt, es gehe hier um eine künstlerische Frage, die in der Kompetenz der Intendanz liege. Das ist von bemerkenswerter Hasenfüssigkeit. Und selbst wenn es um Kunst ginge, läge der Ball trotzdem beim Verwaltungsrat.

Klare Positionen gefragt

Mit Verantwortung haben es auch die Politiker nicht so, wie sich gestern im Gemeinderat zeigte. Von linker und grüner Seite hiess es, es handle sich bislang ja um blosse Vorwürfe, die ein Arbeitsgericht klären müsse. Was wie oben geschrieben nur bedingt zutrifft. Doch mit Verweis auf «laufende Untersuchungen» lassen sich heikle Fragen eben wunderbar umschiffen. Stadtpräsidentin Corine Mauch räumte zwar ein, dass der Untersuchungsbericht nicht die richtigen Fragen gestellt habe. Aber anstatt den Verwaltungsratspräsidenten zu sich zu zitieren und direkt nachzufragen, was da los ist, fordert sie ihn lieber zur schriftlichen Stellungnahme auf. Auch so kann man sich um eine klare Position drücken – in der Hoffnung, dass die gegenwärtige Intendanz bald abtritt und sich die Aufregung bis dahin gelegt hat.

Man könnte es auch anders machen. Zum Beispiel die Handlungen des Neumarkts als das benennen, was sie waren: gut gemeint, aber falsch. Und sich dazu bekennen, künftig dafür zu sorgen, dass das nicht mehr passiert. Das würde ein Politiker tun, der diesen Titel verdient.