Wann soll man Buchverluste aussitzen?

Unser Geldberater verrät, welche Aktientitel Sie im Zuge des Corona-Crashs behalten oder abstossen sollten.

Cash is king: Angesichts der eingebrochenen Aktienkurse trennen sich viele Anleger von ihren Papieren. Foto: Keystone

2008 kaufte ich noch vor dem damaligen Crash Bankaktien sowie Papiere von ABB, Glencore und Kudelski. Nach dem Crash empfahl man mir, die Titel zu behalten; sie würden sich dann schon erholen. Das taten sie mit Ausnahme von ABB aber nicht. Darum frage ich mich, ob es wirklich sinnvoll ist, jetzt seine Titel einfach zu behalten und zu warten. G.K.

In Krisenzeiten, wie wir sie derzeit wegen des Coronavirus und seiner raschen Ausbreitung weltweit erleben, brechen praktisch alle Aktien ein, denn die Anleger trennen sich panikartig und scheinbar wahllos von ihren Papieren. Zeitweise ist es selbst in sehr sicheren Staatsanleihen und im Gold zu Abgaben gekommen. Offenbar fühlten sich viele nur noch mit liquiden Mitteln wohl.

Cash is king – lautet denn auch ein Sprichwort, das in sehr turbulenten Börsenphasen viel Zustimmung findet, weil viele Leute ihr Vertrauen in die Finanzmärkte und das Finanzsystem verlieren. In Krisenzeiten trennt sich bei den Wertpapieren erst recht die Spreu vom Weizen: Plötzlich achten die Investoren wieder sehr genau darauf, wie robust die Finanzlage eines Unternehmens ist, wie gut die Eigenkapitalbasis ausgestattet ist und wie realistisch die Geschäftsperspektiven sind.

Typisch für die Hausse, die wir nach der Finanzkrise erlebten, war, dass die Anleger Risiken immer mehr auf die leichte Schulter nahmen und diese nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt einschätzten. Weil sehr sichere Anlagen wie Obligationen von erstklassigen Schuldnern keine oder kaum mehr Rendite brachten, wichen sie auf Investments aus, die etwas mehr Rendite versprachen, dafür aber deutlich höhere Risiken beinhalteten – so etwa Aktien oder auch hochverzinsliche Anleihen von Schuldnern mit einem schlechten Kreditrating.

Und selbst bei den Aktien wurde zu wenig auf die Qualität der Unternehmen geachtet. Das war vor dem Crash im Zuge der Finanzkrise so, und es war auch jetzt vor dem Corona-Crash nicht anders.

Ihre Schilderung ist kein Einzelfall. Dass es Ihnen nichts brachte, dass Sie Ihre Bankaktien zehn Jahre und mehr hielten, hat damit zu tun, dass diese Papiere aus meiner Sicht nicht zu den Qualitätsaktien zu zählen sind. Viele Leute hatten CS- und UBS-Papiere noch viel teurer gekauft und damit nur verloren. Ich habe in vielen Vorträgen und auch in meinen Kolumnen regelmässig davor gewarnt, Bankaktien wie CS oder UBS langfristig zu halten.

Zwar kann man auch mit diesen Papieren auf spekulativer Basis kurzfristig durchaus auch mal Gewinne erzielen – etwa dann, wenn sie dramatisch gefallen sind wie jetzt. Aber aus meiner Sicht sind das keine Aktien, die man langfristig – also zehn Jahre und mehr – im Depot halten sollte. Auf lange Sicht hat man mit den CS- und UBS-Aktien viel Geld verloren. Darum sollte man sie – wenn überhaupt – höchstens kurzfristig im Depot haben.

Auch Kudelski und Glencore sind aus meiner Sicht spekulativ und nicht geeignet für eine Langfriststrategie. Kein Wunder, haben Sie auch nach der Finanzkrise vergebens auf eine Erholung gewartet. Leider dürfte es Ihnen auch nach dem Corona-Crash bei dieser Depotzusammensetzung kaum anders gehen. Eine Buy-and-hold-Strategie, wie Sie erfolgreiche Investoren wie Warren Buffett verfolgen, funktioniert nur mit Qualitätsaktien, nicht aber mit Problemfirmen.

Qualitätsaktien sind für mich am Schweizer Markt Unternehmen wie Nestlé, Roche, Novartis oder Givaudan. Auch eine Swisscom oder Versicherer wie Zurich oder Swiss Re würde ich dazuzählen. Gerade die Swiss Re gehört in der aktuellen Krise aber zu den Aktien, die am meisten eingebrochen sind, was zeigt, dass auch Qualitätsaktien keine Garantie gegen Buchverluste bieten. Auch Novartis und Zurich sind tief im Keller.

Anders als bei Bankaktien oder spekulativen Werten wie Kudelski, wie Sie sie im Depot haben, besteht bei Qualitätsaktien eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass auf lange Sicht von zehn Jahren tatsächlich eine Erholung eintritt. Eine Garantie dafür haben Sie selbst bei solchen Papieren nicht. Darum muss man auch solche Titel gut überwachen und bereit sein, die erhöhten Risiken zu tragen. Auch die Zurich war während der Finanzkrise am Abgrund – hatte sich aber gut erholt.

Zu Recht kann man die Auffassung vertreten, dass man seine Aktien abstossen soll, wenn diese 10 Prozent oder mehr tauchen, und in seinem Depot entsprechende Limiten einbauen. Hätten Sie das während der langen Hausse gemacht, wäre dies keine erfolgreiche Strategie gewesen, im aktuellen Crash hingegen schon. In der Praxis findet man kaum das perfekte Timing – weder für Käufe noch für Verkäufe. Darum rate ich zu gestaffelten Käufen über längere Phasen und einer auf Langfristigkeit ausgerichteten Strategie.

Dieser Weg ist aber nicht für alle der richtige. Jeder muss anhand seiner Risikofähigkeit für sich herausfinden, welche Strategie für ihn oder sie die passende ist. Noch wichtiger ist eine breite Diversifikation nach Anlageklassen wie Anleihen, Aktien, Immobilien oder Rohstoffen und Titeln. Doch selbst das schützt nicht vor Buchverlusten.

24 Kommentare zu «Wann soll man Buchverluste aussitzen?»

  • Rolf Rothacher sagt:

    Ein sinnfreier Beitrag. Mit Bankakten von UBS oder CS hat man sehr viel Geld „gemacht“, wenn man sie 2001 gekauft und 2007 verkauft hat. Sie als reine Spekulationen zu bezeichnen, ist dümmlich. Banken haben ein Eigenkapital, das Risiken abfedert. Und sie haben eine Risiko-Strategie, die von den Behörden seit 10 Jahren regelmässig überprüft wird. Ihre internen Sicherheitssysteme können von einzelnen Mitarbeitern zwar immer wieder „geknackt“ werden und so Milliarden kosten. Doch das wirft eine Grossbank nicht um.
    Wer mit den Produkten eines Unternehmens zufrieden ist, sollte seine Aktien kaufen. Das gilt auch für Grossbanken. Wer aber ohne sein „Herz“ anlegt, nur weil er auf Gewinne hofft, der hat den Schaden verdient.

    • Anh Toàn sagt:

      „Banken haben ein Eigenkapital, das Risiken abfedert.“

      Ja, aber Banken verdienen kein Geld. Sie vernichten es. Zahlen zwar hohe Dividenden aber machen noch höhere Kapitalerhöhungen.

      Um Geld zu verbrennen, muss man keine Bank haben, da gibt’s Dinge, die machen mehr Spass.

      • Boris Laplace sagt:

        Ja, die Bank gewinnt immer – ist in anderen Casinos ja nicht anders; nur das es für den Spieler dort vielleicht mehr Spass macht, sein Geld zu verzocken.

      • Zufferey Marcel sagt:

        Es gibt im derzeitigen Marktumfeld eigentlich keine Regeln mehr. Was vor der Krise noch Gültigkeit hatte, ist nun plötzlich Asche. Als eindrücklichstes Beispiel sei hier das Thema Dividenden erwähnt: Die sind weitestgehend gegessen! Man hat z. Z. eigentlich nur noch die Wahl zwischen grossen oder kleinen Verlusten. Ausser man ist schon lange Cash und immer noch satt in der Gewinnzone. Wer nicht frühzeitig erkannt hat, was da auf ihn oder sie zukommt, hat nun vor allem eines im Depot: Viel zu hohe Opportunitätskosten, fast egal, aus welcher Perspektive.

    • Oil of Olaf sagt:

      Soso Banken?
      Banken sind das Rückgrat zwischen Notenbanken und den Unternehmen samt Konsumenten.
      So ca. alle Investitionsgüter wie Immobilien und Maschinen etc. sind grundsätzlich in den Büchern der Banken und werden über Zinsen bewirtschaftet.
      Also im Schuldgeldsystem die wahrluch Schuldigen zu benennen, ist eine Anmassung bei der sich wohl alle selbst an der Nase nehmen müssten.
      Offenbar waren wir schon vor der Käfer Pandemie soweit, dass es an Aussichten auf noch mehr Geld Investionen in die Zukunft ( Markt) fehlte. Mit Geld allein macht man kein Geschäft und der Verdrängungsmarkt auf der Erde hat sich sogar schon hinter dem Supermond herum gesprochen. Extreme Herausforderungen in der Realwirtschaft. Lösungen bringen dann entsprechend Leben in die Börsen.

  • Panja Flöte sagt:

    Einmal mehr: Laien sollen keine Einzelaktien kaufen, sondern was? … Richtig! ETFs! — Warum? … Ganz genau! Wegen der Diversifikation. Und weil sie günstig sind. Weil sich nur ca. 10% der Einzelaktien überdurchschnittlich entwickeln und 90% der Aktien zurückbleiben. Ein Index schlägt somit 90% der Aktien, die sich im Index befinden. Die Jagd auf die 10% Überflieger kann man den Profis überlassen, ein Laie kann da nicht mithalten.

    Also Laie, sei schlau und kaufe ETFs. Werde dadurch zum entspannten und erfolgreichen Anleger. Kaufe die ganze Welt in einem ETF (FTSE All-World oder MSCI ACWI). Kaufe, wenn du Geld hast, verkaufe, wenn du Geld brauchst. Und in der Zwischenzeit geniesst du das Leben.

    • Anh Toàn sagt:

      Also Laie, sei schlau und höre auf jemanden, auf den Panja Flöte oder jemanden der dir Bitcoin oder sonst etwas empfiehlt.

      Gemeinsam ist, alle sind sie ganz sicher, das Richtige und Beste gefunden zu haben, und sie sagen es dir täglich, wie du froh und reich wirst.

    • Anh Toàn sagt:

      „Weil sich nur ca. 10% der Einzelaktien überdurchschnittlich entwickeln und 90% der Aktien zurückbleiben.“ Also mit einem ETF
      kaufen Sie 90% Müll: UBS, CS, Transocean haben abgesahnt bei SMI ETFs, die mussten die Scheisse kaufen und halten bis es fast wertlos war: Man bringe eine grosse Firma in einen relativ kleinen Index, da gibt’s Kohle für jeden Ruin!

      • Markus P. sagt:

        Haha derb formuliert aber treffend. Danke dafür!

      • Panja Flöte sagt:

        @Anh Toàn
        Du hörst dich nicht sehr souverän an jetzt. Hoffe, dein Portfolio hat sich nicht selbst eliminiert.

      • Panja Flöte sagt:

        Interessant ist ja, dass ein Index trotz 90% Müll immer noch besser abschneidet als das Durchschnitts-Portfolio eines Durchschnitts-Anlegers.

      • Oil of Olaf sagt:

        @Anh Toan: Du weisst ja nicht mal wie ETF’s aufgesetzt und gehandelt werden. Welch eine Schande. Und welch ein Glück für die Emittenten. Falls Du wirklich glaubst die Banken legen darauf beim Handel mit ETF’s, dann solltest Du schleunigst die Finger von jedwelchem Handel unterlassen und von A-Z neu erlernen.

        @Kahn Löter, nur weil Dein Depot unter jedem Durchschnitt performt, heisst noch lange nicht, dass alle durchschnittlichen Anleger so glücklos dilletantisch (re)agieren.

        An Laien fehlt es hier im Blog wirklich nicht.

      • Anh Toàn sagt:

        @Oil of Olaz: Hatte schon zwei ETF, den spider500 und den QQQQ, aber will im Moment keine US Aktien. Bin nicht grundsätzlich gegen ETF’s.

      • Anh Toàn sagt:

        HBM ist mehr ETF als Aktie, materiell.

      • Oil of Olaf sagt:

        @Anh Toan
        ETF sind meist Pakete mit Aktien aus Index oder Branchen, knapp umschrieben.
        ETF sind geeignet für viele Anlegertypen und stützen in einem nicht ganz unwesentlichen Nebeneffekt die Märkte breiter ab.
        Die Emittenten also Herausgeber und Verwalter halten die verpackten Aktien real und bewirtschaften den ETF Wert nach Börsenwert der Aktien plus „kleine“ Gebühr für das Management des ETF.
        Das Risiko ist also voll auf der Seite der ETF Anteilshalter, weil die ETF Preise von den Verwalter gemacht werden auf Grund der Abschlusspreise der verpackten Aktien an der Börse.
        Gewinne sind meist nicht so atemberaubend hoch, jedoch besser als nichts. ETF erachte ich als eine Investition die auch wie Einzelaktien kontrolliert, kalkuliert und tough bewirtschaftet werden soll.

  • Anh Toàn sagt:

    Grundsätzlich: Verluste begrenzen, also realisieren, verkaufen, Gewinne laufen lassen: Der Kleinanleger macht intuitiv das Gegenteil, er hofft, die Verluste aussitzen zu können und will die Gewinne ins Trockene bringen. Emotional erklärbar, rational betrachtet ist das ruinös.

    • Peter Tschudi sagt:

      „Gemeinsam ist, alle sind sie ganz sicher, das Richtige und Beste gefunden zu haben, und sie sagen es dir täglich, wie du froh und reich wirst“
      alles klar, Herr Anh Toàn?

      • Anh Toàn sagt:

        Ich sage lediglich, wie man es ganz sicher nicht wird: Das ist viel einfacher.

        Und das mit Verlusten realisieren (ist schlauer aber schmerzt kurzfristig) gilt nicht nur für die Börse, das gilt fürs Leben ganz allgemein. Man muss Verluste realisieren, um wenigstens den Rest in etwas Gewinnbringendes stecken zu können. ABB haben sich erholt seit der letzten Krise, was den Fragesteller ein wenig tröstet, aber mit vielem anderen hätte er mehr verdient in dieser Zeit. ABB waren auch ein „Underperformer“, selbst Nestle war besser, aber man hätte auch Facebook haben können, hätte man die ABB Verluste realisiert.

        P.S: Novartis ist keine Qualitätsaktie, schon lange nicht mehr.

  • Bernhard Piller sagt:

    Und ich hatte immer gedacht, ion einem vollkommenen Markt gäbe es gar keine Gewinnerstrategie, weil ja auch die Zukunftschancen im Preis eingerechnet sind. Dass auch wirklich so gedacht wird, sieht man an der Börsenkapitalisierung von Tesla, die weit vor der von VW und BMW zusammen liegt, obwohl die Firma kaum Gewinne macht.
    Vielleicht gibt es aber Gründe für irrationales Denken, z.B. wenn eine Firma (noch) gross ist, aber in einem absterbenden Markt oder in einer absterbenden Technologie. Da braucht es viel Überwindung, zu denken, die Firma sei nichts mehr wert.

  • H. Trickler sagt:

    >>“Jeder muss anhand seiner Risikofähigkeit für sich herausfinden, welche Strategie für ihn oder sie die passende ist.“

    Oder simpler ausgedrückt: Jeder muss selber in seinem Kaffeesatz lesen…

  • Erich Emil Bindschaedler sagt:

    Ich investiere seit 38 Jahren in historische Wertpapiere. Die findet man überall auf der Welt, Flohmarkt, Brocki, bei den Grosseltern, meistens fast für nichts. Seit Beginn steigen die Kurse, denn jedes Papier ist nummeriert, hat Original Unterschriften wie: Edison, J.D. Rockefeller, Wells, Fargo etc. und sind von namhaften Künstlern der Welt entworfen worden. An Auktionen werden heute Beträge von mehreren Tausend Franken bezahlt. Leider ist der Markt in der Schweiz überschaubar. Aber gerade Schweizer Papiere sind immer gesucht: Eisenbahnen, Schifffahrt, Airlines, Automarken, Gold- und Silberminen. Es lohnt sich diese Investition zu prüfen, macht grosse Freude und Spass und ist fast 100% sicher!!

  • Oil of Olaf sagt:

    Also, wenn Sie ABB nun abstossen, dann haben Sie nicht die nötige Geduld und langfristigen Horizont, um im Energiesektor zu investiert zu sein.
    ABB Aktien sind zwar nicht gerade der grosse Renner an den Börsen gewesen seit einigen Jahren, aber die Firma ist soweit gesund und in einem durchwegs zukunftsträchtigen Markt tätig, der schon bald wieder viel zentralere Rolle einnehmen wird. Strombedarf hat enormes Potential…
    Die Buffett Karriere ist so wie er und Munger die Papiere schaukelten, heute kaum mehr möglich.
    Sagen sie mir eine grössere Aktien Gesellschaft ohne offene Gerichtsverfahren?
    Was hingegen immer noch zu brauchen ist von den Berkshire Headaway Brothers, sind die Rezepte, wie man sehr schlau an Investments ran geht, um das Risiko von Verlust möglichst klein hält.

  • Martin sagt:

    Der Kern einer Aktie ist das Stimmrecht und die Dividende, sprich Rendite auf dem eingesetzten Kapital. Der Kurs ist sekundär. Aktien soll man kaufen und halten, damit in den mageren Zeiten „etwas reinkommt“ und Substanz vorhanden ist.

    Und immer so unterwegs sein, dass man niemals etwas zwangsverkaufen muss.

  • I. Bissig sagt:

    “ In Krisenzeiten trennt sich bei den Wertpapieren erst recht die Spreu vom Weizen“
    Und genauso stimmt:
    In Krisenzeiten trennt sich bei den Anlegern erst recht die Spreu vom Weizen.

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