
Diesseits der 3-Franken-80-Grenze
Allen Umwälzungen zum Trotz: Es gibt sie noch, die alteingesessenen Quartierbeizen, wo der Kaffee unter vier Franken kostet. Bloss wie lange noch?
Gerade als der stadtnächste Zipfel der Lorraine mit seinem markanten Wehrturm anfing, ein bisschen verwegen auszusehen, flatterten die Neuigkeiten ins Haus: Das leerstehende Du Nord wird wieder zur Quartierbeiz, im neuen Jahr wirds dort wieder wirtlich zugehen.
Bald lässt sich rund um die Lorrainestrasse alle paar Meter gepflegt einkehren. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat sich der Charakter der Hauptschlagader des Quartiers massiv verändert. Und obgleich Aufwertungsprozesse sehr praktische Nebeneffekte zeitigen – zum Beispiel die schiere Möglichkeit, unter malerisch verrosteten Wellblechdächern oder Rebenranken Apéroplättchen zu leeren – ist die Nostalgie derer, die sich die frisch gestiegenen Mieten sogar leisten könnten, meist gross. «Rettet die Schmuddel-Beizen!» skandiert dann der hoch geschätzte Stadtblog angesichts entsprechender Verdrängungsprozesse an der Langstrasse dann etwa zum Beispiel im Falle Zürichs. Gerade so prekär ist es in der Lorraine wie in anderen Berner Quartieren aber nicht.
Es gibt sie nämlich durchaus noch, die Beizen, in denen die Leuchtreklame des Bierproduzenten die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt. In denen die Tischtücher mutig gemustert und plastifiziert sind. In denen der Kaffee eher magenschonender Natur ist und die 3-Franken-80-Grenze in nächster Zeit nicht knacken wird. Sie heissen Dixie, Feldschlösschen oder Römer und halten die Erinnerung an andere, längst verschwundene Beizen in der Nachbarschaft lebendig. Wer sich selbst gut genug kennt, um zu wissen, dass er insgesamt ein träges Herz und damit einen Hang zur Nostalgie hat, tut gut daran, etwas zu unternehmen. Um das fraglos «fragile Gleichgewicht von im Quartier integrierten Szenebars, Milieu und alteingesessenen Restaurants» (Stadtblog) zu erhalten, sind die Konsumenten gefragt. Es gilt dann, hin und wieder zur Unterstützung der Alteingesessenen das Aperoplättchen gegen ein Güggeli im Chorb oder einen Croque Monsieur einzutauschen.
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