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Kolumne «Fast verliebt»Warum verlernt man das Träumen, wenn man älter wird?

Berichtet aus ihrem Beziehungsumfeld: Claudia Schumacher.

Neujahr verbrachte ich mit ein paar Lieblingsmenschen in einem Chalet in den Alpen. «Was sind eigentlich eure Träume für 2024?», fragte ich in die Runde, während der Schnee in der Wintersonne glitzerte. Die Frage stand wie ein Alien zwischen uns, dann nahmen wir Zuflucht zu einer bewährten Erwachsenenmethode: Belustigung.

Vorsätze durch Träume ersetzen, sagte eine meiner Freundinnen, das sei ja eine schöne Idee. Nur habe sie gar keine Zeit für so was, weder für Vorsätze noch für Träume: «Ich bin einfach froh, dass das Jahr rum ist und wir zusammen eine schöne Zeit haben.» Schliesslich unterband ich die komische Stimmung, die meine Frage ausgelöst hatte, indem ich selber eine Quatschantwort gab: «2024 ziehe ich nach New York und werde Tänzerin und Choreografin.» Hahaha, wie absurd! (Tatsächlich hatte ich einen echten Traum verraten, den ich als Teenager gehegt hatte.)

Kann es sein, dass viele von uns mit zunehmendem Alter das Träumen verlernen?

Als Kinder gehörten grosse Träume für uns zum Alltag. Wir träumten so lebhaft, dass wir unsere fantasievollen Wünsche kaum von der Realität unterscheiden konnten. Wir nahmen ein Holzschwert in die Hand und warfen wilde Behauptungen in die Manege: «Ich bin Piratin!» Unsere Eltern nahmen uns dann nicht zur Seite und sagten: «Du, hör mal, das ist total unrealistisch. Du bist keine Piratin und wirst nie eine sein.» Stattdessen kauften sie uns Piratenschiffe und spielten mit.

Aber was machen wir heute mit uns selbst? Erlauben wir uns noch zu träumen? Meistens wache ich auf und denke: Das war eine traumlose Nacht. Falls da doch ein Traum war, ist er überaus irdisch, handelt von Einkaufslisten oder Zahnarztterminen.

Letztes Jahr erzählte mir eine schwangere Arbeitskollegin, dass ihre beste Freundin den Kontakt mit ihr abgebrochen habe, weil sie selbst schwanger werden wollte. Es gelang ihr nicht, an ihrem Traum festzuhalten und ihrer Freundin das schnellere Glück zu gönnen, nein: Vor Verbitterung trat sie ihren eigenen Traum in die Tonne – und die Freundschaft gleich mit. Die Ironie: Wenige Monate später wurde die Freundin doch noch schwanger.

Ein eigenes Unternehmen, eine glückliche Partnerschaft, ein Sabbatical: Viele Träume verenden in der Angst vor Enttäuschung. Was, wenn ich es versuche, aber es klappt nicht?

Als kleines Mädchen träumte ich nachts einmal so lebensecht vom Fliegen, dass ich tagsüber glaubte, ich könne es. Was für ein Gefühl! Irgendwann am Nachmittag stahl ich mich auf dem Spielplatz von den anderen weg und testete, ob es stimmte. Zu meiner Überraschung plumpste ich aber nur auf den Boden. Tja.

War mir das peinlich? Nein. Ich träumte einfach weiter. Weil ich genau wusste, wie es sich anfühlt, wenn man fliegen kann, obwohl ich es nie konnte. Und das weiss ich bis heute. Allein dafür lohnt es sich zu träumen, glaube ich.