Vorsicht vor dem heissen Tipp

Unverhofft kommt oft: Den sicheren Weg zum garantierten Börsenerfolg gibt es leider nicht. Foto: Keystone

Hätten Sie unter Umständen ein Tipp, um zwischen 50’000 bis 200’000 Franken anzulegen? D.W.

Einfach eine einzelne Aktie zu nennen, um Ihre Frage zu beantworten, wäre aus meiner Sicht unseriös. Den wirklich heissen Tipp, den viele Privatanlegerinnen und -anleger oft suchen, gibt es nicht.

Wenn ein Unternehmen eine spannende Wachstumsstory beinhaltet, spricht sich dies am Markt in Windeseile herum. Angesichts des Anlagenotstandes im Zuge der rekordtiefen Zinsen werden auch von den institutionellen Investoren Chancen selbst bei mittelgrossen und kleineren Börsenfirmen systematisch ausgelotet. Unternehmen mit vielversprechenden Gewinnperspektiven sind rasch auf dem Radar der Investoren und in der Regel keineswegs mehr günstig. Nach Jahren mit einer Börsenhausse ist es illusorisch, eine unterbewertete Aktie zu finden, welche dann innert kurzer Zeit, traumhafte Kursgewinne bringt.

Natürlich gibt es auch im jetzigen Marktumfeld Aktien, die zurückgeblieben sind. Doch das hat immer Gründe. Typisches Beispiel ist für mich in der Schweiz die Swiss Re. Der Rückversicherer verkörpert meines Erachtens ein erstklassiges Unternehmen mit langfristig guten Gewinnaussichten. Darüber hinaus lockt eine hohe Dividende.

Dennoch entwickelt sich die Swiss-Re-Aktie enttäuschend. Kein Wunder: Die zahlreichen Katastrophen, die sich im vergangenen Jahr auf der ganzen Welt ereignet haben, kosten den Rückversicherer viel Geld und belasten den Gewinn. Dabei geht vergessen, dass die Rückversicherung von Katastrophenschäden genau zum Kerngeschäft einer Swiss Re zählt und eine gute Chance besteht, dass aufgrund der höheren Schäden bei Kunden bessere Vertragskonditionen für die Zukunft ausgehandelt werden können. Ob dies wirklich gelingt, ist aber ungewiss – entsprechend zurückhaltend sind die Investoren.

Auch Roche liegt aufgrund hausgemachter Problem zurück. Selbst eine Adecco, welche direkt von der Konjunkturerholung in Europa profitiert und eine Swisscom können meines Erachtens an der Börse derzeit nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen, obwohl beide übrigens ebenfalls eine hohe Dividendenrendite bieten. Dennoch dürfen Sie gerade bei solchen Titeln nie einen grossen Kurssprung erwarten. Schon gar nicht bei einem konservativen Wert wie der Swisscom.

Welche Aktien oder auch welche Anlageklassen letztlich für Sie passend sind, hängt von der von Ihnen verfolgten Anlagestrategie und Ihrer persönlichen Risikofähigkeit ab, die ich nicht kenne.

Natürlich gibt es auch einige Aktien, welche trotz Börsenhausse eine tiefe Bewertung aufweisen und von den Anlegern richtiggehend abgestraft wurden. Ein Beispiel dafür ist die Aktie von Aryzta, welche nach erneuter Gewinnwarnung schwer Federn lassen musste. Vielleicht wird dies später doch noch eine Turnaround-Geschichte? Ebenso nicht ausschliessen können Sie aber, dass die Aryzta-Aktie noch weiter stark in den Keller geht und Sie bei solchen Titeln im schlimmsten Fall sogar Ihren ganzen Einsatz verlieren.

Auch eine Swissair-Aktie konnte man mal angeblich günstig kaufen. Statt dem Turnaround folgte dann der Totalabsturz. Darum würde ich Privatinvestoren nie solche Einzelaktien von Firmen in Spezialsituationen empfehlen. Solche Investments sind rein spekulativ und beinhalten sehr hohe Risiken.

Falls Sie den erwähnten Betrag im Rahmen eines diversifizierten Depots und einer abgestimmten Strategie in Aktien anlegen möchten und die nötige Risikofähigkeit besitzen, würde ich eine grössere Markt-Korrektur abwarten und diese nutzen, um heute teure und teilweise viel zu teure und solide Wachstumswerte möglichst gestaffelt deutlich günstiger zu erwerben.

Selbst dann haben Sie allerdings keine Garantie, dass Ihre Rechnung aufgeht und Sie gut eingekauft haben. Denn auch nach einer heftigen Korrektur kann es bei den Aktien nochmals oder sogar längere Zeit abwärtsgehen, wie wir es in der Finanzkrise erlebt haben. Darum würde ich nur Geld in Aktien investieren, welches Sie während langer Zeit, das heisst während wenigstens fünf bis acht Jahren, sicher nicht brauchen.  

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