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Gastbeitrag zu Schweizer Uni-ProtestenBoykotte können angemessen und sinnvoll sein

Die propalästinensischen Protestierenden im Géopolis-Gebäude an der Uni Lausanne.

Immer mehr Studierende – erst aus den USA, jetzt auch in Europa und in der Schweiz – fordern an Protestaktionen den Boykott israelischer akademischer Einrichtungen. Diese Forderung wird oft missverstanden. Der friedliche Boykott zielt darauf ab, die Beziehungen zu Institutionen, die im Verdacht stehen, in Menschenrechtsverletzungen verwickelt zu sein, auszusetzen. Diese Methode wurde von vielen Organisationen, oftmals von Universitäten, angewandt, etwa gegenüber der südafrikanischen Apartheid ab 1965. Im Jahr 2022 forderte der Dachverband der Schweizer Universitäten, die Zusammenarbeit mit russischen akademischen Einrichtungen zu überprüfen und gegebenenfalls auszusetzen. Die europäischen Institutionen zur Förderung der Forschung taten das Gleiche. 

Die Forderung nach einem akademischen Boykott israelischer Universitäten wird mit der humanitären Situation (die der Internationale Gerichtshof als möglichen Völkermord einstuft), den massiven Menschenrechtsverletzungen und der entsetzlichen Zahl ziviler Opfer in Gaza begründet. 

Einige sind der Ansicht, dass ein Boykott israelische Kolleginnen und Kollegen isolieren würde, nicht zuletzt diejenigen, die die Politik des israelischen Staates in Gaza kritisieren. Tatsächlich zielt die Forderung, die akademischen Beziehungen auszusetzen, nicht auf Einzelpersonen ab, sondern bezieht sich auf Institutionen. Der akademische Boykott hindert israelische Akademiker nicht an internationaler Zusammenarbeit, solange weder die israelische Universität noch der israelische Staat daraus Nutzen ziehen oder sich darauf berufen können. Kooperationen mit israelischen Wissenschaftlern, die Menschenrechtsverletzungen gegen Palästinenser fördern, sollten jedoch nicht unterstützt werden.

Problematische Verbindungen gut dokumentiert

Im aktuellen Krieg in Gaza, der Studierende unserer Universität mobilisiert, sind die Verbindungen zwischen israelischen Universitäten und der israelischen Armee gut dokumentiert. Israelische Universitäten sind an den Gewalttaten beteiligt, sei es über die Entwicklung militärischer Technologien oder mit rechtlichen und ethischen Rechtfertigungen für diese Angriffe. Es stellt sich daher die Frage, wie israelische Universitäten durch ihre Arbeit zur Verletzung von Menschenrechten beitragen. Garantieren sie heute allen ihren Studierenden und der akademischen Gemeinschaft Meinungsfreiheit und Sicherheit? Wir haben konkrete Hinweise darauf, dass dies nicht der Fall ist.

Aufrufe zum Boykott von Universitäten werden manchmal als eine Form der Politisierung angeprangert. Tatsächlich sind Universitäten nicht «neutral»: Sie sind öffentliche und demokratische Institutionen, deren Aufgabe es ist, unsere gemeinsamen Werte wie die Achtung der Grundfreiheiten und Menschenrechte zu fördern und zu gewährleisten. Die transparente Prüfung der Zusammenarbeit mit anderen Universitäten, sei es mit israelischen, türkischen, russischen oder chinesischen, ist daher ein grundlegendes Erfordernis. Ein akademischer Boykott kann weder die dramatische Krise in Gaza lösen noch die zerstörten palästinensischen Universitäten wieder aufbauen. Er wird jedoch ein Signal aussenden, dass die internationale akademische Gemeinschaft aufmerksam, empört und mobilisiert ist – und dass unsere Werte für uns zählen.

Eléonore Lépinard und Julia Steinberger sind Professorinnen an der Universität Lausanne.