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Das Sportmuffel-ABC

Sie sind eigentlich sehr bewegungsunwillig, laufen aber dennoch am GP Bern mit? Mit diesem Ratgeber wird alles halb so schlimm.

A wie Ausraster: Dieses alte Manöver aus der YB-Trickkiste sollten Sie anwenden, wenn Ihnen die Konkurrenz zu arg überlegen ist. Wenn die GP-Leitung verantwortungsvoll handelt, werden Sie danach in den Nachwuchs degradiert. Im Kinderrennen dürften Ihre Medaillenchancen drastisch steigen.

B wie Beinstellen: Laufen ist Beinarbeit. Eine feine Technik zeichnet sich nicht nur durch stetiges Vorwärtskommen aus, sondern auch durch eine stattliche Anzahl am Boden liegender Gegner.
—>Fairness —>Karma

C wie Cholesterin: Bewegung wird Ihren hart erarbeiteten Cholesterinspiegel senken. Kämpfen Sie dagegen an, füllen Sie Ihre Getränkeflasche mit flüssiger Butter. Und vergessen Sie nicht: Trinken ist wichtig.
—> Harndrang

D wie Doping: Es gibt nichts Professionelleres als zu dopen. Sie sollten es auf jeden Fall tun.

E wie Eifersucht: Sie werden etliche Menschen treffen, die über die strammeren Waden und mehr Puste verfügen. Aber seien Sie nicht neidisch. Diese Personen rennen dafür auch mit Stirnlampe nachts durchs Quartier. Ist es das wirklich wert?

F wie Fairness: Fairness ist Luxus, den Sie lieber denen überlassen, die sich ihn leisten können. Seien Sie fies und erbarmungslos.
—> Ausraster —> Beinstellen

G wie Geleitschutz: Rennen kann auch Teamarbeit sein. Bieten Sie ein paar Broncos auf, die Ihnen den Rücken freihalten.

H wie Harndrang: Die flüssige Butter in Ihrer Trinkflasche schwindet, die Blase drückt. Was ist zu tun? Machen Sie aus der Not eine Tugend und entleeren Sie sich während einer Rauchpause.
—> Nikotin

I wie Intrige: Dem Läufer vor Ihnen sagen sie, das der Läufer hinter Ihnen über ihn gesagt hat, dass sein Laufstil schwer nach Entenwatscheln aussieht. Wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte.

J wie Jammern: Wurden Sie vom Spitzenfeld abgehängt und lungern irgendwo auf den hinteren Plätzen rum? Sie können nichts dafür. Es ist völlig okay, jetzt rumzujammern. Zum Beispiel über die zu lange Strecke oder die meteorologischen Bedingungen.

K wie Karma: Glauben Sie einfach nicht daran.
—> Ausraster —> Beinstellen

L wie Lektüre: Wenn Sie nicht gerade Sportmedizin studieren, dann sollten sie keine Bücher über das Laufen lesen. Einzige Ausnahme bildet Haruki Murakamis «Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede». Dort ist zu erfahren, dass Herr Murakami bis 30 drei Päckchen Zigaretten pro Tag rauchte, bis er plötzlich anfing Marathons zu laufen. Für jene, die diese Altersgrenze noch nicht überschritten haben, dürfte das sehr erbauend sein.
—> Nikotin

M wie Muskelkater: Den wollen Sie nicht. Wechseln Sie in regelmässigen Abständen zwischen gehen und sehr langsam gehen ab. Ihr Körper wird es Ihnen am nächsten Tag danken.

N wie Nikotin: Als geübter Raucher wird es für Sie wahrscheinlich schwierig sein, die horrende Zeit, die Sie für die Strecke benötigen, ohne Nikotinzufuhr zu überstehen. In den Wettkampfregeln ist zwar nirgends erwähnt, dass während dem Rennen nicht geraucht werden darf, doch wahrscheinlich werden Sie auch in Ihrem gemächlichen Lauftempo Mühe haben, Ihre Zigarette nützlich zu erhitzen.
—-> Windschatten könnte helfen.

O wie Outfit: Je tiefer Sie in dieses Laufsport-Ding hineinrutschen, umso grösser stehen die Chancen, dass Ihre Laufkleidung etwa dem Look von 80er-Aerobicvideos entspricht. Entweder komplettieren Sie Ihr Erscheinungsbild mit Dauerwelle und Schulterpads oder Sie ziehen sich etwas an, das nicht noch lächerlicher ist als Ihre Kondition.

P wie Playlist: Sparen Sie sich das Training. Bis am Samstag werden Sie kein Athlet mehr. Jetzt kann Ihnen nur noch der richtige Soundtrack helfen. Läuferklassiker: Richard Wagners Walkürenritt, das Darth-Vader-Theme, die Titelmelodie von Baywatch.

Q wie Qual: Denken Sie daran, Sie können jederzeit aufgeben.

R wie Rekord: Wahre Champions brechen Bestmarken. Auch Sie können das. Seien Sie der Beste der Langsamen. Lassen Sie sich nach zwei Kilometern vom Besenwagen überholen, erreichen Sie die Streckenmitte, wenn die Strassen wieder für den Verkehr geöffnet wird, kommen Sie aber ins Ziel, bevor die Polizei Sie aus dem Verkehr zieht.

S wie Start: Legen Sie ihre ganze körperliche Kraft in die ersten 50 Meter. Es wird ihre einzige Chance sein, einmal an der Spitze zu laufen.
—> Beinstellen

T wie Turnschuh: Die Schuhwerkfrage. Wollen Sie verbergen, dass sie eigentlich nicht so die Sportskanone sind, dann kostet Sie das was. Denn trotz Evolution ist es anscheinend wichtig, dass der Mensch zum Gehen spezielle Schuhe trägt, für deren Preis er die Rennstrecke locker ein paar Mal mit dem Taxi abfahren könnte.

U wie ueberholt werden: Sie wissen, was zu tun ist.
—> Ausraster —> Beinstellen

V wie Velo: Nur das GP-Reglement spricht dagegen.

W wie Windschatten: Laufen ist schon anstrengend genug, dann muss man nicht noch den Wind gegen sich haben. Rennen Sie also immer direkt hinter einem Ihrer Mitläufer. Am besten so nahe, dass Ihr Vorgänger Ihren schweren Atem im Nacken spürt.

X wie X-Beine: Könnten Sie plötzlich kriegen, wenn der —> Harndrang Überhand nimmt.

Y wie Yolo: Vielleicht fällt Ihnen während dem Rennen ein besseres Wort ein, dass mit Y beginnt.

Z wie Zieleinlauf: Der Zieleinlauf ist kein Ort für Bescheidenheit. Lassen Sie sich feiern. Highfiven Sie das Publikum. Moonwalken Sie über die Ziellinie.

Martin Erdmann

Martin Erdmann


Publiziert am 7. Mai 2014

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