Keine Chance auf hohen Ölpreis

Förderplattform vor Norwegen: Der Ölpreis wird aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Förderländer vorläufig nicht steigen. Foto: Nerijus Adomaitis/Reuters
Wie schätzen Sie die Entwicklung des Ölpreises für die nächsten Monate ein? C.P.
Um beurteilen zu können, wie es beim Ölpreis weitergeht, lohnt es sich, die Entwicklung der Notierungen in einer längerfristigen Perspektive unter die Lupe zu nehmen. Viele haben schon vergessen, dass das Öl der Sorte Brent noch vor rund drei Jahren Höchstwerte von 115 Dollar je Fass erreichte. Doch dann folgte der grosse Einbruch und die Kurse erreichten ein Tief von rund 27 Dollar Anfang 2016. Seither haben die Ölnotierungen eine beeindruckende Erholung an den Tag gelegt und bewegen sich heute wieder robust über 50 Dollar.
Das hat dazu geführt, dass die Inflation in den USA und Europa endlich etwas angezogen hat. Entsprechend sind auch die Inflationserwartungen gestiegen. Die Dreijahresperspektive zeigt Ihnen allerdings, dass sich der aktuelle Ölpreis nach wie vor weit unter den alten Höchstständen befindet. Neben den wieder etwas besseren Wachstumsaussichten in China und der konjunkturellen Erholung in weiten Teilen der Welt hat vor allem die Vereinbarung der global wichtigsten Erdölländer, die Förderquoten zu begrenzen, dem Öl Schub verliehen. Ziel dieser Abmachung unter den Ölproduzenten ist es, einen Angebotsrückgang zu erwirken.
Kurzfristig hat diese Vereinbarung durchaus Wirkung gezeigt. Sie müssen aber bedenken, dass die tieferen Förderquoten nur temporär sind. Ich frage mich zudem, wie verlässlich die Vereinbarung wirklich eingehalten wird. Mit den zeitweise extrem tiefen Ölnotierungen noch im Jahr 2015 hatte ich den Eindruck, dass der wichtige Ölproduzent Saudiarabien versucht, viele Schieferölproduzenten aus den USA aus dem Markt zu drängen. Teilweise ist das auch gelungen. Für etliche dieser Unternehmen hatte sich die aufwendige Schieferölförderung zu den damals tiefen Konditionen nicht mehr gelohnt.
Doch im Zuge der Vereinbarung der Förderländer und der angezogenen Kurse ist die Schieferölproduktion wieder lukrativer geworden und mächtig in Fahrt gekommen. Es kommt somit wieder deutlich mehr Öl auf den Markt. Vor diesem Hintergrund rechne ich nicht damit, dass die Ölnotierungen noch stark in die Höhe klettern werden und die alten Höchstwerte von über 100 Dollar je Fass so schnell wieder erreichen werden.
Russland braucht die Einnahmen aus dem Ölgeschäft und wird kaum Hand bieten für über die temporäre Vereinbarung hinausgehende weitere Förderkürzungen. Auch Saudiarabien ist längst nicht mehr in der komfortablen Lage, auf zusätzliche Einkünfte zu verzichten, zumal Erzfeind Iran wieder intensiver auf dem Ölmarkt mitmischt. Zudem dürfte US-Präsident Donald Trump alles daran setzen, im Rahmen seiner Politik America First die heimische Ölproduktion zu stärken und zu intensivieren. Das Angebot auf den Ölmärkten dürfte somit kaum abnehmen.
Doch auch die Nachfrage wird angesichts der zwar intakten, aber keineswegs euphorischen Perspektiven der Weltkonjunktur wohl kaum deutlich anziehen. Damit fehlen die nötigen Impulse, welche kurzfristig für einen starken Anstieg der Ölpreise sprechen – es sei denn, es käme zu dramatischen geopolitischen Verwerfungen, die jederzeit möglich, aber kaum prognostizierbar sind.
Ein Kommentar zu «Keine Chance auf hohen Ölpreis»
Vor noch nicht allzulanger Zeit, als der Ölpreis hoch war, hiess es in allen Medien, die Zeit des billigen Öles sei endgültig vorbei. Zwar könne er durchaus kurzfristig auf bis zu 80.- $ fallen, wahrscheinlicher seien jedoch noch höhere Preise. Die Begründungen dazu führe ich hier nicht auf. Das zeigt uns wieder einmal deutlich: Vorhersagen beim Öl und anderswo sind nicht möglich. Wir wissen nicht einmal, was morgen ist! Also mehr Bescheidenheit und weniger Prognosen. Wer lange genug lebt und lebte , musste viele schreckliche Vorhersagen von den Medien entgegen nehmen. Keine dieser düsteren Androhungen und Ankündigungen ist wahr geworden!