Eigenmietwert gilt auch für leer stehende Häuser

Unbewohnt: Da es kaum möglich ist, einen Erlass des Eigenmietwertes zu erreichen, sollte man sich überlegen, ob man leer stehende Häuser entweder bald verkaufen oder vermieten könnte. Foto: iStock

Meine Mutter, Jahrgang 1922, ist ins Altersheim umgesiedelt. Die Steuerverwaltung erklärt, dass Mutter weiterhin den Eigenmietwert versteuern muss, obwohl das Haus leer steht und nur die emotionale Bindung der Familie zum Haus einen Verkauf verhindert. Unfair finde ich, dass trotz der sehr hohen Kosten des Altersheims, die ihre Ersparnisse schrumpfen lassen, der Eigenmietwert weiterhin versteuert werden muss. Was raten Sie uns? E. F.

Ich verstehe Ihren Ärger. Der Eigenmietwert stellt gemäss Definition der Steuerbehörden und des Gesetzgebers ein Mietwert dar, den Ihre Mutter als Eigentümerin für die selbst genutzten Räumlichkeiten des Hauses jährlich zahlen müsste, wenn sie ein vergleichbares Objekt zur Miete nehmen würde. Der Eigenmietwert muss daher von Ihrer Mutter als fiktives Einkommen versteuert werden.

In Ihrem Fall lebt Ihre Mutter seit letztem Jahr aber nicht mehr in dem Haus. Dennoch wird ihr steuerlich ein Mietwert eingesetzt – wie Sie richtig feststellen: Für etwas, das sie gar nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Das Steueramt stellt sich hingegen auf einen anderen Standpunkt: Wenn das Haus nicht mehr von Ihrer Mutter bewohnt wird und leer steht, könnte es eigentlich vermietet werden. Indem Ihre Mutter und Sie das Haus nicht vermieten, nehmen Sie einen Mietausfall – also die Miete, die Sie zumindest theoretisch verdienen könnten – in Kauf.

Immerhin besteht die Möglichkeit, dass man in Spezialfällen den Eigenmietwert herabsetzen lassen kann. Nämlich dann, wenn man nachweisen kann, dass man in einem selbst bewohnten Haus einen Teil der Zimmer gar nicht mehr nutzt – weil beispielsweise die Kinder längst ausgezogen sind und die Zimmer wirklich leer stehen. Wenn die Zimmer bewiesenermassen leer sind, kann man eine Unternutzung geltend machen. Da Ihre Mutter gar nicht mehr im Haus wohnt, dürfte dies nicht einfach möglich sein.

Eine Besteuerung des Eigenmietwertes verhindern oder wenigstens eine Unternutzung geltend machen könnten Sie allenfalls, wenn Sie gegenüber den Steuerbehörden nachweisen können, dass Sie versucht haben, das Haus zu vermieten, aber trotz intensiver Bemühungen kein Mieter für das Objekt gefunden werden konnte. Sie müssen aber aufzeigen können, dass Sie das Haus wirklich zur Miete ausgeschrieben haben.

Ein Verzicht der Eigenmietwert-Besteuerung wäre auch möglich, wenn Sie beweisen könnten, dass das Haus in einem derart schlechten Zustand ist, dass es momentan nicht mehr bewohnbar wäre und somit auch eine Vermietung nicht möglich wäre.

Falls Sie keine entsprechenden Nachweise erbringen können, dürfte das Steueramt zu Recht auf der Besteuerung des Eigenmietwerts beharren, obwohl dies, wie ich gut nachvollziehen kann, störend ist, da die Rente Ihrer Mutter nicht reicht, damit sie das Altersheim bezahlen kann.

Aus der Perspektive des Steueramtes sind dies indes zwei verschiedene Dinge, die nicht miteinander verknüpft werden können. Denn der Fiskus würde Ihnen gegenüber argumentieren, dass Ihre Mutter oder indirekt Sie durchaus in der Lage wären, das Haus zu vermieten, wenn Sie dies wollten. Dank der Mieteinnahmen wäre Ihre Mutter auch eher in der Lage, die Altersheimkosten zu zahlen.

Da es wohl kaum möglich ist, dass Sie einen Erlass des Eigenmietwertes erreichen, würde ich mir überlegen, ob Sie das Haus entweder bald verkaufen oder es eben doch vermieten könnten. So bliebe es weiter in Ihrer Familie, zumal Sie eine emotionale Bindung zum Haus haben. Ihre Mutter aber hätte Einnahmen, die zur Deckung der Altersheimkosten beitragen und auch weitere Auslagen für den Unterhalt des Hauses kompensieren.

14 Kommentare zu «Eigenmietwert gilt auch für leer stehende Häuser»

  • Franz Bodem sagt:

    Die Argumentation des Staates, man könne das Haus vermieten, finde ich happig. Da könnte man ja jemanden der nicht arbeitet und so kein Einkommen hat sagen, er könnte arbeiten und soll deshalb Fr. 50’000.00 Lohneinkommen versteuern. Wieso der Staat mit unterschiedlichen Ellen misst, ist mir ein Rätsel.

    • Ralph Kaiser sagt:

      Ich habe mich lange stark am Eigenmietwert gestört, bis ich die Erklärung gelesen habe, die für mich Sinn macht. Der Eigenmietwert ist ein Naturaleinkommen des Vermögens. Wäre das Geld in Aktien oder Obligationen angelegt, müssten die Einnahmen (Dividenden / Coupons) auch versteuert werden. Wer sein Geld in ein Haus investiert, investiert aus steuerlicher Sicht quasi in eine „Aktie“, die halt keine Dividende abwirft, sondern ein Wohnrecht. Die Steuerfolge dieses Einkommens bleibt aber das gleiche, schliesslich ist unbestritten, dass auch Naturaleinkommen (z.B. Mitarbeiterkantine, Mitarbeiterkrippe oder das verbilligte GA der SBB-Angestellten) besteuert werden.

      • urs brand sagt:

        Ich gebe Ihnen grunsätzlich recht. Aber warum gilt dies nur für Immobilien? Schliesslich gibt es Menschen welche horrende Summen in Autos, Schiffe, Schmuck, Bilder etc. investieren, welche anders angelegt ebenso eine Rendite generieren würden. Ein Rolls Royce kostet schnell eimal 500’000 soviel wie eine kleinere einfache Eigentumswohnung. Oder was ist mit dem Schmuck der Gemahlin, welcher ebenfalls bei vermögenden Mitmenschen schnell mehrere hundertausend oder gar Millionen ausmacht. Dafür zahlt man dem Fiskus höchstens Vermögenssteuern – wenn überhaupt.

      • Josef Marti sagt:

        Brand: Das könnte man schon auch besteuern, dann müsste man aber wie bei den Immobilien die Unterhalts- und Servicekosten zum Abzug zulassen.
        Luxusgüter und Gold/Schmuck generieren keinen Vermögensertrag.

      • Ralph Kaiser sagt:

        @urs brand: Das ist grundsätzlich richtig, auch das Benutzungsrecht eines Autos ist etwas wert und müsste nach dieser Logik besteuert werden. Wahrscheinlich verzichtet man aus praktischen Gründen darauf, weil die Bestimmung dieser Grössen enorm schwierig wäre. Ausserdem müsste man aus steuerlicher Sicht dann, wie Josef Marti korrekt sagt, alle Unterhaltskosten des Fahrzeuges als Gewinnungskosten (also Kosten, die nötig sind, um den Etrag der Anlage zu erhalten) ebenfalls zum Abzug zulassen. Spätestens jetzt has dem Fiskus wohl den Magen verdreht, und er hat das mit dem Besteuern des Benutzungsrechtes des Fahrzeuges elegant bleiben lassen.

      • Franz Bodem sagt:

        Ja, es ist ein Naturlaeinkommen. Aber die Regel ist, dass man Naturleinkommen eben nicht versteurt. Kein Steuereinkommen auf das selbst genutze Auto, das selbst genutzte Boot, die selbst genutzte Ferienwohnung im Ausland (im Ausland gibt es keine Eigenmietwertsteuer). Auch kein Steuereinkommen auf Selbstarbeit (=Naturaleinkommen), wenn man für sich selber putz, sich selber die Haare schneidt, für sich kocht, etc. Es ist für mich keine Logik, dass das Naturleinkomen nur beim Wohnen vom Staat als Einkommen taxiert wird, sonst nirgends!

    • Josef Marti sagt:

      Das ist nicht das Argument. Der EMW muss nur versteuert werden solange man sich das Haus zur eigenen Benutzung zur Verfügung hält, das gilt insbes. auch für Ferienhäuser die nur ein paar Wochen im Jahr benutzt werden und nicht vermietet werden resp. die ganze Zeit leer stehen, der EMW muss dort trotzdem für das ganze Jahr versteuert werden.
      Ihren Vorschlag für eine Lohngrundsteuer können Sie ja per Initiative geltend machen, wieso nicht?

  • Hans Huber sagt:

    Hrn. Spielers Kommentar kann ich so nur bestätigen. Als klar wurde, dass unsere Mutter nicht mehr nach Hause kann und im APH bleiben würde, handelten ich und meine Schwester umgehend.
    Da klar war, dass weder ich noch meine Schwester das Haus übernehmen wollten – wir beide haben bereits Eigentum – und die Vermietung kein Thema ist, da es eben u.a. wegen den Steuern (finanziell) keinen Sinn macht ein EFH zu vermieten, wurde das Haus geräumt, geschätzt und im selben Fiskaljahr noch verkauft.
    Die Steuerbehörden berechneten den Eigenmietwert pro rata nur bis zum Monat des Eintritt ins APH.
    Es ist natürlich jedermann/frau selbst überlassen, auch bei uns spielten Emotionen eine Rolle – aber die sind auch ohne Haus noch da.

  • Pjotr Müller sagt:

    Mir erschliesst sich nicht, warum man da keine Unternutzung gelten machen kann.
    Ich würde das Haus natürlich auch vermieten oder verkaufen. Aber wenn dies nicht möglich ist, weil sich die Mutter noch nicht damit anfreunden kann, würde ich die nicht benutzten Zimmer räumen und die entsprechende Unternutzung deklarieren.

  • Thomas Feldmann sagt:

    Mein Steuerberater hat es mal auf den Punkt gebracht.
    Steuerrecht hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, sondern es geht darum wie der Staat zu Geld kommt.
    Anders ist auch nicht zu erklären warum wir das einzige Land auf der Welt sind, wo was als Einkommen versteuert werden muss was man nicht ausgibt.
    Die Logik des EW könnte man noch an vielen Orten anwenden, wie z.B. 80% Anstellung, Leasing, usw.

    • Gerhard Engler sagt:

      @Feldmann: Sie irren sich. Eigenmietwert-Besteuerung gibt es noch in zahlreichen anderen Ländern, z.B. Luxemburg, die Niederlande und Spanien

  • Bernhard PIller sagt:

    Dass die Eigenmiete auch bezahlt werden muss, wenn das Haus nicht bewohnt ist, ist deshalb logisch, weil der Hypothekarzins auch vom Einkommen abgezogen werden kann, wenn das Haus nicht bewohnt ust. Zu Zeiten von „normalen“ Zinsen ergaben diese beiden Faktoren auch eine Nullsumme.

  • B. Frei sagt:

    Der Kanton Basel-Stadt veranlagte sogar Eigenmietwert für ein Einfamilienhaus mit abgesprochener und plombierter Heizung und einer Elektroinstallation, die die geforderte periodische Elektrokontrolle nicht bestanden hätte. Sprich, das Haus konnte mit gesundem Menschenverstand weder bewohnt noch vermietet werden. Die Eigentümer bis zum den Behörden mitgeteilten Verkauf nach der Räumung des Hauses waren mehrere ausserkantonale Erben, die alle an ihrem Wohnsitz eigene Häuser bewohnten, für die sie in ihrem Kanton selbstverständlich ebenfalls Eigenmietwert versteuerten.
    Soviel zu „Eigenmietwert für selbst bewohntes Wohneigentum“…
    Die Erbschafts- und dann Grundgewinnsteuer hat der Kanton Basel-Stadt natürlich gesetzestreu gerne genommen.

  • Stefan Drack sagt:

    Leer stehende Häuser sind eine ökologische Katastrophe, vergleichbar mit einem Flugzeug, das leer um die Erde kreist und nur landet, um wieder aufgetankt zu werden. Warum wir uns das nicht bewusst sind? Vermutlich weil Wohnen nicht so recht in unser Schema des ökologischen Fussabdrucks passt. Handelt es sich da um Ernährung, Mobilität oder Konsum?
    Darum wünsche ich mir den Begriff Wohnkonsum. Er ist gewöhnungsbedürftig, erinnert uns aber daran, dass auch Wohnen die Umwelt belastet, insbesondere durch die graue Energie des Erbauens. Wer den Klimawandel ernst nimmt hält beim Wohnkonsum Mass und vermeidet leer stehende Wohnungen. Lieber bestehende Gebäude nutzen als Zersiedelung und Gärten der Verdichtung opfern.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.