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Pocahontas, Nazis und die RömerDer beste Podcast für Geschichtsfans

«Eine Disney-Lüge»: Verklärende Darstellung der Häuptlingstochter Pocahontas auf einer Postkarte.

Was macht einen exzellenten Geschichtspodcast aus?

Erstens muss historische Genauigkeit auf eine packende Erzählweise treffen, die selbst trockenste Fakten zum Leben erweckt. Zweitens muss das Format kluge Bezüge zur Gegenwart herstellen, um Vergangenes für das heutige Publikum relevant zu machen. Und drittens schlägt ein exzellenter Geschichtspodcast eine Brücke zwischen damals und heute, ohne dass der Zuhörer merkt, wie er von der Gegenwart in die Vergangenheit geht.

Zwei Schnelldenker

«Was bisher geschah» heisst der neue Geschichtspodcast der deutschen Historiker Joachim Telgenbüscher (43) und Nils Minkmar (58), beide sind sie renommierte Journalisten. Telgenbüscher, Redaktionsleiter der Magazine «Geo Epoche» und «P.M. History», erweist sich am Mikrofon als ausgezeichneter Erzähler, er treibt die Story voran, verdichtet, dramatisiert den Stoff. Minkmar, einst Feuilletonchef der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», ist für den geistigen Überbau zuständig: Er ordnet ein und vergleicht, schafft den Bezug zum Heute.

Am Mikrofon ein ausgezeichneter Erzähler: Historiker und «Was bisher geschah»-Co-Host Joachim Telgenbüscher.

Mit dem Duo Telgenbüscher/Minkmar kommt viel Fachkompetenz zusammen; sie sind Schnelldenker, rhetorisch gewandt, gewitzt und witzig. «Was bisher geschah» startete Mitte März, und obwohl erst neun Episoden im Wochenrhythmus publiziert worden sind: Dieser Geschichtspodcast ist im deutschsprachigen Raum der neue Benchmark des Genres.

Breit ist das Themenspektrum: «Ein Herrscher im Grössenwahn» (gemeint ist der römische Kaiser Commodus), «Die Wahrheit über die Disney-Lüge» (es geht um Häuptlingstochter Pocahontas) oder «Der CEO der mongolischen Steppe» (Dschingis Kahn) heissen einige der ersten Episoden.

Der Prototyp eines NS-Schreibtischtäters

Und während die meisten anderen deutschsprachigen Podcasts einen weiten Bogen machen um den heiklen Themenbereich Nationalsozialismus, nahmen sich Telgenbüscher/Minkmar mit lobenswerter Unerschrockenheit gleich zum Start einen der übelsten Nazis vor: Karl Rudolf Werner Best, Jurist, SS-Obergruppenführer und Theoretiker der Vernichtungsstrategie gegen die Jüdinnen und Juden. Best ist, dies zeigt die Doppelfolge von «Was bisher geschah» eindrücklich, der Prototyp eines NS-Schreibtischtäters, der für den Tod Zehntausender verantwortlich ist, ohne je selbst den Abzug gedrückt zu haben. Das kluge Porträt ist ein Stück relevanter Geschichtsvermittlung.

Zuständig für den geistigen Überbau: Ex-Feuilleton-Chef der FAZ und «Was bisher geschah»-Co-Host Nils Minkmar.

«Was bisher geschah» wird von der Amazon-Tochter Wondery produziert, aus deren Studios bekannte englischsprachige Produktionen wie die True-Crime-Podcasts «Dirty John» und «Dr. Death» stammen. Bei Wondery wird nicht gebastelt, sondern richtig Geld in die Hand genommen. Hinter den beiden Journalisten steht ein Redaktions- und Produktionsteam, das den beiden Hosts zudient. Diese Ressourcen machen sich inhaltlich, aber auch formal bemerkbar.

Fürs Einspielen des Jingles von «Was bisher geschah» wurde offenbar kein Aufwand gescheut, er klingt so dramatisch-symphonisch wie die Erkennungsmelodie einer HBO-Serie. Mit solchen Produktionsstandards kann derzeit kaum ein anderer deutschsprachiger Geschichtspodcast mithalten. So steht «Was bisher geschah» auch für die Professionalisierung des Audioangebotes für Geschichtsinteressierte.

Fehlende Communitypflege

Der Podcast von Telgenbüscher/Minkmar hat auch Schwächen. Schade etwa ist, dass die Hosts nicht Feedbacks von Hörerinnen und Hörern in die Sendung integrieren – diese wird es zweifellos geben. Dabei sind im dynamischen Podcast-Markt Hörerfeedbacks und eine aktive Communitypflege entscheidend. Wie das geht, könnten sich Telgenbüscher/Minkmar bei den Kollegen von «Geschichten aus der Geschichte», dem derzeit reichweitenstärksten History-Podcast im deutschsprachigen Raum, abschauen. Die Historiker Daniel Messner und Richard Hemmer machten die aktive Einbindung und Wertschätzung der Hörerschaft zu ihrer Erfolgsstrategie.

Indessen ist angesichts des in der Tat beeindruckenden Starts dem «Was bisher geschah»-Duo zuzutrauen, dass auch es bald den Dialog hin zum Publikum öffnet und Telgenbüscher/Minkmar nicht mehr nur sich selbst genügen.

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