So kommen Sie zu Ihren Retrozessionen

Vorsicht: Anspruch auf die Herausgabe der Retrozessionen und die Bestandespflegekommissionen hat nur, wer sich nicht vertraglich verpflichtet hat, auf diese Provisionen zu verzichten. Foto: iStock

Wir haben gemerkt, dass wir auf unserem Wertschriftenvermögen die Retrozessionen seit Jahren nicht erhalten. Der Bankberater hat trotz unserer Reklamation bis jetzt nicht reagiert. Was können wir machen? B.C.

Die Bank müsste eigentlich rasch auf Ihre Reklamation eingehen. Denn rechtlich ist der Sachverhalt klar. Das Bundesgericht hatte gleich zweimal über das Thema Retrozessionen geurteilt. Das eine Mal vor sieben Jahren, als es entschied, dass ein Kunde, der ein Vermögensverwaltungsmandat erteilt hatte, Anspruch auf die Retrozessionen und die Bestandespflegekommissionen hat.

Beides sind Provisionen. Retrozessionen sind ein finanzieller Anreiz für die Bank, das Produkt eines bestimmten Anbieters gegenüber den Instrumenten anderer Anbieter zu bevorzugen. Bestandespflegekommissionen sind erfolgsabhängige Vertriebsentschädigungen, welche Banken ebenfalls von Produkteanbietern bekommen.

Vor zwei Jahren hat sich das Bundesgericht zudem zur Verjährung von sogenannten Herausgabeansprüchen auf Retrozessionen und  Bestandespflegekommissionen geäussert und sich auch da auf die Seite der Kunden gestellt. Es gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren, wobei die Verjährung für jede einzelne Provision erst zu laufen beginnt, wenn die Bank sie erhalten hat.

Doch Vorsicht: Sie müssen Ihre Verträge genau lesen. Anspruch auf die Herausgabe der Retrozessionen und die Bestandespflegekommissionen haben Sie nur, wenn Sie sich nicht vertraglich verpflichtet hatten, auf diese Provisionen zu verzichten. Verschiedene Banken hatten ihre Verträge so geändert, dass man als Kunde ausdrücklich auf diese Provisionen verzichtet und einwilligt, dass die Bank die behalten darf. Dann muss Ihnen die Bank die Anreize nicht auszahlen.

Gemäss Bundesgericht muss die Bank Ihnen als Kunde gegenüber auch offenlegen, ob sie Retrozessionen und Bestandespflegekommissionen bekommt und was mit diesen geschieht. Sie muss also Transparenz schaffen. Das ist für Sie wichtig, selbst dann, wenn Sie vertraglich auf die Herausgabe verzichten. Bevor man einen Verzicht unterschreibt, sollte man wissen, um wie viel Geld es geht. Man muss eine Vorstellung davon haben, auf was man verzichtet und was der Bank zufliesst.

Falls Sie in Ihren Verträgen keinen Verzicht auf die Retrozessionen und die Bestandespflegekommissionen unterschrieben haben, würde ich die Bank per eingeschriebenen Brief auffordern, Ihnen gegenüber Transparenz über die ihr im Zusammenhang mit Ihrem Mandat zugeflossenen Provisionen zu schaffen und Ihnen die Gelder zu vergüten.

Wenn das auch nichts hilft, können Sie sich an die Schlichtungsstelle der Schweizer Bankenbranchen, den Bankenombudsmann www.bankingombudsman.ch wenden, der bei Streitigkeiten zwischen Banken und Kunden als neutrale Stelle zu vermitteln versucht. Der Aufwand dafür ist für Sie als Kunde kostenlos.

Persönlich halte ich Retrozessionen ohnehin für problematisch, da man als Kunde nie weiss, ob einem die Bank nun ein Produkt empfiehlt, weil es im aktuellen Marktumfeld tatsächlich das aus ihrer Sicht beste ist oder weil das Institut einfach am meisten Provision bekommt.

Da halte ich es für besser, wenn die Bank für ihre Beratung eine Gebühr verlangt, aber auf alle Arten von finanziellen Anreizen seitens der Produkteanbieter verzichtet und so den heiklen Interessenkonflikt aus der Welt schafft.

Ein Kommentar zu «So kommen Sie zu Ihren Retrozessionen»

  • Karl K. sagt:

    Ich erhalte beim Gespräch jeweils einen oder zwei Kaffee und ein Schöggeli, serviert vom Berater himself. Oder über welche Beträge bzw. Prozente sprechen wir da konkret ?

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