
«Hello, how’s the flow?»
Schlagerdame Lys Assia hat mit ihren Berner Rapperfreunden von New Jack ein Video gedreht. Hauptstädter-Blogger Erdmann fand es zuerst mies, hat dann aber erkannt, dass er völlig falsch lag. Es ist das beste Musikvideo aller Zeiten.
Was für eine Fehleinschätzung! Da äussert sich Hauptstädter-Blogger Erdmann doch tatsächlich abschätzigüber Lys Assias Musikvideo zu ihrem Instant-Hit «All In Your Head» (Spielzeit: 3:11 Minuten), ohne es in voller Länge gesehen zu haben. Ralph Siegel, Produzent des Songs, intervenierte höchstpersönlich und verwies Erdmann auf die Vollversion. Dieser hat das Meisterwerk nun gründlich analysiert (von den 5600 Youtube-Clicks dürften die meisten auf seine Rechnung gehen) und kommt zum Schluss: Das Video gehört nicht an den Eurovision Songcontest, sondern in das Museum of Modern Art. Denn noch nie war Popkultur zeitgenössischer. Hier die Gründe (klicken Sie auf den jeweiligen Link, um zur besprochenen Szene zu gelangen):
Kesse Sprüche!
Es vergehen keine 20 Sekunden bis zum ersten Highlight: Die Berner New-Jack-Crew lungert vor dem Zürcher Schiffbau herum und sichtet plötzlich Lys Assia. «Hey Lys what it do?», fragen die Rapper. Und dann revolutioniert Lys Assia mal eben den deutschen Sprachgebrauch. «Hello, how’s the flow?», wirft sie in die Runde. Was für eine Begrüssung! Es würde wohl niemanden überraschen, wenn diese Wendung den etwas altbackenen Floskeln wie «Guten Tag» oder «Wie geht es Ihnen?» bald den Rang ablaufen wird. Und dann auch noch die Art und Weise, wie Assia sich hier in Szene setzt! Die Mimik und Gestik verraten es, hier ist ein Profi am Werk. Dadurch wird Assia auf einen Schlag zur Wunschgrossmutter eines jeden Enkelsohns. Auch Erdmann wird da ein wenig wehmütig. Nicht, dass er mit seiner Oma nicht zufrieden wäre, aber diese hat sich noch nie nach seinem Flow erkundigt. Dafür ist sie wohl einfach zu Old School.
Refrain mit Message!
Dann kommt schon der Chorus. Es ist einer jener Art, der Leben rettet oder zumindest für immer prägen wird. «And it’s all in your head. Everything’s in your mind. All in your head. So listen to what you find». Wer diese Zeilen seinem Kopf entringen konnte, dem gehört der Pulitzerpreis verliehen. New Jack tanzt und rappt dazu. Das Ganze klingt so vertraut, als wäre seit dem Chartseintritt von Scatman John, Gott habe ihn selig, noch kein Tag verstrichen.
Fesche Sonnenbrille!
Vor lauter Gänsehaut fällt ein wichtiges Detail erst nach ein paar Durchläufen des Videos auf. Plötzlich hat sich Lys Assia eine Sonnenbrille aufgesetzt. Die Sequenz dauert lediglich drei Sekunden, dann ist die Brille wieder weg. Die Aussage ist klar: Wenn sie will, kann Lys Assia noch verdammt viel cooler sein, als sie es ohnehin schon ist. Aber eigentlich hat sie das gar nicht nötig. Es sind solche subtile Andeutungen des guten Geschmacks, die eine wahre Stilikone ausmachen.
Skateboard!
Sie träumen nicht, das passiert gerade wirklich! Lys Assia steigt auf ein Skateboard! Ok, es sieht so aus, als müsse sie dabei von den New-Jack-Jungs gestützt werden. Erdmann vermutet jedoch, dass diese Assia bloss zurückhalten, damit sie nicht zum Strand rollt, da am Drehtag gerade bestes Surfwetter herrschte. Der Onlinecommunity scheint der waghalsige Skateboard-Stunt jedoch nicht genug zu sein. Ein Youtube-User lässt in einem Kommentar Frust ab: «Lys didn’t breakdance. Heart broken». Doch kein Grund zur Sorge. Lys Assia wird genug Profi sein, um ihre Breakdance-Performance bis zum grossen ESC-Finale in Malmö aufzusparen.
Group Hug!
Am Schluss schwappen die Emotionen über. Als gäbe es nichts Böses auf der Welt, wird Lys Assia von ihren Rapperkollegen umarmt. Wer jetzt immer noch nicht wild applaudierend und bravorufend vor dem Rechner sitzt, während massenweise Tränen der Rührung auf die Tastatur plätschern, hat weder Herz noch Seele.
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