Buchverluste gehören eingeplant

Oder: Warum Sie trotz teurer Aktien und korrekturanfälliger Märkte nicht auf Investitionen verzichten sollten.

Mut zahlt sich aus: Da wir nicht wissen, wann eine Korrektur kommt, bringt abwarten wenig. Foto: iStock

Ist es für eine 64-jährige Person ratsam, zum jetzigen Zeitpunkt neu in den Aktienmarkt einzusteigen mit Mitteln, welche der Altersvorsorge dienen? Die Aktienmärkte befinden sich seit Jahren im Aufwärtstrend, eine Korrektur wird auch schon länger erwartet. Auf höheren Kontobeständen werden zwar momentan Negativzinsen belastet. Bei einem jetzigen Einstieg in den sehr hohen Aktienmarkt entstehen aber auch jährliche Fixkosten, die wesentlich höher sind als die Negativzinsen. Ausserdem kann jederzeit eine Kurskorrektur einsetzen. G.B.

Ihr Reflex ist berechtigt: Die Aktienmärkte sind nach rund zehn Jahren Hausse definitiv nicht mehr günstig bewertet. Einzelne Titel sind gar überbewertet, die Märkte als Ganzes zweifellos hoch bewertet.

Wenn wir wüssten, dass es in den nächsten Monaten zu einer heftigen Korrektur an den Börsen käme, wäre es klar, dass Sie derzeit auf keinen Fall investieren sollten. Leider wissen wir nicht, wann die Korrektur erfolgt. Kommen wird die Korrektur auf jeden Fall – die Frage ist nur, wann.

Ebenso wie es möglich ist, dass es rasch zu einer Gegenbewegung nach unten kommt, ist es wahrscheinlich, dass die Märkte noch etwas steigen. Dafür sprechen in erster Linie die rekordtiefen Zinsen. Diese drängen die Investoren in Scharen in Aktien, was die Märkte vorderhand noch stützt. Viele hatten im letzten Jahr abgewartet, weil sie eine Korrektur erwarteten, und dabei den Kursanstieg 2019 verpasst.

Gleichzeitig sind wir heute mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert. Offensichtlich ist das bei der neusten politischen Krise zwischen dem Iran und den USA.

Doch die Nahostkrise ist nur einer von vielen Unsicherheitsfaktoren. Auch der Handelsstreit zwischen den USA und China schwebt trotz Teillösung weiter über den Märkten. Destabilisierend wirken könnten weitere geopolitische Risiken, eine konjunkturelle Abschwächung oder die weiter gestiegene Verschuldung von Staaten und Unternehmen weltweit.

Gerade den enormen Schuldenberg weltweit erachte ich für die Finanzmärkte als enormes Risiko. Falls die Zinsen irgendwann nach oben tendieren, was vorderhand noch nicht absehbar ist, wird der Schuldendienst teurer und könnte rasch in eine neue Finanzkrise ausarten, weil viele Schuldner kaum mehr in der Lage sein dürften, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

All diese Faktoren würden an sich gegen ein Investment sprechen, zumal Sie betonen, dass es sich beim Kapital um Ihr Altersgeld handelt. Allerdings müssen Sie sich fragen: Welches ist Ihre Alternative? Liquide Mittel bringen nicht nur keinen Zins, sondern haben unter Umständen sogar Negativzinsen zur Folge. Ob ein Investment sinnvoll ist oder nicht, hängt nicht zuletzt von Ihren Zielen ab, die Sie mit Ihrem Geld verfolgen.

Falls Sie ein Kurswachstum anstreben, würde ich Ihnen derzeit wegen der vielen Unsicherheitsfaktoren von einem hohen Aktienengagement abraten. Falls Sie aber primär an regelmässigen Erträgen zur Aufbesserung Ihrer Rente im Alter interessiert sind, kommen Sie momentan kaum an Aktien vorbei – und zwar an Aktien mit einer hohen Dividendenrendite.

Sie sollten allerdings in der Lage sein, auch stärkere Buchverluste, die künftig eintreffen dürften, auszuhalten, ohne dass Sie deswegen schlaflose Nächte bekommen.

Wichtig ist zudem, dass Sie nicht nur auf Dividendenperlen setzen, sondern Ihr Vermögen breit diversifizieren und auch andere Anlageklassen wie Anleihen, Immobilien, Rohstoffe usw. berücksichtigen und auch da wieder breit diversifizieren. Sie müssen Ihre Risiken verteilen und die Gefahr von Buchverlusten bereits realistisch einplanen.

Mit 64 haben Sie nicht mehr einen langen Anlagehorizont wie ein junger Mensch, der auch lange Baissephasen an den Börsen gelassen aussitzen kann. Dennoch würde ich investieren, da Sie sonst auf Ihrem Geld gar keine Rendite haben. Da wir nicht wissen, wann eine Korrektur kommt, bringt es in der Regel auch wenig, nur einfach abzuwarten.

Angesichts der hohen Bewertung der Märkte würde ich aber nicht gleich alles Geld gleichzeitig anlegen, sondern schrittweise ein breit diversifiziertes Portfolio aufbauen, das Ihrer persönlichen Risikobereitschaft Rechnung trägt.

Damit Sie später keine unangenehmen Überraschungen erleben, sollten Ihnen bei jedem Schritt bewusst sein, dass Sie mit stärkeren Kursschwankungen konfrontiert sein werden. Das ist der Preis für die Rendite, die Sie anstreben.

16 Kommentare zu «Buchverluste gehören eingeplant»

  • Peter Rohner sagt:

    Interessant in diesem Zusammenhang ist auch das neue Buch von Gerd Kommer: „Souverän investieren vor und im Ruhestand“. Leider erscheint es erst am 8. April 2020.

    • Oil of Olaf sagt:

      Sag mal, bekommst Du Provision für die Werbung und Vertrieb dieser Wahrsagerfibel ❓

      • Peter Rohner sagt:

        Leider nein! Offenbar hast du noch nie was von Kommer gelesen, denn dann würdest du hier nicht so blöd herumstänkern. Weiterbildung würde gerade dir guttun.

      • Oil of Olaf sagt:

        Nein der Döner interessiert mich nicht. Gehöre zum fortgeschrittenen Teil der Szene.
        Bill Graham’s Buch las ich und Warren Buffet’s Essays sowie viele seiner Zitate liiess ich mir prüfend in meinem Gedächtnis aufbewahren.
        Vielleicht guck ich mal rein, falls ich zufällig über den Schinken stolpere. Ansonsten bin ich mir sehr bewusst um was es geht. Die Massen der Anleger für die eigene Investition nutzen, simpel ausgedrückt. Blöd, dass da Player am Werk sind, die mit ungeheuer viel Munition und Waffen souverän im Renben sind. Träum süss

  • Michael sagt:

    Nicht alle Aktienmärkte sind hoch bewertet. Insbesondere Aktien aus Osteuropa (Polen, Ungarn und Russland sowie die Türkei) sind günstig. Z.B. russische Aktien haben ein Kurs/Gewinnverhältnis von lediglich 6 und eine Dividendenrendite von 7% (CH Aktien im Vergleich haben ein Kurs/Gewinnverhältnis von 22 – mehr als das dreifache) gemäss Marktindexdaten. Zudem dürften diese Währungen sehr tief bewertet sein im Vergleich zum Schweizerfranken.
    Wir haben also in diesen Märkten tiefe Währungen, hohe Dividenden und tiefe Kurs/Gewinnverhältnisse – eigentlich eine super Kombination.

    • Andreas sagt:

      Lieber Michael

      Wird bei russischen Aktien eine Quellen-
      Steuer abgezogen?

      Falls ja, kann man diese zurückfordern?

      Danke Ihre Antwort.

    • andy sagt:

      KGV’s sind nur noch sehr bedingt nützlich bei der Auswahl von Aktien Anlagen. Sie sollten die KGV’s nicht zu isoliert betrachten.

      In den USA sind KGV‘ s der Aktien seit jeher immer mindestens doppelt so hoch gewesen wie in Europa und der Schweiz. Dennoch liefen US Aktien stets besser in der Kurs Entwicklung.

      Wichtiger sind das Geschäftsmodell einer Firma und die Aussichten sich im herrschenden Markt damit weiter zu entwickeln.

      Ost europäschische Unternehmen sind prädestiniert als Zulieferer für DE und EU Industrien salopp ausgedrückt. Die übrige Welt benötigt deren kostengünstigen Produkte weniger, da die selbst billig arbeitende Fachleute und Länder um sich herum haben, denke ich.

    • Tony sagt:

      Ein Konto in Rubel zu führen.
      Darauf muss man als Rentner zuerst mal kommen.

      Finger weg von Währungen die die schneller fallen als Aktien steigen können.

    • Christoph Bögli sagt:

      @Michael: Wie heisst es so schön: „There’s no such thing as a free lunch“. In der Finanzwelt gibt es letztlich nie Schnäppchen oder „Geheimtipps“, wer anderes erzählt ist meist entweder naiv oder ein Betrüger. Wenn etwas niedrig bewertet wird, hat das meist seinen Grund. Jemandem, der keine Erfahrung mit Aktien und ein konservatives Anlageprofil hat, zu empfehlen, in Märkten zu investieren, in denen zu den normalen Risiken noch massive politische Unsicherheiten, grosse Währungsrisiken und fehlende Kenntnisse zu Land, Wirtschaft und Firmen kommt, ist darum schlicht absurd. Wenn man Lust auf etwas Exotencharme und Achterbahnfahrt hat, würde sich da maximal ein Osteuropa-Indexfond anbieten, aber natürlich auch nur als kleiner Posten im Gesamtmix.

  • Oil of Olaf sagt:

    Intelligent investieren ist so eine Sache.
    In der momentanen Welt Situation, da die Weltmacht USA unter der Regie von Trump alle möglichen Weichen auf Wachstum bzw. Ausgleich von deren eigenen Handelsbilanzdefizit umstellt, ist es sinnvoll sich mit US Aktien und Unternehmen auseinander zu setzen. Ziel der Politik Trumps ist es die inländische Produktion massgeblich zu erhöhen und den Export gegenüber dem Import um ein Mehrfaches zu steigern. Die FED und somit der US Dollar unterstützt die Indianer bei deren Umsetzung. Der Rest der Welt wird eher bluten, da die „Märkte“ lediglich umverteilt werden können. Stichwort Verdrängungswirtschaft. Weit und breit kein Ende in Sicht. Beim Anlegen bewusst ein worst (max. -25%) und best (max. +25%) case ausarbeiten und stur umsetzen, als Beispiel.

    • Kurt Seiler sagt:

      Die Erkenntnis nach 30 Jahren Börse:
      Europa kann man sich sparen – vor allem Deutschland.
      Schweiz ausser Nestle auch nicht der Hammer.
      USA alleine hätten gereicht.
      … ich denke es bleibt so.

      • Oil of Olaf sagt:

        Ihr Kommentar nach angeblichen 30 Jahre Börsen Erfahrung ist mehr als nur schwach. Vermutlich liegt ihr Erfolg auf derselben Auschuss Stufe.

        Im Technologie Sektor ist DE nach wie vor erstklassig platziert. Auch im Automobil, Pharma und Biotech Sektor sind einige der wichtigsten Produzenten und Halbfabrikat Lieferanten weltweit in DE, EU und CH beheimatet. Klar wenn ihnen bloss Namen wie Nestle Begriffe sind, spielen Sie in Zukunft besser wieder Monopoly wie im Kindergarten. In aller Regel bildet sich das anlagetechnisch interessante Potential der Zukunft aus den mittelgrossen Unternehmen (Antien) heraus. Sicher nicht leicht Durchblick zu erhalten. Aber nach irdischer Logik voll logisch. Prost Seiler Küde

  • andy sagt:

    Wer bereit ist ein grösseres Risiko (Gewinn vis à vis Verlust) zu nehmen und in ein Unternehmen direkt zu investieren durch Anteile Einkauf, soll sich doch überlegen welche interessanten Startups, vornehmlich an der ETH, nach Geldern Ausschau halten. Vereinzelte Startups aus den genannten Kaderschmieden haben höchst zukunftsträchtiges Potential und werden oft auf mittlere Frist von den Multis der Branchen aufgekauft. Anteil habende Eigner lösen in solchen Fällen einiges an Münz aus und freuen sich des weiteren Lebens.

    Diese Anlage Strategie erfordert nebst einer gesunden Portion Glück, auch beste Kenntnisse von den Märkten und dem Unternehmen (Startup) sowie den real möglichen Entwicklungschancen (Nutzen und Wachstum) in der Wirtschaft der Zukunft.

    • Rolf Rothacher sagt:

      Was für eine schwachsinnige Idee für Normalanleger. Denn Start-Ups benötigen in der Regel mindestens 10 Jahre, um soweit zu sein, dass sich ein Produkt rentiert oder ein Multi die Firma übernimmt. Nur jedes dritte Unternehmen macht den grossen Reibach. Zwei Drittel führen zu happigen Verlusten für die Erstinvestoren.
      In dieser Situation sollten man besser im Kasino auf Rot oder Schwarz setzen. Die Gewinnchance ist höher.

      • andy sagt:

        Also, Ihnen lieber Rotblaubacher, hätte ich den Tipp eh nie ans die Denkmoleküle übergeben wollen.
        Dazu braucht es schon etwas mehr als die durchschnittliche 2D farblos Wahrnehmung.

        NB: Ihnen Blaurotbacher ist mit 0815 Investition in völlig überbewertete und absolut wachstumsarme Grösstkonzerne das Nonplusultra des Anlegens bestens erreicht,vum zu wieder vorbildlich mit Ihren bereits angehäuften Schuldkrediten standesgemäss zu scheitern. ?

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