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Abstimmung vom 9. JuniStromgesetz: Das müssen Sie wissen

Was ist die Idee dieses Gesetzes?

Im letzten Herbst hat das Parlament das Gesetz «über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» verabschiedet, das auch «Mantelerlass» genannt wird. Die Vorlage schafft die Basis, um in der Schweiz in den nächsten rund 10 bis 15 Jahren mehr Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren. Bundesrat und Parlament wollen damit die Abhängigkeit von Energieimporten verringern. Ziel ist auch, die Stromproduktion speziell im Winter zu steigern und so das Risiko kritischer Versorgungslagen wie im Winter 2022 zu senken. Der Ausbau ist zudem notwendig, weil die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden will: Um Öl, Gas, Benzin und Diesel zu ersetzen, wird sie in Zukunft mehr Strom brauchen. Bis 2035 sollen mindestens 35 Terawattstunden (TWh) Strom aus Sonne, Wind sowie Biomasse und Geothermie produziert werden – etwa sechsmal mehr als heute. (Unser Kommentar: SVP gegen Stromgesetz – Es droht die totale Energieblockade)

Wie soll das ermöglicht werden?

Ein grosser Teil des Stroms soll auf bestehenden Bauten produziert werden. Hier setzt die Vorlage Anreize, zum Beispiel eine landesweit harmonisierte Minimalvergütung für die Besitzer kleinerer Fotovoltaikanlagen, die Strom ins Netz speisen. Haushalte, Stromerzeuger und Speicherbetreiber können sich zudem in Quartieren und Dörfern neu zu lokalen Elektrizitätsgemeinschaften zusammenschliessen, die untereinander selbst erzeugte Elektrizität unter Nutzung des Verteilnetzes frei absetzen können.

Was ist umstritten?

Der Bund schätzt, dass bis 2035 auf Gebäuden 25 TWh Solarstrom produziert werden können. Da diese Anlagen im Winter aber nur 30 Prozent ihrer Jahresproduktion liefern, braucht es nach Ansicht der Befürworter ergänzend dazu grosse Anlagen, die speziell viel Winterstrom liefern. Ermöglichen sollen dies neben Wasserkraftwerken alpine Solarparks sowie Windkraftanlagen – Projekte, die wegen ihrer Eingriffe in die Landschaft teils stark umstritten sind. Die Gegner sagen, das Fotovoltaik-Potenzial auf Gebäuden und Infrastrukturen sei ausreichend, selbst im Winter. Sie verweisen auf eine 2019 publizierte Studie des Bundesamts für Energie, wonach das ausschöpfbare Solarstrompotenzial der Schweizer Gebäude rund 67 TWh pro Jahr beträgt. 

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Und was ist mit der Wasserkraft?

Auch hier ist ein Ausbau geplant. 16 Projekte sind vorgesehen, bei 13 handelt es sich um bestehende, bei denen zum Beispiel die Staumauer erhöht wird, bei deren 3 um neue: der Speichersee im Gebiet des Projekts Gornerli ob Zermatt VS, der geplante Triftstausee BE und das Projekt Oberaletsch VS. Für alle 16 Projekte müssen zusätzliche Ausgleichsmassnahmen zugunsten von Natur und Landschaft umgesetzt werden. Die 16 Vorhaben sollen im Winter 2 TWh zusätzlichen Strom liefern. Zusammen mit Wind- und Solarprojekten will das Parlament bis 2040 die Stromproduktion im Winter um mindestens 6 TWh steigern. 

Wird die Umsetzung der Projekte vereinfacht?

Ja, aber nicht nur für die 16 Wasserkraftprojekte. Dies gilt auch für Solar- und Windanlagen – sofern sie von nationalem Interesse und in geeigneten Gebieten geplant sind. Welche Gebiete das sind, legen die Kantone fest, nachdem sie eine Güterabwägung mit anderen Interessen vorgenommen haben, etwa dem Landschaftsschutz. In diesen Eignungsgebieten, die der Bundesrat absegnen muss, geht das Interesse an diesen Anlagen grundsätzlich vor. In jedem Fall müssen sie aber – wie heute – einzeln beurteilt und bewilligt werden.

Wo gibt es Abstriche beim Umweltschutz?

In Biotopen von nationaler Bedeutung sowie gewissen Wasser- und Zugvogelreservaten gilt grundsätzlich ein Bauverbot für Stromproduktionsanlagen. Mit der Vorlage werden nun gewisse Ausnahmen möglich, etwa für Wasserkraftwerke, die insgesamt die ökologische Situation im Gebiet verbessern. Stromproduktionsanlagen sind neu auch dort möglich, wo sich Gletscher zurückgezogen haben – in Gletschervorfeldern und alpinen Schwemmebenen. Eine weitere Ausnahme betrifft Wasserkraftanlagen, bei denen nur die Restwasserstrecke in einem Schutzobjekt liegt, nicht aber die Anlage selber. Droht eine Strommangellage, kann der Bundesrat zudem verfügen, dass Wasserkraftwerke zeitlich befristet mehr Wasser turbinieren – auf Kosten der ökologisch wichtigen Restwassermenge. Schliesslich können auch Windräder von nationalem Interesse in Wäldern erleichtert gebaut werden, sofern das Gebiet mit einer Strasse bereits erschlossen ist.

Sind Schutzgebiete betroffen?

Das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) bezeichnet mit seinen 162 Objekten die wertvollsten Landschaften der Schweiz. PV- und Windanlagen von nationalem Interesse profitieren künftig nur dann von erleichterten Planungsbedingungen, wenn sie nicht in einem solchen Gebiet liegen. Laut Bund dürften somit Eignungsgebiete «faktisch kaum» BLN-Schutzgebiete tangieren. Anders sieht es bei der Wasserkraft aus. Das Projekt Gornerli ob Zermatt liegt in einem BLN-Schutzgebiet. Trotzdem hat der Runde Tisch Wasserkraft, an dem auch Umweltverbände teilnahmen, das Projekt in die Liste aufgenommen, weil er das Verhältnis zwischen neuer Speicherkapazität und Eingriff in die Umwelt als angemessen taxierte. 

Kann die Bevölkerung weiter mitreden?

Ja. Über Wind- und Solarparks kann die Bevölkerung weiter abstimmen, sei dies kantonal oder kommunal. Weiter zulässig sind auch Einsprachen und Beschwerden. Eine Ausnahme bilden die 16 erwähnten Wasserkraftprojekte. Bei diesen gibt es keine Nutzungsplanung, für die in der Regel die Standortgemeinde zuständig ist. Damit entfällt auch die Möglichkeit, Rechtsmittel zu ergreifen. Das massgebende Verfahren ist aber das Konzessionsverfahren, das alle Wasserkraftprojekte durchlaufen müssen. Dieses wird nicht tangiert. In jenen Kantonen und Gemeinden, in denen die Stimmbevölkerung über eine Konzessionsvergabe entscheiden kann, wird dies auch weiterhin möglich sein. Jedes Projekt muss also von den Behörden immer noch einzeln beurteilt und bewilligt werden. Auch wenn das Interesse an der Stromproduktion grundsätzlich vorgeht, müssen die Behörden prüfen, ob nicht doch das Interesse am Natur- und Landschaftsschutz so gewichtig ist, dass es im Einzelfall überwiegt. Den Entscheid können Umweltverbände wie heute gerichtlich überprüfen lassen. 

Die Gegner warnen vor einer Entmachtung der Gemeinden – warum?

Die Gegner beziehen sich auf Artikel 13 des revidierten Energiegesetzes, das Teil der Vorlage ist. Demnach kann der Bundesrat auf Antrag eines Standortkantons auch kleineren Anlagen ausnahmsweise ein nationales Interesse zuerkennen, wenn diese einen «zentralen Beitrag zur Erreichung» der Ausbauziele leisten. Zusätzlich kann er beschliessen, dass die notwendigen Bewilligungen in einem konzentrierten und zeitlich gestrafften Verfahren erteilt werden. Das Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) argumentiert, der besagte Artikel sei nur anwendbar, wenn die Anlage einen «zentralen Beitrag zur Erreichung der Ausbauziele» leiste – was aber eine kleinere Anlage per definitionem nicht könne. Der Artikel werde in der Praxis damit aller Voraussicht nach toter Buchstabe bleiben. 

Gibt es eine Solarpflicht?

Eine Pflicht zur Nutzung der Sonnenenergie bei Gebäuden gibt es bereits. Sie wird weitergeführt, betrifft aber nur neue Gebäude mit einer Gebäudefläche von mehr als 300 Quadratmetern. Die Kantone können diese Pflicht allerdings auf kleinere Gebäude ausdehnen. Anlagen ausserhalb der Bauzonen sollen leichter als bis anhin gebaut werden können, etwa Fotovoltaikanlagen bei Parkplätzen mit mehr als 15 Plätzen.

Soll auch Strom gespart werden?

Energieversorger erhalten verbindliche Vorgaben, Effizienzmassnahmen im Interesse der Konsumenten umzusetzen. Ausserdem gibt es mehr Transparenz bei der Stromrechnung: Die Messtarife werden beispielsweise neu separat ausgewiesen, und es gibt ausführlichere Informationen zum eigenen Stromverbrauch.

Wie stehts mit den Kosten?

Der Netzzuschlag wird weiter erhoben, auch nach 2035. Er bleibt aber unverändert bei 2,3 Rappen pro Kilowattstunde. Somit entstehen laut dem Bundesamt für Energie keine zusätzlichen direkten Kosten für die Bevölkerung. Nicht direkt Teil der Vorlage, aber eine Folge davon sind die Investitionen, die für die Erneuerung von Stromnetzen und den Umbau der Infrastruktur auf ein klimaneutrales Energiesystem bis 2050 nötig sein werden. 

Wer ist dagegen – und wer dafür?

Die «Fondation Franz Weber», der Verein «Freie Landschaft Schweiz» sowie Einzelpersonen haben das Referendum ergriffen. Sie beklagen zu grosse Abstriche beim Landschaftsschutz. Auch die SVP hat die Nein-Parole gefasst, nachdem sie im Parlament – wie alle anderen Parteien – noch mehrheitlich zugestimmt hatte. Die grossen Umweltverbände befürworten die Vorlage.

Hier finden Sie unsere Hintergründe zum Stromgesetz

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