Warum Anleihen zurzeit Achterbahn fahren

Geldblog

Dollar im Höhenflug: Die US-Notenbank hat für dieses Jahr zwei weitere Zinserhöhungen angekündigt. Dann klafft die Zinsdifferenz noch weiter auseinander. Foto: Mark Lennihan (Keystone)

Ich investiere zum grössten Teil in Obligationen. Nun fällt mir auf, dass die Kurse recht schwanken. Das stört mich, denn ich will Sicherheit im Depot. Was passiert bei den Obligationen? Und wo gibt es endlich etwas mehr Zins? O.H.

Nachdem die amerikanische Notenbank die Leitzinsen im Juni zum zweiten Mal in diesem Jahr und bereits zum siebten Mal seit 2015 angehoben hat, gehen die Zinsen zwischen Europa und den USA immer stärker auseinander.

Die Europäische Zentralbank hat zwar bekannt gegeben, dass sie die billionenschweren Anleihenaufkäufe, welche insbesondere in Deutschland auf viel Kritik stossen, bis Ende Jahr einstellen wird. Gleichzeitig hat sie aber klargemacht, dass die Zinsen noch bis mindestens im Sommer 2019 tief bleiben.

Das sind zwar gute Nachrichten für die Aktien, denn tiefe Zinsen sind im Grundsatz positiv für Aktienanlagen, aber negativ für die Anleihen. Sie als Inhaber von europäischen Anleihen bekommen weiterhin nur mickrige Zinsen auf Anleihen von Schuldnern mit guter und sehr guter Bonität.

Die Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA nimmt zu: Entsprechend hat der Dollar zugelegt, während der Euro unter Druck geraten ist. Die  Renditen der US-Staatsanleihen sind in den vergangenen Monaten gestiegen und werden es auch weiter tun. Denn US-Notenbankchef Jerome Powell hat angedeutet, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen in Amerika in diesem Jahr wohl noch weitere zwei Mal anheben wird. Dann geht die Zinsdifferenz noch mehr auseinander.

Ein Bremsklotz in Europa ist insbesondere Italien, wo die neue, euroskeptische Regierung die Risikoprämien für italienische Anleihen in die Höhe treibt. Interessant dabei ist, dass die Renditen der italienischen Staatsobligationen weiterhin unter den Renditen von amerikanischen Staatsanleihen notieren.

Das unterstreicht, dass der Markt fest darauf vertraut, dass die Europäische Zentralbank die Italiener und ihren grandiosen Schuldenberg trotz Kritik der neuen italienischen Regierung an der EU und dem Euro nicht im Stich lässt, falls Italien in Schieflage gerät. Auch an einen Ausstieg der Italiener aus dem Euro scheint niemand ernsthaft zu glauben.

Risiken sehe ich derzeit insbesondere bei den Anleihen von Schwellenländern. Hier zeigt sich, dass die Risikoprämien in Ländern mit viel Schulden und zunehmender Teuerung ansteigen. Meist kommt hinzu, dass auch die Währungen der Schwellenländer schwach sind. Wenn man als Investor in US-Staatsanleihen heute mehr Zins bekommt, warum sollte man dann höhere Risiken eingehen und in riskante Schwellenländeranleihen investieren?

Der Renditeanstieg bei den US-Anleihen führt dazu, dass Investoren Gelder aus Schwellenländern und schlechteren Schuldnern abziehen, je mehr sie auch bei sicheren Schuldnern in den USA mit einem steigenden Zins belohnt werden.

Vor diesem Hintergrund rate ich bei Schwellenländer-Anleihen und generell bei Obligationen von schlechteren Schuldnern zur Zurückhaltung. US-Anleihen werden weiter an Attraktivität gewinnen, zumal auch der Dollar eher fester tendiert. Europäische Anleihen hingegen bleiben unattraktiv.

Zudem müssen Sie sowohl bei diesen als auch bei Anleihen von Schuldnern mit tieferer Bonität mit deutlich stärkeren Kursschwankungen rechnen.

Weiterhin unattraktiv bleiben die meisten Frankenanleihen von guten und sehr guten Schuldnern. Hier sind die Renditen weiter mickrig und dürften es bis zur grossen, echten Zinswende in Europa wohl noch bis weit ins Jahr 2019 bleiben.

2 Kommentare zu «Warum Anleihen zurzeit Achterbahn fahren»

  • Hans Hödli sagt:

    Immer wieder wird dieser Mumpitz vom grandiosen Schuldenberg Italiens gesprochen, das sind reine Innenschulden, diese führen schlimmstenfalls zu Bankpleiten die ausschliesslich den italienischen Sparer treffen weil keine Aussenschulden bestehen. Der italienische Sparer ist aber immer noch deutlich reicher als der deutsche Sparer, und die Pleitebanken werden sowieso vom europäischen Steuerzahler gerettet, also wo ist das Problem?

    • Marcel Senn sagt:

      Hödli: Die external Debts Italiens (also nicht nur Staatsschulden) liegen aktuell bei 124.2% des BIP’s (CH bei 269% weil wir ein Fluchtgeldhafen sind).
      Ein Zahlungsausfall Italiens würde also nicht nur zu „schlimmstenfalls ein paar Bankenpleiten die ausschliesslich italienische Sparer treffen“ führen, sondern doch ein paar Dominosteine mehr fallen lassen auch ausserhalb Italiens.
      https://www.ceicdata.com/en/indicator/italy/external-debt–of-nominal-gdp

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