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Teufelshörner im Regen

So verrucht wie Teufelshörner aus Plastik, so rockig wie Chris von Rohr: Der «Hauptstädter» war am AC/DC-Konzert.

Eigentlich war an dieser Stelle eine ziemlich originelle Beschreibung der AC/DC-Fans in Bern geplant gewesen. Zum Beispiel elegante Witze darüber, das AC/DC – eigentlich eine englische Bezeichnung für Wechselstrom – im amerikanischen Slang gern als Synonym für Bisexualität gebraucht wird, (der Strom geht ja schliesslich in beide Richtungen), was nicht ganz zu den betont heterosexuellen Broncos im Publikum passen wollte.

Eine grosse Angriffsfläche hätte auch der ungesunde Konsum von alterskaschierenden Schönheitsoperationen geboten, denen Ersatz-Leadsänger Axl Rose offensichtlich anhängt. Obwohl er damit ja ganz gut in diese Band passt, in der für Sex eine aufblasbare Gummipuppe herhalten muss, Drugs mit Botox gleichgesetzt werden kann, und der Rock’n’Roll sich in Feuerfontänen im Stil von Biker-Filmen der 80er Jahre manifestiert. Apropos Alter: An wen erinnern nur alternde Männer, die ihre Glatze mit langen Haaren im Nacken und einem Kopftuch kompensieren, und Worte wie «rock» gerne gebrauchen? Selbiges Wort kommt auch nicht unbedingt in Sinn, wenn Angus Young mit seinen kurzen Hosen und seinen Altmännerbeinchen auf der Bühne rumhüpft. «Herzig» trifft es auch nicht schlecht.

Sicher wären auch ein paar Kommentare zu den bekannteren Gesichtern im Publikum angebracht gewesen, das illustre Namen wie Doris Leuthard, Christian Wasserfallen oder Pascale Bruderer verzeichnen konnte. Oder der Frage, wieso sich über 40’000 Fans – alles Menschen, welche die Volljährigkeit schon seit mindestens einem Jahrzehnt erreicht haben – tatsächlich rot leuchtende Teufelshörner aus Plastik auf den Kopf binden.

Irgendwie wäre all das dem Sonntagabend auf dem bierverklebten Boden des Stade de Suisse aber nicht ganz gerecht geworden. Zurück bleibt nur ein GIF der Bühnenfigur, welche so manchen Bronco wohl nostalgisch an die Zeit zurückdenken liess, in der er die Körbchengrösse seiner Freundin noch als Statussymbol benutzen durfte, ohne als Sexist zu gelten.

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Gianna Blum

Gianna Blum hat 2006 das Land- gegen das Stadtleben eingetauscht und sucht immer noch nach dem Unterschied. Für Hinweise ist sie dankbar.


Publiziert am 30. Mai 2016

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